Entscheidungsdatum
15.10.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W177 2286243-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Volker NOWAK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom XXXX , Zahl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.07.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Volker NOWAK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 alias römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom römisch 40 , Zahl: römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.07.2024 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan erteilt.römisch II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte römisch II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan erteilt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt.römisch III. Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt.
IV. Die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.römisch IV. Die Spruchpunkte römisch III. bis römisch VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz „BF“), ein afghanischer Staatsbürger, reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag wurde er durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt. Er gab an, aus der Provinz Nangarhar zu stammen sowie paschtunischer Volksgruppenzugehörigkeit zu sein und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams anzugehören. Seine Muttersprache sei Paschtu. Er sei in acht Jahre in die Schule gegangen und habe keinen Beruf ausgeübt. Er sei ledig und habe keine Kinder. Seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester würden noch in Afghanistan, in XXXX , Provinz Logar, dem Herkunftsort des BF, leben. In Österreich oder im sonstigen Europa habe der BF keine weiteren Verwandten. Sein Heimatland habe er vor fünf Monaten zu Fuß verlassen. Er sei über Pakistan, den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen, wo er am 05.06.2023 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.römisch eins.1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz „BF“), ein afghanischer Staatsbürger, reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag wurde er durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt. Er gab an, aus der Provinz Nangarhar zu stammen sowie paschtunischer Volksgruppenzugehörigkeit zu sein und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams anzugehören. Seine Muttersprache sei Paschtu. Er sei in acht Jahre in die Schule gegangen und habe keinen Beruf ausgeübt. Er sei ledig und habe keine Kinder. Seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester würden noch in Afghanistan, in römisch 40 , Provinz Logar, dem Herkunftsort des BF, leben. In Österreich oder im sonstigen Europa habe der BF keine weiteren Verwandten. Sein Heimatland habe er vor fünf Monaten zu Fuß verlassen. Er sei über Pakistan, den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen, wo er am 05.06.2023 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass seit dem Regierungssturz die Taliban regieren würden und die Armut hoch sei. Ansonsten habe er keine weiteren Fluchtgründe. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor den Taliban.
I.1.2. Am 13.12.2023 wurde der BF vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Nach eingehender Belehrung gab der BF an, dass er gesund sei und neben Paschtu auch Dari spreche. Er habe seine Tazkira am Weg nach Europa verloren und nie einen Reisepass besessen, weshalb er kein identitätsbezeugendes Dokument vorlegen könne. Er vermeinte, bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt zu haben und regte die Änderung seines Namens an, der bei der Erstbefragung falsch protokolliert worden sei. Er sei Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Moslem. Er stamme aus dem Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Provinz Logar, wo er auch geboren worden und aufgewachsen sei. Er habe acht Jahre die Schule besucht habe und bei seinem Vater in der Landwirtschaft mitgeholfen. Er sei ledig und habe keine Kinder. Sein genaues Geburtsdatum kenne er nicht. Afghanistan habe er zu Fuß verlassen. Seine Familie habe ein Haus und ein landwirtschaftliches Grundstück beim Nachbarn gepachtet. Seine Eltern, seine drei Brüder und seine Schwester wären nach wie vor dort aufhältig. Sein Vater sei Landwirt, seine Mutter Hausfrau. Zahlreiche weitschichtige Verwandte wären ebenfalls noch in Afghanistan aufhältig. Zu seiner Familie habe er regelmäßigen Kontakt. Es gehe ihnen gut, jedoch sei die Versorgungslage schlecht. In Österreich habe er keine Verwandten. Es lebe ein Sohn einer Tante hier, zu diesem habe er nur telefonischen Kontakt gehabt. Es bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis zu ihm. Dessen Mutter habe ihn jedoch finanziell bei seiner Flucht unterstützt. In Österreich lebe er von der Grundversorgung. Sein Heimatland habe er Anfang des Jahres 2023 verlassen. Er sei in seinem Heimatland weder politisch aktiv gewesen noch habe er Probleme mit den Behörden gehabt noch habe er strafbare Handlungen begangen.römisch eins.1.2. Am 13.12.2023 wurde der BF vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Nach eingehender Belehrung gab der BF an, dass er gesund sei und neben Paschtu auch Dari spreche. Er habe seine Tazkira am Weg nach Europa verloren und nie einen Reisepass besessen, weshalb er kein identitätsbezeugendes Dokument vorlegen könne. Er vermeinte, bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt zu haben und regte die Änderung seines Namens an, der bei der Erstbefragung falsch protokolliert worden sei. Er sei Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Moslem. Er stamme aus dem Dorf römisch 40 , Distrikt römisch 40 , Provinz Logar, wo er auch geboren worden und aufgewachsen sei. Er habe acht Jahre die Schule besucht habe und bei seinem Vater in der Landwirtschaft mitgeholfen. Er sei ledig und habe keine Kinder. Sein genaues Geburtsdatum kenne er nicht. Afghanistan habe er zu Fuß verlassen. Seine Familie habe ein Haus und ein landwirtschaftliches Grundstück beim Nachbarn gepachtet. Seine Eltern, seine drei Brüder und seine Schwester wären nach wie vor dort aufhältig. Sein Vater sei Landwirt, seine Mutter Hausfrau. Zahlreiche weitschichtige Verwandte wären ebenfalls noch in Afghanistan aufhältig. Zu seiner Familie habe er regelmäßigen Kontakt. Es gehe ihnen gut, jedoch sei die Versorgungslage schlecht. In Österreich habe er keine Verwandten. Es lebe ein Sohn einer Tante hier, zu diesem habe er nur telefonischen Kontakt gehabt. Es bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis zu ihm. Dessen Mutter habe ihn jedoch finanziell bei seiner Flucht unterstützt. In Österreich lebe er von der Grundversorgung. Sein Heimatland habe er Anfang des Jahres 2023 verlassen. Er sei in seinem Heimatland weder politisch aktiv gewesen noch habe er Probleme mit den Behörden gehabt noch habe er strafbare Handlungen begangen.
Zu seinem Fluchtgrund gefragt, gab der BF an, dass es in Afghanistan keine Arbeit und kein Einkommen gegeben habe. Sein Cousin habe trotz Schulabschluss keine Arbeit gefunden. Der ausschlaggebende Grund für das Verlassen seiner Heimat sei die Armut gewesen. Eine weitere Ausbildung des BF habe sich die Familie auch nicht leisten können. Der Cousin sei einer von sieben Brüdern. Diese Familie betreibe ein Lebensmittelgeschäft. Er sei niemals persönlich bedroht worden. Im Falle einer Rückkehr befürchte er die Armut, denn er habe Angst. keine Arbeit zu finden, um sich den Lebensunterhalt sichern zu können.
Nach Vorhalt und Erörterung der Länderberichte wurde dem BF mitgeteilt, dass sein Antrag wohl in allen Spruchpunkten negativ beurteilt werde. Darauf vermeinte der BF, dass er keine Stellungnahme abgeben möchte. Danach erfolgte die wortwörtliche Rückübersetzung und der BF bestätigte, dass alles richtig aufgenommen worden wäre. Er auch über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt worden. Er habe nichts mehr hinzuzufügen und den Dolmetscher einwandfrei verstanden. Danach bestätigte er mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift.
I.1.3. Mit Bescheid vom 11.01.2024 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Ebenso wurde Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).römisch eins.1.3. Mit Bescheid vom 11.01.2024 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Ebenso wurde Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Weiters wurde gegen den BF gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Angaben des BF, dessen Identität in Ermangelung der Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten nicht festgestellt habe werden können, bezüglich seines Wohnorts, seiner familiären Verhältnissen und seinem Bildungsweg plausibel gewesen wären, sodass daran nicht zu zweifeln gewesen wäre.
Eine asylrechtlich relevante Verfolgung habe der BF nicht glaubhaft vorbringen können. Der BF habe sich ausschließlich darauf berufen, dass der BF Afghanistan aufgrund der schlechten Versorgungslage verlassen habe.
Ebenso habe der BF das Land nicht fluchtartig verlassen und die Familie habe auch keine Repressalien zu gegenwärtigen. Sämtliche Familienmitglieder und Verwandte würden nach wie vor völlig unbehelligt in Afghanistan leben und Einkünfte aus diversen arbeitenden Tätigkeiten lukrieren.
Daher habe das Vorbringen des BF in einer Gesamtschau auch keine individuelle, persönliche betreffende und glaubhaft gemachte Verfolgungshandlung beinhaltet. Daher habe nicht erkannt werden können, dass der BF aus asylrechtlich relevanten Gründen sein Heimatland verlassen habe.
Eine Gefahrenlage im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK würde beim BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auch nicht vorliegen. Es bestünde daher im Falle seiner Rückkehr auch keine reale Gefahr, die einer Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde. Eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Logar sei zumutbar. Dieser Ort stünde ihm als innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, zumal er arbeitsfähig und arbeitswillig sei und er dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Ebenfalls könnten er auf Rückkehrhilfe oder die Hilfe seiner Familie zurückgreifen. Betreffend die Rückkehrentscheidung würden die öffentlichen Interessen überwiegen.Eine Gefahrenlage im Sinne der Artikel 2 und 3 EMRK würde beim BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auch nicht vorliegen. Es bestünde daher im Falle seiner Rückkehr auch keine reale Gefahr, die einer Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde. Eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Logar sei zumutbar. Dieser Ort stünde ihm als innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, zumal er arbeitsfähig und arbeitswillig sei und er dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Ebenfalls könnten er auf Rückkehrhilfe oder die Hilfe seiner Familie zurückgreifen. Betreffend die Rückkehrentscheidung würden die öffentlichen Interessen überwiegen.
I.1.4. Mit Verfahrensanordnung vom 11.01.2024 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die BBU GmbH für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Ebenso wurde mit Verfahrensanordnung vom 11.01.2024 ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG angeordnet.römisch eins.1.4. Mit Verfahrensanordnung vom 11.01.2024 wurde dem BF gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG die BBU GmbH für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Ebenso wurde mit Verfahrensanordnung vom 11.01.2024 ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß Paragraph 52 a, Absatz 2, BFA-VG angeordnet.
I.1.5. Gegen den Bescheid des BFA richtete sich die am 02.02.2024 beim BFA eingelangte und fristgerecht durch seine rechtsfreundliche Vertretung, nunmehr die BBU GmbH, in vollem Umfang erhobene Beschwerde. In dieser wurde eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und mangelhafte Länderfeststellungen sowie eine mangelhafte Beweiswürdigung moniert. Die belangte Behörde habe es nämlich im Grundsatz der amtswegigen Wahrheitsfindung verabsäumt, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln. Bezüglich § 3 sei das Vorbringen des BF mit den Länderberichten, die vom Vorgehen gegen die Gegner des Regimes und von neuen Methoden der Taliban zur Ausfindigmachung dieser Personen berichten und in denen auch von den Konsequenzen betreffend zahlreiche Risikogruppen zu entnehmen gewesen sei, deren Situation sich durch die Machtübernahme der Taliban maßgeblich verschlechtert habe. Ebenfalls drohe ihm eine asylrechtlich relevante Verfolgung, weil er als verwestlicht angesehen werde. Hierzu reiche bereits ein Aufenthalt im Westen aus. Dem BF würde daher in Afghanistan eine asylrechtliche relevante Verfolgung drohen. In Folge einer mangelhaften Beweiswürdigung und einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung sei der bekämpfte Bescheid rechtswidrig erlassen worden.römisch eins.1.5. Gegen den Bescheid des BFA richtete sich die am 02.02.2024 beim BFA eingelangte und fristgerecht durch seine rechtsfreundliche Vertretung, nunmehr die BBU GmbH, in vollem Umfang erhobene Beschwerde. In dieser wurde eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und mangelhafte Länderfeststellungen sowie eine mangelhafte Beweiswürdigung moniert. Die belangte Behörde habe es nämlich im Grundsatz der amtswegigen Wahrheitsfindung verabsäumt, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln. Bezüglich Paragraph 3, sei das Vorbringen des BF mit den Länderberichten, die vom Vorgehen gegen die Gegner des Regimes und von neuen Methoden der Taliban zur Ausfindigmachung dieser Personen berichten und in denen auch von den Konsequenzen betreffend zahlreiche Risikogruppen zu entnehmen gewesen sei, deren Situation sich durch die Machtübernahme der Taliban maßgeblich verschlechtert habe. Ebenfalls drohe ihm eine asylrechtlich relevante Verfolgung, weil er als verwestlicht angesehen werde. Hierzu reiche bereits ein Aufenthalt im Westen aus. Dem BF würde daher in Afghanistan eine asylrechtliche relevante Verfolgung drohen. In Folge einer mangelhaften Beweiswürdigung und einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung sei der bekämpfte Bescheid rechtswidrig erlassen worden.
Ebenfalls seien die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan noch immer derart schlecht, dass dem BF eine innerstaatliche Fluchtalternative bzw. eine Niederlassung in Afghanistan nicht zumutbar sei. Daher hätte die belangte Behörde, bei ordnungsgemäßer Heranziehung der Länderberichte, dem BF zumindest den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Der BF habe sich in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes gut integriert und stelle keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, weshalb die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erklärt hätte werden müssen.
Es werde daher beantragt, dem BF Asyl zu gewähren, in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen oder die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig zu erklären sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
I.1.6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 06.02.2024, eingelangt beim BVwG am 09.02.2024, vorgelegt. Das BFA beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.römisch eins.1.6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 06.02.2024, eingelangt beim BVwG am 09.02.2024, vorgelegt. Das BFA beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.
I.1.7. Am 23.07.2024 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des BF, seiner Rechtsvertretung, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Dari statt. Das BFA als belangte Behörde verzichtete, mit Schreiben vom 19.06.2024 entschuldigt, auf eine Teilnahme an der Verhandlung.römisch eins.1.7. Am 23.07.2024 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des BF, seiner Rechtsvertretung, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Dari statt. Das BFA als belangte Behörde verzichtete, mit Schreiben vom 19.06.2024 entschuldigt, auf eine Teilnahme an der Verhandlung.
Nach der eingehenden Belehrung des BF wurde auf die Verlesung der Aktenteile verzichtet. und das bisherige Vorbringen und der Akteninhalt für den BF mündlich zusammengefasst und mit diesem die vorläufige Beurteilung der politischen und menschen-rechtlichen Situation im Herkunftsstaat erörtert. Ebenso erfolgte eine ausführliche Erörterung der Sach- und Rechtslage. Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt binnen vier Wochen (auf Antrag erstreckbar) einen Schriftsatz einzubringen, der das Vorbringen noch einmal detailliert darstellt und, allfällig vorhanden, Informationen zur Situation im Herkunftsland beifügt.
Die Rechtsvertretung des BF brachte vor, dass ein Cousin des Vaters des BF unter der gestürzten afghanischen Regierung als Polizist tätig gewesen sei. Sein Einsatzort sei XXXX , der Heimatort des BF, gewesen.Die Rechtsvertretung des BF brachte vor, dass ein Cousin des Vaters des BF unter der gestürzten afghanischen Regierung als Polizist tätig gewesen sei. Sein Einsatzort sei römisch 40 , der Heimatort des BF, gewesen.
Der BF gab an, er könne in Paschtu und Dari lesen und schreiben. Der BF könne sich noch an die Befragung/en bei der Polizei und die Einvernahme/n beim Bundesamt (BFA) erinnern und habe damals die Wahrheit gesagt. Dies würde er heute auch so wiederholen.
Die Rechtsvertretung legte Medienbericht zur Lage in Logar, welcher verlesen und als Beilage 1 zum Akt genommen wurde, vor.
Der BF gab an, dass es keine Neuigkeiten aus seiner Heimat gebe. Seine Familie lebe in der Provinz Logar. Diese bestehe aus seinen Eltern, drei Brüdern und einer Schwester. Sein Vater sei Landwirt gewesen, jedoch wären ihm die gepachteten Grundstücke weggenommen und an jemanden anderen gegeben worden. Der ältere Bruder arbeite gelegentlich. Er stehe für alle Formen von Arbeiten zur Verfügung. Sein Bruder bemühte sich etwas zu verdienen. Manchmal finde er etwas, manchmal nicht. Sonstige Unterstützung von weitschichtigen Verwandten gebe es nicht, weil es denen, nach dem Sturz der Regierung, finanziell nicht so gut gehe.
Er selbst habe keine sonstige Ausbildung sei aber bereit, überall zu arbeiten. Er habe sein Heimatland Anfang 2023 verlassen und sei gesund. Sein Heimatland habe er verlassen, weil junge Menschen in Afghanistan nicht mehr leben hätten können. Einen konkreten Anlass hätten die Taliban, die er gehasst hätte, geliefert. Unter diesen Bedingungen sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, in Afghanistan zu leben.
Er wolle in Österreich zuerst die Sprache gut beherrschen und danach eine Ausbildung erlernen sowie arbeiten. Er würde gerne Elektriker werden. Derzeit habe er einen afghanischen Freund, den er begleite. Derzeit würde ihm kein Deutschkurs geben werden, so lerne er es über Videos. Er mache bisschen Sport, in dem er an unterschiedlichen Sportgeräten im Park trainiere.
Er hasse die Taliban, weil sie ihn durchgehend terrorisiert hätten. Etwa, weil er keinen Vollbart habe oder, weil er seine Haare so geschnitten habe. Sein Cousin sei ein Polizist in Logar gewesen. Er habe das Land verlassen und sei mit seiner Familie in den Iran gegangen. Das war ca. einen Monat vor dem Sturz der Regierung. Dessen Haus in Logar hätten nur die Taliban, so wie das Grundstück, weggenommen. Er sei jedenfalls kein Dorfpolizist gewesen und er habe zwölf Jahre Dienst geleistet. Es bestehe kein Kontakt mehr zu ihm.
Danach wurde die mündliche Verhandlung geschlossen. Gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG entfiel die Verkündung der Entscheidung.Danach wurde die mündliche Verhandlung geschlossen. Gemäß Paragraph 29, Absatz 3, VwGVG entfiel die Verkündung der Entscheidung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den zugrundeliegenden Verwaltungsakt, insbesondere durch Einsicht in die im Verfahren vorgelegten Dokumente, Unterlagen und Befragungsprotokolle, Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Einsicht in die ins Verfahren eingebrachten Länderberichte, in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF führt den im Spruch angeführten Namen und ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Der BF ist der Volksgruppe der Paschtunen zugehörig und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft des Islam. Er spricht sowohl Paschtu als auch Dari.
Der BF ist in Afghanistan stammt aus Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Provinz Logar, wo er sich die meiste Zeit seines Lebens in Afghanistan aufhielt und bis zu seiner erstmaligen und legalen Ausreise aus Afghanistan lebte. Der BF hat in Afghanistan acht Jahre die Schule besucht, danach Berufserfahrung in der familieneigenen Landwirtschaft gesammelt.Der BF ist in Afghanistan stammt aus Dorf römisch 40 , Distrikt römisch 40 , Provinz Logar, wo er sich die meiste Zeit seines Lebens in Afghanistan aufhielt und bis zu seiner erstmaligen und legalen Ausreise aus Afghanistan lebte. Der BF hat in Afghanistan acht Jahre die Schule besucht, danach Berufserfahrung in der familieneigenen Landwirtschaft gesammelt.
Er reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF leidet aktuell an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung, ist gesund und arbeitsfähig.
Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester leben, so wie einige weitschichtige Verwandte, noch in Afghanistan. In Österreich oder im sonstigen Europa habe der BF, abgesehen von einem Cousin in Österreich, zum dem nur telefonischer Kontakt besteht, keine weiteren Verwandten. Anzeichen für ein sonstiges Familienleben oder ein Abhängigkeitsverhältnis zu im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigten Personen sind nicht hervorgekommen.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Nicht festgestellt werden kann, dass dem BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund einer Bedrohung aufgrund einer Bedrohung durch die Taliban konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt droht.
Nicht festgestellt werden kann, dass der BF in Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des BF in Afghanistan festgestellt werden.
Dem BF droht wegen seiner ethnisch-religiösen Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sunniten oder zur Volksgruppe der Paschtunen konkret und individuell weder physische noch psychische Gewalt in Afghanistan.
Es wird festgestellt, dass der BF als Rückkehrer mit westlicher Orientierung oder als vom Islam abgefallener Apostat in Afghanistan einer Verfolgung nicht ausgesetzt wäre. Darüber hinaus wäre der BF aufgrund seines Aufenthalts in einem europäischen Land in Afghanistan einer psychischen oder physischen Gewalt nicht ausgesetzt.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Der BF ist mit den kulturellen Gepflogenheiten und der Sprache seines Herkunftsstaates vertraut, wuchs innerhalb eines afghanischen Familienverbandes auf und wurde zum weitaus überwiegenden Teil seines Lebens innerhalb dessen sozialisiert.
Der BF ist ein junger, generell gesunder, arbeits- und selbsterhaltungsfähiger Mann und leidet an keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung, welche ein Hindernis für die Rückführung nach Afghanistan darstellen würde.
Dem BF würde jedoch bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der derzeit herrschenden allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage infolge der Machtübernahme der Taliban (im gesamten Staatsgebiet) die reale Gefahr drohen, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten. Ihm wäre es nicht möglich, im Fall einer Niederlassung Fuß zu fassen und in Afghanistan ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, zumal er auf kein tragfähiges soziales Netz zurückgreifen kann. Zu diesem Schluss ist im Zuge einer Einzelfallprüfung auszugehen, zumal die Angehörigen in Afghanistan ihre Landwirtschaft verloren haben, der Bruder des BF die Familie mit Gelegenheitsarbeiten erhalten muss und weitschichtige Verwandte die Familie des BF auch nicht unterstützen könnten.
Der BF wäre daher in der Gesamtbetrachtung aufgrund seiner individuellen Umstände und der Volatilität der Sicherheitslage bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr einer Verletzung seinen Rechte gemäß Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt. Daher ist dem BF der subsidiäre Schutz zu gewähren.Der BF wäre daher in der Gesamtbetrachtung aufgrund seiner individuellen Umstände und der Volatilität der Sicherheitslage bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr einer Verletzung seinen Rechte gemäß Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt. Daher ist dem BF der subsidiäre Schutz zu gewähren.
1.4. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Der BF hält sich seit seiner Einreise zumeist in Österreich auf, jedenfalls seit der Stellung seines Asylantrages im Juni 2023 durchgehend im Bundesgebiet auf. Er hat sich die Grundkenntnisse der deutschen Sprache angeeignet und erste Integrationsschritte gesetzt.
1.5. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers – Afghanistan:
Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
Bezogen auf die Situation des BF sind folgende Länderfeststellungen als relevant zu werten (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 10.04.2024, Version 11):
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-04-05 15:33
Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023a). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vgl. VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweise bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023).Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023a). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vergleiche VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweise bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023).
Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.8.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 7.7.2022a; vgl. REU 7.9.2021a, VOA 19.8.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 8.9.2021; vgl. DIP 4.1.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 1.6.2023a) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.6.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansässige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 1.6.2023a). Innerhalb weniger Wochen nach der Machtübernahme kündigten die Taliban "Interims"-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.8.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.8.2022; vgl. HRW 4.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge "Sittenpolizei" berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.8.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.8.2021; vgl. USDOS 12.4.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.9.2021; vgl. Guardian 20.9.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.6.2023).Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.8.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 7.7.2022a; vergleiche REU 7.9.2021a, VOA 19.8.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 8.9.2021; vergleiche DIP 4.1.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 1.6.2023a) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.6.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansässige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 1.6.2023a). Innerhalb weniger Wochen nach der Machtübernahme kündigten die Taliban "Interims"-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.8.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.8.2022; vergleiche HRW 4.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge "Sittenpolizei" berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.8.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.8.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.9.2021; vergleiche Guardian 20.9.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.6.2023).
Der Ernennung einer aus 33 Mitgliedern bestehenden geschäftsführenden Übergangsregierung im September 2021 folgten zahlreiche Neuernennungen und Umbesetzungen auf nationaler, Provinz- und Distriktebene in den folgenden Monaten, wobei Frauen weiterhin gar nicht und nicht-paschtunische Bevölkerungsgruppen nur in geringem Umfang berücksichtigt wurden (AA 26.6.2023).
Die Regierung der Taliban wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 8.9.2021; vgl. REU 7.9.2021b, Afghan Bios 18.7.2023).Die Regierung der Taliban wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 8.9.2021; vergleiche REU 7.9.2021b, Afghan Bios 18.7.2023).
Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 7.9.2021; vgl. REU 7.9.2021b, Afghan Bios 16.2.2022), der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.2.2021 unterzeichnete (AJ 7.9.2021; vgl. VOA 29.2.2020), und Abdul Salam Hanafi (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 7.7.2022b), der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 7.7.2022b; vgl. UNSC o.D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 27.11.2023; vgl. 8am 5.10.2021, UNGA 28.1.2022).Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 7.9.2021; vergleiche REU 7.9.2021b, Afghan Bios 16.2.2022), der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.2.2021 unterzeichnete (AJ 7.9.2021; vergleiche VOA 29.2.2020), und Abdul Salam Hanafi (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 7.7.2022b), der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 7.7.2022b; vergleiche UNSC o.D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 27.11.2023; vergleiche 8am 5.10.2021, UNGA 28.1.2022).
Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 4.3.2023; vgl. JF 5.11.2021) als Innenminister (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 4.3.2023) und Amir Khan Mattaqi als Außenminister (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 14.12.2023), welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 14.12.2023; vgl. UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist Mohammed Yaqoob (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 6.9.2023), dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 6.9.2023; vgl. RFE/RL 29.8.2020).Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 4.3.2023; vergleiche JF 5.11.2021) als Innenminister (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 4.3.2023) und Amir Khan Mattaqi als Außenminister (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 14.12.2023), welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 14.12.2023; vergleiche UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist Mohammed Yaqoob (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 6.9.2023), dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 6.9.2023; vergleiche RFE/RL 29.8.2020).
Sah es in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft so aus, als ob das Kabinett unter dem Vorsitz des Premierministers die Regierungspolitik bestimmen würde, wurden die Minister in großen und kleinen Fragen zunehmend vom Emir, Haibatullah Akhundzada, überstimmt (USIP 17.8.2022). Diese Dynamik wurde am 23.3.2022 öffentlich sichtbar, als der Emir in letzter Minute die lange versprochene Rückkehr der Mädchen in die Oberschule kippte (USIP 17.8.2022; vgl. RFE/RL 24.3.2022, UNGA 15.6.2022). Seitdem ist die Bildung von Mädchen und Frauen und andere umstrittene Themen ins Stocken geraten, da pragmatische Taliban-Führer dem Emir nachgeben, der sich von ultrakonservativen Taliban-Klerikern beraten lässt. Ausländische Diplomaten haben begonnen, von "duellierenden Machtzentren" zwischen den in Kabul und Kandahar ansässigen Taliban zu sprechen (USIP 17.8.2022) und es gibt auch Kritik innerhalb der Taliban, beispielsweise als im Mai 2022 ein hochrangiger Taliban-Beamter als erster die Taliban-Führung offen für ihre repressive Politik in Afghanistan kritisierte (RFE/RL 3.6.2022a). Doch der Emir und sein Kreis von Beratern und Vertrauten in Kandahar kontrollieren nicht jeden Aspekt der Regierungsführung. Mehrere Ad-hoc-Ausschüsse wurden ernannt, um die Politik zu untersuchen und einen Konsens zu finden, während andere Ausschüsse Prozesse wie die Versöhnung und die Rückkehr politischer Persönlichkeiten nach Afghanistan umsetzen. Viele politische Maßnahmen unterscheiden sich immer noch stark von einer Provinz zur anderen des Landes. Die Taliban-Beamten haben sich, wie schon während ihres Aufstands, als flexibel erwiesen, je nach den Erwartungen der lokalen Gemeinschaften. Darüber hinaus werden viele Probleme nach wie vor über persönliche Beziehungen zu einflussreichen Taliban-Figuren gelöst, unabhängig davon, ob deren offizielle Position in der Regierung für das Problem verantwortlich ist (USIP 17.8.2022).Sah es in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft so aus, als ob das Kabinett unter dem Vorsitz des Premierministers die Regierungspolitik bestimmen würde, wurden die Minister in großen und kleinen Fragen zunehmend vom Emir, Haibatullah Akhundzada, überstimmt (USIP 17.8.2022). Diese Dynamik wurde am 23.3.2022 öffentlich sichtbar, als der Emir in letzter Minute die lange versprochene Rückkehr der Mädchen in die Oberschule kippte (USIP 17.8.2022; vergleiche RFE/RL 24.3.2022, UNGA 15.6.2022). Seitdem ist die Bildung von Mädchen und Frauen und andere umstrittene Themen ins Stocken geraten, da pragmatische Taliban-Führer dem Emir nachgeben, der sich von ultrakonservativen Taliban-Klerikern beraten lässt. Ausländische Diplomaten haben begonnen, von "duellierenden Machtzentren" zwischen den in Kabul und Kandahar ansässigen Taliban zu sprechen (USIP 17.8.2022) und es gibt auch Kritik innerhalb der Taliban, beispielsweise als im Mai 2022 ein hochrangiger Taliban-Beamter als erster die Taliban-Führung offen für ihre repressive Politik in Afghanistan kritisierte (RFE/RL 3.6.2022a). Doch der Emir und sein Kreis von Beratern und Vertrauten in Kandahar kontrollieren nicht jeden Aspekt der Regierungsführung. Mehrere Ad-hoc-Ausschüsse wurden ernannt, um die Politik zu untersuchen und einen Konsens zu finden, während andere Ausschüsse Prozesse wie die Versöhnung und die Rückkehr politischer Persönlichkeiten nach Afghanistan umsetzen. Viele politische Maßnahmen unterscheiden sich immer noch stark von einer Provinz zur anderen des Landes. Die Taliban-Beamten haben sich, wie schon während ihres Aufstands, als flexibel erwiesen, je nach den Erwartungen der lokalen Gemeinschaften. Darüber hinaus werden viele Probleme nach wie vor über persönliche Beziehungen zu einflussreichen Taliban-Figuren gelöst, unabhängig davon, ob deren offizielle Position in der Regierung für das Problem verantwortlich ist (USIP 17.8.2022).
In seiner traditionellen jährlichen Botschaft zum muslimischen Feiertag Eid al-Fitr im Jahr 2023 sagte Haibatullah Akhundzada, sein Land wünsche sich positive Beziehungen zu seinen Nachbarn, den islamischen Ländern und der Welt, doch dürfe sich kein Land in deren innere Angelegenheiten einmischen. Er vermied es, direkt auf das Bildungsverbot von Mädchen und die Beschäftigungseinschränkungen von Frauen einzugehen, sagte jedoch, dass die Taliban-Regierung bedeutende Reformen in den Bereichen Kultur, Bildung, Wirtschaft, Medien und anderen Bereichen eingeleitet ha