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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der U in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Dezember 1993, Zl. 4.332.665/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Dezember 1993 wurde in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 9. März 1992 ausgesprochen, daß Österreich der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen "der jugosl. Föderation", die am 10. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am darauffolgenden Tag den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Insofern die belangte Behörde die Versagung des Asyls darauf gestützt hat, daß der Beschwerdeführerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht zukomme, gleicht der vorliegende Beschwerdefall in allen für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, zugrunde lag, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.
Die belangte Behörde hat zwar des weiteren Verfolgungssicherheit der Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 in Slowenien angenommen und hiebei - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - die Rechtslage hinsichtlich der Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" im wesentlichen richtig erkannt (vgl. u.a. die grundlegenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357). Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin dieser, gemäß § 3 Asylgesetz 1991 selbst bei Bejahung ihrer Flüchtlingseigenschaft die Asylgewährung ausschließenden Annahme nicht auch in tatsächlicher Hinsicht entgegentritt und damit nicht die Wesentlichkeit der der belangten Behörde diesbezüglich unterlaufenen Verfahrensmängel aufzeigt, schadet aber aus den in der Folge angeführten Gründen nicht.
Die Beschwerdeführerin hat der Aktenlage nach gemeinsam mit ihrer Mutter Z.U. ihr Heimatland verlassen und ist mit ihr, über Slowenien kommend, gemeinsam in das Bundesgebiet eingereist. Die Mutter der Beschwerdeführerin hat in der sie betreffenden, zur hg. Zl. 94/01/0486 protokollierten Beschwerde geltend gemacht, daß "das UN-Flüchtlingshochkommissariat längst ausgesprochen hat, daß Slowenien kein sicherer Drittstaat ist". Dies war in Verbindung damit, daß ihr dazu im Verwaltungsverfahren kein Parteiengehör gewährt worden war und sie auf diese Weise einen wesentlichen Verfahrensmangel aufgezeigt hat (vgl. insofern des näheren nunmehr auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413), entscheidend dafür, daß ihre Beschwerde mit Erkenntnis vom 19. Oktober 1994 nicht als unbegründet abgewiesen wurde. Wäre ihr im Verwaltungsverfahren Parteiengehör gewährt worden und hätte sie hiebei ein Vorbringen erstattet, wie dies in ihrer Beschwerde geschehen ist, so hätte die belangte Behörde auch in dem sich auf die Beschwerdeführerin beziehenden, gleichzeitig geführten Verfahren, wenn es sich auch formell um ein anderes Verfahren als das ihrer Mutter handelte und die Beschwerdeführerin auch dann, wenn ihr Parteiengehör gewährt worden wäre, diesbezüglich nichts Entscheidendes vorgebracht hätte, im Rahmen eines ordnungsgemäßen Verfahrens, zu dessen Durchführung die belangte Behörde von Amts wegen verpflichtet war, darauf Bedacht nehmen müssen, dies deshalb, weil kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß sich die damals noch minderjährige Beschwerdeführerin und ihre Mutter nicht in ein und derselben Situation befunden haben, als sie in Slowenien waren, und es demnach nicht denkbar wäre, daß der eine von ihnen dort vor Verfolgung sicher war, der andere hingegen nicht. Dies wirkt sich daher auch zugunsten der Beschwerdeführerin bei Erledigung ihrer Beschwerde aus, zumal demnach auch in ihrem Falle keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen wurden, die die Annahme der belangten Behörde rechtfertigen könnten, Slowenien habe von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung dieses Landes laut BGBl. Nr. 806/1993) entsprechenden Schutz geboten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 1995, Zlen. 94/01/0350, 0359).
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, die einer solchen infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 1994, Zl. 94/19/0182), aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Diverses Parteibegriff Tätigkeit der Behörde Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Parteiengehör Rechtsmittelverfahren Sachverhalt Neuerungsverbot Besondere Rechtsgebiete Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010456.X00Im RIS seit
24.01.2001