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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des X in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. September 1994, Zl. 4.334.509/9-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. September 1994 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 6. März 1992 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", der am 9. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am darauffolgenden Tag den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Erstvernehmung am 13. Februar 1992 hinsichtlich seiner Fluchtgründe angegeben, in seiner Heimat politisch oder religiös nicht verfolgt worden zu sein. Er habe aber der albanischen Minderheit (im Kosovo) angehört und sei von den Serben unterdrückt worden. Am 15. Jänner 1992 habe er als Soldat nach Skopje einrücken müssen und sei dort "zum Kämpfen" geschult worden. Die Ausbildung hätte drei Monate gedauert, wonach er an die Front gekommen wäre. Da er aber nicht gegen seine Landsleute habe kämpfen wollen, habe er "bei Gelegenheit" beschlossen, zu flüchten. In der Nacht des 6. Februar 1992 sei ihm auch die Flucht aus der Kaserne gelungen.
Der Beschwerdeführer hat bereits damit erkennbar einen Zusammenhang zwischen seiner Einberufung zum Militärdienst und seiner Eigenschaft als Angehöriger der von den Serben unterdrückten albanischen Nationalität im Kosovo hergestellt, also auf eine für ihn maßgebliche Situation in seinem Heimatland hingewiesen, deren Vorliegen auch in dem Beschwerdefall behauptet worden war, der dem (von ihm demnach zutreffend zitierten) Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377, zugrunde lag. Die Erstbehörde hat offensichtlich diesen asylrelevanten Zusammenhang nicht erkannt und den Beschwerdeführer auch sonst nicht näher darüber befragt, worin konkret seine "Unterdrückung" als Angehöriger der albanischen Minderheit durch die Serben bestanden habe. Dies wäre aber auf Grund der §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG erforderlich gewesen, geht doch daraus die Verpflichtung der Verwaltungsbehörden hervor, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Das Ermittlungsverfahren war daher im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (welches Gesetz die belangte Behörde auf Grund des § 25 Abs. 2 leg. cit. anzuwenden hatte), in der bereinigten Fassung nach Aufhebung des Wortes "offenkundig" durch den Verfassungsgerichtshof laut Kundmachung BGBl. Nr. 610/1994, mangelhaft, weshalb insoweit seine Ergänzung durch die belangte Behörde anzuordnen gewesen wäre, dies auch im Hinblick auf die nunmehr von ihr zu beachtende Bestimmung des § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991, die im Verhältnis zu den §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG als lex specialis anzusehen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800 bis 0803). Da aber das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz nicht ausreichend war, konnte es auch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 (allein) der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegt werden. Ein zusätzliches Berufungsvorbringen, das sich auf die von ihm schon im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Umstände bezog, war daher dem Beschwerdeführer nicht von vornherein verwehrt.
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, daß er "bedingt" durch die Teilnahme an einer Demonstration gegen das serbische Regime von der Polizei verhaftet worden sei. Man habe ihn durch den Einberufungsbefehl "in die Armee in diesen Bürgerkrieg gezwungen", für das serbische Regime zu kämpfen und auf seine Landsleute zu schießen, was ihm aus folgenden Gründen nicht möglich gewesen sei: Seine Heimat Jugoslawien sei von niemandem angegriffen worden. Es würden nur Reservisten der Volksgruppenminderheiten eingezogen, keine Serben. Er halte es als eines der grundlegendsten Rechte der Menschen, nicht in einen Krieg ziehen zu müssen, in welchem es keine Feinde gebe. Weiters stehe in seiner Heimat auf Fahnenflucht die Todesstrafe. Infolge der Desertion müßte er nach einer Rückkehr um sein Leben fürchten, woraus sich eine für ihn wohlbegründete Furcht schließen lasse.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde, daß dieses Vorbringen nicht glaubwürdig scheine, weil der Beschwerdeführer, würde es der Wirklichkeit entsprechen, bereits bei der Erstvernehmung derartige Angaben gemacht hätte, ist nicht schlüssig, zumal der Beschwerdeführer hiebei durchaus der Meinung sein konnte, diese seine Angaben würden für die Beurteilung seiner Flüchtlingseigenschaft genügen; dazu kommt, daß er dann diese Angaben lediglich wiederholt und, ohne damit in Widerspruch zu geraten, ergänzt hat. Die belangte Behörde hat sich aber auch rechtlich mit den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Fluchtgründen auseinandergesetzt. Dabei hat sie richtig erkannt, daß sich aus der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründe nicht ableiten läßt, sofern nicht weitere, ins Gewicht fallende Umstände hinzutreten, jedoch selbst die in diesem Zusammenhang erfolgte Festnahme und Anhaltung noch keine derartigen Verfolgungshandlungen bedeuten würden (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0339, mit weiteren Judikaturhinweisen). Sie hat auch den im Zusammenhang mit der Einberufung des Beschwerdeführers stehenden Fluchtgrund (anders als in dem dem erwähnten Erkenntnis eines verstärkten Senates zugrunde liegenden Beschwerdefall) nicht bloß, sondern überhaupt nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung staatsbürgerlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer behandelt.
Zu dem zuletzt genannten, auch für den Beschwerdeführer im Vordergrund stehenden Fluchtgrund hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides "festgehalten", Informationen, bezogen auf Juni bzw. September 1991, besagten, daß insbesondere auf Grund der bezweifelten Loyalität und Zuverlässigkeit Angehörige der albanischen Volksgruppe in der Armee lediglich in der "Etappe" eingesetzt würden. Ebenso würden Kosovo-Albaner (und auch Muslime aus dem Sandschak) nur mehr in technischen Einheiten eingesetzt und nicht (mehr) an Waffen ausgebildet. Offiziell habe sich die jugoslawische Armee aus den Bürgerkriegsschauplätzen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina zurückgezogen. Die normalen Einberufungen von Wehrpflichtigen gingen weiter. Es gebe jedoch kein überproportionales Aufbieten von Angehörigen bestimmter Ethnien. Allgemein werde festgestellt, daß die ehemals jugoslawische Armee tendenziell verkleinert und zunehmend "nationalisiert" und "serbisiert" werde. Sowohl die seinerzeitige jugoslawische Volksarmee als auch die Armee der nunmehrigen Jugoslawischen Föderation seien im verstärkten Maße von Desertionen und Refraktionen, und zwar quer durch alle Nationalitäten, betroffen. Die Bestrafungen für diese Personengruppen hielten sich im seinerzeit üblichen Rahmen. So seien am 11. Oktober 1991 sechs serbische Armeeangehörige, die von ihren in Kroatien stationierten Einheiten desertiert seien, mit vier bis sechs Monaten Gefängnis bestraft worden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, daß Refraktion beziehungsweise Desertion als Übertretung im Sinne von Artikel 77 Absatz 1 oder 2 des Militärpflichtgesetzes - also als administratives Vergehen - oder als Straftatbestand nach Artikel 214 oder 217 des jugoslawischen Strafgesetzbuches gesehen werden könnten. Während das Militärpflichtgesetz Bußen oder Gefängnisstrafen vorsehe, seien nach dem jugoslawischen Strafgesetzbuch Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zehn Jahren, theoretisch sogar die Todesstrafe möglich. Gemäß geltendem Recht müßten der "Zustand der allgemeinen Mobilmachung" und "eine drohende Kriegsgefahr" herrschen, damit überhaupt eine gesetzliche Grundlage für das Vorgehen gegen Deserteure und Refrakteure gegeben sei. Der "Zustand der allgemeinen Mobilmachung" sei am 4. Oktober 1991 ausgerufen worden und habe bis Ende April 1992 gedauert. In der Folge sei auf Grund der in diesem Zeitraum massenhaft vorgekommenen Desertionen und Refraktionen in mehreren tausend Fällen formal Anklage erhoben worden. Mit der Durchführung von Gerichtsverhandlungen sei jedoch vielfach gezögert worden. Lediglich bei kosovo-albanischen Offizieren müsse ein erhöhtes Gefährdungspotential unterstellt werden, denn diese würden mit der Organisation des Widerstandes und einem damit verbundenen Aufbau militärischer Strukturen in Zusammenhang gebracht. Die festgestellten Höchststrafen für Desertion - Refraktion werde generell milder beurteilt - hätten eine Dauer von ein bis höchstens zwei Jahren nicht überstiegen. Wesentlich häufiger seien jedoch bedingte Strafen oder gar Freisprüche, selbst wenn die ursprüngliche Anklage auf "Desertion und Untergrabung der Wehr- und Verteidigungskraft" gelautet habe (Artikel 217 und 121 des jugoslawischen Strafgesetzbuches). Feststehe jedenfalls, daß Anklageerhebung und tatsächlich erfolgte Verurteilungen in keinem Verhältnis zueinander stünden, die gesetzlich möglichen Höchststrafen würden kaum verhängt.
Diese Feststellungen beruhen auf "Informationen" und offenbar sonstigen, der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen, die in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht erliegen und zu denen dem Beschwerdeführer, wie er mit Recht rügt, kein Parteiengehör gewährt worden ist. Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde aus, daß er, wäre ihm eine Stellungnahme zu diesen Beweisergebnissen ermöglicht worden, hätte darlegen können, daß die Informationen der belangten Behörde offensichtlich nicht richtig seien und davon auszugehen sei, daß gerade Angehörige der Volksgruppe der Kosovo-Albaner in der jugoslawischen Armee erheblich schlechter behandelt würden als Serben, und insoweit eine ethnische Verfolgung Platz greife, die mitentscheidend dafür gewesen sei, daß er desertiert sei. Er hätte weiters darlegen können, daß die jugoslawische Bundesarmee zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls in die Kriegshandlungen involviert gewesen sei und ihm infolge der Desertion eine schwere Strafe drohe. An anderer Stelle der Beschwerde bringt er zum Ausdruck, daß es zutreffen möge, daß sich die jugoslawische Armee derzeit aus den Bürgerkriegsschauplätzen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina heraushalte. Die belangte Behörde übersehe dabei aber, daß die von ihm angeführten Gründe im wesentlichen auf den Zeitraum Anfang des Jahres 1992 zurückgingen, als sich die Situation noch völlig anders dargestellt habe, als dies nunmehr der Fall sei. Tatsache sei weiters, daß insbesondere Angehörige der albanischen Minderheit in Jugoslawien beim Militär erheblichen Benachteiligungen ausgesetzt seien und viel schlechter behandelt würden als etwa Serben. Er sei wegen seiner Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit der Albaner und den daraus resultierenden Nachteilen, insbesondere aber auch aus Gewissensgründen, daß er als Albaner nicht gegen seine Landsleute habe in den Krieg ziehen wollen, desertiert.
Im Lichte des schon erwähnten Erkenntnisses eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. 93/01/0377 ist von entscheidender Bedeutung, ob im Heimatland des Beschwerdeführers Angehörige der albanischen Volksgruppe im Vergleich zu anderen in den in diesem Erkenntnis genannten Belangen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt werden. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinen Beschwerdeausführungen nicht gegen die Feststellungen der belangten Behörde, aus denen sich ergibt, daß dies auf Grund der seitens der Behörden im Heimatland des Beschwerdeführers gehandhabten Praxis in bezug auf die erfolgte Einberufung nicht der Fall war. Eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen seiner Desertion kann zwar auch von der belangten Behörde nicht ausgeschlossen werden, und es muß dem Beschwerdeführer diesbezüglich nach objektiven Gesichtspunkten das Vorliegen wohlbegründeter Furcht, daß ihm gegenüber eine derartige Maßnahme ergriffen würde, zugebilligt werden. Die Einberufung des Beschwerdeführers und seine Desertion fielen nach den getroffenen Feststellungen in den Zeitraum, in dem der "Zustand der allgemeinen Mobilmachung" herrschte, weshalb in seinem Heimatland die strengeren Bestimmungen des jugoslawischen Strafgesetzbuches zur Anwendung kämen. Auch wenn dem Beschwerdeführer nicht die Todesstrafe, sondern - entsprechend den von der belangten Behörde "festgestellten Höchststrafen für Desertion" - nur eine Freiheitsstrafe "in der Dauer von ein bis höchstens zwei Jahren" drohte, würde es sich um eine Maßnahme von erheblicher Intensität handeln. Ein Anhaltspunkt dafür, daß diese Bestrafung an asylrelevante Merkmale anknüpfen würde, ist aber auf Grund der getroffenen, vom Beschwerdeführer konkret nicht bestrittenen Feststellungen nicht gegeben, wird doch demnach seitens der Behörden in seinem Heimatland insofern keine von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe abhängige, Kosovo-Albaner benachteiligende Praxis - es sei denn bei Offizieren - geübt.
Der Beschwerdeführer behauptet allerdings eine zulasten Angehöriger der albanischen Minderheit gehende, im Vergleich zu Serben schlechtere Behandlung während des Militärdienstes, die sogar für seine Desertion mitentscheidend gewesen sei. Ließe sich dem von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt eine inhaltliche Aussage zu diesem Punkt entnehmen, so würde es sich im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren dazu kein Parteiengehör gewährt worden wäre, nicht um ein dem Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG unterliegendes und daher unbeachtliches Vorbringen handeln. Ebenso ist aber darauf Bedacht zu nehmen, weil sie sich damit - ob zufolge einer unrichtigen Rechtsansicht, ist nicht aktenkundig - überhaupt nicht befaßt hat. Angesichts dessen, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (schon bei der Erstvernehmung) - unabhängig von seiner Einberufung - davon gesprochen hat, daß er als Angehöriger der albanischen Volksgruppe durch die Serben unterdrückt worden sei, diesbezüglich eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 unterblieben ist und eine Schlechterbehandlung solcher Personen während des Militärdienstes lediglich einen Teilaspekt der vom Beschwerdeführer behaupteten nationalen "Unterdrückung" darstellen würde, kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Beschwerdeführer - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - als Flüchtling gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 anzusehen ist. Würde sich nämlich herausstellen, daß tatsächlich die vom Beschwerdeführer behauptete "Unterdrückung", von der er selbst bereits betroffen gewesen sei, auf Grund unveränderter politischer Verhältnisse im Kosovo - mag sie auch noch nicht das Ausmaß einer Gruppenverfolgung erreicht haben - besteht, so läge damit auch der Schluß nahe, daß für ihn im Falle der Rückkehr in sein Heimatland die individuelle Gefahr einer Verfolgung gegeben ist, zumal er den Behörden seines Heimatlandes schon durch seine Teilnahme an einer Demonstration namentlich bekannt geworden und darüber hinaus noch desertiert ist.
Die belangte Behörde hat überdies dem Beschwerdeführer deshalb kein Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Darauf hat sie sich (und zwar ausschließlich), indem sie von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Erstvernehmung ausgegangen ist, wonach er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, schon in ihrem, dieselbe Verwaltungsangelegenheit betreffenden Bescheid vom 29. November 1993 gestützt, welcher aber mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1994, Zl. 94/01/0018, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden ist. Der Beschwerdeführer wurde nun zwar am 19. August 1994 ergänzend zur Frage seiner "Verfolgungssicherheit" in Slowenien befragt, und die belangte Behörde hat das Ergebnis dieser niederschriftlichen Vernehmung bei ihrer Entscheidung ebenfalls verwertet. Der vom Beschwerdeführer dabei geäußerten Ansicht, er sei in Slowenien nicht vor Verfolgung sicher gewesen, weil er weder gewußt habe, daß die Möglichkeit bestanden habe, in diesem Land einen Asylantrag zu stellen, noch, "wo sich eine Asylbehörde befunden hätte", kommt rechtlich keine Bedeutung zu, weil bei Beurteilung des Vorliegens dieses Ausschließungsgrundes - wie die belangte Behörde an sich richtig erkannt hat - ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Der belangten Behörde ist aber darin nicht beizupflichten, daß es sich bei dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe "kein Vertrauen in die behördlichen Stellen dieses Landes" gehabt, "lediglich um subjektive Gründe" des Beschwerdeführers handle. Der Beschwerdeführer hätte näher über die Gründe seines in dieser Richtung vorhandenen mangelnden Vertrauens befragt werden müssen, wobei sich daraus hätte ergeben können, daß es ihm aus objektiver Sicht nicht zumutbar gewesen wäre, in Slowenien länger zu bleiben und dort Asyl zu beantragen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1994, Zl. 94/01/0626). Dem Beschwerdeführer wurde aber auch zu Unrecht vorgehalten, daß er in Slowenien "vor allfälligen Verfolgungen seitens Mazedonien" sicher gewesen wäre, also seitens eines (wenn auch schon damals allenfalls existierenden eigenen) Staates, der nach der Aktenlage gar nicht als sein Heimatland betrachtet werden kann, sondern wo er bloß seinen (von ihm abgebrochenen) Militärdienst geleistet hat, weshalb auch seine Antwort darauf, er wäre, da er keinen Reisepaß besessen habe, "im Falle der Kontaktaufnahme mit einer slowenischen Behörde sofort nach Mazedonien zurückgestellt worden", auf einer erkennbar unrichtigen Sachverhaltsannahme beruht. Der Beschwerdeführer wendet sich daher im Ergebnis zutreffend auch gegen diesen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Parteiengehör Rechtsmittelverfahren Sachverhalt Neuerungsverbot Besondere Rechtsgebiete Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Verfahrensmangel freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010760.X00Im RIS seit
20.11.2000