TE Bvwg Erkenntnis 2024/10/18 W227 2249218-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2024
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Entscheidungsdatum

18.10.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W227 2249218-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde des syrischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17. Mai 2024, Zl. 1285158506/232608760, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde des syrischen Staatsangehörigen römisch 40 , geboren am römisch 40 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17. Mai 2024, Zl. 1285158506/232608760, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsbürger und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, stellte erstmals am 19. September 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Als Fluchtgründe gab er bei seiner Erstbefragung an, dass er wegen des Krieges, der Angst um sein Leben und das seiner Familie sowie der Furcht vor dem Militär Syrien verlassen habe.

2. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 29. Oktober 2021 brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen vor:

Er habe den Militärdienst für die syrische Armee zwischen 2005 und 2007 in XXXX als Wachmann abgeleistet. Er habe Angst, bei einer Rückkehr nach Syrien durch die kurdischen Milizen oder die syrische Regierung rekrutiert zu werden. Er habe den Militärdienst für die syrische Armee zwischen 2005 und 2007 in römisch 40 als Wachmann abgeleistet. Er habe Angst, bei einer Rückkehr nach Syrien durch die kurdischen Milizen oder die syrische Regierung rekrutiert zu werden.

3. Mit Bescheid vom 5. November 2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).3. Mit Bescheid vom 5. November 2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt römisch III.).

4. Mit Erkenntnis vom 7. November 2022, ZI. W244 2249218-1/13E, zugestellt am 11. November 2022, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde ab. 4. Mit Erkenntnis vom 7. November 2022, ZI. W244 2249218-1/13E, zugestellt am 11. November 2022, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhobene Beschwerde ab.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus:

Der Beschwerdeführer stamme aus einer Region, die sich unter der Kontrolle der kurdischen Milizen befinde. Er habe Syrien aufgrund des Krieges verlassen. Der Beschwerdeführer sei in seiner Heimatregion – auch mangels glaubwürdigen Fluchtvorbringens –keiner Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee und/oder durch die kurdische Miliz (YPG) ausgesetzt. Ihm werde keine oppositionelle Gesinnung aufgrund seines längeren Auslandsaufenthaltes unterstellt. Rückkehrer aus Europa seien nicht schon allein aufgrund dieses Merkmales in Syrien physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt. Auch drohe dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Heimatregion nicht wegen Teilnahme an Demonstrationen im Exil konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt durch die syrische Regierung. Eine asylrelevante Gefährdung des Beschwerdeführers liege daher nicht vor.

5. Am 22. Dezember 2023 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag). Der Beschwerdeführer hielt an seinen bisherigen Fluchtgründen fest und brachte zu seinem zweiten Asylantrag (nur) vor: Da er (lediglich) den Status als subsidiär Schutzberechtigten habe, bestehe für ihn keine Sicherheit, in Österreich zu bleiben. Er wolle nicht nach Syrien zurückkehren, da er Angst um sein Leben habe.

6. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 22. Februar 2024 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst (erneut) an, dass er keine neuen Fluchtgründe habe und nur wissen wolle, wie es um sein Recht auf Asyl stehe. In einem anderen Land würde man dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähren und er wolle nicht nach Syrien zurückkehren.

7. Mit dem (hier) angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. 7. Mit dem (hier) angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurück.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus:

Der Beschwerdeführer stütze sich mit seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz auf seine bisherigen Fluchtgründe. Neue Fluchtgründe habe er nicht vorgebracht. Auch würden die allgemeinen Länderinformationen zu Syrien nicht darauf schließen lassen, dass sich die Situation in Syrien maßgeblich verändert habe, die die belangte Behörde zu einer neuen oder anderslautenden Betrachtung des Sachverhaltes veranlassen würde.

8. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die gegenständliche Beschwerde, in welcher er im Wesentlichen vorbringt:

Der Beschwerdeführer gehöre dem Stamm Al-Jabbur an. Die Al-Jabbur sei im August 2023 in einen gewaltsamen Konflikt mit den kurdischen Milizen verwickelt worden. Dieser Stamm unterstütze das syrische Regime. Dazu legte der Beschwerdeführer eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 19. Jänner 2024 über die Stammeskonflikte in Al Hassaka vor.

Des Weiteren sei die Heimatregion des Beschwerdeführers unter der Kontrolle der kurdischen Milizen, weswegen diese ihm eine oppositionelle Gesinnung unterstellen würden. Dem Beschwerdeführer drohe auch eine Zwangsrekrutierung die Kurden in seiner Heimatregion.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Arabisch. Er ist im syrischen Gouvernement Raqqa, in Dorf XXXX geboren und aufgewachsen. Er besuchte in Syrien 8 Jahre die Grundschule und leistete seinen syrischen Militärdienst von 2005 bis 2007 in XXXX bei der Infanterie als Wachmann ab. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Arabisch. Er ist im syrischen Gouvernement Raqqa, in Dorf römisch 40 geboren und aufgewachsen. Er besuchte in Syrien 8 Jahre die Grundschule und leistete seinen syrischen Militärdienst von 2005 bis 2007 in römisch 40 bei der Infanterie als Wachmann ab.

Der Beschwerdeführer hielt sich 17 Jahre im Libanon auf, wo er als Klimaanlagentechniker tätig war. Bis 2014 war es ihm möglich, seine Familie in Syrien regelmäßig zu besuchen.

Am 11. November 2022 (Zustelldatum) wurde das (erste) Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig (den Status des Asylberechtigten betreffend abweisend) abgeschlossen.

Am 22. Dezember 2023 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Die (asylrelevante) Situation in Syrien in Bezug auf das bereits im vorangegangenen rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren hat sich seitdem nicht maßgeblich geändert. Auch das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers im Folgeantrag enthält keine (asylrelevanten) neuen Gründe.

2. Beweiswürdigung

2.1. Die Feststellungen zum Beschwerdeführer und dem bisherigen Verfahren ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, den im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen und den Akten zum Verfahren W244 2249218-1.

2.2. Dass sich die Situation in Syrien in Bezug auf die bereits im vorangegangenen Asylverfahren behandelten Aspekte nicht wesentlich geändert hat, geht aus dem Vergleich der wesentlichen Teile der aktuellen Länderinformationen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27. März 2024) mit den im Erstverfahren herangezogenen Länderinformationen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Stand August 2022) hervor.

2.3. Die Feststellung, dass der Folgeantrag des Beschwerdeführers keine neuerlichen (asylrelevanten) Fluchtgründe enthält, stützt sich auf die Befragungen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

Zur erst in der Beschwerde vorgebrachten Zwangsrekrutierung durch die Kurden ist festzuhalten:

Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor der belangten Behörde im gegenständlichen Folgeantragsverfahren gab der Beschwerdeführer an, keine neuen Fluchtgründe zu haben. Weiters wurde bereits mit rechtskräftig abgeschlossenen Erkenntnis zu W244 2249218-1 festgestellt, dass dem Beschwerdeführer keine Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Milizen drohe. Dies wurde u.a. damit begründet, dass der Beschwerdeführer schon damals nicht im wehrfähigen Alter für den kurdischen Selbstverteidigungsdienst gewesen sei, was zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt daher umso mehr gelten muss. Außerdem geht (auch) aus dem aktuellen Länderinformationsblatt vom 27. März 2024 hervor, dass die kurdischen Milizen Verweigerern des kurdischen Selbstverteidigungsdienstes keine oppositionell politische Gesinnung unterstellen.

Zur (auch) erst in der Beschwerde vorgebrachten Mitgliedschaft beim Stamm Al-Jabbur ist festzuhalten:

In der verfahrensgegenständlichen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer erstmals vor, aufgrund der Mitgliedschaft beim Stamm Al-Jabbur von den Kurden als oppositionell eingestuft zu werden. Der Beschwerdeführer stützt sich dabei auf eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 19. Jänner 2024 über die Stammeskonflikte in Al Hassaka. Aus dieser Anfragebeantwortung geht jedoch hervor, dass der vom Beschwerdeführer genannte Stamm nicht an den Konflikten mit den Kurden beteiligt ist. Der Stamm Al-Jabbur nimmt an politischen Aktivitäten im Kurdengebiet generell kaum Einfluss. Es gibt innerhalb des Stammes sowohl Anhänger des syrischen Regimes als auch bei den kurdischen Milizen. Die einzige gewaltsame Auseinandersetzung, an der der Al-Jabbur Stamm beteiligt ist, richtet sich gegen die National Defence Forces (NDF), die an der Seite des syrischen Regimes kämpfen. Es ist somit unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer einem Stamm angehören soll, der in Opposition zu den kurdischen Milizen stehen soll. Weiters ergibt sich aus dieser Anfragebeantwortung, dass sich die Zugehörigkeit eines Stammes durch die Abstammung, die geografische Herkunft oder einem gemeinsamen Anführer definiert. Somit handelt es sich gerade nicht um eine Verfolgungsgefahr, die der Beschwerdeführer nach Verlassen seines Herkunftsstaates geschaffen hat, sondern um Umstände, die mit seiner Herkunft und seiner Abstammung verbunden sind. Abgesehen davon konnte nicht objektiviert werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich diesem Stamm angehört.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg. cit. die Abänderung eines der Berufung (nun: Beschwerde) nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 leg. cit. findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.3.1.1. Gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der Paragraphen 69 und 71 leg. cit. die Abänderung eines der Berufung (nun: Beschwerde) nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absatz 2 bis 4 leg. cit. findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt. Auch das Verwaltungsgericht hat dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 04.05.2022, Ra 2022/01/0006, m.w.N.).Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt. Auch das Verwaltungsgericht hat dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen vergleiche VwGH 04.05.2022, Ra 2022/01/0006, m.w.N.).

Eine entschiedene Sache liegt nicht vor, wenn sich der Sachverhalt oder die Rechtslage maßgeblich geändert haben (vgl. VwGH 02.11.2022, Ra 2020/11/0094, m.w.N.). Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides (grundsätzlich) entgegensteht (vgl. VwGH 28.08.2019, Ra 2019/14/0091, m.w.H.).Eine entschiedene Sache liegt nicht vor, wenn sich der Sachverhalt oder die Rechtslage maßgeblich geändert haben vergleiche VwGH 02.11.2022, Ra 2020/11/0094, m.w.N.). Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus Paragraph 69, Absatz eins, Ziffer 2, AVG ergibt auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides (grundsätzlich) entgegensteht vergleiche VwGH 28.08.2019, Ra 2019/14/0091, m.w.H.).

Ein Folgeantrag auf internationalen Schutz darf jedoch nicht allein dann wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden, wenn der (nunmehr) vorgebrachte Sachverhalt von der Rechtskraft einer früheren Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz erfasst ist. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Sinne des Art. 40 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), ob „neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist“.Ein Folgeantrag auf internationalen Schutz darf jedoch nicht allein dann wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden, wenn der (nunmehr) vorgebrachte Sachverhalt von der Rechtskraft einer früheren Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz erfasst ist. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Sinne des Artikel 40, Absatz 2 und 3 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), ob „neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beitragen, dass der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist“.

Eine Zurückweisung ist nur dann (weiterhin) statthaft, wenn bei der Prüfung hervorkommt, dass – allenfalls entgegen den Behauptungen eines Antragstellers – solche neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht vorliegen oder vom Antragsteller gar nicht vorgebracht worden sind. Das gilt auch dann, wenn zwar neue Elemente oder Erkenntnisse vorliegen, die Änderungen aber lediglich Umstände betreffen, die von vornherein zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die Frage der Zuerkennung des Schutzstatus führen können („glaubhafter Kern“). Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat nämlich in diesen Konstellationen keine Änderung erfahren.

Können die neuen Elemente oder Erkenntnisse hingegen erheblich zur Wahrscheinlichkeit beitragen, dass dem Antragsteller internationaler Schutz zuzuerkennen ist, ist die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Hinblick auf die im österreichischen Recht nicht korrekt erfolgte Umsetzung von Unionsrecht nicht statthaft. Dies gilt im Besonderen auch dann, wenn das Vorbringen schon in einem früheren Verfahren hätte erstattet werden können und den Antragsteller ein Verschulden daran trifft, den fraglichen Sachverhalt nicht schon im früheren Verfahren geltend gemacht zu haben (vgl. zum Ganzen VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, unter Bezugnahme auf EuGH 09.09.2021, C-18/20).Können die neuen Elemente oder Erkenntnisse hingegen erheblich zur Wahrscheinlichkeit beitragen, dass dem Antragsteller internationaler Schutz zuzuerkennen ist, ist die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Hinblick auf die im österreichischen Recht nicht korrekt erfolgte Umsetzung von Unionsrecht nicht statthaft. Dies gilt im Besonderen auch dann, wenn das Vorbringen schon in einem früheren Verfahren hätte erstattet werden können und den Antragsteller ein Verschulden daran trifft, den fraglichen Sachverhalt nicht schon im früheren Verfahren geltend gemacht zu haben vergleiche zum Ganzen VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, unter Bezugnahme auf EuGH 09.09.2021, C-18/20).

Liegen keine neuen Elemente oder Erkenntnisse vor oder sind die neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht geeignet, erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beizutragen, dass dem Antragsteller ein Schutzstatus zuzuerkennen ist, verlangt auch Art. 40 Abs. 3 Verfahrensrichtlinie keine weitere Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz. Nach Art. 33 Abs. 2 lit. d i.V.m. Art. 40 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie ist es in solchen Fällen erlaubt, einen Folgeantrag als unzulässig zu betrachten (siehe VwGH 29.11.2022, Ra 2022/20/0357).Liegen keine neuen Elemente oder Erkenntnisse vor oder sind die neuen Elemente oder Erkenntnisse nicht geeignet, erheblich zu der Wahrscheinlichkeit beizutragen, dass dem Antragsteller ein Schutzstatus zuzuerkennen ist, verlangt auch Artikel 40, Absatz 3, Verfahrensrichtlinie keine weitere Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz. Nach Artikel 33, Absatz 2, Litera d, i.V.m. Artikel 40, Absatz 5, Verfahrensrichtlinie ist es in solchen Fällen erlaubt, einen Folgeantrag als unzulässig zu betrachten (siehe VwGH 29.11.2022, Ra 2022/20/0357).

Die Verwendung des Ausdrucks „insbesondere“ in § 3 Abs. 2 erster Satz AsylG in Bezug auf Fälle, in denen diese Aktivitäten nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind, bedeutet, dass sich Antragsteller sowohl im Rahmen eines Erstantrags auf internationalen Schutz als auch im Rahmen eines Folgeantrags grundsätzlich auch auf Aktivitäten berufen können, die nicht Ausdruck und Verlängerung einer solchen Überzeugung oder Ausrichtung sind. § 3 Abs. 2 (erster Satz) AsylG ist (i.V.m. Abs. 1 leg. cit.) demnach dahin auszulegen, dass er das BFA bzw. das BVwG verpflichtet, jeden – auf subjektiven Nachfluchtgründen eines Antragstellers beruhenden – Folgeantrag auf internationalen Schutz individuell zu prüfen, wobei eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Falles vorzunehmen ist (vgl. VwGH 04.04.2024, Ro 2020/01/0023 mit Hinweis auf EuGH 29.02.2024, C-222/22, JF).Die Verwendung des Ausdrucks „insbesondere“ in Paragraph 3, Absatz 2, erster Satz AsylG in Bezug auf Fälle, in denen diese Aktivitäten nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind, bedeutet, dass sich Antragsteller sowohl im Rahmen eines Erstantrags auf internationalen Schutz als auch im Rahmen eines Folgeantrags grundsätzlich auch auf Aktivitäten berufen können, die nicht Ausdruck und Verlängerung einer solchen Überzeugung oder Ausrichtung sind. Paragraph 3, Absatz 2, (erster Satz) AsylG ist (i.V.m. Absatz eins, leg. cit.) demnach dahin auszulegen, dass er das BFA bzw. das BVwG verpflichtet, jeden – auf subjektiven Nachfluchtgründen eines Antragstellers beruhenden – Folgeantrag auf internationalen Schutz individuell zu prüfen, wobei eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Falles vorzunehmen ist vergleiche VwGH 04.04.2024, Ro 2020/01/0023 mit Hinweis auf EuGH 29.02.2024, C-222/22, JF).

3.1.2. Für das vorliegende Verfahren bedeutet das:

Wie festgestellt, wurde das erste Asylverfahren am 11. November 2022 rechtskräftig abgeschlossen. In Anbetracht der oben ausgeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für den gegenständlichen Folgeantrag somit zunächst zu prüfen, ob entschiedene Sache (res iudicata) vorliegt oder ob es zu einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage gekommen ist. Dies ist aus nachstehenden Gründen zu verneinen:

Zunächst liegt eine Änderung der Rechtslage nicht vor.

Weiters wurde, wie festgestellt, im ersten Asylverfahren eine asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Beschwerdeführer nicht erkannt. Im zweiten Asylverfahren brachte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde keine neuen asylrelevanten Fluchtgründe vor. Die einzige vom Beschwerdeführer (noch dazu erst in der Beschwerde) behauptete Änderung stellt die in diesem Verfahren vorgebrachte Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zum arabischen Stamm der Al-Jabbur dar. Sollte der Beschwerdeführer – wie bereits oben ausgeführt – tatsächlich ein Angehöriger dieses Stammes sein, stellt dies jedoch ein Element dar, das bereits vor Verlassen seines Herkunftsstaates vorgelegen ist. Abgesehen davon konnte auch diesbezüglich keine asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Beschwerdeführer erkannt werden.

Da sich somit die maßgebliche Sach- und Rechtslage nicht geändert hat, hat die belangte Behörde zu Recht den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG entfallen vergleiche etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] Paragraph 24, VwGVG Anmerkung 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.2. Zu Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.3.2.1. Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass der Folgeantrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. 3.2.2. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass der Folgeantrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylverfahren entschiedene Sache Folgeantrag geänderte Verhältnisse glaubhafter Kern Identität der Sache Kassation Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Sachverhalt unzulässiger Antrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2024:W227.2249218.2.00

Im RIS seit

20.11.2024

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2024
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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