TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/5 93/18/0066

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Veröffentlicht am 05.04.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
StGB §43 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des I in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 30. November 1992, Zl. FrB-4250/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 30. November 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 in Verbindung mit § 4 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum 31. Dezember 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 4. Februar 1991 wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB verurteilt worden, weil er am 19. Dezember 1990 eine namentlich genannte Person durch Versetzen zumindest eines Faustschlages vorsätzlich am Körper verletzt habe, wobei die Tat einen verschobenen Nasenbeinbruch, sohin eine an sich schwere Verletzung, zur Folge gehabt habe. Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 30. Oktober 1991 sei er schuldig erkannt worden, am 18. August 1991 einer namentlich genannten Person mehrere Faustschläge versetzt und sie dadurch gegen die Wand gestoßen zu haben, wodurch sie ein Hämatom am rechten Oberarm und starkes Nasenbluten erlitten habe. Er habe dadurch das Vergehen der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB begangen.

Der Beschwerdeführer sei ferner am 4. September 1991 und am 15. Oktober 1991 wegen Übertretungen des Art. IX Abs. 1 Z. 3 EGVG, am 13. Februar 1992 wegen der Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung und am 29. Dezember 1988 wegen der Übertretung des § 2 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz bestraft worden. Weiters weise er sechs Bestrafungen wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung auf. Von den angeführten Verwaltungsübertretungen seien neben der Zuwiderhandlung gegen das Fremdenpolizeigesetz vor allem die Übertretungen nach Art. IX Abs. 1 Z. 3 EGVG und nach der Gewerbeordnung hervorzuheben. Der Bestrafung wegen Art. IX Abs. 1 Z. 3 EGVG vom 4. September 1991 liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 7. Juli 1991 ein Fahrzeug gelenkt habe und sich dabei in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Die Durchführung des Alkotests habe er verweigert. Er habe im Strafverfahren zunächst bestritten, den PKW gelenkt zu haben, und habe bei seiner Vernehmung vom 4. September 1991 schließlich angegeben, sich wegen der starken Alkoholisierung zur Tatzeit an den Vorfall nicht mehr erinnern zu können. Auch mit Straferkenntnis vom 15. Oktober 1991 sei ihm zur Last gelegt worden, eine Verwaltungsübertretung in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand begangen zu haben. Dem Straferkenntnis vom 13. Februar 1992 liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer seinen Vater zur Ausübung einer "Schwarzarbeit" vermittelt habe.

Auf Grund der gerichtlichen Verurteilungen und der verwaltungsbehördlichen Bestrafungen stelle ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar. Im Hinblick auf die Häufigkeit der Delikte erscheine eine positive Zukunftsprognose nicht realistisch. An persönlichen, familiären und beruflichen Verhältnissen sei zwar zu berücksichtigen, daß sich der Beschwerdeführer seit 1971 in Österreich aufhalte und hier bei diversen Baufirmen gearbeitet habe. Er sei verheiratet und habe vier Kinder, die in Österreich geboren seien und hier die Schule besucht hätten bzw. noch besuchten. Seine Eltern lebten ebenfalls in Vorarlberg. Er und seine Familie, zu der er eine entsprechende Bindung habe, seien in Österreich integriert. Von geringer Bedeutung sei seine berufliche Tätigkeit, weil er als Vorarbeiter auch in einem anderen Land tätig sein könne. Trotz erheblicher privater und familiärer Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib im Bundesgebiet führe die Berücksichtigung der den gerichtlichen Verurteilungen und den verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zugrundeliegenden Sachverhalte zu dem Ergebnis, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wögen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, daß der Beschwerdeführer trotz Androhung eines Aufenthaltsverbotes mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 5. März 1991 nicht bereit gewesen sei, aus seinen Fehlern zu lernen.

Gegen diesen Becheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Die - unbedenklichen - Feststellungen der belangten Behörde betreffend die gerichtlichen Verurteilungen und verwaltungsbehördlichen Bestrafungen bleiben unbekämpft. Davon ausgehend kann die Auffassung der belangten Behörde, daß jedenfalls der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 1 (dritter Fall) Fremdenpolizeigesetz verwirklicht sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Auf Grund der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen durfte die belangte Behörde in rechtlich unbedenklicher Weise den Schluß ziehen, daß die im § 3 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt sei (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. April 1991, Zl. 91/19/0011).

2. Der Beschwerdeführer bekämpft das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz vorgenommenen Interessenabwägung und führt in diesem Zusammenhang jene familiären Umstände ins Treffen, die die belangte Behörde ohnedies berücksichtigt hat. Aus der Verhängung einer bedingten Strafe im Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 4. Februar 1991 ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil es sich dabei um seine erste Verurteilung gehandelt hat und zudem die für die Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes zuständigen Behörden an die vom Gericht im Grunde des § 43 Abs. 1 StGB angestellten Erwägungen nicht gebunden sind, sondern die Frage, ob auf Grund bestimmter Tatsachen die im § 3 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, eigenständig unter dem Gesichtspunkt des Fremdenpolizeigesetzes zu beurteilen haben. Die Behörden haben die genannte Verurteilung durch das Landesgericht Feldkirch allein auch nicht zum Anlaß genommen, ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer zu erlassen. Er wurde vielmehr von der erstinstanzlichen Behörde mit Schreiben vom 5. März 1991 unter Bezugnahme auf diese Verurteilung und die bis dahin vorgelegenen Verwaltungsstrafen aufgefordert, sich in Zukunft rechtstreu zu verhalten, widrigenfalls die Möglichkeit bestehe, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Diese Androhung hat beim Beschwerdeführer nicht die gewünschte Wirkung gezeigt, hat er doch in der Folge eine weitere einschlägige gerichtlich strafbare Handlung sowie Verwaltungsübertretungen begangen.

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Wohlverhalten bis 1988 ist nicht geeignet, die Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu beeinflussen, weil die von ihm in den letzten Jahren begangenen Straftaten für das Aumaß der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen von maßgeblicher Bedeutung sind. Wirtschaftliche Nachteile, die der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat zu gewärtigen hat, fallen nicht entscheidend ins Gewicht. Daß seine Familie in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sei, ist zudem nach der Aktenlage nicht anzunehmen, zumal die Ehefrau des Beschwerdeführers berufstätig ist, nur mehr zwei der vier Kinder schulpflichtig sind und der Beschwerdeführer selbst seinen Unterhaltspflichten auch vom Ausland aus nachkommen kann.

3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993180066.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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