TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/5 94/01/0537

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Veröffentlicht am 05.04.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Dezember 1993, Zl. 4.335.551/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Dezember 1993 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Mai 1992, mit dem festgestellt worden war, daß er die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen der "früheren SFRJ", der am 31. März 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 1. April 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinanderzusetzen lediglich deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß beim Beschwerdeführer der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Die belangte Behörde ging dabei von den Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Vernehmung am 3. April 1992 aus, wonach er sich vor der Einreise in das Bundesgebiet in Kroatien und Slowenien aufgehalten habe, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Kriterien der Verfolgungssicherheit kommt der Inhaltsrüge des Beschwerdeführers, der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 liege nicht vor, wenn der Asylwerber bloß kurzfristig durch einen Staat reise, weil das Ziel seiner Fluchtbeendigung Österreich gewesen sei, keine Berechtigung zu.

Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang aber auch geltend, die Behörde habe in Verletzung von bestehenden Verfahrensvorschriften Erhebungen zu den näheren Umständen seines Aufenthaltes in Kroatien und Slowenien, insbesondere zur Frage des Rückschiebeschutzes unterlassen. Wären entsprechende Feststellungen getroffen worden, hätte sich daraus ergeben, daß der Beschwerdeführer in den genannten Drittländern keinesfalls vor Verfolgung sicher gewesen sei.

Würden diese Behauptungen zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - anzunehmen sei, daß Kroatien und Slowenien, die seit dem 8. Oktober 1991 bzw. "seit dem 27. September 1991" Mitgliedstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention seien, von ihrer effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz bieten und daß davon auszugehen sei, daß "das Nonrefoulement-Recht effektiv in Geltung" stehe. Der Beschwerdeführer hat zwar seine diesbezüglichen Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen auch nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber auch im Hinblick auf das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413, die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels aufgezeigt.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994010537.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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