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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der S-AG in T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland vom 7. Mai 1993, Zl. 6/2 - 2247/92-09, betreffend Abweisung des Antrages auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe für Jänner bis März 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Finanzen) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte am 25. Juni 1992 den Antrag, ihr im Zeitraum Jänner bis März 1992 entrichtete Normverbrauchsabgabe in Höhe von S 247.297,-- für die Anschaffung von Testfahrzeugen zur Reifenprüfung zu vergüten. In der Begründung zu diesem Antrag wies die beschwerdeführende Partei auf eine ihrer Ansicht nach bestehende gleichheitswidrige Gesetzeslage im Normverbrauchsabgabegesetz (NoVAG) hin. Wegen für Testfahrzeuge fehlender Sonderbestimmungen unterliege gemäß § 1 Z. 1 NoVAG die Lieferung von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Testfahrzeugen der Normverbrauchsabgabe. Testfahrzeuge seien im Befreiungskatalog des § 3 Z. 3 NoVAG nicht enthalten und es bestehe daher auch kein Anspruch auf eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe gemäß § 12 Abs. 1 Z. 3 NoVAG. Die derzeitige Rechtslage stelle mangels sachlicher Differenzierung einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Ein derartiger Verstoß hätte vermieden werden können, wenn man die Testfahrzeuge ebenso wie die Vorführkraftfahrzeuge im § 1 Z. 3 NoVAG als Ausnahme von der Steuerbarkeit oder gemäß § 3 Z. 3 NoVAG in den Befreiungskatalog aufgenommen hätte.
Mit Bescheid vom 9. Juli 1992 lehnte das Finanzamt die Vergütung der Normverbrauchsabgabe ab. Unbestritten - so die Begründung dieses Bescheides - fielen die Testfahrzeuge unter die Zolltarifnummern des § 2 NoVAG und seien im Straßenverkehr "unterwegs", auch wenn sie durch eine spezielle Aufschrift gekennzeichnet seien. Eine durch teleologische Interpretation zu schließende Gesetzeslücke sei nicht gegeben. Für Testfahrzeuge könne keine Analogie zu Vorführkraftfahrzeugen hergestellt werden. Die Normverbrauchsabgabe sei als Lenkungsabgabe konzipiert, um die Käufer zu einem ökologisch sinnvollen Verhalten bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen zu veranlassen. Dieses Ziel, nämlich die Anschaffung von verbrauchsarmen Fahrzeugen, werde bei Testfahrzeugen ebenso wie bei allen anderen Kraftfahrzeugen angestrebt, sodaß eine Differenzierung nicht gerechtfertigt sei.
Die beschwerdeführende Partei gestand in der Berufung vom 24. Juli 1992 zwar zu, daß "schon auf Grund des Legalitätsprinzips" die Abweisung des Antrages erwartet worden sei; der Begründung der Behörde könne aber nicht zugestimmt werden. Schon vom Testzweck her könne die beschwerdeführende Partei nicht der Zielsetzung des Normverbrauchsabgabegesetzes, nämlich der Anschaffung von verbrauchsarmen Kraftfahrzeugen, gerecht werden. Im übrigen gelte diese Zielsetzung auch für Vorführkraftfahrzeuge bzw. die gemäß § 3 Z. 1 bis 3 NoVAG von der Normverbrauchsabgabe befreiten Kraftfahrzeuge. Unbestritten fielen auch diese Fahrzeuge unter die Zolltarifnummern des § 2 NoVAG und seien im "normalen Straßenverkehr unterwegs". Bei konsequenter Verfolgung der Zielsetzung des NoVAG hätte man daher die Vorführkraftfahrzeuge nicht von der Steuerbarkeit ausnehmen und die im § 3 Z. 1 bis 3 NoVAG aufgezählten Kraftfahrzeuge nicht von der Normverbrauchsabgabe befreien dürfen. Diese aus wirtschaftlichen Erwägungen statuierten Sonderbestimmungen wiesen eine Gemeinsamkeit insoweit auf, als nach der offensichtlichen Tendenz des Gesetzgebers - ebenso wie bei den Ausnahmebestimmungen vom Vorsteuerabzugsverbot - Kraftfahrzeuge, die einem speziellen Verwendungszweck dienten, von den allgemeinen Bestimmungen des Normverbrauchsabgabegesetzes - bzw. des Umsatzsteuergesetzes - ausgenommen werden sollten. Diese Voraussetzung treffe in besonderem Maße für Testfahrzeuge zu, die in ihrer Funktion "einer Testmaschine gleichkommen". Auch sie dienten einer völlig spezifischen Verwendung, nämlich dem Reifentest. Es liege damit in der Nichtaufnahme der Testfahrzeuge in die Sonderbestimmungen des NoVAG eindeutig eine den Gleichheitsgrundsatz verletzende Unterlassung des Gesetzgebers vor.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Zitierung der §§ 1 Z. 1 und 3 Z. 3 NoVAG aus, eine Vergütung der im Zuge der Anschaffung von Testfahrzeugen zu entrichtenden Normverbrauchsabgabe sei im Gesetz nicht vorgesehen. Es sei nicht Aufgabe der Abgabenbehörde, die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit abgabenrechtlicher Bestimmungen vorzunehmen, sie habe vielmehr davon auszugehen, daß die von ihr anzuwendenden Gesetzesvorschriften verfassungskonform seien.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 28. September 1993, B 1231/93-3, abgelehnt. In der Begründung des Ablehnungsbeschlusses wird ausgeführt, daß vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur geltend gemachten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Hinblick auf den Umstand, daß Vorführfahrzeuge zum alsbaldigen Verkauf bestimmt sind und die Ausnahme daher nur zu einer Verschiebung des Zeitpunktes der Abgabepflicht führt (was alles für Testfahrzeuge nicht zutrifft), die behauptete Rechtsverletzung, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich zu erkennen ist, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
In der nach Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die beschwerdeführende Partei sei in ihrem Recht auf analoge Anwendung der im § 1 Z. 1 und Z. 4 NoVAG enthaltenen Sonderbestimmungen für Vorführkraftfahrzeuge auf Testfahrzeuge verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Zur Gegenschrift hat die beschwerdeführende Partei eine Replik erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 Z. 1 bis 4 des Normverbrauchsabgabegesetzes 1991, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung BGBl. Nr. 695, lauten:
Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge:
"1. Die Lieferungen von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen sowie von Vorführkraftfahrzeugen, die ein Unternehmer (§ 2 UStG 1972) im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, ausgenommen die Lieferung an einen anderen Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung oder zur gewerblichen Vermietung.
2. Die gewerbliche Vermietung im Inland von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen und von Vorführkraftfahrzeugen durch einen Unternehmer, ausgenommen die gewerbliche Vermietung von Vorführkraftfahrzeugen an Unternehmer im Sinne der Z 1 und zum Zwecke der gewerblichen Weitervermietung.
3. Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, ausgenommen von Vorführkraftfahrzeugen, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 Abs. 1 erfolgt ist.
4. Die Lieferung, der Eigenverbrauch durch Entnahme (§ 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a UStG 1972) und die Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z. 3 befreiten Kraftfahrzeugen und von Vorführkraftfahrzeugen, weiters der Wegfall der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 Z. 4. Inland ist das Bundesgebiet, ausgenommen Zollausschlußgebiete (§ 1 Abs. 2 Zollgesetz 1988)."
§ 3 Z. 3 NoVAG sieht Befreiungen von der Normverbrauchsabgabe im Wege einer Vergütung (§ 12 Abs. 1 Z. 3) für Vorgänge in bezug auf Fahrschulkraftfahrzeuge, Miet- und Platzkraftwagen, Kraftfahrzeuge, die zur kurzfristigen Vermietung bestimmt sind, und Kraftfahrzeuge, die ohne Absicht auf die Erzielung eines Gewinnes für Zwecke der Krankenbeförderung und des Rettungswesens verwendet werden, vor.
Abgabenschuldner der Normverbrauchsabgabe ist nach § 4 Z. 1 NoVAG in den Fällen der Lieferung (§ 1 Z. 1 und 4), der gewerblichen Vermietung (§ 1 Z. 2), des Eigenverbrauchs und er Nutzungsänderung (§ 1 Z. 4) der Unternehmer, der die Lieferung oder die gewerbliche Vermietung oder einen der sonstigen Tatbestände des § 1 Z. 4 setzt.
Die beschwerdeführende Partei behauptet nicht, daß die Testfahrzeuge zur Reifenprüfung den im Befreiungstatbestand des § 3 Z. 3 NoVAG angeführten Kraftfahrzeugen zuzurechnen sind, glaubt aber, im Wege einer "Lückenfüllung" über eine analoge Anwendung der für Vorführkraftfahrzeuge bestehenden "Sonderbestimmungen" ebenfalls eine Befreiung von der Normverbrauchsabgabe ereichen zu können. Für eine derartige Betrachtung bzw. für das planwidrige Bestehen einer Gesetzeslücke besteht allerdings kein Anhaltspunkt.
Entscheidend für die Sonderstellung von Vorführkraftfahrzeugen im § 1 NoVAG ist nämlich - vgl. dazu auch den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 28. September 1993 - gerade jenes Unterscheidungsmerkmal, das auch in der Beschwerde außer Streit gestellt wird. Bei Vorführkraftfahrzeugen handelt es sich im Gegensatz zu den Testfahrzeugen um zum alsbaldigen Verkauf bestimmte Kraftfahrzeuge, bei denen eben erst - wie bei anderen Händlerlieferungen von Kraftfahrzeugen - mit der Lieferung (§ 1 Z. 1 NoVAG) der steuerbare Tatbestand verwirklicht werden soll (vgl. dazu auch 351 BlgNR 18. GP 2).
Durch den Tatbestand der Nutzungsänderung im § 1 Z. 4 NoVAG ist auch für Vorführkraftfahrzeuge sichergestellt, daß mit dem Zeitpunkt, ab dem diese ihre Bestimmung zum alsbaldigen Verkauf verlieren (Umwidmung eines Vorführkraftfahrzeuges in Anlagevermögen des Autohändlers, vgl. 351 BlgNR 18. GP 3), Normverbrauchsabgabepflicht eintritt. Damit besteht aber unter dem Gesichtspunkt des Entstehens der Normverbrauchsabgabepflicht ohnedies keine Ungleichbehandlung zwischen Vorführkraftfahrzeugen und den - schon ab ihrer Anschaffung (und nicht erst ab dem Ende ihrer Nutzung für Testzwecke) dem Anlagevermögen zuzurechnenden - Testfahrzeugen.
Der angefochtene Bescheid läßt somit keine Rechtswidrigkeit erkennen, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993170393.X00Im RIS seit
11.07.2001