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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AMSBegleitG 1994 Art20 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Oktober 1994, Zl. SD 708/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen algerischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer im Oktober 1990 aufgrund eines 25 Tage gültigen Sichtvermerks nach Österreich eingereist sei. Er sei damals illegal in Österreich geblieben und habe erst mehr als 2 Monate später um einen Sichtvermerk angesucht. Dennoch habe ihm die Erstbehörde nach Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes einen Sichtvermerk gewährt, weil er angegeben habe, hier Deutsch lernen bzw. studieren zu wollen, und ein Sparbuch mit der Behauptung, regelmäßig Geld aus seiner Heimat zu erhalten, vorgewiesen habe. Nach Ablauf des Sichtvermerks im April (1991) sei er wieder illegal in Österreich verblieben, habe dann im Juni 1991 wieder einen bis Oktober 1991 gültigen Sichtvermerk erhalten, sei daraufhin wieder illegal in Österreich geblieben und habe wiederum einen bis Ende März 1992 gültigen Sichtvermerk beantragt und auch erhalten. Erst im April 1992 habe er neuerlich aus denselben Gründen einen Sichtvermerk beantragt, der ihm dann aber nur mehr für 2 Monate bis Ende Juni (1992) und nach einem neuerlichen illegalen Aufenthalt schließlich nur mehr für wenige Tage, bis Ende August 1992, erteilt worden sei. Dem Beschwerdeführer sei offenbar bewußt gewesen, daß er für seine Deutschkurse an der Volkshochschule keine weitere Aufenthaltserlaubnis erhalten würde; er sei aber dennoch von September 1992 bis Jänner 1993 illegal in Österreich geblieben. Dann habe er mit der Begründung, daß er im Dezember durch selbständige Tätigkeit im Versicherungsverkauf für ein Versicherungsbüro S 7.000,-- verdient habe, um einen Sichtvermerk angesucht. Die Ermittlungen hätten sich hingezogen, bis er schließlich eine Beschäftigungsbewilligung für eine Tätigkeit als Pizzakoch in Eisenstadt für die Zeit von Juni 1993 bis Juni 1994 vorgelegt habe, worauf ihm "von dort" für den gesamten Zeitraum ein Sichtvermerk erteilt worden sei. Im Oktober 1993 sei er bei einem Ladendiebstahl betreten worden, habe jedoch zunächst einen falschen Namen angegeben und erst zwei Tage später seinen richtigen Namen preisgegeben. In diesem Zusammenhang sei er wegen Übertretung des Fremdengesetzes bestraft worden. Im Dezember 1993 sei er schließlich von Organen des Landesarbeitsamtes in einer Pizzeria in Wien betreten worden, wo er seit einigen Tagen als Koch gearbeitet habe, ohne daß hiefür eine Beschäftigungsbewilligung vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer hätte daher diese Beschäftigung nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht ausüben dürfen. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG sei unbestritten. Der Beschwerdeführer habe, da er sich mehrfach um eine Anstellung als Pizzakoch bemüht habe und auch den Beschäftigungsbewilligungsbescheid für eine legale Anstellung in einer Pizzeria in Eisenstadt erhalten habe, wissen müssen, daß er ohne Vorliegen einer solchen Bewilligung eine Beschäftigung in Wien nicht antreten hätte dürfen. In Anbetracht dieses und des sonstigen Verhaltens des Beschwerdeführers lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung (konkret: ein geordnetes Fremdenwesen bzw. die Ordnung der Arbeitsmarktverwaltung) gefährdeten. Damit seien zunächst auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG gegeben. In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern nicht die §§ 19 oder 20 FrG entgegenstünden. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Familienangehörigen. Diese lebten in Tunesien, wobei unklar, aber auch nicht relevant sei, ob der Beschwerdeführer dort verheiratet oder, wie er seit seiner Einreise bis Oktober 1993 vorgebracht habe, ledig sei. Dazu komme, daß dem Beschwerdeführer lediglich eineinhalb Jahre (1991 bis Sommer 1992) Sichtvermerke zu Studienzwecken erteilt worden seien, er dann illegal in Österreich gewesen sei und nur zuletzt einen Sichtvermerk für seine Tätigkeit in einer Pizzeria (in Eisenstadt) erhalten habe. Angesichts dessen könne von einem relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinne des § 19 FrG nicht gesprochen werden. Abgesehen davon sei aber auch nach Ansicht der belangten Behörde der vorliegende Eingriff aus den oben genannten Gründen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Eine besondere Integration des Beschwerdeführers sei in Ansehung der Dauer des nur zum Teil erlaubt gewesenen Aufenthaltes nicht erkennbar. Mietrechte an einer Wohnung und die nunmehrige Ausbildung als Taxilenker reichten dazu nicht aus.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß die belangte Behörde über den von ihm in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid gestellten Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes in der Dauer von 3 Monaten nicht abgesprochen habe. Mit diesem Vorbringen vermag er schon deshalb nicht durchzudringen, weil der Zeitraum des angestrebten Durchsetzungsaufschubes inzwischen längst verstrichen ist, sodaß dem Beschwerdeführer die Rechtsverletzungsmöglichkeit mangelt.
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, vermag er der Beschwerde gleichfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil er die Wesentlichkeit des von ihm behaupteten Verfahrensmangels nicht dartut (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 610, angeführte Judikatur).
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die Betretung eines Fremden bei "Schwarzarbeit" durch Organe eines Landesarbeitsamtes nach § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (das ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht dessen Datum, sondern der Zeitpunkt seiner Zustellung - hier der 14. Oktober 1994) anzuwendenden Fassung des Art. 20 Z. 1 BGBl. Nr. 314/1994 nicht mehr zur Begründung eines Aufenthaltsverbotes herangezogen werden könne. Dem ist zu erwidern, daß sich die Neufassung der genannten Norm in einer Änderung der Behördenbezeichnung erschöpfte, jedoch keine inhaltliche Änderung brachte. Die Nichtbedachtnahme auf diese mit 1. Juli 1994 in Kraft getretene Änderung des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG bewirkte daher keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/18/0966).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist auch die Auffassung der belangten Behörde, die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 94/18/0201). Das Argument des Beschwerdeführers, daß aufgrund der "nunmehr erlangten Taxilenker-Berechtigung und den dringenden Bedarf des Arbeitsmarktes an Taxilenkern" kein Anhaltspunkt für die Annahme bestünde, daß er in Zukunft dem Ausländerbeschäftigungsgesetz oder anderen österreichischen Rechtsvorschriften zuwiderhandeln werde, ist nicht schlüssig, kann doch - anders als etwa in dem dem hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 93/18/0574, zugrundeliegenden Fall - eine Gefährdung der maßgebenden öffentlichen Interessen auch weiterhin keineswegs ausgeschlossen werden.
Dazu kommt, daß sich der Beschwerdeführer in den von der belangten Behörde festgestellten Zeiträumen unberechtigt im Bundesgebiet aufgehalten hat. Ob diese "Lücken" - wie der Beschwerdeführer meint - "in der Praxis meist toleriert" wurden, ist für die am Gesetz zu messende Rechtmäßigkeit des jeweiligen Aufenthaltes nicht von Bedeutung. Wenn die belangte Behörde bei der Beurteilung nach § 18 Abs. 1 FrG auch auf diese Zeiten Bedacht genommen hat, bestehen dagegen keine Bedenken (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 94/18/0201).
Ob im Beschwerdefall auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht wurde, braucht nicht untersucht zu werden, weil die belangte Behörde diesen Tatbestand nicht zur Begründung des Aufenthaltsverbotes herangezogen hat.
Selbst wenn man dem Beschwerdeführer zubilligen wollte, daß das Aufenthaltsverbot in im Sinne des § 19 FrG relevanter Weise in sein Privatleben eingriffe, wäre für ihn nichts gewonnen, weil diese Maßnahme mit Rücksicht auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit von der belangten Behörde zu Recht als zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten erachtet wurde (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 94/18/0201).
Schließlich begegnet auch das Ergebnis der von der belangten Behörde - im Wege der Übernahme der entsprechenden Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides - im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung, wonach die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme vom Aufenthaltsverbot unverhältnismäßig schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, keinem Einwand. Daß sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - wie der Beschwerdeführer meint - ergebe, "daß das Überwiegen der Gefährdung öffentlicher Interessen nur dann als gegeben anzusehen ist, wenn der Aufenthalt eines Fremden schon von vornherein ungesetzlich war und weitere schwerwiegende Tatbestände des § 18 Abs. 2 FrG erfüllt waren," trifft nicht zu. Das vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zitierte hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0310, betrifft den Fall einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde beim gegebenen Sachverhalt unter Berücksichtigung der Zeiten des legalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auch von einem keineswegs großen Ausmaß an Integration ausgehen.
Die Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist im Lichte der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0474) gleichfalls unbedenklich. Daß der Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes schon vor dem Verstreichen von 5 Jahren anzunehmen sei, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180923.X00Im RIS seit
20.11.2000