Entscheidungsdatum
02.10.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W292 2289096-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herwig ZACZEK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, Arabische Republik, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 16.02.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.09.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herwig ZACZEK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , StA. Syrien, Arabische Republik, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 16.02.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.09.2024, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG i.V.m. Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), syrischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, reiste spätestens am 13.10.2022 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 29.10.2022 fand eine Erstbefragung durch die Sicherheitsbehörden statt; darin gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Land verlassen, weil in Syrien Krieg herrsche und er zum Militär einberufen worden sei.
2. Im Zuge seiner Einvernahme vor dem BFA (belangte Behörde) am 25.10.2023 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, es gebe keine Sicherheit in Syrien und ihm drohe im Falle einer Rückkehr nach Syrien die Einberufung zum Wehrdienst bei der syrischen Armee sowie die Verhaftung aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien. Wegen des Bürgerkrieges und weil die syrische Armee kriminell sei, lehne er den Dienst bei der syrischen Armee ab. Er sei in Syrien nicht persönlich bedroht oder verfolgt worden und sei weder politisch tätig noch an Demonstrationen beteiligt gewesen. Sein Vater habe im Jahre 2021 ein Wehrdienstbuch für ihn ausstellen lassen. Nach seiner Einreise nach Österreich habe sein Vater einen Einberufungsbefehl für den BF erhalten. Seine Heimatregion stehe unter der Kontrolle der syrischen Regierung.
3. Die belangte Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.10.2022 mit im Spruch bezeichneten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.). 3. Die belangte Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.10.2022 mit im Spruch bezeichneten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, i.V.m. Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte dem Beschwerdeführer jedoch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
4. Begründend hielt die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen fest, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Rückkehrbefürchtungen betreffend die Gefahr, zum verpflichtenden Wehrdienst in die syrische Armee eingezogen zu werden, keine Glaubhaftigkeit zukomme, weil er die Möglichkeit habe, sich vom Wehrdienst freizukaufen, stattdessen aber sein Geld für die Schleppung nach Österreich verwendet habe. Außerdem könne nicht davon ausgegangen werden, dass er über eine gefestigte politische Gesinnung verfüge, die dazu führen würde, dass ihm in Syrien asylrelevante Verfolgung drohen würde. Die Angaben des BF würden Ungereimtheiten aufweisen, da dem vorgelegten Wehrdienstbuch zu entnehmen sei, dass der BF am 27.10.2022 von einem Militärarzt in Syrien untersucht worden sei, obwohl er angegeben habe, bereits im April 2020 aus dem Libanon in die Türkei gereist zu sein, wobei er sich nur einen Tag in Syrien aufgehalten habe. Der vom BF vorgelegte Einberufungsbefehl verfüge zudem über keine Nummer oder Sicherheitsmerkmale. Außerdem sie die Stellung eines Asylantrages durch den BF in Österreich ausschließlich wirtschaftlich motiviert, da er die Gelegenheit gehabt habe, auf seiner Reise nach Österreich in diversen anderen Ländern einen Antrag auf Gewährung von Asyl zu stellen, dies aber unterlassen habe. Auch die Asylantragstellung im Ausland, die Ausreise, die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit würden für sich betrachtet keine asylrelevanten Gründe für eine Verfolgung darstellen. 4. Begründend hielt die belangte Behörde zu Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen fest, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Rückkehrbefürchtungen betreffend die Gefahr, zum verpflichtenden Wehrdienst in die syrische Armee eingezogen zu werden, keine Glaubhaftigkeit zukomme, weil er die Möglichkeit habe, sich vom Wehrdienst freizukaufen, stattdessen aber sein Geld für die Schleppung nach Österreich verwendet habe. Außerdem könne nicht davon ausgegangen werden, dass er über eine gefestigte politische Gesinnung verfüge, die dazu führen würde, dass ihm in Syrien asylrelevante Verfolgung drohen würde. Die Angaben des BF würden Ungereimtheiten aufweisen, da dem vorgelegten Wehrdienstbuch zu entnehmen sei, dass der BF am 27.10.2022 von einem Militärarzt in Syrien untersucht worden sei, obwohl er angegeben habe, bereits im April 2020 aus dem Libanon in die Türkei gereist zu sein, wobei er sich nur einen Tag in Syrien aufgehalten habe. Der vom BF vorgelegte Einberufungsbefehl verfüge zudem über keine Nummer oder Sicherheitsmerkmale. Außerdem sie die Stellung eines Asylantrages durch den BF in Österreich ausschließlich wirtschaftlich motiviert, da er die Gelegenheit gehabt habe, auf seiner Reise nach Österreich in diversen anderen Ländern einen Antrag auf Gewährung von Asyl zu stellen, dies aber unterlassen habe. Auch die Asylantragstellung im Ausland, die Ausreise, die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit würden für sich betrachtet keine asylrelevanten Gründe für eine Verfolgung darstellen.
5. Gegen Spruchpunkt I. des oben bezeichneten Bescheides richtet sich die gegenständliche Bescheidbeschwerde. Im Rahmen seines Beschwerdevorbringens führte der Beschwerdeführer aus, dass der bekämpfte Bescheid sowohl auf einem mangelhaften Verfahren beruhe als auch inhaltlich rechtswidrig sei. In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe es das BFA verabsäumt, dem BF die Widersprüchlichkeit seiner Angaben hinsichtlich der Ausstellung des Wehrdienstbuches und seiner Ausreise aus Syrien vorzuhalten, damit dieser dazu Stellung hätte nehmen können. Auch seien die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig. In materiell-rechtlicher Hinsicht habe die belangte Behörde verkannt, dass dem BF aufgrund seiner Weigerung den Wehrdienst in der syrischen Armee abzuleisten und aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien sowie der Stellung eines Asylantrages im Ausland bei einer Rückkehr nach Syrien, die nur über einen internationalen Flughafen in vom syrischen Regime kontrolliertes Gebiet möglich sei, asylrelvante Verfolgung drohe. Konkret sei damit zu rechnen, dass der BF zwangsweise von der syrischen Armee rekrutiert, festgenommen, gefoltert oder gar getötet werde, da ihm aufgrund seiner illegalen Ausreise und der Wehrdienstverweigerung seitens der syrischen Behörden eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Außerdem drohe ihm Bestrafung aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung. Der BF lehne aus prinzipiellen Erwägungen den Dienst bei der syrischen Armee ab und sei auch nicht bereit die syrische Regierung durch Leistung des Wehrersatzgeldes zu unterstützen, wobei die Bezahlung des Wehrersatzgeldes ohnehin keine Garantie dafür biete, nicht einberufen zu werden. Weiters sei in „Südsyrien, somit auch in der Provinz Homs“ der IS nach wie vor aktiv.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des oben bezeichneten Bescheides richtet sich die gegenständliche Bescheidbeschwerde. Im Rahmen seines Beschwerdevorbringens führte der Beschwerdeführer aus, dass der bekämpfte Bescheid sowohl auf einem mangelhaften Verfahren beruhe als auch inhaltlich rechtswidrig sei. In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe es das BFA verabsäumt, dem BF die Widersprüchlichkeit seiner Angaben hinsichtlich der Ausstellung des Wehrdienstbuches und seiner Ausreise aus Syrien vorzuhalten, damit dieser dazu Stellung hätte nehmen können. Auch seien die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig. In materiell-rechtlicher Hinsicht habe die belangte Behörde verkannt, dass dem BF aufgrund seiner Weigerung den Wehrdienst in der syrischen Armee abzuleisten und aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien sowie der Stellung eines Asylantrages im Ausland bei einer Rückkehr nach Syrien, die nur über einen internationalen Flughafen in vom syrischen Regime kontrolliertes Gebiet möglich sei, asylrelvante Verfolgung drohe. Konkret sei damit zu rechnen, dass der BF zwangsweise von der syrischen Armee rekrutiert, festgenommen, gefoltert oder gar getötet werde, da ihm aufgrund seiner illegalen Ausreise und der Wehrdienstverweigerung seitens der syrischen Behörden eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Außerdem drohe ihm Bestrafung aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung. Der BF lehne aus prinzipiellen Erwägungen den Dienst bei der syrischen Armee ab und sei auch nicht bereit die syrische Regierung durch Leistung des Wehrersatzgeldes zu unterstützen, wobei die Bezahlung des Wehrersatzgeldes ohnehin keine Garantie dafür biete, nicht einberufen zu werden. Weiters sei in „Südsyrien, somit auch in der Provinz Homs“ der IS nach wie vor aktiv.
6. Am 10.09.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetsches für die arabische Sprache eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat sich das Bundesverwaltungsgericht einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft und diesen ausführlich zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt.
Der Beschwerdeführer gab an, am XXXX „in Homs in Deir Balbi“ geboren worden zu sein. Im Jahre 2011 habe er aufgrund des Bürgerkrieges seinen Heimatort verlassen müssen und sei mit seiner Familie nach Mishrifa, ebenfalls im Gouvernement Homs, geflohen. Von dort aus habe er im April 2019 über Damaskus Syrien auf legalem Wege verlassen und sei, um der Einberufung durch die syrische Armee zu entgehen, in den Libanon gereist, wo er etwa eineinhalb Jahre verbracht habe. Dann sei er im August oder September 2020 zurück nach Syrien. Dort habe er etwa einen Monat nach seiner Rückkehr ein Aufforderungsschreiben der syrischen Armee erhalten und dann das von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Wehrdienstbuch ausstellen lassen, weil sein Vater der Ansicht gewesen sei, dadurch ließen sich Probleme mit den syrischen Behörden vermeiden. Dann habe er Anfang November Syrien, wiederum um der Einberufung zu entgehen, über die Türkei endgültig verlassen. Der BF geht davon aus, bei einer Rückkehr nach Syrien zwangsrekrutiert zu werden. Er wolle sich auf keiner Seite an den Kampfhandlungen im Zuge des Bürgerkrieges beteiligen und glaube, dass ihm für den Fall, dass er bei einer Rückkehr nach Syrien weiterhin den Wehrdienst verweigere, die Hinrichtung drohe. Der Beschwerdeführer gab an, am römisch 40 „in Homs in Deir Balbi“ geboren worden zu sein. Im Jahre 2011 habe er aufgrund des Bürgerkrieges seinen Heimatort verlassen müssen und sei mit seiner Familie nach Mishrifa, ebenfalls im Gouvernement Homs, geflohen. Von dort aus habe er im April 2019 über Damaskus Syrien auf legalem Wege verlassen und sei, um der Einberufung durch die syrische Armee zu entgehen, in den Libanon gereist, wo er etwa eineinhalb Jahre verbracht habe. Dann sei er im August oder September 2020 zurück nach Syrien. Dort habe er etwa einen Monat nach seiner Rückkehr ein Aufforderungsschreiben der syrischen Armee erhalten und dann das von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Wehrdienstbuch ausstellen lassen, weil sein Vater der Ansicht gewesen sei, dadurch ließen sich Probleme mit den syrischen Behörden vermeiden. Dann habe er Anfang November Syrien, wiederum um der Einberufung zu entgehen, über die Türkei endgültig verlassen. Der BF geht davon aus, bei einer Rückkehr nach Syrien zwangsrekrutiert zu werden. Er wolle sich auf keiner Seite an den Kampfhandlungen im Zuge des Bürgerkrieges beteiligen und glaube, dass ihm für den Fall, dass er bei einer Rückkehr nach Syrien weiterhin den Wehrdienst verweigere, die Hinrichtung drohe.
In Syrien habe er nie wegen seiner politischen Einstellung, seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt und habe sich nie politisch betätigt oder geäußert. Das syrische Regime halte er für kriminell. Ihm sei nicht bekannt, dass nach ihm in Syrien gesucht werde.
Der BF gehe derzeit keiner Erwerbstätigkeit nach, besuche aber einen Alphabetisierungskurs.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren, ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber und der islamischen (sunnitischen) Glaubensrichtung an. 1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch 40 , wurde am römisch 40 geboren, ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber und der islamischen (sunnitischen) Glaubensrichtung an.
1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in Deir Balbi im Gouvernment Homs in Syrien geboren und hielt sich bis 2011 überwiegend dort auf. Anschließend lebte er aufgrund der Bürgerkriegswirren mit seiner Familie bis 2019 im nahegelegenen Mishrafa. Von dort reiste er im April 2019 in den Libanon, wo er die nächsten eineinhalb Jahre verbrachte. Anschließend kehrte er für etwa einen Monat nach Syrien zurück. Anfang November 2020 verließ er Syrien endgültig und reiste in die Türkei ein.
1.1.3. Der Beschwerdeführer hat in Syrien ein Jahr die Grundschule besucht und in Syrien in einer Teefabrik gearbeitet. In Österreich geht er keiner Erwerbstätigkeit nach.
1.1.4. Der Beschwerdeführer ist gesund, nimmt keine Medikamente ein und steht nicht in ärztlicher Behandlung.
1.1.5. Der Beschwerdeführer ist bisher strafrechtlich in Österreich nicht in Erscheinung getreten.
1.1.6. Der Beschwerdeführer hat keinerlei Sorgepflichten. Der Beschwerdeführer verfügt über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten und verfügt daher über vollen Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht zum Entscheidungszeitpunkt unter Kontrolle der syrischen Regierung.
1.2.2. In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Der Beschwerdeführer ist 22 Jahre alt.
1.2.3. Der Beschwerdeführer hat seinen verpflichtenden Wehrdienst bei der syrischen Armee noch nicht abgeleistet.
1.2.4. Im Zuge eines einmonatigen Aufenthaltes bei seinen Eltern in Syrien unterzog sich der BF am 27.10.2020 bei einer Dienststelle des syrischen Militärs freiwillig einer Musterung und einer ärztlichen Untersuchung, in diesem Zuge erhielt der BF auch die Aufforderung, sich bis zum 05.01.2021 wieder bei der Rekrutierungsstelle zu melden.
1.2.5. Die syrischen Behörden unterstellen nicht sämtlichen Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, eine oppositionelle politische Gesinnung und haben sich auch im Fall des Beschwerdeführers keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben. Insbesondere weist der Beschwerdeführer keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen die syrische Zentralregierung oder gegen den Dienst an der Waffe an sich auf.
1.2.6. Das syrische Gesetz sieht für männliche syrische Staatsbürger, die im Ausland niedergelassen sind, die Möglichkeit vor, sich durch die Zahlung einer Gebühr von der Wehrpflicht zu befreien.
1.2.7. Der Beschwerdeführer kann von der geltenden gesetzlichen Lage in Syrien Gebrauch machen, sich durch die Entrichtung einer gestaffelten Befreiungsgebühr von der Pflicht zur Ableistung des Militärdienstes bei der SAA befreien zu lassen.
1.2.8. Dem Beschwerdeführer ist es möglich, in absehbarer Zeit ausreichend finanzielle Mittel zu erwirtschaften, um die Wehrersatzgebühr zu leisten.
1.2.9. Die syrischen Behörden unterstellen Personen, die sich vom Wehrdienst freigekauft haben (selbst wenn dies nicht zeitnah nach Erreichen des wehrpflichtigen Alters erfolgte), nicht generell eine oppositionelle Gesinnung und ziehen diese Personen trotz der entrichteten Wehrersatzgebühr nicht systematisch und generell zum Wehrdienst ein.
1.2.10. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von einer weiteren Bürgerkriegspartei zur Teilnahme an Kampfhandlungen oder der Ableistung eines Militärdienstes aufgefordert oder sonst dazu verhalten worden wäre.
1.2.11. Der Beschwerdeführer war nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und ist auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder anderer Konfliktparteien wegen einer (unterstellten) oppositionellen Haltung geraten. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sich vor seiner Ausreise aus Syrien an Demonstrationen gegen das syrische Regime beteiligt hat oder sonst erkennbar mit einer gegen das syrische Regime gerichteten politischen Überzeugung in Erscheinung getreten ist. Weder hatte er vor seiner Ausreise aus Syrien eine eigene, gegen das syrische Regime gerichtete politische Überzeugung noch hat sich eine solche seit dem Zeitpunkt seiner Ausreise aus Syrien bei ihm entwickelt. Er lehnt die Ableistung des Militärdienstes in der syrischen Armee aufgrund des Krieges und den damit einhergehenden persönlichen Gefahren ab.
1.2.12. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist und der im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird von der syrischen Regierung eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
1.2.13. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keinerlei politischen Tätigkeiten gesetzt, die gegen das syrische Regime oder sonstige Machtstrukturen in Syrien gerichtet sind.
1.2.14. Es kann nicht festgestellt werden, dass der IS in der Herkunftsregion des BF in größerem Ausmaß aktiv ist.
1.2.15. Seitens österreichischer Behörden sind zur Asylantragstellung des Beschwerdeführers an dessen Herkunftsstaat keinerlei Informationen übermittelt worden.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen (z.T. bereinigt um grammatikalische und orthographische Fehler):
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation SYRIEN vom 27.03.2024 (Version 11)
- EUAA: Country Guidance Syria, Version 2024
- ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbidsch, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen [a-12197], 24.08.2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188]
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, SYRIEN, Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (ergänzende AFB), 14.10.2022
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, TÜRKEI / SYRIEN, Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, 29.03.2023
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.09.2022: SYRIEN - Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen
- Themenbericht der Staatendokumentation Syrien – Grenzübergänge aus dem COI-CMS Country of Origin Information – Content Management System, Version 1, 25.10.2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Behörden zur Registrierung von Ehen: Fristen, Anwesenheitserfordernisse, Vertreterinnen, Vollmacht, Heilung von Mängeln [a-10868] 04.02.2019
1.3.1. Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
(Letzte Änderung am 11.03.2024 um 06:50 Uhr)
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit. b gilt dies vom 1. Jänner des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.05.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 01.06.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 02.02.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 04.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.01.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 04.2023).Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Jänner des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.05.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 01.06.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 02.02.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 04.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.01.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 04.2023).
Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 08.2023).
Die im März 2020, im Mai 2021 und im Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022).
Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 02.02.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 02.02.2024; vgl. ICWA 24.05.2022).Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 02.02.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 02.02.2024; vergleiche ICWA 24.05.2022).
Männliche Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1956 nach Syrien kamen und als solche bei der General Administration for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert sind (NMFA 05.2022), bzw. palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht (AA 13.11.2018; vgl. Action PAL 03.01.2023, ACCORD 21.09.2022). Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee trägt: Palestinian Liberation Army (PLA) (BAMF 02.2023, (AA 13.11.2018; vgl. ACCORD 21.09.2022). Es konnten keine Quellen gefunden werden, die angeben, dass Palästinenser vom Reservedienst ausgeschlossen seien (ACCORD 21.09.2022; vgl. BAMF 02.2023).Männliche Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1956 nach Syrien kamen und als solche bei der General Administration for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert sind (NMFA 05.2022), bzw. palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht (AA 13.11.2018; vergleiche Action PAL 03.01.2023, ACCORD 21.09.2022). Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee trägt: Palestinian Liberation Army (PLA) (BAMF 02.2023, (AA 13.11.2018; vergleiche ACCORD 21.09.2022). Es konnten keine Quellen gefunden werden, die angeben, dass Palästinenser vom Reservedienst ausgeschlossen seien (ACCORD 21.09.2022; vergleiche BAMF 02.2023).
Frauen können als Berufssoldatinnen dem syrischen Militär beitreten. Dies kommt in der Praxis tatsächlich vor, doch stoßen die Familien oft auf kulturelle Hindernisse, wenn sie ihren weiblichen Verwandten erlauben, in einem so männlichen Umfeld zu arbeiten. Dem Vernehmen nach ist es in der Praxis häufiger, dass Frauen in niedrigeren Büropositionen arbeiten als in bewaffneten oder leitenden Funktionen. Eine Quelle erklärt dies damit, dass Syrien eine männlich geprägte Gesellschaft ist, in der Männer nicht gerne Befehle von Frauen befolgen (NMFA 05.2022).
Mit Stand Mai 2023 werden die regulären syrischen Streitkräfte immer noch von zahlreichen regierungsfreundlichen Milizen unterstützt (CIA 09.05.2023). Frauen sind auch regierungsfreundlichen Milizen beigetreten. In den Reihen der National Defence Forces (NDF) dienen ca. 1.000 bis 1.500 Frauen, eine vergleichsweise geringe Anzahl. Die Frauen sind an bestimmten Kontrollpunkten der Regierung präsent, insbesondere in konservativen Gebieten, um Durchsuchungen von Frauen durchzuführen (FIS 14.12.2018).
Die Umsetzung
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 05.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 08.2017; vgl. DIS 07.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 05.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 08.2017; vergleiche DIS 07.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).
Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 05.2022; vgl. AA 29.03.2022), wobei zuletzt von einer „Verkürzung“ des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 05.2022).Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 05.2022; vergleiche AA 29.03.2022), wobei zuletzt von einer „Verkürzung“ des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 05.2022).
Seit März 2020 hat es in Syrien keine größeren militärischen Offensiven an den offiziellen Frontlinien mehr gegeben. Scharmützel, Granatenbeschuss und Luftangriffe gingen weiter, aber die Frontlinien waren im Grunde genommen eingefroren. Nach dem Ausbruch von COVID-19 und der Einstellung größerer Militäroperationen in Syrien Anfang 2020 verlangsamten sich Berichten zufolge die militärischen Rekrutierungsmaßnahmen der SAA. Die SAA berief jedoch regelmäßig neue Wehrpflichtige und Reservisten ein. Im Oktober 2021 wurde ein Rundschreiben herausgegeben, in dem die Einberufung von männlichen Syrern im wehrpflichtigen Alter angekündigt wurde. Auch in den wiedereroberten Gebieten müssen Männer im wehrpflichtigen Alter den Militärdienst ableisten (EUAA 09.2022). Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 02.02.2024).
Rekrutierungspraxis
Es gibt dem Auswärtigen Amt zufolge zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 02.02.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 02.02.2024; vgl. NMFA 05.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 05.2022; vgl. NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara'a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.09.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahre 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 06.03.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.01.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 02.02.2024).Es gibt dem Auswärtigen Amt zufolge zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 02.02.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 02.02.2024; vergleiche NMFA 05.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 05.2022; vergleiche NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara'a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.09.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahre 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 06.03.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.01.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 02.02.2024).
Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von einer zeitweisen Amnestie vom Wehrdienst Gebrauch machen wollen, an der Grenze eingezogen zu werden (DIS 05.2020). Lokale Medien berichteten, dass die Sicherheitskräfte der Regierung während der Fußballweltmeisterschaft der Herren 2022 mehrere Cafés, Restaurants und öffentliche Plätze in Damaskus stürmten, wo sich Menschen versammelt hatten, um die Spiele zu sehen, und Dutzende junger Männer zur Zwangsrekrutierung festnahmen (USDOS 20.03.2023).
Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z.B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 05.2020; vgl. ICG 09.05.2022, EB 06.03.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 05.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 01.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 08.2023; vgl. DIS 07.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 01.2024).Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z.B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 05.2020; vergleiche ICG 09.05.2022, EB 06.03.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 05.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 01.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 08.2023; vergleiche DIS 07.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 01.2024).
Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 08.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 08.2017; vgl. FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 08.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 08.2017; vergleiche FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).
Die Regierung hat in vormals unter der Kontrolle der Oppositionskräfte stehenden Gebieten, wie zum Beispiel Ost-Ghouta, Zweigstellen zur Rekrutierung geschaffen. Wehrdienstverweigerer und Deserteure können sich in diesen Rekrutierungszentren melden, um nicht länger von den Sicherheitskräften gesucht zu werden. In vormaligen Oppositionsgebieten werden Listen mit Namen von Personen, welche zur Rekrutierung gesucht werden, an lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Checkpoints verteilt (DIS 05.2020). Anfang April 2023 wurde beispielsweise von verstärkten Patrouillen der Regierungsstreitkräfte im Osten Dara'as berichtet, um Personen aufzugreifen, die zum Militär- und Reservedienst verpflichtet sind (ETANA 04.04.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gab es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 04.12.2020).
Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 04.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vgl. EASO 04.2021). Da die Zusammensetzung der Syrischen Arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als „Kanonenfutter“ im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.03.2023).Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 04.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vergleiche EASO 04.2021). Da die Zusammensetzung der Syrischen Arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als „Kanonenfutter“ im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.03.2023).
Im Rahmen sog. lokaler „Versöhnungsabkommen“ in den vom Regime zurückeroberten Gebieten sowie im Kontext lokaler Rückkehrinitiativen aus dem Libanon hat das Regime Männern im wehrpflichtigen Alter eine sechsmonatige Schonfrist zugesichert. Diese wurde jedoch in zahlreichen Fällen, auch nach der Einnahme des Südwestens, nicht eingehalten. Sowohl in Ost-Ghouta als auch in den südlichen Gouvernements Dara‘a und Quneitra soll der Militärgeheimdienst dem Violations Documentation Center zufolge zahlreiche Razzien zur Verhaftung und zum anschließenden Einzug ins Militär durchgeführt haben (AA 02.02.2024).
Staatenlose Palästinenser werden meistens in die Palestinian Liberation Army (PLA) rekrutiert, seltener auch in die reguläre SAA. Sie sind ebenfalls reservepflichtig. Allerdings dauert ihre Pflicht zum Reservedienst weniger lange, nämlich nur viereinhalb Jahre. Den meisten Quellen des Danish Immigration