Entscheidungsdatum
14.10.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W279 2267294-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX 2003, Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2023, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN über die Beschwerde des römisch 40 , geboren am römisch 40 2003, Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2023, römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.12.2021 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 06.12.2021 wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers auf Arabisch erstbefragt. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, die Glaubensrichtung des Islam angehöre und ledig sei. Er sei am XXXX 2002, in XXXX , Syrien geboren, wobei das Geburtsdatum bei der Erstbefragung mit XXXX 2003 ermittelt wurde. Seine Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern seien in Syrien wohnhaft. Ein Bruder und vier Schwestern würden in der Türkei leben. Ein mitgereister Bruder sei in Österreich aufhältig. Er habe Syrien im Jahr 2018 in die Türkei verlassen, wo er bis im Jahr 2021 dort gelebt habe. Er habe 4 Jahre die Grundschule besucht und habe zuletzt als Landwirt gearbeitet. Die Reise von der Türkei bis Serbien sei schlepperunterstützt erfolgt, wobei er dafür € 4.500,- gezahlt habe.2. Am 06.12.2021 wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers auf Arabisch erstbefragt. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, die Glaubensrichtung des Islam angehöre und ledig sei. Er sei am römisch 40 2002, in römisch 40 , Syrien geboren, wobei das Geburtsdatum bei der Erstbefragung mit römisch 40 2003 ermittelt wurde. Seine Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern seien in Syrien wohnhaft. Ein Bruder und vier Schwestern würden in der Türkei leben. Ein mitgereister Bruder sei in Österreich aufhältig. Er habe Syrien im Jahr 2018 in die Türkei verlassen, wo er bis im Jahr 2021 dort gelebt habe. Er habe 4 Jahre die Grundschule besucht und habe zuletzt als Landwirt gearbeitet. Die Reise von der Türkei bis Serbien sei schlepperunterstützt erfolgt, wobei er dafür € 4.500,- gezahlt habe.
Als Fluchtgrund gab er an, dass in Syrien Krieg herrsche und die kurdische Miliz ihn rekrutieren wolle. Er wolle nicht kämpfen.
3. Am 26.04.2022 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) in Anwesenheit eines Dolmetschers seiner Muttersprache niederschriftlich einvernommen. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, der sunnitischer Glaubensrichtung des Islam angehöre, ledig und kinderlos sei. Er sei am XXXX 2003, in XXXX (auch XXXX ), Syrien geboren worden. Seine Muttersprache sei Arabisch. In Syrien habe er zuletzt in XXXX (auch XXXX ) gelebt. Seine Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern seien in Syrien wohnhaft. Ein Bruder und vier Schwestern würden in der Türkei leben. Ein mitgereister Bruder sei in Österreich aufhältig. Er habe drei Jahre die Grundschule besucht und habe in Syrien auf der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet sowie in der Türkei ebenso in der Landwirtschaft auf einer Gemüseplantage gearbeitet. Er habe Syrien 2018 verlassen und habe bis im Jahr 2021 in der Türkei gelebt. Er habe Syrien bevor er in das Militäralter gekommen sei, verlassen, um sicher zu sein, dass er nicht zum Militär gehen müsse. Er habe noch kein Militärbuch erhalten, weil er bei seiner Ausreise erst 15 Jahre alt gewesen sei. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, dass er sofort inhaftiert werde, da er als Verräter betrachtet werde, weil er seine Wehrpflicht noch nicht erfüllt habe. Es drohe ihm auch seitens der Kurden eine Rekrutierung. Eine Befreiungsgebühr bezahle man an das syrische Militär. Er hätte sich so zwar vom syrischen Militärdienst befreien können, aber nicht von den Kurden.3. Am 26.04.2022 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) in Anwesenheit eines Dolmetschers seiner Muttersprache niederschriftlich einvernommen. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, der sunnitischer Glaubensrichtung des Islam angehöre, ledig und kinderlos sei. Er sei am römisch 40 2003, in römisch 40 (auch römisch 40 ), Syrien geboren worden. Seine Muttersprache sei Arabisch. In Syrien habe er zuletzt in römisch 40 (auch römisch 40 ) gelebt. Seine Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern seien in Syrien wohnhaft. Ein Bruder und vier Schwestern würden in der Türkei leben. Ein mitgereister Bruder sei in Österreich aufhältig. Er habe drei Jahre die Grundschule besucht und habe in Syrien auf der familieneigenen Landwirtschaft gearbeitet sowie in der Türkei ebenso in der Landwirtschaft auf einer Gemüseplantage gearbeitet. Er habe Syrien 2018 verlassen und habe bis im Jahr 2021 in der Türkei gelebt. Er habe Syrien bevor er in das Militäralter gekommen sei, verlassen, um sicher zu sein, dass er nicht zum Militär gehen müsse. Er habe noch kein Militärbuch erhalten, weil er bei seiner Ausreise erst 15 Jahre alt gewesen sei. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, dass er sofort inhaftiert werde, da er als Verräter betrachtet werde, weil er seine Wehrpflicht noch nicht erfüllt habe. Es drohe ihm auch seitens der Kurden eine Rekrutierung. Eine Befreiungsgebühr bezahle man an das syrische Militär. Er hätte sich so zwar vom syrischen Militärdienst befreien können, aber nicht von den Kurden.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß § 8 Abs 1 AsylG der Status als subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Heimatregion des Beschwerdeführers unter kurdischer Kontrolle stehe, daher könne davon ausgegangen werden, dass er dort nicht in Berührung mit dem syrischen Regime komme. Es fehle dort der Zugriff des syrischen Regimes auf die Administration und die davon betroffenen Personen. Mangels Kontrolle des syrischen Regimes laufe der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Heimatregion weder Gefahr vom syrischen Regime zum Militärdienst einberufen zu werden und eingezogen zu werden, noch Verfolgungshandlungen durch syrische Behörden aufgrund einer allfälligen Wehrdienstverweigerung ausgesetzt zu sein. Die Heimatregion wäre über die Grenzübergänge Semalka – Faysh Khabur oder Bab al-Hawa erreichbar ohne Kontakt zu staatlichen Institutionen. Es sei nicht mit maßgebender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seine Heimatregion seitens der SDF zum Wehrdienst einberufen werde. Auch eine tatsächliche Einberufung zum Militärdienst für die kurdische SDF würde jedoch keine asylrelevante Verfolgung darstellen. 4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG der Status als subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Heimatregion des Beschwerdeführers unter kurdischer Kontrolle stehe, daher könne davon ausgegangen werden, dass er dort nicht in Berührung mit dem syrischen Regime komme. Es fehle dort der Zugriff des syrischen Regimes auf die Administration und die davon betroffenen Personen. Mangels Kontrolle des syrischen Regimes laufe der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Heimatregion weder Gefahr vom syrischen Regime zum Militärdienst einberufen zu werden und eingezogen zu werden, noch Verfolgungshandlungen durch syrische Behörden aufgrund einer allfälligen Wehrdienstverweigerung ausgesetzt zu sein. Die Heimatregion wäre über die Grenzübergänge Semalka – Faysh Khabur oder Bab al-Hawa erreichbar ohne Kontakt zu staatlichen Institutionen. Es sei nicht mit maßgebender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seine Heimatregion seitens der SDF zum Wehrdienst einberufen werde. Auch eine tatsächliche Einberufung zum Militärdienst für die kurdische SDF würde jedoch keine asylrelevante Verfolgung darstellen.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die BBU GmbH, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor, dass er aus XXXX (auch XXXX ) stamme. Er habe Syrien aufgrund des Krieges und wegen dem bevorstehenden Militärdienst verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer aufgrund einer Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime oder durch die Kurden getötet zu werden bzw. jemand anderen töten zu müssen. Zudem fürchte er aufgrund seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung in Österreich und seiner zumindest unterstellten oppositionellen Einstellung asylrelevante Verfolgung. Es bestehe zwar grundsätzlich die Möglichkeit vom Irak aus über den Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur nach Syrien einzureisen, allerdings sei jedoch eine Ausstellung einer sogenannten Expat-Karte Voraussetzung, welche in den SDF kontrollierten Gebieten vor Ort persönlich besantragt werden müsse, daher sei es nicht möglich, dass Syrer außerhalb der SDF-Gebiete mit syrischen Reisedokumenten aus Europa direkt einreisen könnten. Auch eine Einreise über den Grenzübergang Bab al-Hawa scheide entgegen der Ansicht der belangten Behörde aus, da dem Länderinformationsblatt zufolge die Grenzen zum Teil für den Personenverkehr geschlossen seien bzw. ohne Vorankündigung kurzfristig geschlossen werden können.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die BBU GmbH, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor, dass er aus römisch 40 (auch römisch 40 ) stamme. Er habe Syrien aufgrund des Krieges und wegen dem bevorstehenden Militärdienst verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer aufgrund einer Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime oder durch die Kurden getötet zu werden bzw. jemand anderen töten zu müssen. Zudem fürchte er aufgrund seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung in Österreich und seiner zumindest unterstellten oppositionellen Einstellung asylrelevante Verfolgung. Es bestehe zwar grundsätzlich die Möglichkeit vom Irak aus über den Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur nach Syrien einzureisen, allerdings sei jedoch eine Ausstellung einer sogenannten Expat-Karte Voraussetzung, welche in den SDF kontrollierten Gebieten vor Ort persönlich besantragt werden müsse, daher sei es nicht möglich, dass Syrer außerhalb der SDF-Gebiete mit syrischen Reisedokumenten aus Europa direkt einreisen könnten. Auch eine Einreise über den Grenzübergang Bab al-Hawa scheide entgegen der Ansicht der belangten Behörde aus, da dem Länderinformationsblatt zufolge die Grenzen zum Teil für den Personenverkehr geschlossen seien bzw. ohne Vorankündigung kurzfristig geschlossen werden können.
6. Mit Schreiben vom 30.07.2024 übermittelte der vertretene Beschwerdeführer eine Stellungnahme. Zusammengefasst brachte er in dieser vor, dass er aus dem Dorf XXXX , ca. 9 km von XXXX (auch XXXX ) entfernt, stamme. Das syrische Regime befinde sich im Umfeld von XXXX (auch XXXX ) und daher drohe dem Beschwerdeführer eine Verfolgung seitens des syrischen Regimes. 6. Mit Schreiben vom 30.07.2024 übermittelte der vertretene Beschwerdeführer eine Stellungnahme. Zusammengefasst brachte er in dieser vor, dass er aus dem Dorf römisch 40 , ca. 9 km von römisch 40 (auch römisch 40 ) entfernt, stamme. Das syrische Regime befinde sich im Umfeld von römisch 40 (auch römisch 40 ) und daher drohe dem Beschwerdeführer eine Verfolgung seitens des syrischen Regimes.
7. Am 07.08.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den zugrundeliegenden Verwaltungsakt, insbesondere durch Einsicht in die im Verfahren vorgelegten Dokumente, Unterlagen und Befragungsprotokolle, Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Einsicht in die ins Verfahren eingebrachten Länderberichte, in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und bei der Auskunftserteilung an Justiz- und Verwaltungsbehörden WEB-Anwendung.
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX 2003. Die Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, Volksgruppenangehöriger der Araber, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, ledig und kinderlos. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch und aber er spricht auch Türkisch. Er hat in Syrien die Grundschule bis zur dritten Klasse besucht. In Syrien hat er nicht gearbeitet, weil er noch jung war. In der Türkei war er in der Landwirtschaft tätig.Der Beschwerdeführer trägt den Namen römisch 40 und führt das Geburtsdatum römisch 40 2003. Die Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, Volksgruppenangehöriger der Araber, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, ledig und kinderlos. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch und aber er spricht auch Türkisch. Er hat in Syrien die Grundschule bis zur dritten Klasse besucht. In Syrien hat er nicht gearbeitet, weil er noch jung war. In der Türkei war er in der Landwirtschaft tätig.
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Personalausweises, wobei es sich nach einer Dokumentenüberprüfung um ein Original handelt.
Seine Eltern und zwei Schwestern leben in Syrien. Eine Schwester ist im Libanon aufhältig. Drei Schwestern und ein Bruder sind in der Türkei wohnhaft. Eine Schwester und drei Brüder leben in Österreich.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist der Ort XXXX , ca. 9 km von XXXX (auch XXXX ) entfernt, im Gouvernement XXXX . Dieses steht unter der Kontrolle der Kurden, wobei das syrische Regime in der Heimatregion des Beschwerdeführers präsent ist. Der Beschwerdeführer hat Syrien im Jahr 2018 in die Türkei verlassen. In der Türkei hat er sich legal aufgehalten, allerdings auf Basis einer Duldung. Die Reise von der Türkei bis Serbien erfolgte schlepperunterstützt und hat € 4.500,- gekostet. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist der Ort römisch 40 , ca. 9 km von römisch 40 (auch römisch 40 ) entfernt, im Gouvernement römisch 40 . Dieses steht unter der Kontrolle der Kurden, wobei das syrische Regime in der Heimatregion des Beschwerdeführers präsent ist. Der Beschwerdeführer hat Syrien im Jahr 2018 in die Türkei verlassen. In der Türkei hat er sich legal aufgehalten, allerdings auf Basis einer Duldung. Die Reise von der Türkei bis Serbien erfolgte schlepperunterstützt und hat € 4.500,- gekostet.
Der Beschwerdeführer befindet sich in einem aufrechten Arbeitsverhältnis.
Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig und in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist mit seinen 21 Jahren im wehrfähigen Alter und hat seinen Wehrdienst bisher nicht abgeleistet. Er hat bislang kein Militärbuch erhalten und wurde keiner Musterung unterzogen.
Der Beschwerdeführer war in Syrien politisch nicht aktiv tätig, nicht Mitglied einer politischen Partei und ist auch sonst nicht in das Blickfeld des syrischen Regimes geraten. Der Beschwerdeführer weist auch keine glaubhaft verinnerlichte tiefgreifende politische Überzeugung gegen das syrische Regime auf oder gegen den Dienst an der Waffe auf. In diesem Zusammenhang droht ihm auch keine Verfolgung aufgrund einer Familienzugehörigkeit sowie einer daraus verbundenen zumindest unterstellten oppositionellen Gesinnung.
Der Beschwerdeführer hat auch bei den kurdischen Streitkräften keinen Wehrdienst geleistet. Es droht dem Beschwerdeführer auch keine Zwangsrekrutierung seitens der kurdischen Streitkräfte. Der Beschwerdeführer weist keine glaubhaft verinnerlichte tiefgreifende politische Überzeugung gegen eine oppositionell operierende Gruppierung auf.
Die Heimatregion des Beschwerdeführers ist über den Grenzübergang Semalka/Fishkabur erreichbar.
Dem Beschwerdeführer droht keine Verfolgung seitens einer anderen Gruppierung. Auch sonst ist der Beschwerdeführer nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
Dem Beschwerdeführer droht wegen der illegalen Ausreise oder der Asylantragstellung in Österreich keine Gefahr, bei einer Rückkehr mit der Anwendung physischer und/oder psychischer Gewalt aufgrund der Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung bedroht zu werden.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren im Wesentlichen auf nachstehenden Quellen:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Syrien, Version 11, Stand: 27.03.2024
EUAA: Country Guidance Syria, April 2024;
EUAA: Syria: Targeting of Individuals, September 2022;
EUAA: Syria: Security Situation, Oktober 2023;
UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien: Fragen des BVwG zu Rückkehrern nach Syrien, Oktober 2022;
Auswärtiges Amt, Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, März 2023;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien: Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (ergänzende AFB), Oktober 2022;
EUAA: Syria Country Focus, Oktober 2023;
COI-CMS Themenbericht der Staatendokumentation, Syrien-Grenzübergänge (Version 1), Oktober 2023;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Türkei, Ein- und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien, Oktober 2023;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen, September 2022;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion, September 2022;
ACCORD Anfragebeantwortung Syrien Wehrdienstverweigerung und Desertion, September 2022;
Anfragebeantwortungen zu Syrien: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt, Juni 2023;
Anfragebeantwortungen zu Syrien: Einberufung von Reservisten der syrischen Armee: Bedarf, Bedingungen, Alter, Dauer, Einsatzbereich, Möglichkeit des Freikaufens, Juni 2023;
Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188], September 2023;
ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeiten der syrischen Behörden in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türksichen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker:innen ermöglichen, 24.08.2023
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zu Sicherheitsquadrate in Qamischli, 22.04.2024
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zu Stammeskonflikte in al-Hasakah, 19.01.2024
Danish Immigration Service, Syria Military Service, Jänner 2024;
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: ecoi.net-Themendossier zu Syrien: Wehrdienst, Jänner 2024;
Niederländischen COI Bericht zu Syrien, August 2023;
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024:
„Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba‘ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay‘at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba‘athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba‘ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba‘ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren ‚zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel‘. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba‘ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba‘ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‚weder frei noch fair‘ und als ‚betrügerisch‘, und die Opposition nannte sie eine ‚Farce‘ (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‚weder frei noch fair‘ und als ‚betrügerisch‘, und die Opposition nannte sie eine ‚Farce‘ (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das „Volksrat“ genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba‘ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba‘ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).
Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).
Syrische Interimsregierung und syrische Heilsregierung