TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/5 95/18/0057

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Veröffentlicht am 05.04.1995
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Index

41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BBetrG 1991 §1 Abs3;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 21. November 1994, Zl. St 314/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 21. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen irakischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 und 7 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Asylantrag vom 24. August 1994 mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. September 1994 rechtskräftig abgewiesen worden sei, habe durch Vorweisen eines verfälschten Reisepasses gegenüber den österreichischen Grenzorganen (am 17. August und am 20. August 1994) einerseits schlüssig zu verstehen gegeben, daß er im Besitz eines gültigen Reisedokumentes sei, andererseits seine wahre Identität bzw. die Tatsache, daß er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und des erforderlichen Sichtvermerkes sei, verschwiegen. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt. Der Beschwerdeführer gehe in Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung habe er über Barmittel von US$ 189,-- und S 120,-- verfügt. Er habe zwar eine Unterstützungserklärung vorgelegt, in der bescheinigt wurde, daß er "bezüglich Unterkunft, Versorgung mit Lebensnotwendigem und medizinischer Betreuung versorgt" sei. Diese Erklärung stelle aber keine Verpflichtungserklärung "im Rahmen" des § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG dar. Es sei somit auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht. Die besagte Täuschung einer österreichischen Behörde und die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers rechtfertigten auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme.

Der Beschwerdeführer sei ledig, habe in Österreich keine verwandtschaftlichen Beziehungen und gehe keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Es werde demnach nicht in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Aber selbst dann, wenn ein solcher Eingriff vorliege, wäre mit Rücksicht auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig.

2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer meint, er sei ungeachtet der "Verweigerung des Asylrechtes" im Hinblick auf den rechtskräftigen Feststellungsbescheid gemäß §§ 37 und 54 FrG, wonach seine Abschiebung in den Irak unzulässig sei,

"inhaltlich ... als Flüchtling im Sinne der Genfer

Flüchtlingskonvention anzusehen", weshalb ihm weder seine illegale Einreise nach Österreich noch seine Verurteilung wegen § 223 Abs. 2 und § 224 StGB noch das Fehlen entsprechender Geldmittel zur Deckung seines Lebensunterhaltes "zum Vorwurf gemacht werden" dürften. Er verweise insoweit auf die "einschlägigen Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention, aber auch des Bundesbetreuungsgesetzes". Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hätte "schon aus diesem Grunde" ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden dürfen.

1.2. Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, daß der Asylantrag des Beschwerdeführers unbestrittenermaßen rechtskräftig abgewiesen wurde (Bescheid vom 20. September 1994), dem Beschwerdeführer sohin kein Asyl und damit weder die Flüchtlingseigenschaft nach dem Asylgesetz 1991 noch nach der Genfer-Flüchtlingskonvention (vgl. § 1 Z. 2 Asylgesetz 1991) zukommt. Aber selbst wenn er diese Rechtsstellung hätte, wäre damit im vorliegenden Zusammenhang für ihn nichts gewonnen, steht doch § 9 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 idF des Art. II Z. 2 BGBl. Nr. 838/1992 der Anwendung der §§ 18 bis 21 FrG (auch) "auf Flüchtlinge, die Asyl haben", nicht entgegen. Sollte mit dem Hinweis auf das Bundesbetreuungsgesetz die von der belangten Behörde angenommene Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG in Zweifel gezogen werden, so ginge dieses Argument im Hinblick auf § 1 Abs. 3 des Bundesbetreuungsgesetzes, demzufolge auf die Bundesbetreuung kein Rechtsanspruch besteht, fehl.

Da im übrigen der von der belangten Behörde den Tatbeständen des § 18 Abs. 2 Z. 6 und 7 FrG subsumierte maßgebliche Sachverhalt in der Beschwerde unbestritten blieb, bestehen gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken. Gleiches gilt für den daraus gezogenen Schluß, daß die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

2.1. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf die ihm drohende Verfolgungsgefahr im Irak einen massiven Eingriff in sein Privatleben darstelle und daher "an den Kriterien der §§ 19 und 20 FrG zu messen" seien. Das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer sei aber weder im Grunde des § 19 FrG noch nach § 20 Abs. 1 leg. cit. zulässig.

2.2. Abgesehen davon, daß der angeblichen Gefahr vor Verfolgung im Irak der auf eben diesen Staat bezogene rechtskräftige Bescheid über die Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers entgegensteht, ist der Beschwerde entgegenzuhalten, daß nach der seit dem Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0614, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 1. Dezember 1994, Zl. 94/18/0841, mwN) unter Eingriffen i.S. des § 19 FrG nur solche zu verstehen sind, die sich auf das in Österreich geführte Privatleben des Fremden erstrecken, und nicht Umstände, die künftig in einem (bestimmten) anderen Land das Privatleben des betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten.

3. Da somit kein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers i. S. des § 19 FrG vorliegt, war es für die belangte Behörde entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entbehrlich, auf die Frage einzugehen, ob diese Maßnahme nach der genannten Gesetzesstelle dringend geboten ist, und eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0241 mwN).

4. Der unter dem Gesichtspunkt der §§ 19 und 20 FrG Mängel hinsichtlich der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes und der Begründung geltend machenden Rüge ist nach dem Gesagten der Boden entzogen.

5. Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß den öffentlichen Interessen "gleichermaßen und ausreichend mit dem gelinderen Mittel des Ausweisungsbescheides" hätte Genüge getan werden können, steht mit dem Gesetz nicht in Einklang, da bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG - unter dem Vorbehalt der Zulässigkeit im Grunde der §§ 19 und 20 Abs. 1 leg. cit. - ein Aufenthaltsverbot (zwingend) zu erlassen ist.

6. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180057.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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