Entscheidungsdatum
07.10.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W601 2277321-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Nadine Frank als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2022, Zl. XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Nadine Frank als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.01.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 18.01.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass in Syrien Krieg herrsche und es dort keine Sicherheit und keine Zukunft gebe. Aufgrund des Krieges habe er seinen Vater verloren. Der Beschwerdeführer wolle arbeiten gehen, um seine Familie finanziell unterstützen zu können. Im Falle der Rückkehr fürchte er um sein Leben.
3. Am 11.05.2022 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) statt. Der Beschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass er in Syrien den Militärdienst leisten müsse. Sein Vater sei durch ein Bombardement ums Leben gekommen und er wolle nicht das gleiche Schicksal wie sein Vater erleiden. Andere Fluchtgründe habe er nicht, da er auch nach Österreich gekommen sei, um seine Familie zu unterstützen. Im Falle der Rückkehr befürchte er rekrutiert zu werden.
4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte das Bundesamt aus, dass die Heimatregion des Beschwerdeführers nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehe. Für den Beschwerdeführer bestehe keine maßgebliche Gefahr in seiner Heimatregion zwangsweise zum Militärdienst eingezogen zu werden. Die Herkunftsregion sei auch über einen Grenzübergang erreichbar, der nicht unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehe. Er sei in Syrien weder vorbestraft noch inhaftiert gewesen und habe keine Probleme mit den Behörden aufgrund seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt. Zudem sei er weder politisch tätig gewesen noch Mitglied einer politischen Partei.
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass er Syrien im Jahr 2016 illegal verlassen habe. Er habe den syrischen Militärdienst nicht abgeleistet und müsse sich bei einer Einziehung zum Militär an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligen. Im Falle der Weigerung würden ihm seitens der syrischen Regierung unverhältnismäßig hohe Strafen drohen. Aufgrund der in Syrien herrschenden Willkür schütze ihn der Freikauf nicht dauerhaft vor einer Rekrutierung, zudem wolle der Beschwerdeführer das Regime nicht unterstützen. Eine Einreise auf dem Landweg über die Türkei sei ihm weder möglich noch zumutbar, zumal nicht ersichtlich sei, weshalb die Türkei den Beschwerdeführer einreisen lassen sollte. Weiters würde dem Beschwerdeführer aufgrund der Asylantragstellung im Ausland und der illegalen Ausreise seitens des syrischen Regimes eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass er Syrien im Jahr 2016 illegal verlassen habe. Er habe den syrischen Militärdienst nicht abgeleistet und müsse sich bei einer Einziehung zum Militär an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligen. Im Falle der Weigerung würden ihm seitens der syrischen Regierung unverhältnismäßig hohe Strafen drohen. Aufgrund der in Syrien herrschenden Willkür schütze ihn der Freikauf nicht dauerhaft vor einer Rekrutierung, zudem wolle der Beschwerdeführer das Regime nicht unterstützen. Eine Einreise auf dem Landweg über die Türkei sei ihm weder möglich noch zumutbar, zumal nicht ersichtlich sei, weshalb die Türkei den Beschwerdeführer einreisen lassen sollte. Weiters würde dem Beschwerdeführer aufgrund der Asylantragstellung im Ausland und der illegalen Ausreise seitens des syrischen Regimes eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden.
6. Mit Stellungnahme vom 01.07.2024 wurde erstmals vorgebracht, dass der Beschwerdeführer eine kritische Einstellung und oppositionelle Gesinnung gegenüber der Herrschaft der Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (in Folge: HTS) in XXXX habe. Er habe Syrien vor acht Jahren verlassen und lebe seitdem mit liberalen Werten, was dadurch zum Vorschein trete, dass er sich modern kleide und eine modische Frisur habe. Zudem äußere er sich auf seinem „TikTok“-Kanal kritisch gegenüber der HTS und er habe in Syrien und Österreich gegen das syrische Regime demonstriert. 6. Mit Stellungnahme vom 01.07.2024 wurde erstmals vorgebracht, dass der Beschwerdeführer eine kritische Einstellung und oppositionelle Gesinnung gegenüber der Herrschaft der Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (in Folge: HTS) in römisch 40 habe. Er habe Syrien vor acht Jahren verlassen und lebe seitdem mit liberalen Werten, was dadurch zum Vorschein trete, dass er sich modern kleide und eine modische Frisur habe. Zudem äußere er sich auf seinem „TikTok“-Kanal kritisch gegenüber der HTS und er habe in Syrien und Österreich gegen das syrische Regime demonstriert.
7. Am 05.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Lebensumständen in Syrien und seinen Fluchtgründen befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist ledig und kinderlos.
1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt XXXX , im Gouvernement Idlib, geboren und lebte gemeinsam mit seiner Familie bis zu seiner Ausreise ausschließlich dort. Er besuchte in der Stadt XXXX elf Jahre lang die Schule. Im Jahr 2016 reiste der Beschwerdeführer illegal aus Syrien aus und reiste in die Türkei. 1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt römisch 40 , im Gouvernement Idlib, geboren und lebte gemeinsam mit seiner Familie bis zu seiner Ausreise ausschließlich dort. Er besuchte in der Stadt römisch 40 elf Jahre lang die Schule. Im Jahr 2016 reiste der Beschwerdeführer illegal aus Syrien aus und reiste in die Türkei.
1.1.3. Der Vater des Beschwerdeführers ist im Jahr 2016 durch ein Bombardement auf einen Marktplatz verstorben. Die Mutter, drei Schwestern und ein Bruder des Beschwerdeführers leben nach wie vor in der Stadt XXXX . Die älteste Schwester des Beschwerdeführers ist verheiratet und ist Hausfrau, eine Schwester arbeitet als XXXX in einem Krankenhaus und die jüngste Schwester des Beschwerdeführers studiert XXXX . Der Bruder des Beschwerdeführers ist XXXX Jahre alt und geht zur Schule. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie.1.1.3. Der Vater des Beschwerdeführers ist im Jahr 2016 durch ein Bombardement auf einen Marktplatz verstorben. Die Mutter, drei Schwestern und ein Bruder des Beschwerdeführers leben nach wie vor in der Stadt römisch 40 . Die älteste Schwester des Beschwerdeführers ist verheiratet und ist Hausfrau, eine Schwester arbeitet als römisch 40 in einem Krankenhaus und die jüngste Schwester des Beschwerdeführers studiert römisch 40 . Der Bruder des Beschwerdeführers ist römisch 40 Jahre alt und geht zur Schule. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie.
1.1.4. Der Beschwerdeführer ist gesund. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Ihm kommt in Österreich der Aufenthaltsstatus eines subsidiär Schutzberechtigten zu.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers – die Stadt XXXX – liegt im Einfluss- und Kontrollbereich der Hay?at Tahrir ash-Sham (in Folge: HTS; vormals Al Nusra).1.2.1. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers – die Stadt römisch 40 – liegt im Einfluss- und Kontrollbereich der Hay?at Tahrir ash-Sham (in Folge: HTS; vormals Al Nusra).
Dem Beschwerdeführer ist es möglich nach Syrien einzureisen und seinen Herkunftsort zu erreichen, ohne mit dem syrischen Regime in Kontakt treten zu müssen.
1.2.2. Der XXXX -jährige Beschwerdeführer befindet sich im wehrpflichtigen Alter betreffend den gesetzlich vorgesehenen Militärdienst beim syrischen Regime. Er hat den Wehrdienst für die syrische Armee bislang nicht abgeleistet. Ein Ausnahmegrund für die Ableistung des Militärdienstes liegt betreffend den Beschwerdeführer nicht vor. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich verpflichtet den Wehrdienst bei der syrischen Armee abzuleisten. Der Beschwerdeführer läuft bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, zum Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen oder zwangsrekrutiert und/oder aufgrund einer etwaigen Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee Repressalien ausgesetzt zu sein. 1.2.2. Der römisch 40 -jährige Beschwerdeführer befindet sich im wehrpflichtigen Alter betreffend den gesetzlich vorgesehenen Militärdienst beim syrischen Regime. Er hat den Wehrdienst für die syrische Armee bislang nicht abgeleistet. Ein Ausnahmegrund für die Ableistung des Militärdienstes liegt betreffend den Beschwerdeführer nicht vor. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich verpflichtet den Wehrdienst bei der syrischen Armee abzuleisten. Der Beschwerdeführer läuft bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, zum Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen oder zwangsrekrutiert und/oder aufgrund einer etwaigen Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee Repressalien ausgesetzt zu sein.
1.2.3. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion in Syrien auch nicht die Gefahr durch die HTS zwangsrekrutiert zu werden.
1.2.4. Der Beschwerdeführer hat in Syrien weder an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen noch wurde er vom syrischen Regime deshalb festgenommen und in Haft angehalten.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich an Kundgebungen betreffend die Taten des syrischen Regimes bzw. Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen und drei Videos von den Kundgebungen bzw. Demonstrationen – auf denen der Beschwerdeführer nicht zu sehen ist – auf seinem „TikTok“-Kanal unter dem Namen XXXX gepostet. Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in seine Heimatregion aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime oder seines „TikTok“-Kanals nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch das syrische Regime.Der Beschwerdeführer hat in Österreich an Kundgebungen betreffend die Taten des syrischen Regimes bzw. Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen und drei Videos von den Kundgebungen bzw. Demonstrationen – auf denen der Beschwerdeführer nicht zu sehen ist – auf seinem „TikTok“-Kanal unter dem Namen römisch 40 gepostet. Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in seine Heimatregion aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime oder seines „TikTok“-Kanals nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch das syrische Regime.
1.2.5. Der Beschwerdeführer ist in seiner Herkunftsregion aufgrund seiner Frisur und Kleidung bzw. seines in Österreich ausgeübten Lebensstils weder psychischer noch physischer Gewalt durch die HTS ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer hat sich weder in Syrien noch in Österreich oppositionell gegen die HTS betätigt. Der Beschwerdeführer hat ein Video einer Demonstration in XXXX in der einmal der Ruf XXXX zu hören ist sowie dem Text im Video XXXX , mit den Hashtags # XXXX , # XXXX , # XXXX # XXXX # XXXX # XXXX # XXXX #like #fyp #foryou #explore #jetzt # XXXX auf seinem „TikTok“-Kanal, der unter dem Namen XXXX mit einem XXXX -Emoji daneben sowie XXXX lautet, gepostet. Der Beschwerdeführer ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in das Blickfeld der HTS geraten. Er hat auch keine konkret gegen die HTS gerichtete Ablehnung verinnerlicht. Es ist nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion von der HTS als Oppositioneller bzw. politischer Gegner angesehen wird.Der Beschwerdeführer hat sich weder in Syrien noch in Österreich oppositionell gegen die HTS betätigt. Der Beschwerdeführer hat ein Video einer Demonstration in römisch 40 in der einmal der Ruf römisch 40 zu hören ist sowie dem Text im Video römisch 40 , mit den Hashtags # römisch 40 , # römisch 40 , # römisch 40 # römisch 40 # römisch 40 # römisch 40 # römisch 40 #like #fyp #foryou #explore #jetzt # römisch 40 auf seinem „TikTok“-Kanal, der unter dem Namen römisch 40 mit einem römisch 40 -Emoji daneben sowie römisch 40 lautet, gepostet. Der Beschwerdeführer ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in das Blickfeld der HTS geraten. Er hat auch keine konkret gegen die HTS gerichtete Ablehnung verinnerlicht. Es ist nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion von der HTS als Oppositioneller bzw. politischer Gegner angesehen wird.
1.2.6. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien nicht wegen seiner Ausreise aus Syrien, seiner Asylantragstellung in Österreich oder der Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsland:
Die aktuellen UNHCR Richtlinien sowie die aktuellen EUAA Country Guidance und EUAA Reports werden der Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren weiters auf nachstehenden Quellen:
? Länderinformationsbericht der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11 vom 27.03.2024 (Beilage ./1)
? UNHCR: Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, März 2021 (Beilage ./2)
? EUAA: Country Guidance Syria, April 2024 (Beilage ./3)
? Themenbericht der Staatendokumentation zu Syrien – Grenzübergänge, Version 1 vom 25.10.2023 (Beilage ./4)
? ACCORD Themendossier „Wehrdienst in Syrien“ vom 14.03.2024 (Beilage ./5)
? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Türkei vom 24.10.2023: Ein- und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien (Beilage ./6)
? OCHA: TÜRKIYE - SYRIA: Border Crossings Status vom 18.04.2023 (Beilage ./7)
1.3.1. Politische Lage
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (LIB, S. 3). Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (LIB, Sitzung 3).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen. Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (LIB, S. 3 f).Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen. Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (LIB, Sitzung 3 f).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, S. 4).Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, Sitzung 4).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (LIB, S. 4 f).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (LIB, Sitzung 4 f).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon, Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft. Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren. Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB, S. 5).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon, Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft. Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren. Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB, Sitzung 5).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (LIB, S. 5). Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (LIB, Sitzung 5).
1.3.2. Sicherheitslage
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt. Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (LIB, S. 15).Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt. Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (LIB, Sitzung 15).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand. Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (LIB, S. 15 f).Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand. Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (LIB, Sitzung 15 f).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (LIB, S. 16).Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (LIB, Sitzung 16).
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu. Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden. Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen. Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (LIB, S. 17 f). Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu. Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden. Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen. Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (LIB, Sitzung 17 f).
Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind. Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen. Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen. Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (LIB, S. 18). Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind. Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen. Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen. Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (LIB, Sitzung 18).
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen. Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (LIB, S. 18). Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen. Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (LIB, Sitzung 18).
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden. Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus. Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben. Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedür