Entscheidungsdatum
09.10.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W176 2285606 -1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Syrien, gesetzlich vertreten durch Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2023, Zl. 1356572700/231141880, wegen Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit: Syrien, gesetzlich vertreten durch Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2023, Zl. 1356572700/231141880, wegen Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Am 30.05.2023 brachte die mj. Beschwerdeführerin (in Folge: „BF“), eine syrische Staatsangehörige, einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
2. Am XXXX 06.2023 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der BF in Anwesenheit ihrer gesetzlichen Vertretung statt. Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die BF an, das syrische Regime habe ihren Vater vor zehn Jahren festgenommen und er sei seitdem nicht mehr zurückgekehrt. Die BF habe Angst vor der syrischen Polizei und vor dem Tod.2. Am römisch 40 06.2023 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der BF in Anwesenheit ihrer gesetzlichen Vertretung statt. Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die BF an, das syrische Regime habe ihren Vater vor zehn Jahren festgenommen und er sei seitdem nicht mehr zurückgekehrt. Die BF habe Angst vor der syrischen Polizei und vor dem Tod.
3. Am 03.11.2023 vor der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache in Anwesenheit eines bevollmächtigten gesetzlichen Vertreters und einer Vertrauensperson niederschriftlich einvernommen, gab die BF zu ihren Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, dass die finanzielle Lage in Syrien schlecht sei, Krieg herrsche und sie in Österreich die Schule besuchen möchte. Überdies wurde der BF Gelegenheit geboten, zu den aktuellen Länderinformationen über Syrien innerhalb von vier Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
4. Mit Schriftsatz vom 14.11.2023 brachte die BF zusammengefasst vor, dass ihr wegen unterstellter oppositioneller Gesinnung und ihrer Zugehörigkeit zur soziale Gruppe der Kinder Gefahr durch den syrischen Staat drohe.
5. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 31.05.2023 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 5. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 31.05.2023 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde der BF der Status der subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die Abweisung des Antrags im Asylpunkt begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass die BF bei ihrer Einvernahme kein „einem Konventionsgrund entsprechend zu erkennendes Vorbringen“ erstattet habe und der Eintritt der im zuvor dargestellten Schriftsatz geltend gemachten Gefährdung für Kinder Einzelfälle beträfe und im Falle der BF nicht maßgebend wahrscheinlich sei.
6. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF entgegen der Annahme der belangten Behörde der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen sei. 6. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF entgegen der Annahme der belangten Behörde der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen sei.
7. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
8. Mit Schriftsatz vom 02.09.2024 brachte die BF zusammengefasst vor, dass sie aus einem ehemals oppositionellen Gebiet stamme und ihre Familie väterlicherseits (vs) von der syrischen Regierung wegen deren regimekritischer Haltung und der Teilnahme an oppositionellen Demonstrationen als oppositionell wahrgenommen werde. Aus diesem Grund sei der Vater der BF willkürlich verschwunden, auch weitere Familienangehörige seien entführt worden bzw. zeitweise inhaftiert gewesen. Die BF habe sowohl aufgrund ihres Alters und Geschlechts als alleinstehendes Mädchen als auch aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit zu als oppositionell wahrgenommenen Personen sowie aufgrund ihres Herkunftsgebietes asylrelevante Verfolgung zu befürchten.
9. Am 09.09.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerdeverhandlung durch, in welcher die BF in Anwesenheit ihrer Rechtsvertreterin und eines Dolmetschers für die arabische Sprache ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Hinsichtlich der Lage in Syrien:
Sicherheitslage
Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien
Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vgl. GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vgl. SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) […]Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vergleiche GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vergleiche SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) […]
Damaskus, insbesondere im Zentrum sowie die Provinz Latakia gelten als Gebiete mit relativ stabiler Sicherheitslage (NMFA 8.2023). […]
Seit der Rückeroberung der größtenteils landwirtschaftlich geprägten Provinz um Damaskus im Jahr 2018 versucht der syrische Präsident Bashar al-Assad, die Hauptstadt als einen 'Hort der Ruhe' in einem vom Konflikt zerrissenen Land darzustellen (AN 1.7.2022; vgl. EUAA 9.2022). Nach mehreren Anschlägen in den Jahren zwischen 2020 bis 2023, bei denen bestimmte Personen (Zivilisten oder Militärpersonal) mittels Autobomben ins Visier genommen wurden (TSO 10.3.2020; vgl. COAR 25.10.2021) und mehreren Anschlägen im Zeitraum von April 2022 bis Juli 2022, bei denen mehrere Personen mit Regimenähe ins Visier genommen wurden (AN 1.7.2022), ist die Sicherheitslage vertraulichen Quellen des niederländischen Außenministeriums zufolge in Damaskus Stadt mit Stand August 2023 relativ stabil. Die Syrische Regierung hat sogar alle Checkpoints aus der Innenstadt entfernt, weil die Sicherheitslage sich insbesondere im Zentrum so stark gebessert hat (NMFA 8.2023). […]Seit der Rückeroberung der größtenteils landwirtschaftlich geprägten Provinz um Damaskus im Jahr 2018 versucht der syrische Präsident Bashar al-Assad, die Hauptstadt als einen 'Hort der Ruhe' in einem vom Konflikt zerrissenen Land darzustellen (AN 1.7.2022; vergleiche EUAA 9.2022). Nach mehreren Anschlägen in den Jahren zwischen 2020 bis 2023, bei denen bestimmte Personen (Zivilisten oder Militärpersonal) mittels Autobomben ins Visier genommen wurden (TSO 10.3.2020; vergleiche COAR 25.10.2021) und mehreren Anschlägen im Zeitraum von April 2022 bis Juli 2022, bei denen mehrere Personen mit Regimenähe ins Visier genommen wurden (AN 1.7.2022), ist die Sicherheitslage vertraulichen Quellen des niederländischen Außenministeriums zufolge in Damaskus Stadt mit Stand August 2023 relativ stabil. Die Syrische Regierung hat sogar alle Checkpoints aus der Innenstadt entfernt, weil die Sicherheitslage sich insbesondere im Zentrum so stark gebessert hat (NMFA 8.2023). […]
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen
Syrien ist eine patriarchalische Gesellschaft, aber je nach sozialer Schicht, Bildungsniveau, Geschlecht, städtischer oder ländlicher Lage, Region, Religion und ethnischer Zugehörigkeit gibt es erhebliche Unterschiede in Bezug auf Rollenverteilung, Sexualität sowie Bildungs- und Berufschancen von Frauen. Der anhaltende Konflikt und seine sozialen Folgen sowie die Verschiebung der de-facto-Kontrolle durch bewaffnete Gruppen über Teile Syriens haben ebenfalls weitreichende Auswirkungen auf die Situation der Frauen (NMFA 6.2021). Mehr als ein Jahrzehnt des Konflikts hat ein Klima geschaffen, das der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zuträglich ist, besonders angesichts der sich verfestigenden patriarchalischen Gesellschaftsformen, und Fortschritte bei den Frauenrechten zunichtemachte. Diese Risiken steigen unvermeidlicherweise angesichts von mehr als 15 Millionen Menschen in Syrien, die im Jahr 2023 humanitäre Hilfe benötigen. Gleichzeitig gibt es einen Anstieg an Selbstmorden unter Frauen und Mädchen, was laut ExpertInnen auf den fehlenden Zugang von Heranwachsenden zu Möglichkeiten und entsprechenden Hilfsleistungen liegt (UNFPA 28.3.2023).
Offizielle Mechanismen, welche die Rechte von Frauen sicherstellen sollen, funktionieren Berichten zufolge nicht mehr, und zusammen mit dem generellen Niedergang von Recht und Ordnung sind Frauen einer Bandbreite von Misshandlungen besonders durch extremistische Gruppen ausgesetzt, die ihre eigenen Interpretationen von Religionsgesetzen durchsetzen. Die persönliche gesellschaftliche Freiheit von Frauen variiert je Gebiet außerhalb der Regierungskontrolle und reicht von schwerwiegenden Kleidungs- und Verhaltensvorschriften in Gebieten extremistischer Gruppen bis hin zu formaler Gleichheit im Selbstverwaltungsgebiet der Partiya Yekîtiya Demokrat (PYD). Durch die Niederlage des sogenannten Islamischen Staats (IS) und dem Zurückgehen der Kampfhandlungen im Lauf der Zeit ist die Bevölkerung in geringerem Ausmaß den extremsten Verletzungen persönlicher gesellschaftlicher Freiheiten ausgesetzt (FH 9.3.2023). Gleichwohl haben verschiedene Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufgrund der Pandemie und der Bewegungseinschränkungen zugenommen, welche auch zur ökonomischen Ausbeutung von Frauen beitragen (UNFPA 28.3.2023).
Frühe Heiraten nehmen zu (UNFPA 28.3.2023): In Syrien lässt sich in den letzten Jahren ein sinkendes Heiratsalter von Mädchen beobachten, weil erst eine Heirat ihnen die verloren gegangene, aber notwendige rechtliche Legitimität und einen sozialen Status, d. h. den 'Schutz' eines Mannes, zurückgibt (ÖB Damaskus 1.10.2021), denn die Angst vor sexueller Gewalt und ihr Stigma könnte die Mädchen zu Ausgestoßenen machen. Überdies müssen die Eltern durch eine möglichst frühe Verheiratung ihrer Töchter nicht mehr für deren Unterhalt aufkommen. Die Verheiratung von Minderjährigen gilt als die häufigste Form von Gewalt gegen heranwachsende Mädchen. Einige Frauen und Mädchen werden auch gezwungen, die Täter, welche ihnen sexuelle Gewalt angetan haben, zu heiraten. Bei Weigerung droht Isolation, weil sie nicht zu ihren Familien zurückkehren können, bzw. kann ein 'Ehrenmord' drohen. Hintergrund ist, dass rechtliche Mittel gegen den Täter zuweilen nicht leistbar sind, und so mangels eines justiziellen Wegs die Familien keine andere Möglichkeit als eine Zwangsehe sehen (UNFPA 28.3.2023). Dieses Phänomen ist insbesondere bei IDPs (FH 9.3.2023) (und Flüchtlingen in Nachbarländern) zu verzeichnen. Das gesunkene Heiratsalter wiederum führt zu einem Kreislauf von verhinderten Bildungsmöglichkeiten, zu frühen und mit Komplikationen verbundenen Schwangerschaften und in vielen Fällen zu häuslicher und sexueller Gewalt (ÖB Damaskus 1.10.2021). Auch geschiedene oder verwitwete Frauen gelten als vulnerabel, denn sie können Druck zur Wiederverheiratung ausgesetzt sein (UNFPA 28.3.2023). Im Allgemeinen ist eine von fünf Frauen in Syrien heutzutage von sexueller Gewalt betroffen (ÖB Damaskus 1.10.2021).
Bereits vor 2011 waren Frauen aufgrund des autoritären politischen Systems und der patriarchalischen Werte in der syrischen Gesellschaft sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Häuser geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Es wird angenommen, dass konservative Bräuche, die Frauen in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle zuweisen, für viele Syrer maßgeblicher waren als das formale Recht (FH 3.3.2010). Doch selbst die formellen Gesetze legen für Frauen nicht denselben Rechtsstatus und dieselben Rechte fest wie für Männer, obwohl die Verfassung die Gleichstellung von Männern und Frauen vorsieht (USDOS 20.3.2023). Frauen werden vor allem durch das Personenstandsgesetz bezüglich Heirat, Scheidung, Sorgerecht und Erbschaft weiterhin diskriminiert (HRW 11.1.2024).
Per legem haben Männer und Frauen dieselben politische Rechte. Der Frauenanteil im syrischen Parlament liegt je nach herangezogener Quelle zwischen 11,2 und 13,2 %. Auch manche der höheren Regierungspositionen werden derzeit von Frauen besetzt. Allerdings sind sie im Allgemeinen von politischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen und haben wenig Möglichkeiten, sich inmitten der Repression durch Staat und Milizen unabhängig zu organisieren. Im kurdisch-geprägten Selbstverwaltungsgebiet werden alle Führungspositionen von einem Mann und einer Frau geteilt, während außerhalb der PYD-Strukturen die politische Autonomie für die Bevölkerung eingeschränkt ist (FH 9.3.2023).
Die Gewalt zusammen mit bedeutendem kulturellem Druck schränkt stark die Bewegungsfreiheit von Frauen in vielen Gebieten ein. Zusätzlich erlaubt das Gesetz, bestimmten männlichen Verwandten Frauen ein Reiseverbot aufzuerlegen. Bewegungseinschränkungen wurden einem UN-Bericht von Februar 2022 zufolge in 51 % der untersuchten Orte ermittelt (USDOS 20.3.2023). Obwohl erwachsene Frauen keine offizielle Genehmigung brauchen, um das Land zu verlassen, reisen viele Frauen in der Praxis nur dann ins Ausland, wenn der Ehemann oder die Familie dem zugestimmt hat (NMFA 5.2022). […]
Kinder
Das Kinderschutzgesetz, Gesetz Nr. 21 von 2021, wurde im August 2022 veröffentlicht und ist das erste seiner Art in Syrien. Es soll die Kinder schützen, versorgen und die wissenschaftliche, kulturelle, psychologische und soziale Rehabilitation aller Kinder sicherstellen. Demnach hat der syrische Staat die Pflicht, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte von Kindern zu gewährleisten (OSS 18.1.2023).
Unverändert kommt es in Syrien regelmäßig zu schwersten Verletzungen der Rechte von Kindern (AA 2.2.2024). Trotz Bemühungen der Vereinten Nationen (VN) werden noch immer Kinder für den Dienst an der Waffe rekrutiert. Für das Jahr 2022 wurden durch die VN insgesamt 1.669 Fälle dokumentiert (1.593 Jungen und 103 Mädchen). Rekrutierungen von Kindern werden, nach dem Bericht der VN, vor allem durch die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) und die assoziierten YPG/YPJ (Kurdish People’s Protection Units, Women’s Protection Units), durch die Milizen der Syrian National Army (SNA) und durch Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) vorgenommen, vereinzelt auch durch das Regime und ihm nahestehende Milizen. Die meisten Kinder seien von den verschiedenen Konfliktparteien auch im Kampf eingesetzt worden. Dazu konnten die VN für das Jahr 2022 insgesamt 711 Fälle dokumentieren, in denen Kinder getötet (307) oder verstümmelt (404) wurden. Hauptverantwortliche seien das Regime (178 Fälle), SDF (73) und SNA (47). In 364 Fällen konnte die Verantwortlichkeit nicht zugeordnet werden. Viele Kinder werden dabei durch explosive Ladungen oder Munitionsreste getötet bzw. verletzt (375). Weitere Hauptursachen sind Artillerieangriffe (217), Luftangriffe (63) und Schusswaffen (52) (AA 2.2.2024). Im Jahr 2021 wurden 301 Kinder durch syrische Regierungskräfte in Oppositionsgebieten getötet. Zwischen dem Jahr 2011 und März 2022 wurden 22,941 Kinder durch Regierungskräfte getötet (OSS 18.1.2023).
Zu weiteren Menschenrechtsverletzungen gegen Kinder zählten insbesondere die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten, Inhaftierung und Folter, Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gegen Kinder, Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser sowie die Verweigerung humanitärer Hilfsleistungen (AA 29.3.2023). 6.358 Kinder befinden sich weiterhin in Gefangenschaft oder sind in Regierungsgefängnissen 'verschwunden' worden. Im Jahr 2021 wurden 48 neue Inhaftierungen von Kindern durch Regierungskräfte verzeichnet (OSS 18.1.2023). Für das Jahr 2022 dokumentierte SNHR willkürlicher oder unrechtmäßiger Verhaftungen von 148 Kindern (AA 29.3.2023).
Die Anzahl der Kinder unter den Binnenvertriebenen wächst weiterhin - mit Stand Februar 2022 2,4 Millionen Kinder, von denen ungefähr eine Million in Ansiedlungen und Lagern lebte (USDOS 20.3.2023) […]
Bildung und Schulen
Laut dem Kinderschutzgesetz haben Kinder ein Recht auf Bildung (OSS 18.1.2023). Für alle Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren besteht Schulpflicht. Der Anteil an Einschulungen, Unterrichtsteilnahme und Schulabschlüssen war zwischen Buben und Mädchen vergleichbar (USDOS 20.3.2023).
Mindestens 2,4 Millionen von 6,1 Millionen Kindern in Schulalter gingen 2022 in Syrien nicht zur Schule und eine von drei Schulen war beschädigt, zerstört oder wurde zweckentfremdet genutzt - auch für militärische Zwecke (HRW 12.1.2023). Kombattanten aller Seiten greifen regelmäßig Schulen an oder requirierten die Schulgebäude (FH 9.3.2023, zu besonderen Sicherheitsherausforderungen für Mädchen vgl. UNFPA 28.3.2023). SNHR’ verzeichnete im Jahr 2022 mindestens zwei Angriffe auf Bildungseinrichtungen (Schulen, Kindergärten) in Idlib durch Regierungskräfte. Im Jahr 2021 waren es 13 Angriffe gewesen (SNHR 17.1.2023).Mindestens 2,4 Millionen von 6,1 Millionen Kindern in Schulalter gingen 2022 in Syrien nicht zur Schule und eine von drei Schulen war beschädigt, zerstört oder wurde zweckentfremdet genutzt - auch für militärische Zwecke (HRW 12.1.2023). Kombattanten aller Seiten greifen regelmäßig Schulen an oder requirierten die Schulgebäude (FH 9.3.2023, zu besonderen Sicherheitsherausforderungen für Mädchen vergleiche UNFPA 28.3.2023). SNHR’ verzeichnete im Jahr 2022 mindestens zwei Angriffe auf Bildungseinrichtungen (Schulen, Kindergärten) in Idlib durch Regierungskräfte. Im Jahr 2021 waren es 13 Angriffe gewesen (SNHR 17.1.2023).
Wiederholte Angriffe auf Schulen, ökonomische Faktoren wie Kinderarbeit, die Rekrutierung von Buben für militärische Aufgaben und die Inhaftierung von Kindern behindern weiterhin die Möglichkeiten von Kindern, eine Ausbildung zu erhalten. Außerdem benötigen viele Schulen massive Reparaturarbeiten, einschließlich der Räumung von nicht-detonierten Explosivstoffen des Krieges. Überdies brauchen die Schulen Hilfe bei der Beschaffung einer Basisausstattung mit Lernmaterialien (USDOS 20.3.2023), darunter auch die wiedereröffneten Schulen in zuvor vom sogenannten Islamischen Staat (IS) gehaltenen Gebieten, die von den Syrian Democratic Forces erobert wurden (USDOS 30.3.2021).
Laut UNOCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) kommt in Idlib, dem Gebiet anhaltender bewaffneter Zusammenstöße, ein funktionierender Klassenraum auf 178 Schulkinder. Viele Schulen bedürfen dort großer Reparaturen, manchmal auch der Entfernung nicht-detonierter Explosivstoffe. Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) zwingt ihre Interpretation der Scharia den Schulen auf, und diskriminiert Mädchen im HTS-Gebiet. Im September 2022 wurde den Aussagen von SchuldirektorInnen zufolge verheirateten Studentinnen der Besuch von öffentlichen Schulen und Universitäten untersagt. HTS auferlegt zudem Lehrerinnen und Schülerinnen Kleidervorschriften, wo es den Mädchen erlaubt, weiterhin zur Schule zu gehen. Große Zahlen von Mädchen werden durch HTS am Schulbesuch gehindert (USDOS 20.3.2023).
Neben dem Bombardieren von Bildungseinrichtungen in Gebieten außerhalb seiner Kontrolle und dem Gebrauch einer Anzahl an Bildungseinrichtungen für militärische Zwecke wird auch der Lehrplan für Regimezwecke eingesetzt, sodass die Lehrinhalte die Assad-Herrschaft unterstützen. So sind die Schulkinder automatisch in zwei politischen Organisationen eingeschrieben und müssen in öffentlichen Schulen jeden Tag die Parteislogans rezitieren, und werden in den Aussagen des Regimes unterrichtet (SNHR 17.1.2023). Auch militante islamistische Gruppen und die PYD (Kurdish Democratic Union Party) haben Bildungssysteme in ihren jeweiligen Gebieten eingerichtet, die eine durchdringende politische Indoktrinierung beinhalten (FH 9.3.2023). Im letzteren Fall werden von den Syrian Democratic Forces Strafen gegen MitarbeiterInnen der Schulverwaltung verhängt, wenn diese nicht ihren (PYD-)Lehrplan verwenden (USDOS 20.3.2023).
1.2. Zur Person der BF und ihren Fluchtgründen:
1.2.1. Die minderjährige BF ist syrische Staatsangehörige, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Araber an. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Sie wurde am XXXX in Al-Yarmouk am südlichen Stadtrand der syrischen Hauptstadt Damaskus geboren und ist daher im Entscheidungszeitpunkt knapp 13 Jahre alt. Die BF lebte bis zu ihrer Ausreise aus Syrien in der Stadt XXXX , Provinz Damaskus Umgebung, die rund sechs Kilometer südwestlich der Hauptstadt Damaskus liegt.1.2.1. Die minderjährige BF ist syrische Staatsangehörige, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Araber an. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Sie wurde am römisch 40 in Al-Yarmouk am südlichen Stadtrand der syrischen Hauptstadt Damaskus geboren und ist daher im Entscheidungszeitpunkt knapp 13 Jahre alt. Die BF lebte bis zu ihrer Ausreise aus Syrien in der Stadt römisch 40 , Provinz Damaskus Umgebung, die rund sechs Kilometer südwestlich der Hauptstadt Damaskus liegt.
1.2.2. Ihre Kernfamilie (Mutter, Großmutter vs, ein Onkel vs und eine Tante) lebt weiterhin im Herkunftsort, ein Onkel vs – der als Maler und Anstreicher selbstständig tätig ist – kommt für deren Lebensunterhalt auf. Weitere Angehörige (ein weiterer Onkel vs und zwei Tanten ms) leben ebenfalls in Syrien. In Österreich leben zwei Onkel der BF, die BF lebt aber bei keinem von ihnen.
1.2.3. Die Herkunftsregion der BF, XXXX , befindet sich unter Kontrolle der syrischen Regierung/Armee und wurde während des syrischen Bürgerkrieges durchgehend von der syrischen Regierung/Armee kontrolliert. In umliegenden Dörfern im Süden von Damaskus waren in den Jahren 2016 und 2017 oppositionelle Kräfte präsent. 1.2.3. Die Herkunftsregion der BF, römisch 40 , befindet sich unter Kontrolle der syrischen Regierung/Armee und wurde während des syrischen Bürgerkrieges durchgehend von der syrischen Regierung/Armee kontrolliert. In umliegenden Dörfern im Süden von Damaskus waren in den Jahren 2016 und 2017 oppositionelle Kräfte präsent.
1.2.4. Es ist nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der BF wegen regimekritischer Haltung und Demonstrationsteilnahme von Familienangehörigen vs selbst eine oppositionelle politische Gesinnung vonseiten des syrischen Regimes unterstellt wird.
1.2.5. Der BF droht nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung wegen einer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder oder aufgrund ihres Geschlechts und/oder als alleinstehendes Mädchen.
1.2.6. Der BF droht aufgrund ihrer Ausreise oder der Asylantragstellung nicht die Gefahr der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt. Ebenso wenig droht ihr aufgrund der Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung durch die syrische Regierung/Armee.
1.2.7. Auch sonst ist die BF nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten aktuellen Länderberichte. Da diese auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
2.2. Zur Person der BF und ihren Fluchtgründen:
Im Hinblick darauf, dass es sich bei der BF um eine unbegleitete minderjährige Asylwerberin handelt, die das fluchtauslösende Ereignis als Minderjährige erlebt hat, bedarf es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit einer besonders sorgfältigen Beweiswürdigung. Die Dichte des Vorbringens von Minderjährigen darf nicht mit „normalen Maßstäben“ gemessen werden. Es muss sich aus der Entscheidung erkennen lassen, dass solche Umstände in die Beweiswürdigung Eingang gefunden haben und dass darauf Bedacht genommen wurde, aus welchem Blickwinkel die Schilderung der Fluchtgeschichte erfolgte (vgl. VwGH 24.08.2023, Ra 2023/19/0123; 24.01.2023, Ra 2022/19/0149). Im Hinblick darauf, dass es sich bei der BF um eine unbegleitete minderjährige Asylwerberin handelt, die das fluchtauslösende Ereignis als Minderjährige erlebt hat, bedarf es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit einer besonders sorgfältigen Beweiswürdigung. Die Dichte des Vorbringens von Minderjährigen darf nicht mit „normalen Maßstäben“ gemessen werden. Es muss sich aus der Entscheidung erkennen lassen, dass solche Umstände in die Beweiswürdigung Eingang gefunden haben und dass darauf Bedacht genommen wurde, aus welchem Blickwinkel die Schilderung der Fluchtgeschichte erfolgte vergleiche VwGH 24.08.2023, Ra 2023/19/0123; 24.01.2023, Ra 2022/19/0149).
Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist im Rahmen der asylrechtlichen Glaubwürdigkeitsprüfung erkennbar zu berücksichtigen, wenn ein Asylwerber im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses oder seiner Einvernahmen noch minderjährig war und ist das Aussageverhalten eines Minderjährigen ist dahingehend zu würdigen, ob und welche Angaben von ihm unter Berücksichtigung seines Alters erwartet werden können. Dabei darf nicht derselbe Maßstab wie bei erwachsenen Asylwerbern angelegt werden (VfGH 11.06.2024, E241/2024; 08.06.2020, E1043/2020; Lais/Schön, Das Kindeswohl in der Rechtsprechung von VfGH und VwGH, RZ 2021, 211 [214]).
Vor dem Hintergrund des jugendlichen Alters der BF legte der erkennende Richter besonderes Augenmerk auf eine altersadäquate Befragung sowie Verhandlungsführung und das Aussageverhalten in der Verhandlung. Er konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung persönlich davon überzeugen, dass die minderjährige BF dem Verlauf der Verhandlung folgen konnte, die an sie gerichteten Fragen verstand und auf diese auch inhaltlich eingehen konnte. Aufgrund des gezeigten Aussageverhaltens entstand für den erkennenden Richter der Eindruck, dass die BF jedenfalls in der Lage war, sachbezogene Angaben zu ihrem Asylvorbringen zu machen. Dass die BF, bedingt durch ihr jugendliches Alter, generell, in der Einvernahme vor der Behörde und/oder in den mündlichen Verhandlungen nicht dazu in der Lage (gewesen) sein könnte, adäquat am Verfahren und der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken sowie gestellte Fragen vollständig und wahrheitsgetreu zu beantworten, war nicht wahrzunehmen.
Für die Feststellungen zur BF und zu ihrer (Verfolgungs-)Situation in Syrien waren vor diesem Hintergrund folgende Erwägungen maßgeblich:
2.2.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der BF, zu ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, der familiären Situation sowie zu ihrem Herkunftsort und Leben in Syrien gründen sich auf die diesbezüglich weitgehend schlüssigen und stringenten Angaben der BF vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im Wesentlichen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen der BF zu zweifeln.
2.2.2. Die Feststellung, dass sich die Kernfamilie weiterhin im Herkunftsort der BF aufhält, sowie dass in Österreich zwei Familienangehörige leben, ergeben sich aus den Angaben der BF, an denen zu zweifeln kein Grund ersichtlich ist.
2.2.3. Die aktuellen Machtverhältnisse in der Herkunftsregion der BF ergeben sich aus der Syria Live Map (abrufbar unter https://syria.liveuamap.com/) und den Angaben der BF, jene zur Kontrollsituation im bisherigen Kriegsverlauf basieren auf der Internetseite https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html und wurden diese der gesetzlichen Vertretung der BF auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgehalten, wo diese dem nicht entgegengetreten ist, sondern ihr noch in ihrer Stellungnahme vom 02.09.2024 erstattetes Vorbringen, wonach die BF selbst aus einem ehemals oppositionellen Gebiet stamme, dahingehend richtiggestellt hat, dass dies lediglich auf die um den Herkunftsort der BF umliegenden Dörfer im Süden von Damaskus zuträfe (vgl. VHP, S. 7), was so auch den Länderinformationen zu entnehmen ist und daher ebenfalls festzustellen war, nicht jedoch auf die Stadt XXXX .2.2.3. Die aktuellen Machtverhältnisse in der Herkunftsregion der BF ergeben sich aus der Syria Live Map (abrufbar unter https://syria.liveuamap.com/) und den Angaben der BF, jene zur Kontrollsituation im bisherigen Kriegsverlauf basieren auf der Internetseite https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html und wurden diese der gesetzlichen Vertretung der BF auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgehalten, wo diese dem nicht entgegengetreten ist, sondern ihr noch in ihrer Stellungnahme vom 02.09.2024 erstattetes Vorbringen, wonach die BF selbst aus einem ehemals oppositionellen Gebiet stamme, dahingehend richtiggestellt hat, dass dies lediglich auf die um den Herkunftsort der BF umliegenden Dörfer im Süden von Damaskus zuträfe vergleiche VHP, Sitzung 7), was so auch den Länderinformationen zu entnehmen ist und daher ebenfalls festzustellen war, nicht jedoch auf die Stadt römisch 40 .
2.2.4. Die Feststellung, wonach nicht maßgeblich wahrscheinlich ist, dass der BF wegen regimekritischer Haltung und Demonstrationsteilnahme von Familienangehörigen vs selbst eine oppositionelle politische Gesinnung vonseiten des syrischen Regimes unterstellt wird, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
In ihrer Erstbefragung, in der Einvernahme durch die belangte Behörde und in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts begründete die BF den Antrag auf internationalen Schutz gleichbleibend mit ihrer Angehörigeneigenschaft zu ihrem regimekritischen Vater, der verschwunden sei, bzw. der Familie vs. Die BF habe Angst gehabt, wenn sie die syrische Polizei gesehen habe, denn diese sei auch gewalttätig gegenüber Kindern gewesen – gegenüber der BF, nach deren glaubwürdiger Aussage, jedoch nicht. Die BF und ihre Mutter seien laut der BF in Syrien auch nie persönlich durch fremde Leute oder durch die syrischen Behörden belästigt oder gar bedroht (vgl. AS 59). In ihrer Erstbefragung, in der Einvernahme durch die belangte Behörde und in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts begründete die BF den Antrag auf internationalen Schutz gleichbleibend mit ihrer Angehörigeneigenschaft zu ihrem regimekritischen Vater, der verschwunden sei, bzw. der Familie vs. Die BF habe Angst gehabt, wenn sie die syrische Polizei gesehen habe, denn diese sei auch gewalttätig gegenüber Kindern gewesen – gegenüber der BF, nach deren glaubwürdiger Aussage, jedoch nicht. Die BF und ihre Mutter seien laut der BF in Syrien auch nie persönlich durch fremde Leute oder durch die syrischen Behörden belästigt oder gar bedroht vergleiche AS 59).
Nach dem Verschwinden des Vaters der BF – was nach den Angaben der BF, die sich dabei auf Erzählungen ihrer Mutter stütze (vgl. AS 59; VHP, S. 9), im Jahr 2013 passiert sei – konnte die Mutter der BF überdies selbst zur syrischen Polizei gehen, nach ihrem Ehemann fragen und lediglich ohne Informationen zu erhalten, wieder zur BF zurückzukehren. Die BF selbst konnte bis zu ihrer Ausreise im März 2023 auch die Schule im – ebenso wie der Herkunftsort der Familie – von der syrischen Regierung/Armee kontrollierten Damaskus besuchen. Im Hinblick auf sonstige Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen betreffend anderer Familienmitglieder seitens des Regimes brachte die BF zwar vor, dass ein Onkel vs, der auch mit ihrer Mutter zusammenlebe, laut dieser einmal verhaftet worden und für ca. drei Monate im Gefängnis gewesen sei, doch wisse die BF nicht, wann das gewesen sei, und ist auch nicht klar, ob dies mit der vorgebrachten oppositionellen politischen Gesinnung der Familie vs im Zusammenhang steht.Nach dem Verschwinden des Vaters der BF – was nach den Angaben der BF, die sich dabei auf Erzählungen ihrer Mutter stütze vergleiche AS 59; VHP, Sitzung 9), im Jahr 2013 passiert sei – konnte die Mutter der BF überdies selbst zur syrischen Polizei gehen, nach ihrem Ehemann fragen und lediglich ohne Informationen zu erhalten, wieder zur BF zurückzukehren. Die BF selbst konnte bis zu ihrer Ausreise im März 2023 auch die Schule im – ebenso wie der Herkunftsort der Familie – von der syrischen Regierung/Armee kontrollierten Damaskus besuchen. Im Hinblick auf sonstige Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen betreffend anderer Familienmitglieder seitens des Regimes brachte die BF zwar vor, dass ein Onkel vs, der auch mit ihrer Mutter zusammenlebe, laut dieser einmal verhaftet worden und für ca. drei Monate im Gefängnis gewesen sei, doch wisse die BF nicht, wann das gewesen sei, und ist auch nicht klar, ob dies mit der vorgebrachten oppositionellen politischen Gesinnung der Familie vs im Zusammenhang steht.
Das brutale Vorgehen des syrischen Regimes gegen tatsächliche oder als solche wahrgenommene politische Gegner und auch deren Angehörige, die – wie den Länderinformationen zu entnehmen ist – regelmäßig Opfer von willkürlichen Inhaftierungen, Folter und Schikanen gegen sie selbst und ihre Angehörigen werden, ist notorisch.
Im vorliegenden Fall jedoch, in welchem die BF eine derartige Gefährdung aufgrund des relevierten Verschwindenlassens ihres Vaters durch das syrische Regime vor mehr als einem Jahrzehnt wegen dessen oppositioneller politischer Gesinnung und der vorgebrachten Regimegegnerschaft auch weiterer Familienmitglieder vs vorgebracht hat, steht dem jedoch das Faktum entgegen, dass sowohl die Mutter der BF als Ehefrau ebenjenes präsumptiven Regimekritikers als auch die BF als dessen Tochter während dieser gesamten Zeitspanne im von der syrischen Armee kontrollierten Gebiet gelebt haben (was im Falle der Mutter der BF noch heute der Fall ist), auf die das Regime also auch zu jeder Zeit Zugriff gehabt hat, und die dennoch nie selbst festgenommen, bedroht, oder auch nur belästigt wurden.
Dabei übersieht das Bundesverwaltungsgericht auch nicht, dass die Schwelle, um von Seiten der syrischen Zentralregierung als oppositionell betrachtet zu werden, niedrig ist sowie dass Personen aus unterschiedlichen Gründen und teilweise willkürlich als regierungsfeindlich angesehen werden und gerade bei Angehörigen von tatsächlichen Regimekritikern bzw. Oppositionellen eine reale Verfolgungsgefahr bestehen kann, wenn diese bereits aufgrund ihrer familiären Verbindungen als oppositionell wahrgenommen werden.
Auf die BF bezogen liegen jedoch, wie bereits dargelegt, keine Hinweise vor, dass eine solche Verfolgungsgefahr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit droht und kann daher nicht angenommen werden, dass der BF vonseiten des syrischen Regimes eine regimekritische Haltung unterstellt wird und sie aus diesem Grund gefährdet wäre.
2.2.5. Die Feststellung, dass die BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung wegen einer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Kinder oder aufgrund ihres Geschlechts und/oder als alleinstehendes Mädchen droht, ergibt sich aufgrund folgender Erwägungen:
Wie den Länderfeststellungen zu entnehmen ist, kommt es in Syrien, auch in Regimegebieten, unverändert zu schwersten Verletzungen der Rechte von Kindern. Zu den Menschenrechtsverletzungen zählten insbesondere die Rekrutierung und der Einsatz von Kindersoldaten, Inhaftierung und Folter, Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gegen Kinder, Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser sowie die Verweigerung humanitärer Hilfsleistungen.
Auch alleinstehenden Frauen und Mädchen sind in Syrien aufgrund des Konflikts einem besonderen Risiko von (vor allem sexueller) Gewalt und Belästigung ausgesetzt.
Eine über die allgemein schlechte Situation von Kindern aufgrund des Bürgerkrieges hinausgehende Verfolgung von Kindern als soziale Gruppe lässt sich aus den oben zitierten Länderfeststellungen aber nicht entnehmen. Auch die EUAA führt in ihrem Leitfaden zu Syrien vom April 2024 aus, dass bei der individuellen Beurteilung, ob für Kinder eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, risikoerhöhende Umstände (z.B. oppositionelle Familienmitglieder, die sozioökonomische Situation, der Familienstand, das Herkunfts- oder Wohngebiet, fehlende Dokumente, die Religion, usw.) zu berücksichtigen sind. Kinder ohne einen männlichen Verwandten, der bereit und dazu in der Lage ist, sie zu unterstützen, wären besonders gefährdet (vgl. EUAA, Country Guidance: Syria, April 2024, Kapitel 4.12.1). Eine über die allgemein schlechte Situation von Kindern aufgrund des Bürgerkrieges hinausgehende Verfolgung von Kindern als soziale Gruppe lässt sich aus den oben zitierten Länderfeststellungen aber nicht entnehmen. Auch die EUAA führt in ihrem Leitfaden zu Syrien vom April 2024 aus, dass bei der individuellen Beurteilung, ob für Kinder eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, risikoerhöhende Umstände (z.B. oppositionelle Familienmitglieder, die sozioökonomische Situation, der Familienstand, das Herkunfts- oder Wohngebiet, fehlende Dokumente, die Religion, usw.) zu berücksichtigen sind. Kinder ohne einen männlichen Verwandten, der bereit und dazu in der Lage ist, sie zu unterstützen, wären besonders gefährdet vergleiche EUAA, Country Guidance: Syria, April 2024, Kapitel 4.12.1).
Die BF jedoch verfügt durch den Onkel vs, der für den Lebensunterhalt der Kernfamilie der BF aufkommt und bei der Mutter der BF lebt, über einen männlichen Verwandten, der auch die BF unterstützen kann, sowie über weitere – erwachsene – Angehörige sowohl im Herkunftsort als auch in anderen Teilen Syriens, darunter zumindest ein weiterer männlicher Verwandter. Überdies ist die – minderjährige – BF in Syrien nicht „alleinstehend“, sondern hat sie bis zuletzt im gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter und ihrem Onkel vs gelebt und ist sie mit ihrer Mutter auch nach wie vor in Kontakt, weshalb sie im – hypothetischen – Fall ihrer Rückkehr in ihren intakten Familienverbund zurückkehren könnte. Die Gefährdung der BF aufgrund ihres Alters und Geschlechts ist somit als vergleichsweise gering einzuschätzen. Auch sonstige risikoerhöhende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch seitens der BF nicht (glaubhaft) behauptet.
2.2.6. Zur Feststellung, dass der BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Ausreise oder der Asylantragstellung die Gefahr der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt und ihr ebenso wenig aufgrund der Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung durch die syrische Regierung/Armee droht, ist festzuhalten wie folgt:
Zunächst ist in diesem Kontext auf die beweiswürdigenden Erwägungen zu 2.2.3. zu verweisen, wonach die gesetzliche Vertretung der BF ihr früheres Vorbringen, dass die BF aus einem ehemals oppositionellen Gebiet stamme, in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG dahingehend richtiggestellt hat, dass lediglich mehrere um den Herkunftsort der BF umliegende Dörfer im Süden von Damaskus, nicht jedoch der Herkunftsort der BF selbst, von Gruppen, die im syrischen Bürgerkrieg zur syrischen Regierung/Armee oppositionell sind, kontrolliert werden, weshalb eine Gefährdung der BF aufgrund der Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet, von vorherein ausscheidet.
Zur vorgebrachten Gefährdung aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung im Ausland ist auszuführen, dass den getroffenen Feststellungen zur Lage in Syrien nicht entnommen werden kann, dass jedem Rückkehrer, der illegal ausgereist ist und im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird. Den Länderfeststellungen zufolge hängt die Behandlung von Menschen, die nach Syrien einreisen, stark vom Einzelfall ab, wobei es keine zuverlässigen Informationen über den Kenntnisstand der syrischen Behörden über einzelne Rückkehrende gibt. Ferner ist es schwierig, Informationen über die Situation von Rückkehrenden in Syrien zu erhalten. Doch sind die syrische Regierung und ihr Sicherheitsapparat – wie bereits ausgeführt – immer wieder gegen Personen vorgegangen, die sich abweichend oder oppositionell geäußert haben, unter anderem durch willkürliche Inhaftierung, Folter und Schikanen gegen Kritiker und ihre Angehörigen. Insbesondere für Personen, die sich in der Vergangenheit (system-)kritisch geäußert oder betätigt haben oder sich auf andere Weise das Missfallen des Regimes zugezogen haben, besteht eine besondere Gefahr, Ziel staatlicher und von Willkür geprägter Repression zu werden.
Personen, die das Land verlassen haben, werden mitunter als illoyal gegenüber ihrem Land und als Unterstützer der Opposition und/oder bewaffneter Gruppen sowie als „Verräter“ angesehen. Grundsätzlich sind Personen bei der Rückkehr nach Syrien gefährdet, wenn diesen eine Regimegegnerschaft unterstellt wird. Insbesondere für Personen, die sich in der Vergangenheit (system-)kritisch geäußert oder betätigt haben oder sich auf andere Weise das Missfallen des Regimes zugezogen haben, besteht eine besondere Gefahr, Ziel staatlicher und von Willkür geprägter Repression zu werden. Personen, die das Land verlassen haben, werden mitunter als illoyal gegenüber ihrem Land und als Unterstützer der Opposition und/oder bewaffneter Gruppen sowie als „Verräter“ angesehen. Grundsätzlich sind Personen bei der Rückkehr nach Syrien gefährdet, wenn diesen eine Regimegegnerschaft unterstellt wird. Zu als oppositionell oder regierungsfeindlich angesehenen Personen gehören einigen Quellen zufolge unter anderem medizinisches Personal, insbesondere wenn die Person diese Tätigkeit in einem von der Regierung belagerten oppositionellen Gebiet ausgeführt hat, AktivistInnen sowie JournalistInnen, welche die Regierung offen kritisieren oder Informationen oder Fotos von Geschehnissen in Syrien, wie Angriffe der Regierung, verbreitet haben, sowie allgemein Personen, die offene Kritik an der Regierung üben. Auch der Umstand, dass eine Person an einem Ort lebt oder aus einem Ort kommt, der von der Opposition kontrolliert wird oder wurde, kann das Misstrauen des Kontrollpersonals wecken.
Solche gefahrenerhöhenden Umstände liegen im Falle der – minderjährigen – BF jedoch, wie bereits unter Punkt 2.2.4. erwogen, nicht vor und wurde deshalb festgestellt, dass der BF eine oppositionelle politische Gesinnung vonseiten des syrischen Regimes unterstellt wird.
Schließlich geht aus den Länderberichten hervor, dass – wie auch in der Beschwerde dargelegt – es nach wie vor willkürliche Verhaftungen und andere Repressionen gegenüber Rückkehrenden gibt und verschiedene Quellen immer wieder von derartigen Einzelfällen berichten. Allerdings lässt sich daraus nicht ableiten, dass Rückkehrende aktuell per se als politisch oppositionell angesehen würden oder der weitaus überwiegende Teil aller Rückkehrenden systematischen Repressionen ausgesetzt wäre. Eine solche Annahme ist auch nicht aus den in der Stellungnahme vom 14.11.2023 und in der Beschwerde in diesem Zusammenhang ins Verfahren eingeführten – zum Teil nicht mehr ausreichend aktuellen – Berichten abzuleiten.
Zusammenfassend ist es daher nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der BF allein aufgrund ihrer Ausreise in Syrien Sanktionen wegen einer ihr (unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung drohen. So sind dem Leitfaden der EUAA vom April 2024 zufolge zwar auch Rückkehrer von der syrischen Regierung ins Visier genommen worden, jedoch geht die EUAA nachvollziehbar davon aus, dass der Umstand, dass eine Person Syrien verlassen hat, für si