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L34005 Abgabenordnung Salzburg;Norm
BAO §201;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der XY-reg. Genossenschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tir LReg vom 13. Mai 1992, Zl. Ib-8143/2-1992, betreffend die Abweisung des Antrages auf Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre 1988 bis 1990 (mP: Gemeinde N, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin brachte mit der Eingabe vom 26. April 1991 bei der mitbeteiligten Gemeinde die berichtigte Getränkesteuererklärung für die Jahre 1988 bis 1990 ein. Die Erklärungen über die Selbstbemessung der Getränkeabgabe hätten sich wegen Nichtberücksichtigung der Steuerfreiheit des Außerortverbrauches als unrichtig herausgestellt. Die Beschwerdeführerin beantrage, das sich auf Grund der berichtigten Erklärungen ergebende Guthaben in der Höhe von S 234.284,90 auf ihr Konto zu überweisen.
Nach der mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. November 1991 erfolgten Aufhebung der Berufungsentscheidung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Oktober 1991 wegen nicht rechtwirksamer Zustellung der erstinstanzlichen Erledigung wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückerstattung der Getränkesteuer für den Zeitraum vom 1. Jänner 1988 bis 31. Dezember 1990 mit Bescheid vom 21. Jänner 1992 als unbegründet ab.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 2. April 1992 als unbegründet ab. In der Begründung heißt es im wesentlichen, nach § 9 Abs. 2 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes in der Fassung der mit Ablauf des 31. Juli 1991 in Kraft getretenen Novelle LGBl. für Tirol Nr. 54/1991, habe die Festsetzung der Getränkesteuer mit Bescheid nach § 151 Abs. 2 der Tiroler LAO zu unterbleiben, wenn sich die Unrichtigkeit der Selbstberechnung daraus ergebe, daß in der Getränkesteuererklärung auch jene Getränke erfaßt seien, die nicht in der Gemeinde, in der die Getränke an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben würden, verbraucht worden seien.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es im wesentlichen, die Aufsichtsbehörde habe den angefochtenen Bescheid an der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu messen. Durch die Verfassungsbestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 693/1991, sei eine bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer aus dem Grunde der Berücksichtigung des Außerortverbrauches verfassungsrechtlich ausgeschlossen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 16. Dezember 1992, B 834/92-8, ab und trat die Beschwerde mit Beschluß vom 19. Februar 1993, B 834/92-10, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Getränke- und Speiseeissteuer sowie im Recht auf ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren verletzt.
Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Gemeinde
erstatteten je eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Instanzenzug ausgesprochene Abweisung des "Antrages auf Rückerstattung der Getränkesteuer" für die Jahre 1988 bis 1990 stützt sich auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz in der mit Ablauf des 31. Juli 1991 in Kraft getretenen Fassung LGBl. für Tirol Nr. 54/1991. § 9 des genannten Gesetzes lautet wie folgt:
"Verfahrensvorschriften
(1) Für die Erhebung der Getränke- und Speiseeissteuer gelten die Bestimmungen der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, in der jeweils geltenden Fassung, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.
(2) Die Festsetzung der Getränkesteuer mit Bescheid nach § 151 Abs. 2 der Tiroler Landesabgabenordnung hat zu unterbleiben, soweit sich die Unrichtigkeit der Selbstberechnung daraus ergibt, daß in der Getränkesteuererklärung auch jene Getränke erfaßt sind, die nicht in der Gemeinde, in der die Getränke an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden, verbraucht wurden."
Die Bestimmung des § 151 Abs. 1 und 2 Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, hat folgenden Wortlaut:
"(1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstberechnung als festgesetzt.
(2) Die Abgabenbehörde hat jedoch die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung unterläßt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als unrichtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrer Abgaben in einem Bescheid zusammengefaßt erfolgen."
Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Eingabe vom 26. April 1991 eine berichtigte Getränkeabgabeerklärung für die Jahre 1988 bis 1990 eingebracht. Eine solche Berichtigungsmöglichkeit von bereits abgegebenen Abgabenerklärungen kennt die Tiroler Landesabgabenordnung im Unterschied zur Salzburger Landesabgabenordnung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zl. 93/17/0187) nicht. Mit der abgegebenen Erklärung über die Selbstbemessung der Abgaben gelten diese als festgesetzt. Die von einem Abgabepflichtigen bei der Behörde eingebrachte Berichtigung der Abgabenerklärung hat nach der Tiroler Landesabgabenordnung daher nicht die Wirkung, daß die Abgaben im vom Abgabepflichtigen berichtigten Ausmaß als neu festgesetzt gelten. Es gelten die Abgaben im ursprünglichen Ausmaß weiterhin als festgesetzt. Die "berichtigte Abgabenerklärung" ist jedoch ein Anbringen, mit dem der Abgabepflichtige die Richtigkeit der ursprünglichen Selbstberechnung verneint und eine Änderung im vorgebrachten Umfang begehrt.
Eine "Berichtigung der Selbstberechnung" - sie ist, wie ausgeführt, nach der Tiroler Landesabgabenordnung insofern unwirksam, als damit die Abgaben nicht als neu festgesetzt gelten - verbunden mit einem Rückerstattungsantrag ist daher dem Inhalt nach ein Antrag auf Überprüfung der Rechtsfrage, ob und inwieweit die Abgabenschuld entstanden ist, und sodann ein Antrag auf Rückzahlung eines dadurch allenfalls entstandenen Guthabens (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1990, Zl. 88/17/0242, mit weiterer Rechtsprechung).
Wenn die belangte Behörde von der Rechtsauffassung ausgegangen ist, daß der "Antrag auf Rückerstattung der Getränkesteuer" deshalb abzuweisen ist, weil eine Neufestsetzung der Getränkesteuer gemäß § 9 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz zu unterbleiben hat, dann hat sie dieser Rechtslage Rechnung getragen.
Die Beschwerdeführerin bringt verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz in der in Rede stehenden Fassung vor. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 29. September 1993, G 6-10/93 u.a., zu dieser Bestimmung folgendes ausgeführt:
"Der Verfassungsgerichtshof äußerte in den Einleitungsbeschlüssen weiters die Ansicht, daß in den Gesetzesprüfungsverfahren auf die mit 28. Dezember 1991 in Kraft getretene, im Verfassungsrang stehende Bestimmung des Art. II (§ 2) Abs. 3 des BG BGBl. Nr. 693/1991 Bedacht zu nehmen sein werde. ...
Damit hat der Verfassungsgesetzgeber offensichtlich für die Getränkesteuer insgesamt eine Neuregelung getroffen und dabei für die in Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle 1991 umschriebenen Fälle, also alle, in denen eine Neufestsetzung der Abgaben von Amts wegen oder über Antrag seine Begründung in dem genannten Umstand fände, angeordnet, daß eine Neufestsetzung für in der Vergangenheit verwirklichte Sachverhalte der umschriebenen Art - nur auf diese kann sich das Gebot beziehen, da für die Zukunft solche Fälle aufgrund der Neuregelung gar nicht mehr entstehen können - zu unterbleiben hat. Da dies ein verfassungsrechtliches Gebot ist, kann die in Prüfung gezogene (landesgesetzliche) Regelung, die die gleiche Fallgruppe ihrem Wortlaut nach umfaßt, nicht verfassungsrechtlich bedenklich sein; da sie inhaltlich in der Verfassungsbestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991 in vollem Umfang ihre Deckung findet, ist eine allfällige Verfassungswidrigkeit, die vor der FAG-Novelle vorlag, bereinigt. Die aufgeworfenen Bedenken erweisen sich bei diesem Ergebnis als nicht zutreffend. ... Es war daher auszusprechen, daß § 9 Abs. 2 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 102/1973 idF LGBl. für Tirol Nr. 54/1991, nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird."
Da beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung entstanden sind, die im Gesetzesprüfungsverfahren durch den Verfassungsgerichtshof nicht schon geprüft wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des § 9 Abs. 2 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes in der bereits zitierten Fassung auszugehen. Sein Inhalt besteht in der Anordnung, daß für die in Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991 umschriebenen Fälle, in denen eine Neufestsetzung der Abgaben von Amts wegen oder über Antrag ihre Begründung in dem Umstand fände, die Unrichtigkeit der Abgabenbemessung ergebe sich aus dem Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes, eine Neufestsetzung für solche in der Vergangenheit verwirklichte Sachverhalte zu unterbleiben habe. Der belangten Behörde ist im angefochtenen Bescheid bei der Anwendung dieser Bestimmung keine Verletzung von Rechten unterlaufen.
Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet und vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende wesentliche Verfahrensmängel nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993170077.X00Im RIS seit
20.11.2000