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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der M in B, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 26. Februar 1993, Zl. R/1-V-9099/01, betreffend Anschlußpflicht an den öffentlichen Kanal (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführerin, gestützt auf § 17 Nö Kanalgesetz und § 56 Nö Bauordnung, aufgetragen, ihr Grundstück in B, F-Gasse 34, Parzelle 197/23, EZ 2572, KG B, an den öffentlichen Mischwasserkanal anzuschließen und binnen vier Wochen um die Baubewilligung für die Errichtung des Hauskanales anzusuchen. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hob mit Bescheid vom 28. November 1990 diesen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28. Dezember 1990 erging in der Folge der Auftrag an die Beschwerdeführerin, I. die Regenwässer in den bisher bestehenden Regenwasserkanal und II. sämliche im Haushalt anfallenden Brauch- und Fäkalwässer in den neu errichteten öffentlichen Mischwasserkanal einzuleiten. In dem in der Folge ergangenen Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Juni 1991 wurde einerseits in Spruchpunkt I. festgestellt, daß die mit Bescheid vom 7. Jänner 1987 bewilligte Einleitung der Regenwässer in den bestehenden Regenwasserkanal aufrecht bleibe, und andererseits in Spruchpunkt II folgendes vorgeschrieben:
"a.
Sämtliche im Haushalt anfallenden Brauch- und Fäkalwässer sind in den neu errichteten Mischwasserkanal einzuleiten.
b.
Über die technische Ausführung des Anschlusses der Brauch- und Fäkalwässer ist ein Projekt zu erstellen, welches in 3-facher Ausfertigung dem Bürgermeister der Marktgemeinde B vorzulegen und um deren Genehmigung anzusuchen sein wird.
c.
Die mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde B vom 07 01 1987 bewilligte Senkgrube darf nicht errichtet werden."
In der dagegen erhobenen Vorstellung wendete sich die Beschwerdeführerin nur gegen Spruchpunkt II lit. a. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung gemäß § 61 Abs. 4 Nö Gemeindeordnung 1973 abgewiesen. Die Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß sich die Beschwerdeführerin nicht gegen die auferlegte Verpflichtung zum Anschluß wende, sondern lediglich die Bezeichnung "Mischwasserkanal" durch das Wort "Schmutzwasserkanal" ersetzt haben wolle. Aus dem Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Dezember 1975, mit dem die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Mischkanalisation für die Ortsteile H und B-West sowie zur Erweiterung einer zentralen Kläranlage nach Maßgabe der Entwurfbeschreibung unter Einhaltung der Bedingungen erteilt worden sei, könne die Anschlußverpflichtung nur an diesen rechtlich existenten Kanal und nicht an einen rechtlich nicht existierenden Schmutzwasserkanal aufgetragen werden, auch wenn der Kanal in der F-Gasse derzeit faktisch als Schmutzkwasserkanal in Verwendung stehe. Da in einem im Mischsystem errichteten Kanal sowohl Schmutzwässer als auch Regenwässer eingeleitet werden könnten, stelle der Anschluß nur für Schmutzwässer keine Rechtsverletzung dar, da es aus der Sicht der Anschlußverpflichtung völlig gleich sei, wie der Kanal benannt werde. Eine Beschwerde sei hiedurch jedenfalls nicht gegeben. Fragen der Förderung durch den Wasserwirtschaftsfonds könnten weder Gegenstand des Bauauftragsverfahrens noch des gemeindeaufsichtsbehördlichen Verfahrens sein. Die Beschwerdeführerin werde durch den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde B nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, zumal ihr ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Bezeichnung des öffentlichen Kanals nicht eingeräumt sei und die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer Anschlußverpflichtung auch nicht bestreite.
In der dagegen erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides und seine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 56 Abs. 1 Nö Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 8200 in der Fassung des Landesgesetzes LGBL. Nr. 8200-6, ist für jedes Gebäude Vorsorge zur Beseitigung der Abwässer (Niederschlags- und Schmutzwässer) zu treffen. Gemäß § 56 Abs. 2
Nö Bauordnung 1976 sind in Gemeinden mit öffentlichen Kanälen zur Beseitigung der Abwässer diese unter Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften durch flüssigkeitsdichte, entsprechend bemessene und in frostfreier Tiefe verlegte Rohrleitungen in diese Kanäle abzuleiten, wenn jeweils
1.
die Anschlußleitung (§ 17 Abs. 2 Nö Kanalgesetz 1977, LGBl. Nr. 8230-2) nicht länger als 50 m und
2.
die Ableitung in den öffentlichen Kanal ohne Pumpvorgang möglich ist.
Fehlen solche öffentlichen Kanäle, sind die Abwässer in Senkgruben zu leiten oder gemäß anderen gesetzlichen Vorschriften in unschädlicher Weise zu beseitigen. § 17 Abs. 1 Nö Kanalgesetz 1977, LGBl. Nr. 8230 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 8230-2, sieht vor, daß Eigentümer von Liegenschaften oder Bauwerken oder Bauwerber, die zum Anschluß an die öffentliche Kanalanlage verpflichtet sind, Gebäude gemäß § 3 Abs. 2 erster Satz leg. cit. mit der öffentlichen Kanalanlage in Verbindung zu bringen haben. Der Hauskanal mitsamt dem Anschluß an die Anschlußleitung ist auf Kosten des Liegenschaftseigentümers (Bauwerbers) nach den näheren Bestimmungen der Nö Bauordnung, den Anordnungen in der baubehördlichen Bewilligung und innerhalb der in derselben vorgeschriebenen Frist herzustellen. Bei Neuanlegung eines Hauptkanales der Gemeinde hat der Bürgermeister (Magistrat) gemäß § 17 Abs. 3 Nö Kanalgesetz in der angeführten Fassung den Liegenschaftseigentümern, für die dadurch eine Anschlußpflicht eintritt, rechtzeitig durch Bescheid den Anschluß aufzutragen. Die Liegenschaftseigentümer sind nach Rechtskraft des Bescheides verpflichtet, binnen vier Wochen um die baubehördliche Bewilligung anzusuchen und unverweilt für den rechtzeitigen Anschluß der Hauskanäle Vorsorge zu treffen.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß sie in ihrem Recht verletzt sei, für den Anschluß an das öffentliche Kanalnetz bloß das gelindeste Mittel im Sinne des § 56 Abs. 2 Nö Bauordnung aufgetragen zu erhalten und keine Naturalleistungen im Sinne des § 2 Z. 6 Nö Kanalgesetz erbringen zu müssen. Finanzielle Einwendungen wären zwar im bekämpften Verfahren nicht unmittelbar vorzubringen, weil die Gebührenbemessung Gegenstand gesonderter Verfahren sei. Der bekämpfte Anschluß sei aber insoferne spruchentscheidende Vorfrage für dieses Verfahren, als die rechtliche Bezeichnung des die Anschlußverpflichtung auslösenden öffentlichen Kanalstranges als MISCHwasserkanal, SCHMUTZwasserkanal oder REGENwasserkanal direkt die Höhe der nach § 3 Nö Kanalgesetz vorzuschreibenden Gebühren bestimme. Außerdem erachte sich die Beschwerdeführerin dadurch verletzt, daß "Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit", insbesondere das Parteiengehör, verletzt worden seien.
Der Beschwerdeführerin ist zunächst entgegenzuhalten, daß es ein Recht auf das gelindeste Mittel im Zusammenhang mit der Anschlußverpflichtung an das öffentliche Kanalnetz gemäß § 56 Abs. 2 Nö Bauordnung nicht gibt. Weiters wird das Recht, gemäß § 2 Z. 6 Nö Kanalgesetz außer der Kanaleinmündungsabgabe aus dem Titel des Anschlußes zu keiner anderen Geld- oder Naturalleistung verpflichtet zu werden, durch einen Bescheid betreffend die Anschlußpflicht gemäß § 56 Abs. 2 Nö Bauordnung nicht berührt. Sofern die Beschwerdeführerin aber eine Beschwer behauptet, weil die Qualifikation des öffentlichen Kanalnetzes als öffentlicher Mischwasserkanal im angefochtenen Bescheid ihrer Auffassung nach für das Verfahren, in dem die Kanalabgaben festgesetzt werden, bindend bestimmt werde, ist sie darauf zu verweisen, daß die Art der Kanalanlage als Hauptfrage im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß dem eingereichten Projekt entschieden wird (siehe §§ 11 - 14, 32, 99, 105 und 111 (insbesondere dessen Abs. 2) Wasserrechtsgesetz). Die Anführung der Art des Wasserkanales im Spruch des Bescheides, mit dem die Anschlußverpflichtung gemäß § 56 Abs. 2 Nö Bauordnung in Verbindung mit § 17 Nö Kanalgesetz bestimmt wird, hat demgegenüber keine für ein anderes Verwaltungsverfahren bindende Wirkung, da diese Bezeichnung nicht Teil der von der Baubehörde im Rahmen der Anschlußpflicht gemäß § 56 Abs. 2 Nö Bauordnung zu entscheidenden Hauptfrage ist. Abgesehen davon berücksichtigt dies das Nö Kanalgesetz (vgl. § 5 Abs. 4, § 5a Abs. 7 und § 5b Nö Kanalgesetz) sehr wohl - worauf die Beschwerdeausführungen auch gerichtet sind - dann, wenn - wie im vorliegenden Fall gemäß Spruchpunkt I des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde - von Anschlußpflichtigen Regenwässer auf Grund einer behördlichen Bewilligung nicht in den öffentlichen Kanal eingeleitet werden müssen.
Die Beschwerdeführerin ist im übrigen darauf hinzuweisen, daß es ein Recht des einzelnen Gemeindebürgers auf eine bestimmte Art des öffentlichen Kanales, für den Anschlußpflicht besteht, nicht gibt. Daß die Beschwerdeführerin aber etwa nicht an den in der Gemeinde bestehenden und für ihre Anschlußpflicht in Frage kommenden öffentlichen Kanal der mitbeteiligten Partei angeschlossen worden wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Gemäß § 56 Abs. 2 Nö Bauordnung besteht aber die Anschlußverpflichtung in bezug auf die in der Gemeinde bestehenden öffentlichen Kanäle.
Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus die Verletzung von Verfahrensrechten geltend macht, ist sie darauf zu verweisen, daß Verfahrensmängel nur dann zu einer Rechtsverletzung des Beschwerdeführers überhaupt führen können, wenn sie sich auf ein materielles Recht beziehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1974, Slg. Nr. 8713/A, und vom 8. November 1976, Slg. Nr. 9170/A). Da die Beschwerdeführerin keine materiellen Rechten geltend macht, in denen sie berührt sein kann, kommt auch keine wesentliche Verletzung in Verfahrensrechten in Betracht.
Die Beschwerdeführerin wurde somit durch den angefochtenen Bescheid nicht in den von ihr geltend gemachten Rechten verletzt; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993050086.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009