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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §24 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Walter G in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 4. August 1994, Zl. 96-GA3BK-DWo/91, betreffend die Feststellung von Einkünften für 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Kommanditist der M und WG GmbH & Co KG (im folgenden: KG), die ihre Tätigkeit mit 1. Jänner 1988 aufgenommen hat, mit einer einbezahlten Kommanditeinlage von S 100.000,--. Das Kapitalkonto des Beschwerdeführers war zum 1. Jänner 1988 mit einem Betrag von S 1,402.459,86 ausgewiesen.
Am 10. März 1988 schlossen die Kommanditisten der KG einen "Aufnahmevertrag" mit Helmut und Barbara G; darin trat der Beschwerdeführer dem Helmut G. einen Teil seines Gesellschaftsanteiles, der S 90.000,-- der eingezahlten Kommanditeinlage von S 100.000,-- entspricht, gegen einen bei Unterfertigung des Vertrages bar bezahlten Abtretungspreis von S 450.000,-- ab. Gleichzeitig schloß der Beschwerdeführer eine Vereinbarung mit den Gesellschaftern der KG, worin sich diese (nach Ausweis der Vertragsurkunde) "verpflichten, Walter G. über dessen Aufforderung binnen 14 Tagen eine einmalige Kapitalausschüttung aus dem Unternehmen der Firma M und WG GmbH & Co KG, in Höhe jenes Betrages zu leisten, der dem Wert des Warenlagers zum Zeitpunkt der Kapitalausschüttung entspricht. Helmut G. und Gerlinde G. übernehmen hiemit zur ungeteilten Hand die persönliche und uneingeschränkte Haftung für die Auszahlung dieser Kapitalausschüttung."
Aus dem Titel dieser Vereinbarung erhielt der Beschwerdeführer am 3. April 1988 eine weitere Zahlung von S 1,900.000,--. Die Zahlung wurde auf dem Kapitalkonto des Beschwerdeführers als "Entnahme" ausgewiesen.
In der Erklärung der Einkünfte für das Jahr 1988 wurde der Anteil des Beschwerdeführers an den Einkünften mit S 298.637,-- ausgewiesen. Der Veräußerungsgewinn des Beschwerdeführers war dabei mit S 315.000,-- berücksichtigt worden. In einer Beilage zur Abgabenerklärung wurde dieser Veräußerungsgewinn durch Abzug des Nennwertes der abgetretenen Einlage von S 90.000,-- und des auf den Beschwerdeführer entfallenen Anteiles am Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1972 von S 45.000,-- von dem mit S 450.000,-- angenommenen Veräußerungserlös ermittelt.
Mit Bescheid vom 15. Jänner 1988 setzte das Finanzamt (im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte) gegenüber dem Beschwerdeführer die Einkünfte für das Jahr 1988 mit S 2,198.637,-- fest. Begründend vertrat es die Auffassung, die in der Vereinbarung vom 10. März 1988 unter Haftungsübernahme der eintretenden Gesellschafter zugesagte Zahlung von S 1,900.000,-- sei ein "verdeckter Kaufpreis" für die Abtretung des Gesellschaftsanteiles des Beschwerdeführers und daher bei der Berechnung des Veräußerungsgewinnes zu veranschlagen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung "bezüglich des Veräußerungsgewinnes", wobei er beantragte, den Gewinn aus Gewerbebetrieb mit S 298.637,-- festzustellen. Er vertrat die Auffassung, die Zahlung von S 1,900.000,-- sei bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes nicht zu veranschlagen, weil sie "lediglich die Entnahme des Verrechnungskontos darstellt".
Nach Erlassung einer die Berufung als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde
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der Berufung teilweise stattgebend - die Einkünfte des Beschwerdeführers aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1988 mit
S 2,138.637,-- fest. Begründend vertrat die belangte Behörde nach Darlegung der Verfahrensergebnisse und der Rechtslage im wesentlichen die Auffassung, bei einer Beurteilung des festgestellten Geschehens nach seinem wahren wirtschaftlichen Gehalt sei die dem Beschwerdeführer geleistete Zahlung von
S 1,900.000,-- als Teil des Veräußerungserlöses anzusehen, weil sie im Vermögen des Beschwerdeführers einen wirtschaftlichen Vorteil aus Anlaß der Veräußerung darstelle. Der Beschwerdeführer habe seinen Gesellschaftsanteil um einen
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gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebes - viel zu niedrigen Betrag von S 450.000,-- abgetreten. Die Bilanz zum 31. Dezember 1987 - bis zur Veräußerung am 10. März 1988 hätten sich nach der Behauptung des Beschwerdeführers keine wesentlichen Änderungen ergeben - weise Aktiva von S 1,962.863,85, davon Warenvorräte von
S 1,767.274,-- aus, denen an Passiva Verbindlichkeiten von
S 267.194,99, Rückstellungen von S 160.000,-- und eine Abfertigungsrücklage von S 33.209,-- gegenüberstünden. Überdies müsse das besonders günstige Mietrecht an den Geschäftsräumlichkeiten berücksichtigt werden, das offensichtlich auf die neu eintretenden Gesellschafter ohne Erhöhung des Mietzinses übergehen solle. Eine Entnahme im Sinne eines außerbetrieblich veranlaßten Wertabganges liege nicht vor; dies könnte nur dann der Fall sein, wenn der strittige Betrag dem Beschwerdeführer auch ohne Veräußerung seines Gesellschaftsanteiles zugekommen wäre. Alle Umstände sprächen gegen eine solche Annahme; die Parteien der anläßlich der Veräußerung des Gesellschaftsanteiles abgeschlossenen Vereinbarung hätten die Zahlung mit dem Wert des Warenlagers verknüpft, und die eintretenden Gesellschafter hätten die persönliche Haftung für die Zahlung übernommen. Dies sei nur aus dem Zusammenhang mit der Abtretung der Gesellschaftsanteile und den dadurch für die eintretenden Gesellschafter erlangten Vorteilen zu erklären. Bei der Zahlung handle es sich somit auf seiten des Beschwerdeführers um einen wirtschaftlichen Vorteil, der ihm aus Anlaß der Veräußerung zugekommen sei. Abweichend vom erstinstanzlichen Bescheid seien auf seiten des Beschwerdeführers Sonderbetriebsausgaben von S 60.000,-- aus dem Titel des aliquoten Anteiles an Umwandlungs- und Abtretungskosten zu berücksichtigen.
Die Beschwerde wendet sich gegen diesen Bescheid, soweit damit gegenüber dem Beschwerdeführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist. Nach Abs. 2 leg. cit. ist Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Abs. 1 Z. 1) oder den Wert des Anteiles am Betriebsverögen (Abs. 1 Z. 2) übersteigt. Dieser Gewinn ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 oder des § 5 zu ermitteln.
Die Veräußerung eines Bruchteiles eines Mitunternehmeranteiles stellt eine Veräußerung im Sinne des § 24 EStG 1972 dar (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1994, Zl. 91/14/0173).
Zum Veräußerungserlös gehören alle wirtschaftlichen Vorteile, die dem Veräußerer aus der Veräußerung erwachsen (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 24 EStG 1972, Tz 42; Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 24, Tz 63). Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes ordnet § 24 Abs. 2 EStG 1972 ausnahmslos einen Betriebsvermögensvergleich an, bei dem dem Veräußerungserlös das zu Buchwerten bewertete Betriebsvermögen bezogen auf den Zeitpunkt der Betriebs-(Anteils-)Veräußerung gegenüberzustellen ist (vgl. Quantschnigg-Schuch, aaO, Tz 64). Dies gilt für die Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles mit der Maßgabe, daß in den Betriebsvermögensvergleich die entsprechenden aliquoten Anteile einzugehen haben, die im steuerlichen Kapitalkonto des Gesellschafters dargestellt sind. Die Gewinnrealisierung tritt in jenem Zeitpunkt ein, in dem vertragsgemäß die Übertragung der Gesellschafterrechte wirksam wird (vgl. Quantschnigg-Schuch, aaO, Tz 83, 84).
Bei negativem Betriebsvermögen ist der um die Veräußerungskosten gekürzte Veräußerungserlös um das Minuskapital zu erhöhen; im Falle der Veräußerung eines Kommanditanteiles ist das Kapitalkonto bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes zu berücksichtigen (vgl. die Erkenntnisse vom 15. Jänner 1986, Zl. 84/13/0286, vom 18. November 1987, Zl. 84/13/0083, und vom 21. Februar 1990, Zl. 89/13/0050).
Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die Auffassung der belangten Behörde, bei der Zahlung von S 1,900.000,-- handle es sich um einen Teil des Veräußerungserlöses. Sie macht geltend, die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob diese "Barentnahme" mit der Vereinbarung vom 10. März 1988 in Zusammenhang stehe und aus welchen Gründen die Vertragsteile eine solche Vereinbarung getroffen hätten. Die "Entnahme eines Verrechnungskontos" könne niemals einen "zusätzlichen Veräußerungsgewinn" bedeuten.
Diesen Darlegungen ist nicht deutlich zu entnehmen, was die Beschwerde unter der "Entnahme des Verrechnungskontos" versteht; sie geht jedenfalls davon aus, daß die strittige Zahlung zu einer entsprechenden Verminderung des auf dem Kapitalkonto ausgewiesenen Wertes der Beteiligung führe. Sollten die Darlegungen der Beschwerde dahin zu verstehen sein, daß dem Beschwerdeführer eine Barzahlung in Höhe des auf dem "Verrechnungskonto" (Kapitalkonto) ausgewiesenen Betrages zugeflossen sei, wäre damit für den Standpunkt der Beschwerde nichts gewonnen. Im Verwaltungsverfahren war nicht strittig, daß es sich bei der Zahlung um die in der Vereinbarung vom 10. März 1988 bezogene "Kapitalausschüttung" handelte. Die Herkunft der für diese Zahlung verwendeten Mittel wurde - insbesondere in der Richtung, ob es sich dabei um Einlagen der eintretenden Gesellschafter, die für die Zahlung die persönliche Haftung übernommen hatten, handelte - nicht aufgeklärt. Dies ist aber im Ergebnis ohne Bedeutung; denn es ist weder zweifelhaft, daß das Privatvermögen des Beschwerdeführers um den Betrag der strittigen Zahlung vermehrt wurde, noch vermag die Beschwerde der mit den festgestellten Umständen in Einklang stehenden Auffassung der belangten Behörde, die Zahlung wäre ohne Veräußerung des Kommanditanteiles nicht geleistet worden, etwas Konkretes entgegenzusetzen.
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß für den Standpunkt der Beschwerde auch dann nichts gewonnen wäre, wenn - wie dies die Beschwerde offenbar anstrebt - dem auf den Zeitpunkt der Veräußerung bezogenen Betriebsvermögensvergleich ein um S 1,900.000,-- verminderter Buchwert des Anteiles des Beschwerdeführers zugrunde gelegt würde. Diese Betrachtungsweise führte zum selben Ergebnis wie die unten noch darzulegende, die den - nicht um den genannten Betrag verminderten - Buchwert in Höhe des Kapitalkontos dem unter Einbeziehung der strittigen Zahlung ermittelten Veräußerungserlös gegenüberstellt.
Der angefochtene Bescheid ist somit nicht rechtswidrig, soweit die belangte Behörde die strittige Zahlung als Teil des Veräußerungserlöses angesehen hat.
Die Beschwerde ist jedoch im Ergebnis im Recht, soweit sie sich gegen die von der belangten Behörde bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes angewendete Methode wendet. Die belangte Behörde beschränkte sich - der Vorgangsweise des Finanzamtes folgend - bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes darauf, den vom Beschwerdeführer erklärten Veräußerungsgewinn von S 315.000,-- um den Betrag der strittigen Zahlung von S 1,900.000,-- zu vermehren. Diese Vorgangsweise entsprach schon deshalb nicht dem Gesetz, weil für die belangte Behörde auf Grund der vom Beschwerdeführer im Rahmen der Abgabenerklärung im einzelnen dargestellten Berechnung ohne weiteres erkennbar war, daß der Beschwerdeführer den von ihm erklärten Veräußerungsgewinn nicht auf eine dem Gesetz entsprechende Weise ermittelt, nämlich den Wert des Betriebsvermögens nicht mit dem Buchwert, sondern mit dem Nominale des übertragenen Anteiles angesetzt hatte.
Bei dieser Sachlage wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, an Hand eines auf den Zeitpunkt der Übertragung der Gesellschaftsrechte bezogenen Betriebsvermögensvergleiches auf der Grundlage des zu Buchwerten bewerteten Betriebsvermögens (das - bezogen auf den Beschwerdeführer - nach Ausweis der Verwaltungsakten wenige Wochen vor der Veräußerung
S 1,402.459,86 betragen hat) einerseits und des Veräußerungserlöses von S 2,350.000,-- abzüglich der Veräußerungskosten andererseits unter Bedachtnahme auf den entsprechenden Teil des Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1972 den Veräußerungsgewinn zu ermitteln.
Der angefochtene Bescheid entspricht daher insoweit nicht dem Gesetz; er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994150194.X00Im RIS seit
20.11.2000