TE Bvwg Erkenntnis 2024/10/14 W272 2281692-2

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Veröffentlicht am 14.10.2024
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Entscheidungsdatum

14.10.2024

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
  1. AsylG 2005 § 10 heute
  2. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 10 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 10 gültig von 09.11.2007 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2007
  10. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2006 bis 08.11.2007
  1. AsylG 2005 § 57 heute
  2. AsylG 2005 § 57 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021
  3. AsylG 2005 § 57 gültig von 20.07.2015 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  6. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  7. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  10. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. BFA-VG § 9 heute
  2. BFA-VG § 9 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. BFA-VG § 9 gültig von 20.07.2015 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. BFA-VG § 9 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2013
  5. BFA-VG § 9 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 46 heute
  2. FPG § 46 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. FPG § 46 gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. FPG § 46 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. FPG § 46 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  6. FPG § 46 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  7. FPG § 46 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  8. FPG § 46 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  9. FPG § 46 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 157/2005
  10. FPG § 46 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2005
  1. FPG § 52 heute
  2. FPG § 52 gültig ab 28.12.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2019
  3. FPG § 52 gültig von 28.12.2019 bis 27.12.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2019
  4. FPG § 52 gültig von 01.11.2017 bis 27.12.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. FPG § 52 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. FPG § 52 gültig von 01.10.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2017
  7. FPG § 52 gültig von 20.07.2015 bis 30.09.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  8. FPG § 52 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  9. FPG § 52 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  10. FPG § 52 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  11. FPG § 52 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011
  1. FPG § 55 heute
  2. FPG § 55 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  3. FPG § 55 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  4. FPG § 55 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  5. FPG § 55 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  6. FPG § 55 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009

Spruch


W272 2281692-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit RUSSISCHE FÖDERATION, vertreten durch den Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2024, Zahl: XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit RUSSISCHE FÖDERATION, vertreten durch den Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2024, Zahl: römisch 40 , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Vorverfahren (vorangegangener Antrag auf internationalen Schutz):

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz

1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, reiste zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2018 in die Ukraine, wo sie bis Ende Februar gemeinsam mit ihrer Familie (mit ihrem geschiedenen Ehemann, volljährigen Tochter, Schwiegersohn und fünf Enkelkinder) legal gelebt habe. In der Folge reiste die BF gemeinsam mit ihren Familienangehörigen spätestens am 24.03.2022 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an ebendiesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, welche sie insgesamt im Wesentlichen darauf stützte, dass es die ganze Familie betreffe, wenn ein Familienmitglied Probleme habe. Sie sei wegen der Auslandsaufenthalte ihrer Kinder immer wieder polizeilich befragt worden und gehe davon aus, wegen ihrer Tochter verfolgt zu werden. Sie persönlich sei nicht verfolgt worden.

1.2. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 18.10.2023, Zl. XXXX sowie auch der Antrag ihres geschiedenen Ehegattens, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde der BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Das BFA erließ unter einem gegen die BF eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in die Russische Föderation fest (Spruchpunkt V.) und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.).1.2. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 18.10.2023, Zl. römisch 40 sowie auch der Antrag ihres geschiedenen Ehegattens, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) sowie der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde der BF nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Das BFA erließ unter einem gegen die BF eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV.), stellte die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in die Russische Föderation fest (Spruchpunkt römisch fünf.) und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt römisch VI.).

Die belangte Behörde führte hierzu zusammengefasst aus, dass die Ausführungen zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft gewesen seien bzw. diese keine Asylrelevanz hätten. Es habe keine Verfolgung im Konventionssinn glaubhaft gemacht werden können. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass der BF und ihrem geschiedenen Gatten im Falle der Rückkehr eine Verfolgung drohen würde.

1.3. Die hiergegen erhobene Beschwerde der BF und ihren geschiedenen Ehemann wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2024, XXXX und XXXX , nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen als unbegründet abgewiesen.1.3. Die hiergegen erhobene Beschwerde der BF und ihren geschiedenen Ehemann wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2024, römisch 40 und römisch 40 , nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen als unbegründet abgewiesen.

Begründet wurde dies im Erkenntnis damit, dass das Vorbringen der BF betreffend die Furcht vor Verfolgung mangels Glaubhaftmachung den Feststellungen nicht zugrunde gelegt worden sei. Es habe nicht festgestellt werden könne, dass der BF und ihrem geschiedenen Ehegatten in der Russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung drohe. Im Falle einer Verbringung der BF (sowie ihres geschiedenen Gattens) in ihren Herkunftsstaat drohe diesen kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.Begründet wurde dies im Erkenntnis damit, dass das Vorbringen der BF betreffend die Furcht vor Verfolgung mangels Glaubhaftmachung den Feststellungen nicht zugrunde gelegt worden sei. Es habe nicht festgestellt werden könne, dass der BF und ihrem geschiedenen Ehegatten in der Russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung drohe. Im Falle einer Verbringung der BF (sowie ihres geschiedenen Gattens) in ihren Herkunftsstaat drohe diesen kein reales Risiko einer Verletzung der Artikel 2, oder 3 der EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Das Erkenntnis wurde der BF am 29.02.2024 an ihre bevollmächtigte Rechtsvertretung im elektronischen Rechtsverkehr erfolgreich zugestellt und mangels erhobenen Rechtsmittel rechtskräftig.

Gegenständliches Verfahren

2. Folgeantrag auf internationalen Schutz

2.1. Am 06.08.2024 stellte die BF und ihr geschiedener Ehemann den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz, welchen sie in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag damit begründete, dass seit dem letzten Terroranschlag in Dagestan die Polizei die Hausbesuche bei ihren Verwandten verstärkt habe und sich diese nach dem Aufenthalt der BF und ihren Familienangehörigen erkundige. Ihre Kinder seien von Russland auf die internationale Fahndungsliste von Interpol gesetzt worden und seien ihre ursprünglichen Fluchtgründe weiterhin aufrecht. Die Situation habe sich verschärft, als sie aus der Ukraine nach Österreich eingereist seien. Zu diesem Zeitpunkt seien ihre Kinder auf die besagte Liste gesetzt worden und die dagestanische Polizei habe sie gesucht. Die Verwandten in Russland werden seitens der dortigen Polizei bedroht. Im Falle einer Rückkehr rechne sie mit Gefängnis oder dem Tod. Die Änderung der Situation/ihrer Fluchtgründe seien ihr seit dem letzten Terroranschlag in Dagestan vor ca. 1-2 Monaten bekannt.

2.2. Im Rahmen ihrer Einvernahme durch das BFA am 28.08.2024 gab die BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache zum Grund der Stellung eines Folgeantrages auf internationalen Schutz im Wesentlichen folgendes an (LA: Leiter der Amtshandlung; VP: BF):

„(…) LA: Sie haben bereits am 24.03.2022, unter der Zahl XXXX , einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig am 01.03.2024 in II. Instanz abgewiesen wurde. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?„(…) LA: Sie haben bereits am 24.03.2022, unter der Zahl römisch 40 , einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig am 01.03.2024 in römisch II. Instanz abgewiesen wurde. Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

VP: Meine Fluchtgründe sind noch aufrecht. Es gab vor Kurzem einen terroristischen Akt in Dagestan und die Behörde haben sich bei unseren Verwandten wieder gemeldet. Sie wollten wissen, warum wir im Ausland sind und ob wir etwas mit dem terroristischen Anschlag zu tun haben. Weiters noch wurde ein Strafverfahren gegen meinen Sohn eröffnet. Sie sagten auch, dass wir unseren Kindern immer Geld überwiesen haben und das hat den Anschein, dass wir Terroristen finanzieren.

LA: Wann wurde das Strafverfahren gegen Ihren Sohn eröffnet?

VP: Unsere Rechtsanwältin hat gesagt, dass es nach dem terroristischen Anschlag in Dagestan war. Dort ist sein Bild ausgehängt.

LA: Wann und wo war der Anschlag?

VP: Vor ca. 2 Monaten. So genau kann ich das Datum nicht sagen. Das war in XXXX und XXXX im Zentrum.VP: Vor ca. 2 Monaten. So genau kann ich das Datum nicht sagen. Das war in römisch 40 und römisch 40 im Zentrum.

LA: Wo befindet sich Ihr Sohn?

VP: In der Türkei in Istanbul. Er lebt mit seiner Familie dort. Nachgefragt gebe ich an, dass er seit 2012 in Istanbul lebt. Im Jahr 2005 ist er nach Ägypten ausgereist.

LA: Haben Sie Beweise für Ihre Behauptung, dass ein Strafverfahren gegen Ihren Sohn, der in der Türkei lebt, eröffnet wurde?

VP: Ja. Mein Ex-Mann hat das am Handy.

LA: Um welchen Beweis handelt es sich?

VP: Das kommt von der Rechtsanwältin. Ich weiß nicht, was es ist.

LA: Seit wann ist Ihr Ex-Mann im Besitz dieses Beweises?

VP: Seit gestern.

LA: Geht es dabei um Ihren Fluchtgrund aus dem Vorverfahren bzw. bezieht sich dieser Beweis auf die Fluchtgründe, die Sie bereits in Ihren Vorverfahren genannt haben?

VP: Ja, aber jetzt wird mein Sohn nach dem Terrorakt gesucht.

LA: Werden Sie in den Beweismitteln, die Ihr Ex-Mann hat, namentlich erwähnt?

VP: Gegen mich gibt es kein Strafverfahren.

LA: Über Ihren Fluchtgrund wurde aber schon mehrmals rechtskräftig in II. Instanz entschieden. Was sagen Sie dazu?LA: Über Ihren Fluchtgrund wurde aber schon mehrmals rechtskräftig in römisch II. Instanz entschieden. Was sagen Sie dazu?

VP: Wir haben ehrlich erzählt, wie das ist. Ich verstehe nicht, warum uns nicht geglaubt wurde.

LA: Haben Sie sonstige neue Gründe?

VP: Nein.

LA: Sind das alle Ihre Fluchtgründe?

VP: Ja.

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Wir können ins Gefängnis kommen oder umgebracht werden. Bei uns ist alles möglich.“

Die BF legte keine neuen Unterlagen vor, aber wurden vom geschiedenen Ehegatten im Zuge seiner Einvernahme zwei Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10.02.2023 sowie vom 24.10.2023 hinsichtlich der – im Wesentlichen mit den aktuellen geopolitischen Gegebenheiten begründeten – Versagung der Auslieferung der Tochter und des Schwiegersohnes an die russischen Behörden wegen des Vorwurfs der Beteiligung an den Aktivitäten der Terrororganisation „Islamischer Staat“, zwei Schreiben von INTERPOL vom 17.01.2020 und vom 20.01.2020 hinsichtlich der Löschung von Fahndungsdaten eines weiteren Schwiegersohns, ein in Russisch gehaltenes Schreiben vom 08.07.2022 des Rechtsanwaltes einer weiteren Schwiegertochter an die russischen Strafbehörden hinsichtlich eines gegen diese laufenden Strafverfahrens wegen Beteiligung an den Aktivitäten der Terrororganisation „Islamischer Staat“ sowie Identitätsunterlagen vorgelegt. Desweiteren sandte der geschiedene Gatte der BF per E-Mail die im Rahmen der Einvernahme erwähnten drei in Russisch gehaltene, undatierte Schreiben einer russischen Rechtsanwältin vor, wonach a.) am 10.01.2022 gegen die Schwiegertochter ein Strafverfahren wegen Verletzung des Art. 205.5 Teil 2 und Art. 208 Teil 2 des russischen Strafgesetzbuches eingeleitet worden sei, wobei das Verfahren wegen Abwesenheit der Genannten unterbrochen worden sei, b.) im Jahr 2022 gegen einen Sohn ein Strafverfahren wegen Verletzung der Art. 205 und 208 des russischen Strafgesetzbuches eingeleitet worden sei und dieser gesucht werde, und c.) der geschiedenen Ehemann der BF selbst als Extremist registriert sei, nicht gesucht werde und kein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei.Die BF legte keine neuen Unterlagen vor, aber wurden vom geschiedenen Ehegatten im Zuge seiner Einvernahme zwei Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10.02.2023 sowie vom 24.10.2023 hinsichtlich der – im Wesentlichen mit den aktuellen geopolitischen Gegebenheiten begründeten – Versagung der Auslieferung der Tochter und des Schwiegersohnes an die russischen Behörden wegen des Vorwurfs der Beteiligung an den Aktivitäten der Terrororganisation „Islamischer Staat“, zwei Schreiben von INTERPOL vom 17.01.2020 und vom 20.01.2020 hinsichtlich der Löschung von Fahndungsdaten eines weiteren Schwiegersohns, ein in Russisch gehaltenes Schreiben vom 08.07.2022 des Rechtsanwaltes einer weiteren Schwiegertochter an die russischen Strafbehörden hinsichtlich eines gegen diese laufenden Strafverfahrens wegen Beteiligung an den Aktivitäten der Terrororganisation „Islamischer Staat“ sowie Identitätsunterlagen vorgelegt. Desweiteren sandte der geschiedene Gatte der BF per E-Mail die im Rahmen der Einvernahme erwähnten drei in Russisch gehaltene, undatierte Schreiben einer russischen Rechtsanwältin vor, wonach a.) am 10.01.2022 gegen die Schwiegertochter ein Strafverfahren wegen Verletzung des Artikel 205 Punkt 5, Teil 2 und Artikel 208, Teil 2 des russischen Strafgesetzbuches eingeleitet worden sei, wobei das Verfahren wegen Abwesenheit der Genannten unterbrochen worden sei, b.) im Jahr 2022 gegen einen Sohn ein Strafverfahren wegen Verletzung der Artikel 205 und 208 des russischen Strafgesetzbuches eingeleitet worden sei und dieser gesucht werde, und c.) der geschiedenen Ehemann der BF selbst als Extremist registriert sei, nicht gesucht werde und kein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei.

2.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 02.09.2024 (zugestellt an den bevollmächtigten Rechtsvertreter am 24.09.2024) wies das Bundesamt den Folgeantrag der BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurück (Spruchpunkt I. und II.). Es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.) und erlies eine Rückkehrentscheidung gegen die BF (Spruchpunkt IV.), stellte die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in die Russische Föderation fest (Spruchpunkt V.) und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).2.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 02.09.2024 (zugestellt an den bevollmächtigten Rechtsvertreter am 24.09.2024) wies das Bundesamt den Folgeantrag der BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß Paragraph 68, AVG zurück (Spruchpunkt römisch eins. und römisch II.). Es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt römisch III.) und erlies eine Rückkehrentscheidung gegen die BF (Spruchpunkt römisch IV.), stellte die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in die Russische Föderation fest (Spruchpunkt römisch fünf.) und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt römisch VI.).

Das Bundesamt führte begründend zusammengefasst aus, dass das Erstasylverfahren der BF am 01.03.2024 in II. Instanz rechtskräftig abgeschlossen worden sei und alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden seine. Die BF habe im gegenständlichen Verfahren keinen Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens entstanden sei. Die BF habe sich nach wie vor auf die Rückkehrhindernisse, welche sie bereits in ihrem Vorverfahren zur Sprache gebracht habe bezogen und sei dieses Vorbringen bereits einer hinreichenden Prüfung unterzogen und als nicht glaubhaft erachtet worden. Es sei nicht feststellbar gewesen, dass die BF einer asylrelevanten individuellen Verfolgung in der Russischen Föderation ausgesetzt gewesen sei oder im Falle einer Rückkehr einer solchen ausgesetzt wäre. Der Ex-Mann der BF habe versucht seine Angaben mit Schriftstücke zu bekräftigen, aber werde er in einem betreffenden Schreiben des Falles der Schwiegertochter nicht namentlich erwähnt. Er habe nachträglich ein weiteres Schriftstück übermittelt, in dem er namentlich erwähnt werden soll, aber aus der Übersetzung gehe hervor, dass er in seinem Heimatland nicht gesucht werde und auch kein Strafverfahren gegen den Ex-Mann der BF eröffnet worden sei. Das Vorverfahren der BF sei am 01.03.2024 rechtskräftig in II. Instanz abgeschlossen und sei daher nicht nachvollziehbar, warum der Ex-Mann der BF diese Schriftstücke nicht schon im Vorverfahren vorgelegt habe, weil die Schriftstücke der russischen Rechtsanwältin mit 10.01.2022 datiert seien. Aus den vorgelegten Unterlagen sei keine konkret gegen die BF gerichtete Verfolgung ersichtlich. Die BF stützte sich vollinhaltlich auf jene Gründe ihres Erstverfahrens in Österreich und für das Bundesamt sei kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt feststellbar, sodass der Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen sei. Ebenso wenig bestehe ein schützenswertes Privat- und Familienleben der BF im Bundesgebiet. Der Abschiebung entgegenstehende Umstände seien verneint worden und eine Frist zur freiwilligen Ausreise sei aufgrund der zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG nicht vorgesehen.Das Bundesamt führte begründend zusammengefasst aus, dass das Erstasylverfahren der BF am 01.03.2024 in römisch II. Instanz rechtskräftig abgeschlossen worden sei und alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden seine. Die BF habe im gegenständlichen Verfahren keinen Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens entstanden sei. Die BF habe sich nach wie vor auf die Rückkehrhindernisse, welche sie bereits in ihrem Vorverfahren zur Sprache gebracht habe bezogen und sei dieses Vorbringen bereits einer hinreichenden Prüfung unterzogen und als nicht glaubhaft erachtet worden. Es sei nicht feststellbar gewesen, dass die BF einer asylrelevanten individuellen Verfolgung in der Russischen Föderation ausgesetzt gewesen sei oder im Falle einer Rückkehr einer solchen ausgesetzt wäre. Der Ex-Mann der BF habe versucht seine Angaben mit Schriftstücke zu bekräftigen, aber werde er in einem betreffenden Schreiben des Falles der Schwiegertochter nicht namentlich erwähnt. Er habe nachträglich ein weiteres Schriftstück übermittelt, in dem er namentlich erwähnt werden soll, aber aus der Übersetzung gehe hervor, dass er in seinem Heimatland nicht gesucht werde und auch kein Strafverfahren gegen den Ex-Mann der BF eröffnet worden sei. Das Vorverfahren der BF sei am 01.03.2024 rechtskräftig in römisch II. Instanz abgeschlossen und sei daher nicht nachvollziehbar, warum der Ex-Mann der BF diese Schriftstücke nicht schon im Vorverfahren vorgelegt habe, weil die Schriftstücke der russischen Rechtsanwältin mit 10.01.2022 datiert seien. Aus den vorgelegten Unterlagen sei keine konkret gegen die BF gerichtete Verfolgung ersichtlich. Die BF stützte sich vollinhaltlich auf jene Gründe ihres Erstverfahrens in Österreich und für das Bundesamt sei kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt feststellbar, sodass der Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen sei. Ebenso wenig bestehe ein schützenswertes Privat- und Familienleben der BF im Bundesgebiet. Der Abschiebung entgegenstehende Umstände seien verneint worden und eine Frist zur freiwilligen Ausreise sei aufgrund der zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 68, AVG nicht vorgesehen.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz vom 30.09.2024 (eingebracht am 30.09.2024) durch ihre Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in welcher die BF ihr Vorbringen im Wesentlichen wiederholte und folgerte, dass sie aufgrund der drohenden Verfolgung ihres Mannes, der wegen seines behördlichen Profils als Extremist mit der Einleitung eines Strafverfahrens zu rechnen habe sowie die treffende Gefahr mehrerer Mitglieder ihrer Familie auch sie betreffe, weil die russische Justiz im Austausch gegen die nicht ausgelieferten Teile der Familie, andere Personen der Familie unschädlich machen würde. Die von der belangten Behörde getätigte Schlussfolgerung zum Vorbringen der BF entbehre einer tragfähigen Begründung und seien Teile des Vorbringens ignoriert worden. Somit habe die belangte Behörde aufgrund von Verfahrensmängel sich der Gefahr ausgesetzt, die Sachlage in mehrfacher Hinsicht zu verkennen.

2.5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 03.10.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden der zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Vorverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einvernahme des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, den Einblick in das Verfahren des Ex-Mannes und der Einsichtnahme in die Länderinformationen werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person der BF und zum rechtskräftigen Vorverfahren:

1.1.1. Die BF ist Staatsangehörige der Russischen Föderation und gehört der Volksgruppe der Agulen sowie der sunnitisch-islamischen Glaubensrichtung an. Sie spricht dagestanische Dialekte (Agulisch und Lesgisch) sowie Russisch auf muttersprachlichen Niveau. Ihre Identität steht fest.

Die BF heiratete im Jahr 1985 einen russischen Staatsangehörigen aus der Teilrepublik Dagestan ( XXXX , geb. am XXXX ) und lebt seitdem mit ihm in einer Lebensgemeinschaft. Sie haben drei gemeinsame volljährige Kinder. Sie haben sich pro forma scheiden lassen und ihr Lebensgefährte heiratete in der Ukraine eine dort niedergelassene Kasachin zu Aufenthaltszwecken.Die BF heiratete im Jahr 1985 einen russischen Staatsangehörigen aus der Teilrepublik Dagestan ( römisch 40 , geb. am römisch 40 ) und lebt seitdem mit ihm in einer Lebensgemeinschaft. Sie haben drei gemeinsame volljährige Kinder. Sie haben sich pro forma scheiden lassen und ihr Lebensgefährte heiratete in der Ukraine eine dort niedergelassene Kasachin zu Aufenthaltszwecken.

1.1.2. Die BF wurde am XXXX in Dagestan, in XXXX geboren, wo sie 11 Jahre die Schule besuchte und danach 2-3 Jahre ein landwirtschaftliches Technikum besuchte und absolvierte. Die BF arbeitete in ihrem Herkunftsland als Angestellte einer Bank, in einer Fabrik und als Verkäuferin. Seitdem die BF 55 Jahre alt ist, bezieht sie eine Pension im Herkunftsstaat. Die BF reiste im Jahr 2018 in die Ukraine aus, wo sie auf dem Bauernhof ihres Lebensgefährten (Ex-Mann) mitgeholfen hat. Der BF ist es sowohl in der Russischen Föderation als auch in der Ukraine finanziell sehr gut gegangen.1.1.2. Die BF wurde am römisch 40 in Dagestan, in römisch 40 geboren, wo sie 11 Jahre die Schule besuchte und danach 2-3 Jahre ein landwirtschaftliches Technikum besuchte und absolvierte. Die BF arbeitete in ihrem Herkunftsland als Angestellte einer Bank, in einer Fabrik und als Verkäuferin. Seitdem die BF 55 Jahre alt ist, bezieht sie eine Pension im Herkunftsstaat. Die BF reiste im Jahr 2018 in die Ukraine aus, wo sie auf dem Bauernhof ihres Lebensgefährten (Ex-Mann) mitgeholfen hat. Der BF ist es sowohl in der Russischen Föderation als auch in der Ukraine finanziell sehr gut gegangen.

1.1.3. In der Russischen Föderation, in Dagestan leben ein Bruder und eine Schwester der BF sowie darüber hinaus über etwas 20 weitere Verwandte (Onkeln, Tanten, Nichten, Neffen, Cousins oder Cousinen). Ein Bruder der BF ist bereits verstorben und die BF steht noch mit dessen Ehefrau und Sohn, sowie mit ihren Geschwistern und Schwestern ihres Ex-Mannes in Kontakt.

Die BF ist nach ihrer Ausreise aus der Russischen Föderation im Jahr 2018 zwei Mal in die Russische Föderation zurückgereist, nämlich im Jahr 2020 für mehr als einen Monat und im Jahr 2019 oder 2020 ein weiteres Mal, weil ihre Mutter krank gewesen ist.

1.1.4. Anfang März 2022 reiste die BF aus der Ukraine kommend nach Österreich aus, wo sie – gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, einer Tochter, einem Schwiegersohn und vier Enkelkindern – am 24.03.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, welcher mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.10.2023 negativ entschieden wurde.

Gegen ihren russischen Lebensgefährten wurde – ebenso wie gegen die BF selbst – im Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2024 gemeinsam mit der Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig erklärt.

Das Bundesverwaltungsgericht traf – auszugsweise – folgende Feststellungen zum Fluchtvorbringen und einer möglichen Rückkehr der BF und ihrem Lebensgefährten (im Erkenntnis im Vorverfahren bezieht sich die BF auf BF2 und ihr Lebensgefährte auf BF1):

„1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer (BF1-BF2):

Das Vorbringen der Beschwerdeseite betreffend die Furcht der Beschwerdeführer vor Verfolgung wird den Feststellungen mangels Glaubhaftmachung nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer (BF1-BF2) in den Herkunftsstaat:

Im Falle einer Verbringung der Beschwerdeführer (BF1-BF2) in ihren Herkunftsstaat droht diesen kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.“Im Falle einer Verbringung der Beschwerdeführer (BF1-BF2) in ihren Herkunftsstaat droht diesen kein reales Risiko einer Verletzung der Artikel 2, oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958, (in Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.“

Beweiswürdigend führte das Bundesverwaltungsgericht auszugsweise zum Fluchtvorbringen sowie zu einer möglichen Rückkehr in den Herkunftsstaat der BF folgendes aus (im Erkenntnis im Vorverfahren bezieht sich die BF auf BF2 und ihr Lebensgefährte auf BF1):

„2.13. Zu den Vorbringen im Zusammenhang mit den gegenständlichen Fluchtgründen:

2.13.1. Mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer (BF1-BF2) zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat Russische Föderation vermochten diese eine asylrelevante Bedrohung nicht darzutun:

Die gegenständlich beschwerdeseitig vorgebrachte Gefährdungslage der BF1-BF2 beruht auf der Behauptung, dass der BF1 2 Mal, nämlich im Oktober 2011 und im „Frühling oder Herbst“ 2012 in Machatschkala gegen die Entführungen Unschuldiger in den Jahren 2010 und 2011 demonstriert habe, dadurch im Frühjahr und im August 2012 von der Moschee zur Polizei mitgenommen worden, befragt und wieder freigelassen worden sei. Der BF1 sei dann bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat in 2018 alle 3-4 Monate zur Befragung auf die Polizeistation geladen worden. Bei diesen Befragungen sei der BF1 lediglich zu seiner Familie, seiner Beschäftigung und zu Leuten befragt worden, welche ihm „gezeigt“ worden seien. Auch der Umstand, dass die Kinder der BF1-BF2 in Ägypten studiert hätten, habe die BF1-BF2 verdächtig gemacht. Persönliche Drohungen oder Misshandlungen habe es nicht gegeben. Die Probleme - laut BF2 - hätten begonnen, als ihre Kinder nach Ägypten gereist seien. Schon damals sei die Polizei zu ihnen nach Hause gekommen und habe nach den Kindern gefragt, vor allem, weil der Sohn der BF1-BF2 im wehrpflichtigen Alter gewesen sei. Nach der Rückkehr der BF3-BF4 hätten die Probleme der BF1-BF2 neuerlich begonnen und seien sie nicht in Ruhe gelassen worden. Wenn die BF1-BF2 ihre älteste Tochter in der Türkei besucht hätten, seien Polizisten zu ihnen nach Hause gekommen, wären vor ihrer Türe gestanden oder hätten die Türe aufgebrochen. Der BF1 sei immer wieder befragt worden, ebenso die BF2, wenn der BF1 nicht zu Hause gewesen sei. Ihren Kindern sei gedroht worden, ihnen keinen Pass mehr auszustellen. Persönlich bedroht oder misshandelt sei die BF2 jedoch auch nicht worden. Dass der BF1 zur Polizei mitgenommen worden sei und was ebendort alles geschehen sollen sei, davon wisse die BF2 nichts. Die BF2 wisse von den Demonstrationsteilnahmen des BF1, mehr jedoch nicht. Darüber hinaus werde dem BF1 vorgeworfen in der Ukraine an Kampfhandlungen gegen die Russen teilgenommen zu haben, was von den BF1-BF2 bestritten werde. Im Übrigen drohe dem BF1 bei Rückkehr in den Herkunftsstaat die Einziehung zum Reservedienst und seien die BF1-BF2 gefährdet, weil die BF3-BF4 über Interpol gesucht würden. Ihnen werde internationaler Terrorismus vorgeworfen, deshalb wären auch die BF1-BF2 gefährdet und käme der BF1 ins Gefängnis.

2.13.2. Zunächst gilt es anzumerken, dass die beschwerdeseitigen Schilderungen zum gegenständlichen Fluchtvorbringen vor der belangten Behörde in nicht unwesentlichen Aspekten vom Fluchtvorbringen der BF1-BF2 bei der Ersteinvernahme abgewichen sind bzw. weitere inhaltliche Steigerungen erfahren haben bzw. teils in sich selbst widersprüchlich waren:

[…]

Auch die BF2 vermeinte bei ihrer Erstbefragung - zunächst noch allgemein gehalten - wegen des Krieges aus der Ukraine ausgereist zu sein. Die Familie der BF2 habe den Krieg stark zu spüren bekommen, weil ziemlich viele Bomben eingeschlagen hätten. Außerdem sei es nicht leicht als Russin in der Ukraine zu leben und fürchte sie bei einer Rückkehr den Tod durch Bomben wegen des Krieges. Bei ihrer Erstbefragung hat auch die BF2 demnach keinerlei konkrete, GFK-relevante Fluchtgründe - betreffend ihren Herkunftsstaat - vorzubringen vermocht. Erstmals vor dem BFA und damit inhaltlich gesteigert, vermutete die BF2 wegen ihrer Tochter, der BF4, im Herkunftsstaat verfolgt zu werden. Der Sohn und die Tochter der BF2 hätten in Ägypten Sprachen gelernt, das sei ein ausreichender Grund, um in Dagestan verfolgt zu werden. Die BF2 sei persönlich nicht verfolgt worden, aber es betreffe die ganze Familie, wenn ein Familienmitglied Probleme habe. Die BF1-BF2 würden auch bis heute angerufen, weil sie als Russen in der Ukraine gelebt hätten und sie gegen die Ukraine sein müssten (S. 3ff des BFA-Prot.). Auch die BF2 wusste von den später behaupteten Problemen wegen ihrer Kinder, deren Sprachstudium in Ägypten und den wiederholten Anrufen bei ihrer Erstbefragung noch mit keinem Wort etwas zu berichten.Auch die BF2 vermeinte bei ihrer Erstbefragung - zunächst noch allgemein gehalten - wegen des Krieges aus der Ukraine ausgereist zu sein. Die Familie der BF2 habe den Krieg stark zu spüren bekommen, weil ziemlich viele Bomben eingeschlagen hätten. Außerdem sei es nicht leicht als Russin in der Ukraine zu leben und fürchte sie bei einer Rückkehr den Tod durch Bomben wegen des Krieges. Bei ihrer Erstbefragung hat auch die BF2 demnach keinerlei konkrete, GFK-relevante Fluchtgründe - betreffend ihren Herkunftsstaat - vorzubringen vermocht. Erstmals vor dem BFA und damit inhaltlich gesteigert, vermutete die BF2 wegen ihrer Tochter, der BF4, im Herkunftsstaat verfolgt zu werden. Der Sohn und die Tochter der BF2 hätten in Ägypten Sprachen gelernt, das sei ein ausreichender Grund, um in Dagestan verfolgt zu werden. Die BF2 sei persönlich nicht verfolgt worden, aber es betreffe die ganze Familie, wenn ein Familienmitglied Probleme habe. Die BF1-BF2 würden auch bis heute angerufen, weil sie als Russen in der Ukraine gelebt hätten und sie gegen die Ukraine sein müssten Sitzung 3ff des BFA-Prot.). Auch die BF2 wusste von den später behaupteten Problemen wegen ihrer Kinder, deren Sprachstudium in Ägypten und den wiederholten Anrufen bei ihrer Erstbefragung noch mit keinem Wort etwas zu berichten.

Vor dem Hintergrund des wiederholt inhaltlich gesteigerten Vorbringens der BF1-BF2 erweist sich dieses daher bereits als unglaubhaft.

[…]

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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