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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des J in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Juli 1992, Zl. U-3605/6, betreffend einen Behandlungsauftrag nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 12. September 1991 stellte die Bezirkshauptmannschaft Schwaz fest, der Beschwerdeführer habe seit Pfingsten 1991 Abbruchmaterial einer Baulichkeit, welches vom Um- bzw. Zubau seines Hotels "X" stamme, und zwar Bauschutt sowie Materialien wie Styropor, Blechrohre, Baustahlgitter, Ausschäumabfälle, Plastikbehältnisse udgl., ohne Durchführung einer Trennung in verwertbare sowie nichtverwertbare Abfälle und ohne Durchführung einer möglichen Verwertung oder Behandlung im Gebiet der sogenannten "Bodenalpe" am östlichen Ortsbeginn von H abgelagert, mit Erdreich abgedeckt und sodann eine Begrünung vorgenommen. Aufgrund dieses Sachverhaltes wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 32 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, BGBl. Nr. 325 (im folgenden: AWG) aufgetragen, binnen zwei Wochen das Abbruchmaterial
1. in verwertbare und nicht mehr verwertbare Materialien zu trennen
2. die verwertbaren Materialien einer Verwertung zuzuführen, soweit dies nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden oder technisch nicht möglich ist, und
3. die nicht verwertbaren Abfälle einer Behandlung i.S.d.
§ 1 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. zuzuführen, d.h. einer ihrer Beschaffenheit entsprechenden Behandlung durch biologische, thermische oder chemisch-physikalische Verfahren zuzuführen und feste Rückstände möglichst reaktionsarm und konditioniert geordnet abzulagern und schließlich
4. über die Erfüllung der Punkte 1 bis 3 einen Nachweis zu erbringen.
In der Begründung dieses Bescheides wurde unter Bezugnahme auf die von der Gendarmerie angefertigten Fotos darauf verwiesen, daß das Abbruchmaterial nicht in verwertbare und nicht verwertbare Materialien getrennt worden sei, sondern das gesamte Material abgelagert worden sei. Der Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, daß die Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hätte.
Die dagegen vom Beschwerdeführer fristgerecht erstattete Berufung hatte folgende "Begründung":
"Vorerst möchte ich darstellen, wie es zur Anzeige der falschen Ablagerung gekommen ist.
Von mir wurde eine boswillige Sachbeschädigung beim Feldgatter gemeldet. Die Gendarmerie hat diese Anzeige beim naheliegenden Täter überprüft und es wurde daraus vom Täter eine Anzeige gegen mich wegen falscher Ablagerung erstattet.
Meine Anzeige wurde als Gegenanzeige umfunktioniert. Da die Gendarmeriebeamten nicht bereit waren sich über den tatsächlichen Sachverhalt aufklären zu lassen, habe ich mein Schreiben vom 20.08.91 an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz gesendet. (Die Ablichtung lege ich bei). In diesem Schreiben habe ich nicht erwähnt, daß die Gendarmeriebeamten mir bei der Abfahrt aus dem Auto noch zugerufen haben: Gekommen sind wir wegen Dir und jetzt bist eben Du der Angezeigte.
Und nun zum tatsächlichen Sachverhalt:
Bei der Vergabe des Umbaues vom Hotel X wurden sämtliche Bauarbeiten-Aushub-Abbruch-Lagerung-Deponierung usw. an die Firma S vergeben.
Ich als Bauherr habe der Firma S die Deponierung auf der Bodenalpe gestattet. Die Begrünung habe ich selbst vorgenommen, da ich damit eine Verbesserung meiner Alpe erzielt habe.
Wie schon erwähnt, ließen sich die Gendarmeriebeamten von mir nicht aufklären, sonst hätten sie sich davon überzeugen können, daß zur Sortierung des Materials ein Container an der Südseite und ein Container an der Nordseite des Hotels X steht.
Diese Container hat die Firma W aus T auch regelmäßig entsorgt. Der Firma S wird es, wenn nötig, ein leichtes sein, dies an Hand von Lieferscheinen und Rechnungen zu beweisen."
Einen weiteren Text enthält die Berufung nicht.
Der von der belangten Behörde beigezogene Sachverständige Dipl. Ing. N. mußte in seinem Gutachten vom 30. April 1992 von der Aktenlage, insbesondere den Fotos ausgehen, weil die abgelagerten Materialien zufolge Humusüberdeckung nicht mehr sichtbar waren. Der Sachverständige gelangte zum Ergebnis, daß zwar kein gefährlicher Abfall vorliege, daß aber ein Großteil der abgelagerten Materialien ohne Grundwasserschutz nicht abgelagert werden dürfe, sondern in einer geordneten Deponie nach dem Stand der Technik entsorgt werden müsse.
Dieses Gutachten hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf seine Berufung mit Schreiben vom 7. Mai 1992 vor; zu dieser Zeit war aus dem selben Anlaß auch ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer anhängig, welches allerdings erst mit Erkenntnis vom 30. August 1992 in erster Instanz endete, sodaß damals nur ein Berufungsverfahren, nämlich das gegenständliche, anhängig war. In seiner Stellungnahme vom 19. Mai 1992 machte der Beschwerdeführer verschiedene Sachangaben, insbesondere im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Bauführers. Er beendete sein Schreiben mit den Worten: "... ersuche ich das gegenständliche Strafverfahren wegen Strafunwürdigkeit einzustellen ..."; ein bestimmter Antrag hinsichtlich des erstinstanzlichen Behandlungsauftrages ist aber auch diesem Schreiben nicht zu entnehmen.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid zurück. Der Berufung fehle ein Berufungsantrag, also ein Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben oder in einer bestimmten Weise abzuändern. Das Fehlen eines Berufungsantrages stelle einen nichtverbesserungsfähigen Mangel dar, der zur Zurückweisung der Berufung führen müsse. Im übrigen wäre die Berufung auch inhaltich abzuweisen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf inhaltliche Sachentscheidung über seine Berufung vom 1. Oktober 1991 ebenso verletzt erachtet wie in seinem materiellen Recht auf Ablagerung des beim Umbau seines Hotels anfallenden Abbruchmaterials auf der ihm gehörigen Liegenschaft "Bodenalpe".
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Der Antrag, den Bescheid zu beheben, d.h. ersatzlos zu beseitigen oder - in bestimmter Weise - abzuändern, muß in der Berufung deutlich zutage treten. Das Fehlen dieses inhaltlichen Bestandteiles einer Berufung stellt keinen nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen Formmangel, sondern einen inhaltichen Fehler dar, der - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der unzureichenden Rechtsmittelbelehrung - zur Zurückweisung führen muß (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RZ 522).
Der vorliegenden Berufung kann an Sachvorbringen nur entnommen werden, daß der Beschwerdeführer dem Bauführer die Deponierung gestattet habe und daß zur Sortierung des Materials ein Container vorhanden gewesen sei, der von einer Firma W entsorgt werde. Mit diesen Ausführungen wollte der Beschwerdeführer offenbar der Feststellung im angefochtenen Bescheid entgegentreten, er habe DAS GESAMTE ABBRUCHMATERIAL am genannten Ort abgelagert. Die Ausführungen lassen aber keinesfalls erkennen, durch welchen der vier Punkte des Behandlungsauftrages sich der Beschwerdeführer beschwert erachtet und ob er überhaupt die Beseitigung einzelner oder aller ihm aufgetragenen Verpflichtungen wünscht. Zwar dürfen die Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes nicht formalistisch ausgelegt werden, zumal es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet. Die Berufung muß aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (siehe die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 491 ff, und bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 595 ff). Im Hinblick auf die im Behandlungsauftrag enthaltenen vier konkreten Leistungsgebote kann den Berufungsausführungen selbst bei großzügigster Betrachtung nicht entnommen werden, welcher Erfolg durch die Berufung erreicht werden soll. Der Umstand, daß die Berufungsbehörde ein Gutachten eingeholt hat, vermag die Berufung als solche nicht zu verbessern. Der Mangel haftete der Berufung von Anfang an an, war nicht verbesserungsfähig und mußte daher zu einer Zurückweisung der Berufung führen (siehe die Nachweise bei Ringhofer aaO, 593 f).
Da sich die Beschwerde schon aus diesem Grund als unberechtigt erweist, war auf die weiteren Ausführungen, mit denen sich der Beschwerdeführer gegen die in der Berufungsentscheidung enthaltenen Begründung dafür, warum sich die Berufung auch inhaltlich als unbegründet erwiesen hätte, nicht einzugehen. Die Zurückweisung erfolgte zu Recht, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Formerfordernisse Formgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle Mängel Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Verbesserungsauftrag Bejahung Berufungsverfahren Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung BerufungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992050227.X00Im RIS seit
07.05.2001