Entscheidungsdatum
07.11.2024Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W261 2221073-1/125E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzerin und als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Mag. Franz GALLA, Rechtsanwalt in 1040 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 16.05.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1 und Abs.3, § 3 sowie § 10 Abs.1 Verbrechensopfergesetz (VOG) nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzerin und als Beisitzer über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , vertreten durch Mag. Franz GALLA, Rechtsanwalt in 1040 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 16.05.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß Paragraph eins, Absatz eins und Absatz ,, Paragraph 3, sowie Paragraph 10, Absatz , Verbrechensopfergesetz (VOG) nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde hinsichtlich der Abweisung des Antrages vom 16.01.2017 auf Gewährung von Hilfeleistungen in Form des Ersatzes des Verdienstentganges wird stattgegeben.
Hilfeleistungen in Form von Ersatz des Verdienstentganges werden - vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen – ab 01.02.2017 dem Grunde nach bewilligt.
Die genaue Höhe des Verdienstentganges wird in einem gesonderten Teilerkenntnis festgesetzt werden.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin brachte am 16.01.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde oder mitbeteiligte Partei), einen Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges ein. Sie gab an, sie sei im Heim XXXX regelmäßigen Schlägen und psychischen Erniedrigungen ausgesetzt gewesen, wodurch der Tatbestand des § 92 StGB (Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen) erfüllt sei. Zudem sei es im Jahr 1970 zu einer Vergewaltigung durch den Vater im XXXX im ersten Bezirk gekommen. Sie leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, an V.a. organischen Verhaltensstörung und einer komplexen oculomotorischen Störung. Sie befinde sich seit Mitte Dezember 2016 in Therapie, welche vom WEISSEN RING bezahlt werde. Sie sei bereits in Pension und beziehe € 680,- monatlich. Die Beschwerdeführerin legte eine Reihe von medizinischen Befunden vor. 1. Die Beschwerdeführerin brachte am 16.01.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde oder mitbeteiligte Partei), einen Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges ein. Sie gab an, sie sei im Heim römisch 40 regelmäßigen Schlägen und psychischen Erniedrigungen ausgesetzt gewesen, wodurch der Tatbestand des Paragraph 92, StGB (Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen) erfüllt sei. Zudem sei es im Jahr 1970 zu einer Vergewaltigung durch den Vater im römisch 40 im ersten Bezirk gekommen. Sie leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung, an römisch fünf.a. organischen Verhaltensstörung und einer komplexen oculomotorischen Störung. Sie befinde sich seit Mitte Dezember 2016 in Therapie, welche vom WEISSEN RING bezahlt werde. Sie sei bereits in Pension und beziehe € 680,- monatlich. Die Beschwerdeführerin legte eine Reihe von medizinischen Befunden vor.
2. Mit Schreiben vom 26.01.2017 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, ergänzende Informationen bzw. Unterlagen zum oben genannten Antrag zu übermitteln.
3. In weiterer Folge kommunizierte die belangte Behörde mit der Beschwerdeführerin über den WEISSEN RING, welcher die Beschwerdeführerin unterstütze. Mit Schreiben vom 20.02.2017 legte der WEISSE RING für die Beschwerdeführerin eine Reihe der geforderten Unterlagen vor.
4. Nach Vorliegen der entsprechenden Einverständniserklärung der Beschwerdeführerin ersuchte die belangte Behörde die XXXX eine Aufstellung zur übermitteln, aus welcher sämtliche Krankenstände der Beschwerdeführerin samt den jeweiligen Diagnosen ersichtlich seien. Mit E-Mailnachricht vom 03.03.2017 teilte die XXXX mit, dass die Beschwerdeführerin bislang keinen Krankenstand in Anspruch genommen habe, weswegen keine Unterlagen übermittelt werden könnten.4. Nach Vorliegen der entsprechenden Einverständniserklärung der Beschwerdeführerin ersuchte die belangte Behörde die römisch 40 eine Aufstellung zur übermitteln, aus welcher sämtliche Krankenstände der Beschwerdeführerin samt den jeweiligen Diagnosen ersichtlich seien. Mit E-Mailnachricht vom 03.03.2017 teilte die römisch 40 mit, dass die Beschwerdeführerin bislang keinen Krankenstand in Anspruch genommen habe, weswegen keine Unterlagen übermittelt werden könnten.
5. Der WEISSE RING übermittelte in weiterer Folge Anfang März 2017 auch den von der Beschwerdeführerin beigeschafften Heimakt an die belangte Behörde.
6. Mit Schreiben vom 09.03.2017 ersuchte die belangte Behörde die Pensionsversicherungsanstalt um Übermittlung des Pensionsaktes der Beschwerdeführerin zur kurzen Einsicht.
7. Mit Schreiben vom 23.03.2017 übermittelte die nunmehr durch Mag. Franz GALLA, Rechtsanwalt in Wien anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin eine Reihe der von der belangten Behörde geforderten Angaben.
8. Nach mehrmaliger Urgenz durch die belangte Behörde übermittelte die Pensionsversicherungsanstalt die ärztlichen Gutachten mit Schreiben vom 17.08.2017. Demnach leide die Beschwerdeführerin letztendlich an einer Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung und an Angst und depressive Störung gemischt und sei dauernd invalid.
9. Über Ersuchen der belangten Behörde übermittelte die Psychotherapeutin der Beschwerdeführerin der belangten Behörde am 09.11.2017 eine psychotherapeutische Stellungnahme. Demnach leide die Beschwerdeführerin an einer Traumafolgestörung in Form einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (im ICD-10: Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung F62.9) begleitet von Angst und depressiver Symptomatik (F41.2). Eine weitere psychotherapeutische Begleitung sei indiziert.
11. Mit Schreiben vom 02.01.2017 ersuchte die belangte Behörde die Reha-Klinik für XXXX die komplette Krankengeschichte der Beschwerdeführerin zu übermitteln. 11. Mit Schreiben vom 02.01.2017 ersuchte die belangte Behörde die Reha-Klinik für römisch 40 die komplette Krankengeschichte der Beschwerdeführerin zu übermitteln.
Die Rehaklinik XXXX ersuchte unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Vorschriften mit Schreiben vom 23.01.2018 um Übermittlung der von der Beschwerdeführerin unterschriebenen Einverständniserklärung. Die belangte Behörde übermittelte diese mit E-Mailnachricht vom 29.01.2028, woraufhin die Rehaklinik die angeforderten Unterlagen übermittelte. Die Rehaklinik römisch 40 ersuchte unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Vorschriften mit Schreiben vom 23.01.2018 um Übermittlung der von der Beschwerdeführerin unterschriebenen Einverständniserklärung. Die belangte Behörde übermittelte diese mit E-Mailnachricht vom 29.01.2028, woraufhin die Rehaklinik die angeforderten Unterlagen übermittelte.
11. Die belangte Behörde ersuchte mit Gutachtensauftrag vom 21.03.2018 den ärztlichen Dienst ein nervenfachärztliches Gutachten auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin zu erstellen.
Im nervenfachärztlichen Sachverständigengutachten vom 14.06.2018 kommt der medizinische Sachverständige nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.05.2018 zusammenfassend zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (F60.3) und an einer Dysthymie (F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung) leide. Ein Kausalzusammenhang mit dem Verbrechen könne nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden. In der Biographie der Beschwerdeführerin gebe es mehrere belastende Lebensereignisse, und es sei nicht mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit abzugrenzen, welches für das gegenwärtige psychische Zustandsbild überwiegend zu verantworten sei. Die Leidenszustände der Beschwerdeführerin seien überwiegend auf akausale Umstände zurückzuführen. Diese sei bereits einjährig aufgrund problematischer Familienverhältnisse in einem Heim aufgenommen worden, abermals in der Zeit von ihrem 11. bis zu ihrem 16. Lebensjahr. Insbesondere die Heimaufnahme im Kleinstkindalter müsse aus fachärztlicher Sicht als ein massives Trauma für die weitere psychische Entwicklung der Beschwerdeführerin angesehen werden. Nach Entlassung zur Mutter hätten sich die Bedingungen des Heranwachsens nicht wesentlich geändert, weswegen die Beschwerdeführerin mit 11 Jahren neuerlich ins Heim gekommen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei ihre Persönlichkeitsentwicklung bereits abgeschlossen gewesen. Der weitere Lebenslauf sei geprägt gewesen von wechselnden Anstellungen, Beziehungsproblemen und Erkrankung an einer schweren Depression mit mehrfachen stationären Aufenthalten im XXXX , wobei auch die gegenwärtige Lebenssituation nicht unbelastet erscheine. Aus fachärztlich psychiatrischer Sicht hätten die Misshandlungen zwar möglicherweise einen Einfluss auf den derzeitigen psychischen Leidenszustand, seien jedoch nicht als wesentliche Ursache anzusehen. Im nervenfachärztlichen Sachverständigengutachten vom 14.06.2018 kommt der medizinische Sachverständige nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.05.2018 zusammenfassend zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (F60.3) und an einer Dysthymie (F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung) leide. Ein Kausalzusammenhang mit dem Verbrechen könne nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden. In der Biographie der Beschwerdeführerin gebe es mehrere belastende Lebensereignisse, und es sei nicht mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit abzugrenzen, welches für das gegenwärtige psychische Zustandsbild überwiegend zu verantworten sei. Die Leidenszustände der Beschwerdeführerin seien überwiegend auf akausale Umstände zurückzuführen. Diese sei bereits einjährig aufgrund problematischer Familienverhältnisse in einem Heim aufgenommen worden, abermals in der Zeit von ihrem 11. bis zu ihrem 16. Lebensjahr. Insbesondere die Heimaufnahme im Kleinstkindalter müsse aus fachärztlicher Sicht als ein massives Trauma für die weitere psychische Entwicklung der Beschwerdeführerin angesehen werden. Nach Entlassung zur Mutter hätten sich die Bedingungen des Heranwachsens nicht wesentlich geändert, weswegen die Beschwerdeführerin mit 11 Jahren neuerlich ins Heim gekommen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei ihre Persönlichkeitsentwicklung bereits abgeschlossen gewesen. Der weitere Lebenslauf sei geprägt gewesen von wechselnden Anstellungen, Beziehungsproblemen und Erkrankung an einer schweren Depression mit mehrfachen stationären Aufenthalten im römisch 40 , wobei auch die gegenwärtige Lebenssituation nicht unbelastet erscheine. Aus fachärztlich psychiatrischer Sicht hätten die Misshandlungen zwar möglicherweise einen Einfluss auf den derzeitigen psychischen Leidenszustand, seien jedoch nicht als wesentliche Ursache anzusehen.
12. Mit Schreiben vom 06.07.2018 übermittelte die belangte Behörde dieses medizinische Sachverständigengutachten der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs und räumte ihr die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb von vier Wochen ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Über mehrfaches Ersuchen des anwaltlichen Vertreters der Beschwerdeführerin erstreckte die belangte Behörde mehrfach die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme.
13. Mit Eingabe vom 15.10.2018 gab die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter eine schriftliche Stellungnahme ab. Darin führte diese aus, dass der medizinische Sachverständige keine Begründung für seine Diagnose abgegeben habe. Es sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Erwägungen der Sachverständige zu seiner Diagnose gekommen sei. Unter Hinweis auf im Schriftsatz zitierte Befunde der Beschwerdeführerin hätte der medizinische Sachverständige zu einer anderen Diagnose kommen müssen.
Der Sachverständige habe bei der Frage der Kausalität auf problematische Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin hingewiesen, wodurch er eine Beweiswürdigung vorweggenommen habe, was ihm nicht zustehe. Es falle generell auf, dass der Sachverständige den Zeiträumen vor und nach dem Heimaufenthalt einen zu großen Stellenwert beimesse. Diese Ereignisse im Leben der Beschwerdeführerin würden nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, wie dies der Sachverständige in seinem Gutachten gemacht habe. Es sei gerade nicht der Fall, dass die Lebensumstände der Beschwerdeführerin nach dem Heim mit der Heimzeit nichts zu tun haben würden. Es liege vielmehr auf der Hand, dass der weitere Lebenslauf kausale Folge der während der Heimzeit an der Beschwerdeführerin verübten Verbrechen sei. Die Beschwerdeführerin legte eine Reihe von medizinischen Befunden vor.
14. Mit Schreiben vom 02.11.2028 ersuchte die belangte Behörde den medizinischen Dienst, eine Stellungnahme zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin und den von ihr vorgelegten Befunden abzugeben.
Der nervenfachärztliche Sachverständige führte in dessen Ergänzungsgutachten vom 30.11.2018 aus, dass er sich bei der Erstellung an der ICD-10 orientiert habe, welche die Basis für die Erstellung von Diagnosen darstelle. Die dort angeführten Symptome seien verbindlich für das Stellen einer Diagnose. Jene Symptome, welche unter ICD-10: F43.1 – Posttraumatische Belastungsstörung, angeführt seien, hätten bei der Beschwerdeführerin bei der Untersuchung nicht festgestellt werden können. Der medizinische Sachverständige setzte sich in weiterer Folge mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Befunden auseinander und erläuterte, weswegen diesen medizinischen Befunden und Gutachten teilweise gefolgt, und teilweise nicht gefolgt werden könne.
15. Mit Schreiben vom 21.02.2019 übermittelte die belangte Behörde dieses Ergänzungsgutachten der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs und räumte ihr die Möglichkeit ein, hierzu eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
16. Die Beschwerdeführerin gab durch ihren anwaltlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 29.03.2019 eine schriftliche Stellungnahme ab, in welcher sie ausführte, dass die Diagnose des medizinischen Sachverständigen nach wie vor nicht hinreichend begründet sei. Konkret fehle die traumabezogene Anamnese im Gutachten des Sachverständigen, welche jedoch unbedingt erforderlich sei, um eine korrekte und zusammenfassende Diagnose erstellen zu können. Es sei auch markant, dass die meisten der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten ihre Diagnose im Laufe der Behandlung geändert hätten, woraus der Schluss gezogen werden könne, dass sich bei längerer Behandlung der Beschwerdeführerin deren tatsächliches Leiden herauskristallisiere, welches keine andere Diagnose als eine posttraumatische Belastungsstörung (F43.1), bzw. eine Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung (F62.0) zulassen würde. Der medizinische Sachverständige habe zwar behauptet, dass diese beiden Diagnosen einander ausschließen würden, aus welchen Gründen dies der Fall sei, habe er jedoch nicht ausgeführt.
17. Am 08.04.2019 übermittelte die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter einen weiteren medizinischen Befund.
18. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16.05.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 3, § 3 sowie § 10 Abs.1 Verbrechensopfergesetz (VOG) ab. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass bei der Beschwerdeführerin das Vorliegen eines verbrechenskausalen Verdienstentganges im fiktiven schadensfreien Verlauf nicht mit der für das VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit habe festgestellt werden können.18. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16.05.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz des Verdienstentganges gemäß Paragraph eins, Absatz eins und Absatz 3,, Paragraph 3, sowie Paragraph 10, Absatz , Verbrechensopfergesetz (VOG) ab. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass bei der Beschwerdeführerin das Vorliegen eines verbrechenskausalen Verdienstentganges im fiktiven schadensfreien Verlauf nicht mit der für das VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit habe festgestellt werden können.
19. Die Beschwerdeführerin erhob mit Eingabe vom 02.07.2019 durch ihren anwaltlichen Vertreter rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und führt aus, dass eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung und daraus resultierend eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliegen würde. Die belangte Behörde habe wesentliche, traumatisierende Ereignisse nicht festgestellt, das seien die sexuellen Übergriffe des Vaters im Alter von 11 bis 12 Jahren sowie die sexuellen Übergriffe durch einen Pater im Kinderheim XXXX . Die vom medizinischen Sachverständigen erstellten Diagnosen seien unzutreffend und würden durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunde widerlegt. Der medizinische Sachverständige habe zu Unrecht eine Kausalitätsbeurteilung vorgenommen, dies sei eine Rechtsfrage, welche von der belangten Behörde unrichtig gelöst worden sei. Die psychischen Leiden der Beschwerdeführerin hätten dazu geführt, dass sie berufliche Aufstiegschancen verloren habe. Hätte die belangte Behörde den Sachverhalt richtig festgestellt und gewürdigt, hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin stattzugeben gewesen sei. Es werde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen und einen anderen Sachverständigen bzw. eine andere Sachverständige mit der Begutachtung der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin zu beauftragen, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben und auszusprechen, dass der Beschwerdeführerin der Ersatz des Verdienstentganges dem Grunde nach bewilligt werden, in eventu, der Beschwerde stattzugeben, den Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. 19. Die Beschwerdeführerin erhob mit Eingabe vom 02.07.2019 durch ihren anwaltlichen Vertreter rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und führt aus, dass eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung und daraus resultierend eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliegen würde. Die belangte Behörde habe wesentliche, traumatisierende Ereignisse nicht festgestellt, das seien die sexuellen Übergriffe des Vaters im Alter von 11 bis 12 Jahren sowie die sexuellen Übergriffe durch einen Pater im Kinderheim römisch 40 . Die vom medizinischen Sachverständigen erstellten Diagnosen seien unzutreffend und würden durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunde widerlegt. Der medizinische Sachverständige habe zu Unrecht eine Kausalitätsbeurteilung vorgenommen, dies sei eine Rechtsfrage, welche von der belangten Behörde unrichtig gelöst worden sei. Die psychischen Leiden der Beschwerdeführerin hätten dazu geführt, dass sie berufliche Aufstiegschancen verloren habe. Hätte die belangte Behörde den Sachverhalt richtig festgestellt und gewürdigt, hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin stattzugeben gewesen sei. Es werde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen und einen anderen Sachverständigen bzw. eine andere Sachverständige mit der Begutachtung der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin zu beauftragen, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben und auszusprechen, dass der Beschwerdeführerin der Ersatz des Verdienstentganges dem Grunde nach bewilligt werden, in eventu, der Beschwerde stattzugeben, den Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
Die Beschwerdeführerin legte die vom WEISSEN RING übermittelten Clearingberichte ergänzend vor.
20. Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt mit Schreiben vom 04.07.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo dieser am 10.07.2019 einlangte.
21. Das Bundesverwaltungsgericht ersuchte mit Schreiben vom 29.07.2019 eine medizinische Amtssachverständige, gerichtlich beeidete Sachverständige und Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie um die Erstellung eines Sachverständigengutachtens auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin.
In deren medizinischen Sachverständigengutachten vom 10.10.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.09.2019, kommt diese zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin an einer organischen Persönlichkeits- und Verhaltensstörung als Komplikation im Rahmen einer Maser-Mumpsinfektion F07.9, einer Störung der Hirnnerven in Form von komplexen Okulomotorikstörung und Störung der Gaumeninervation im Rahmen einer Maser-Mumpsinfektion, einer rezidivierenden depressiven Störung F33, an Hypotyreose und an einer diffusen Gastritis leide. Keine dieser Erkrankungen sei auf die Heimaufenthalte und den allenfalls erlittenen sexuellen Missbrauch zurückzuführen.
22. Mit Schreiben vom 18.10.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht das genannte Gutachten den Parteien des Verfahrens im Rahmen des Parteiengehörs und räumte die Möglichkeit ein, hierzu eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
23. Mit Eingabe vom 07.11.2029 gab die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter eine vorläufige Stellungnahme ab und ersuchte die Stellungnahmefrist bis zum 29.11.2019 zu erstrecken, weil beabsichtigt sei, dem Gutachten der medizinischen Sachverständigen auf gleicher fachlichen Ebene zu begegnen. Zudem legte die Beschwerdeführerin (neuerlich) eine Diagnose des XXXX vom 27.10.2005 und vom 22.12.2005 vor, wonach die Beschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) und an einer rezidivieren depressiven Störung (ICD-10: F33.1) leide. 23. Mit Eingabe vom 07.11.2029 gab die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter eine vorläufige Stellungnahme ab und ersuchte die Stellungnahmefrist bis zum 29.11.2019 zu erstrecken, weil beabsichtigt sei, dem Gutachten der medizinischen Sachverständigen auf gleicher fachlichen Ebene zu begegnen. Zudem legte die Beschwerdeführerin (neuerlich) eine Diagnose des römisch 40 vom 27.10.2005 und vom 22.12.2005 vor, wonach die Beschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) und an einer rezidivieren depressiven Störung (ICD-10: F33.1) leide.
24. Mit Eingabe vom 29.11.2019 ersuchte die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter zum Nachweis darüber, dass die an der Beschwerdeführerin während ihrer Heimzeit verübten Verbrechen kausal für die bestehenden psychischen Leiden und damit den Verdienstentgang sind, einen Arzt aus dem Fachbereich der Psychiatrie und Psychotherapie des XXXX als sachkundigen Zeugen zu der für den 27.01.2020 anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung zu laden. Bis zu diesem Tag werden auch noch die Ausführungen, warum das Gutachten der medizinischen Sachverständigen vom 10.01.2029 unschlüssig und unzureichend seien, nachgereicht.24. Mit Eingabe vom 29.11.2019 ersuchte die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter zum Nachweis darüber, dass die an der Beschwerdeführerin während ihrer Heimzeit verübten Verbrechen kausal für die bestehenden psychischen Leiden und damit den Verdienstentgang sind, einen Arzt aus dem Fachbereich der Psychiatrie und Psychotherapie des römisch 40 als sachkundigen Zeugen zu der für den 27.01.2020 anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung zu laden. Bis zu diesem Tag werden auch noch die Ausführungen, warum das Gutachten der medizinischen Sachverständigen vom 10.01.2029 unschlüssig und unzureichend seien, nachgereicht.
25. Mit Schreiben vom 03.12.2019 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Zeuge antragsgemäß geladen werde, und forderte die Beschwerdeführerin auf, die avisierten Ausführungen, weswegen das medizinische Sachverständigengutachten unschlüssig und unzutreffend sei, bis spätestens 10.01.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.
26. Mit Eingabe vom 10.01.2020 gab die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter eine Äußerung ab und legte Urkunden vor. In dieser Äußerung wird eine formlose Nachricht des beantragten Zeugen wiedergegeben, wonach dieser an der Expertise der medizinischen Sachverständigen, welche auch eine Fachärztin für Anästhesie sei, zur Erstellung derartiger Gutachten zweifle. Es würden aktuelle EEGs, PET oder (Funktions)MRT, Laborparameter oder eine neuropsychologische Testung völlig fehlen. Die Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen seien in Zusammenfassung nicht ausreichend, um die Vordiagnosen einer komplexen Traumafolgestörung zu widerlegen. Zudem habe die medizinische Sachverständige die im letzten Fachgutachten angegebene mögliche alternative Ursache (zusätzlicher) organischer Faktoren, nämlich einem schädlichen Substanzgebrauch nicht berücksichtigt. Er sei gerne bereit, den Kontakt zu entsprechenden Experten aus dem Fachbereich der Neurologie (nicht Anästhesie) zu vermitteln. Die Beschwerdeführerin beantragte, ein Obergutachten einzuholen oder einen weiteren Sachverständigen zu beauftragen.
27. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte diese Äußerung der Beschwerdeführerin an die medizinische Sachverständige und die belangte Behörde zur Information.
28. Die medizinische Sachverständige gab mit Eingabe vom 21.01.2020 eine Äußerung ab und stellte klar, dass sie gerichtlich beeidete Sachverständige und Fachärztin unter anderem auch in den Fachbereichen Neurologie, Psychiatrische Kriminalprognostik, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin sei. Die Äußerung des Arztes, welchen die Beschwerdeführerin beigezogen habe, sei zwar persönlich untergriffig und herabsetzend, vermöge jedoch keine mangelhafte Befunderhebung aufzuzeigen.
29. Am 27.01.2020 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführerin und deren anwaltlicher Vertreter, eine Vertreterin der belangten Behörde, die beigezogene medizinische Sachverständige und der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachte Zeuge teilnahmen. Der erkennende Senat stellte fest, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Vater einmal im Alter von ca. 12 Jahren und mehrfach im Alter zwischen 17 und 20 Jahren missbraucht worden sei. Der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachte Zeuge, welcher die Beschwerdeführerin in mehreren Terminen psychiatrisch untersucht hatte, erläuterte, er habe bei der Beschwerdeführerin die Diagnosen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung und rezidivierender depressiver Episoden gestellt. Außerdem sei eine weitere neurologische Abklärung empfohlen worden, da der Eindruck entstanden sei, dass auch eine körperliche Beeinträchtigung eine Rolle spielen könnte. Der Zeuge führte weiters aus, die von der beigezogenen nervenfachärztlichen Sachverständigen getroffene Diagnose einer Masern-Mumps-Enzephalitis sei mangels entsprechender Befunde, die das tatsächliche Vorliegen einer Masern-Enzephalitis belegen würden, nicht nachvollziehbar. Befragt, wie lange nach dem letzten Trauma eine posttraumatische Belastungsstörung abklingen könne, oder ob eine solche nie abklinge, gab der Zeuge an, eine spontane Remission oder ein Behandlungserfolg könnten zum Abklingen führen, wobei aber besonders bei sexuellem Missbrauch oder nach Folter die Beschwerden oft langfristig und sehr schwer behandelbar seien. Bei der Beschwerdeführerin sei die posttraumatische Belastungsstörung nicht abgeklungen und liege weiterhin vor. Diese äußere sich in Schlafstörungen, Alpträumen bezogen auf Missbrauchserfahrungen und verstärkt auftretenden Flashbacks, wenn sie mit den belastenden Erinnerungen oder ähnlichen Situationen konfrontiert sei und führe zu einer verstärkten Angstreaktion, starkem emotionalem Leiden und einer verstärkten Schreckreaktion, sowie einem Vermeidungsverhalten.
Das Bundesverwaltungsgericht ersuchte die beigezogene gerichtlich beeidete Sachverständige und Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie um die Abgabe einer ergänzenden gutachterlichen schriftlichen Stellungnahme. Es werde um gutachterliche Beurteilung ersucht, ob der sexuelle Missbrauch durch den Vater dauerhafte psychische Folgen im Ausmaß einer psychiatrischen Erkrankung nach sich gezogen habe. Außerdem wurde ersucht, die im Vorgutachten gestellte Diagnose einer organischen Persönlichkeits- und Verhaltensstörung im Rahmen einer Masern-Musmpsinfektion insoweit zu präzisieren, als auszuführen sei, welche konkreten Befunde dieser Diagnose zu Grunde liegen würden. Des Weiteren solle erörtert werden, worauf die organische Persönlichkeitsstörung im Detail gegründet sei, ob die Ursache eine Enzephalitis sein könne, wie diese dokumentiert worden sei und, sollte es sich nicht um eine Enzephalitis handeln, welche andere Ursachen für die Persönlichkeitsstörung angenommen werden würden. Schließlich ersuchte das Bundesverwaltungsgericht, Punkt 5. des Vorgutachtens in einer auch für medizinische Laien nachvollziehbaren Sprache zu formulieren.
30. Die Sachverständige führte in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 13.03.2020 zusammengefasst aus, dass sich bei der Beschwerdeführerin eine organische Persönlichkeitsstörung und eine episodisch verlaufende depressive Erkrankung diagnostizieren lassen würden, wobei die organische Persönlichkeitsstörung eine akausale Genese habe. Der fortgesetzte Prozess der Vernachlässigung und Verwahrlosung in der Ursprungsfamilie, die erlebten Misshandlungen in der Zeit der Fremdunterbringung und der sexuelle Missbrauch durch den eigenen Vater hätten bei der Beschwerdeführerin die adäquate seelische Entwicklung, Bindungsfähigkeit sowie Ausbildung der für ein Kind unabdingbar erforderlichen emotionalen Sicherheit verunmöglicht, und folglich mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Aufrechterhaltung und Ausprägung der depressiven Störung beigetragen. Welche der drei genannten Faktoren und in welcher Gewichtung maßgeblich den Verlauf der depressiven Erkrankung negativ beeinflusst habe, lasse sich gutachterlich nicht bewerten. Die Beschwerdeführerin sei als Kleinkind wegen einer Masernerkrankung stationär behandelt worden, was nur bei schweren Krankheitsverläufen notwendig sei. Als bleibende gesundheitliche Schäden würden sich eine komplexe beidseitige okulomotorische Störung (Schielen) und Teillähmung des Gaumensegels rechts erkennen. Enzephalitis sei die häufigste schwere Komplikation einer Maserninfektion. Andere hirnschädigende Erkrankungen oder Traumata der Beschwerdeführerin seien weder aus der Anamnese noch aus der Dokumentation bekannt. Die im Rahmen des stationären Aufenthaltes in der psychiatrischen Klinik des XXXX klinisch erhobenen Symptome als auch operationalisierte Verfahren hätten die Diagnose einer organischen Persönlichkeitsstörung ergeben. Die EEG- und MRT-Untersuchungen hätten diffuse Veränderungen im zentralen Nervensystem gezeigt. Es könne mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass eine virale Enzephalitis im Rahmen der Maserninfektion bei der Beschwerdeführerin für die Ausbildung einer organischen Persönlichkeitsstörung verantwortlich sei. Die psychometrischen und klinischen Symptome würden für die organische Hirnschädigung sprechen. Zur Frage, weshalb eine Kausalität der Erlebnisse im Heim und der sexuellen Übergriffe für die vorliegenden psychischen Gesundheitsschädigungen verneint werde, führte die Sachverständige aus, dass sowohl organische (genetische Veranlagung) als auch reaktive Ursachen (negative psychosoziale individuell belastende Ereignisse) als Pathogenese depressiver Störungen angenommen werden könnten. Die auslösenden schädlichen Faktoren könnten bei genetischer Veranlagung zur Manifestation einer depressiven Episode führen, oder den Verlauf dieser negativ beeinflussen. 30. Die Sachverständige führte in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 13.03.2020 zusammengefasst aus, dass sich bei der Beschwerdeführerin eine organische Persönlichkeitsstörung und eine episodisch verlaufende depressive Erkrankung diagnostizieren lassen würden, wobei die organische Persönlichkeitsstörung eine akausale Genese habe. Der fortgesetzte Prozess der Vernachlässigung und Verwahrlosung in der Ursprungsfamilie, die erlebten Misshandlungen in der Zeit der Fremdunterbringung und der sexuelle Missbrauch durch den eigenen Vater hätten bei der Beschwerdeführerin die adäquate seelische Entwicklung, Bindungsfähigkeit sowie Ausbildung der für ein Kind unabdingbar erforderlichen emotionalen Sicherheit verunmöglicht, und folglich mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Aufrechterhaltung und Ausprägung der depressiven Störung beigetragen. Welche der drei genannten Faktoren und in welcher Gewichtung maßgeblich den Verlauf der depressiven Erkrankung negativ beeinflusst habe, lasse sich gutachterlich nicht bewerten. Die Beschwerdeführerin sei als Kleinkind wegen einer Masernerkrankung stationär behandelt worden, was nur bei schweren Krankheitsverläufen notwendig sei. Als bleibende gesundheitliche Schäden würden sich eine komplexe beidseitige okulomotorische Störung (Schielen) und Teillähmung des Gaumensegels rechts erkennen. Enzephalitis sei die häufigste schwere Komplikation einer Maserninfektion. Andere hirnschädigende Erkrankungen oder Traumata der Beschwerdeführerin seien weder aus der Anamnese noch aus der Dokumentation bekannt. Die im Rahmen des stationären Aufenthaltes in der psychiatrischen Klinik des römisch 40 klinisch erhobenen Symptome als auch operationalisierte Verfahren hätten die Diagnose einer organischen Persönlichkeitsstörung ergeben. Die EEG- und MRT-Untersuchungen hätten diffuse Veränderungen im zentralen Nervensystem gezeigt. Es könne mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass eine virale Enzephalitis im Rahmen der Maserninfektion bei der Beschwerdeführerin für die Ausbildung einer organischen Persönlichkeitsstörung verantwortlich sei. Die psychometrischen und klinischen Symptome würden für die organische Hirnschädigung sprechen. Zur Frage, weshalb eine Kausalität der Erlebnisse im Heim und der sexuellen Übergriffe für die vorliegenden psychischen Gesundheitsschädigungen verneint werde, führte die Sachverständige aus, dass sowohl organische (genetische Veranlagung) als auch reaktive Ursachen (negative psychosoziale individuell belastende Ereignisse) als Pathogenese depressiver Störungen angenommen werden könnten. Die auslösenden schädlichen Faktoren könnten bei genetischer Veranlagung zur Manifestation einer depressiven Episode führen, oder den Verlauf dieser negativ beeinflussen.
31. Mit Schreiben vom 31.03.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die ergänzende gutachterliche Stellungnahme den Parteien des Verfahrens im Rahmen des Parteiengehörs und räumte die Möglichkeit ein, hierzu eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
32. Die Beschwerdeführerin gab durch ihren anwaltlichen Vertreter mit Eingabe vom 15.05.2020 eine umfangreiche Äußerung ab. Darin wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass es laut der Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen drei Ursachen seien, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Aufrechterhaltung und Ausprägung der depressiven Störung beigetragen hätten. Es seien dies der fortgesetzte Prozess der Vernachlässigung und Verwahrlosung in der Ursprungsfamilie, die erlebten Misshandlungen in der Zeit der Fremdunterbringung und der sexuelle Missbrauch durch den eigenen Vater. Es sei der Sachverständigen nicht möglich zu bewerten, in welcher Gewichtung diese Ereignisse einen Anteil an der Entwicklung der depressiven Erkrankung der Beschwerdeführerin gehabt hätten, was als Mangel der gutachterlichen Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen gerügt werde. Sollte aber die genetische Disposition der Beschwerdeführerin eine der drei Faktoren sein, so sei festgehalten, dass in der gutachterlichen Stellungnahme angeführt worden sei, dass bei der Beschwerdeführerin genetisch bedingt eine geringe Toleranz gegenüber seelischen, körperlichen und biographischen Belastungsfaktoren anzunehmen sei. Es finde sich an keiner Stelle der gutachterlichen Äußerung eine Begründung für diese Annahme, es handle sich vielmehr um eine Vermutung, welche zum Nachteil der Beschwerdeführerin ausgelegt werde. Es werde daher beantragt, einen anderen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen.
Die medizinische Sachverständige gehe trotz des mehrfachen sexuellen Missbrauchs durch den Vater „nur“ vom Vorliegen einer episodisch verlaufenden depressiven Erkrankung aus. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass eine posttraumatische Belastungsstörung nach sechs Monaten abklinge, sei unzutreffend. Ebenso unzutreffend sei die Meinung der Sachverständigen, dass die Diagnose der andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung wegen der organischen Persönlichkeitsstörung ausgeschlossen sei. Es würden hierzu zumindest drei zitierte medizinische Befunde vorliegen, die Gegenteiliges belegen würden. Es werde zudem auf die Ausführungen des bei der letzten Beschwerdeverhandlung einvernommen Zeugen verwiesen, welcher zudem noch eine ergänzende Stellungnahme abgegeben habe, welche der Äußerung angeschlossen sei. Es werde daher die Einholung eines Übergutachtens beantragt.
Die Beschwerdeführerin wies auf Widersprüche im Zusammenhang mit dem angeblichen Vorliegen einer organisch bedingten Persönlichkeitsstörung hin. Es werde beantragt, zur Beurteilung dieser Frage einen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Neuropsychologie zur Fragestellung der psychologischen Diagnostik nach Enzephalitis. Von Enzephalitis Langzeitfolgen und deren Verhältnis zu Traumafolgestörungen beizuziehen. Schließlich werde beantragt, die Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen in einer eigenen mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern.
Die Beschwerdeführerin schloss der Äußerung eine Emailnachricht von Prof. Dr. XXXX vom 12.05.2020 an.Die Beschwerdeführerin schloss der Äußerung eine Emailnachricht von Prof. Dr. römisch 40 vom 12.05.2020 an.
33. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte diese Äußerung am 18.05.2020 an die belangte Behörde. Diese gab keine Stellungnahme ab.
34. Die Beschwerdeführerin übermittelte durch ihren anwaltlichen Vertreter mit Eingabe vom 18.06.2020 einen neuropsychiatrischen Befundbericht und eine gutachterliche Stellungnahme von Univ. Doz. Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und neuropsychiatrischer Sachverständiger vom 11.06.2020. Darin kam er zu den Diagnosen Z.n. reaktiver Bindungsstörung im Kindesalter, Gewalt- und Missbrauchserfahrungen, ICD-10: F94.1, (komplexe) posttraumatische Belastungsstörung, anhaltend, im Sinne von ICD-10: F62.0 bzw. nach DSM 5 und rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, F33.1. Er könne einen Zusammenhang zwischen den Misshandlungen und dem Missbrauch und der Verhinderung der den kognitiven Fähigkeiten entsprechenden Ausbildung und des Fortkommens der Beschwerdeführerin feststellen. Es sei dadurch so gekommen, dass die Beschwerdeführerin sehr verzögert im fünften Lebensjahrzehnt aus eigenem Antrieb einen Ausbildungsstand und damit eine Berufsqualifikation und ein Einkommen erreicht habe, das sie ohne Beeinträchtigung und ohne fehlende Förderung von Seiten der Heimsituation schon mit 23 Jahren hätte erreichen können. 34. Die Beschwerdeführerin übermittelte durch ihren anwaltlichen Vertreter mit Eingabe vom 18.06.2020 einen neuropsychiatrischen Befundbericht und eine gutachterliche Stellungnahme von Univ. Doz. Dr. römisch 40 , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und neuropsychiatrischer Sachverständiger vom 11.06.2020. Darin kam er zu den Diagnosen Z.n. reaktiver Bindungsstörung im Kindesalter, Gewalt- und Missbrauchserfahrungen, ICD-10: F94.1, (komplexe) posttraumatische Belastungsstörung, anhaltend, im Sinne von ICD-10: F62.0 bzw. nach DSM 5 und rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, F33.1. Er könne einen Zusammenhang zwischen den Misshandlungen und dem Missbrauch und der Verhinderung der den kognitiven Fähigkeiten entsprechenden Ausbildung und des Fortkommens der Beschwerdeführerin feststellen. Es sei dadurch so gekommen, dass die Beschwerdeführerin sehr verzögert im fünften Lebensjahrzehnt aus eigenem Antrieb einen Ausbildungsstand und damit eine Berufsqualifikation und ein Einkommen erreicht habe, das sie ohne Beeinträchtigung und ohne fehlende Förderung von Seiten der Heimsituation schon mit 23 Jahren hätte erreichen können.
35. Mit Eingabe vom 01.07.2020 legte die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter den Entlassungsbefund aus dem Zentralkinderheim vom 25.02.1960 vor, aus welchem hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin seit ihrer Geburt unter den Augenproblemen leide und den Entlassungsbrief des XXXX vom 20.12.1964, woraus ersichtlich sei, dass der Aufenthalt im Krankenhaus wegen der Masernerkrankung nur einen Tag betragen habe.35. Mit Eingabe vom 01.07.2020 legte die Beschwerdeführerin durch ihren anwaltlichen Vertreter den Entlassungsbefund aus dem Zentralkinderheim vom 25.02.1960 vor, aus welchem hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin seit ihrer Geburt unter den Augenproblemen leide und den Entlassungsbrief des römisch 40 vom 20.12.1964, woraus ersichtlich sei, dass der Aufenthalt im Krankenhaus wegen der Masernerkrankung nur einen Tag betragen habe.
36. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 01.09.2020 eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, eine Vertreterin der belangten Behörde und die medizinische Sachverständige teilnahmen. Auf deren eigenen Wunsch und im Einvernehmen mit dem erkennenden Senat verzichtete die Beschwerdeführerin auf eine persönliche Teilnahme an der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Sämtliche davor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen und Äußerungen wurden den Parteien des Verfahrens mit der Ladung für diese Verhandlung übermittelt.
Im Zuge dieser Beschwerdeverhandlung erfolgte eine ausführliche Gutachtenserörterung, wobei die medizinische Sachverständige auch auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten neuropsychiatrischen Befundbericht und die gutachterliche Stellungnahme von Univ. Doz. Dr. XXXX einging. Demnach leide die Beschwerdeführerin an einer organisch bedingten Persönlichkeitsstörung und an einer endogenen rezidivierenden Depression. Laut ICD-11 bestehe keine Kausalität zwischen Trauma und Depression, auch ICD-10 sehe Depression nicht als posttraumatische Erkrankung an. Anhand einem von der medizinischen Sachverständigen zur Verfügung gestellten Diagnoseschlüssel für Posttraumatische Belastungsstörungen wurde von dieser im Detail erörtert, weswegen sie auf Basis der von ihr durchgeführten psychiatrischen Untersuchung der Beschwerdeführerin zum Ergebnis komme, dass bei der Beschwerdeführerin keine posttraumatische Belastungsstörung vorliege.Im Zuge dieser Beschwerdeverhandlung erfolgte eine ausführliche Gutachtenserörterung, wobei die medizinische Sachverständige auch auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten neuropsychiatrischen Befundbericht und die gutachterliche Stellungnahme von Univ. Doz. Dr. römisch 40 einging. Demnach leide die Beschwerdeführerin an einer organisch bedingten Persönlichkeitsstörung und an einer endogenen rezidivierenden Depression. Laut ICD-11 bestehe keine Kausalität zwischen Trauma und Depression, auch ICD-10 sehe Depression nicht als posttraumatische Erkrankung an. Anhand einem von der medizinischen Sachverständigen zur Verfügung gestellten Diagnoseschlüssel für Posttraumatische Belastungsstörungen wurde von dieser im Detail erörtert, weswegen sie auf Basis der von ihr durchgeführten psychiatrischen Untersuchung der Beschwerdeführerin zum Ergebnis komme, dass bei der Beschwerdeführerin keine posttraumatische Belastungsstörung vorliege.
37. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.10.2020, Zl. W261 2221073-1/43E wurde die Beschwerde vom 16.05.2019 als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die Beschwerdeführerin an einer organischen Persönlichkeits- und Verhaltensstörung, einer Störung der Hirnnerven in Form einer komplexen Okulomotorikstörung und Störung der Gaumeninnervation, einer r