Entscheidungsdatum
15.04.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L532 2280099-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg WILD-NAHODIL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.09.2023, Zl. XXXX , in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.03.2024 zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg WILD-NAHODIL als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.09.2023, Zl. römisch 40 , in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.03.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (i.d.F. „BF“), ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 22.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte der BF im Zuge seiner polizeilichen Erstbefragung am selben Tag im Wesentlichen vor, er habe finanzielle Probleme, kein Geld sowie mit seinen Nachbarn gestritten und auch öfters gekämpft. Aus diesem Grund habe er Probleme mit seinen Nachbarn. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. Im Rückkehrfall drohe dem BF Armut und Streit mit den Nachbarn.
2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 27.06.2023 vor der belangten Behörde (i.d.F. „bB“ oder „Bundesamt“) einvernommen. Im Wesentlichen gab er befragt zu seinen Fluchtgründen an, sein Vater betreibe einen kleinen Supermarkt und im anliegenden Haus gäbe es einen weiteren Supermarkt, welcher von einem Türken betrieben werde. Zwischen diesen komme es öfter zu Streitigkeiten in Form eines Konkurrenzkampfes. Im Jahre 2014 und vor zwei Jahren sei es zu einer Streitigkeit gekommen, bei der die Mutter des BF am rechten Auge sowie der Besitzer des benachbarten Supermarktes am Kopf verletzt worden seien. Als die Mutter sich die Verletzung zugezogen habe, habe sich der BF am Kampf beteiligt. Die Polizei gehe nicht mit Druck gegen die Familie des Besitzers des benachbarten Supermarktes vor, weil sie Türken seien, wobei diese Familie meistens an den Streitigkeiten schuld sei. Gegenüber Angehörigen der kurdischen Ethnie, der auch die Familie des BF angehöre, gebe es überall rassistische Übergriffe. Die Polizei habe die Familie des BF nie richtig angehört. Der Sohn der Nachbarsfamilie, XXXX , habe bei der Streitigkeit in die Luft geschossen und ein Messer gezückt, als der BF seine Mutter verteidigen habe wollen. Er habe den BF töten wollen. Nach diesem Ereignis habe der BF seinen Militärdienst absolviert, wo er rassistischen Übergriffen ausgesetzt worden sei. Danach seien die Streitigkeiten mit der Familie XXXX fortgesetzt worden. Der BF habe auch Anzeige bei der Polizei erstatten wollen, wobei die Polizei ihn nicht ernst genommen habe. Der Onkel des BF, XXXX , habe dem BF eine Pistole gegeben und ihm aufgetragen, „diesen Mann“ zu erschießen. Der BF habe Angst und Panik bekommen und habe sich aus diesem Grund entschlossen, zu flüchten. Seine Mutter habe ihm die Erlaubnis und Geld hierfür gegeben.2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 27.06.2023 vor der belangten Behörde (i.d.F. „bB“ oder „Bundesamt“) einvernommen. Im Wesentlichen gab er befragt zu seinen Fluchtgründen an, sein Vater betreibe einen kleinen Supermarkt und im anliegenden Haus gäbe es einen weiteren Supermarkt, welcher von einem Türken betrieben werde. Zwischen diesen komme es öfter zu Streitigkeiten in Form eines Konkurrenzkampfes. Im Jahre 2014 und vor zwei Jahren sei es zu einer Streitigkeit gekommen, bei der die Mutter des BF am rechten Auge sowie der Besitzer des benachbarten Supermarktes am Kopf verletzt worden seien. Als die Mutter sich die Verletzung zugezogen habe, habe sich der BF am Kampf beteiligt. Die Polizei gehe nicht mit Druck gegen die Familie des Besitzers des benachbarten Supermarktes vor, weil sie Türken seien, wobei diese Familie meistens an den Streitigkeiten schuld sei. Gegenüber Angehörigen der kurdischen Ethnie, der auch die Familie des BF angehöre, gebe es überall rassistische Übergriffe. Die Polizei habe die Familie des BF nie richtig angehört. Der Sohn der Nachbarsfamilie, römisch 40 , habe bei der Streitigkeit in die Luft geschossen und ein Messer gezückt, als der BF seine Mutter verteidigen habe wollen. Er habe den BF töten wollen. Nach diesem Ereignis habe der BF seinen Militärdienst absolviert, wo er rassistischen Übergriffen ausgesetzt worden sei. Danach seien die Streitigkeiten mit der Familie römisch 40 fortgesetzt worden. Der BF habe auch Anzeige bei der Polizei erstatten wollen, wobei die Polizei ihn nicht ernst genommen habe. Der Onkel des BF, römisch 40 , habe dem BF eine Pistole gegeben und ihm aufgetragen, „diesen Mann“ zu erschießen. Der BF habe Angst und Panik bekommen und habe sich aus diesem Grund entschlossen, zu flüchten. Seine Mutter habe ihm die Erlaubnis und Geld hierfür gegeben.
Auf Befragen, gab der BF weiters an, die Familie XXXX habe die Intention, dass der Vater des BF den Supermarkt zusperre und die Familie ihre Existenzgrundlage verliere, und sei sogar bereit, den BF deshalb zu töten. Es habe schon Messerstechereien gegeben und handle es sich, wenn Blut fließe, um Blutrache.Auf Befragen, gab der BF weiters an, die Familie römisch 40 habe die Intention, dass der Vater des BF den Supermarkt zusperre und die Familie ihre Existenzgrundlage verliere, und sei sogar bereit, den BF deshalb zu töten. Es habe schon Messerstechereien gegeben und handle es sich, wenn Blut fließe, um Blutrache.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 19.09.2023, Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde schließlich eine Frist von zwei Wochen für eine freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Mit Informationsblatt vom folgenden Tag wurde dem BF ein Rechtsberater gem. § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 19.09.2023, Zl. römisch 40 , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) sowie gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Türkei gemäß Paragraph 46, FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 2005 wurde schließlich eine Frist von zwei Wochen für eine freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt römisch VI.). Mit Informationsblatt vom folgenden Tag wurde dem BF ein Rechtsberater gem. Paragraph 52, BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Beweiswürdigend legte die bB (im Hinblick auf die negative Asylentscheidung) im Wesentlichen dar, es sei keine zielgerichtete Verfolgung des BF durch die Familie XXXX festzustellen, da er keine konkreten Nachstellungen und kein besonderes Interesse der Familie XXXX an ihm dargelegt habe. Es sei auch nicht plausibel, dass die Familie des BF weiterhin in der Herkunftsregion verweilen und der Vater weiterhin das Geschäft dort betreiben könne. Auch der ältere Bruder des BF könne, ohne Gefahr der Blutrache zu verfallen, in der Herkunftsregion leben. Es habe weiters nicht festgestellt werden können, dass der Onkel von den Brüdern des BF gefordert habe, Blutrache zu verüben, weshalb eine Blutfehde nicht glaubhaft sei. Außerdem sei – im Falle der Wahrheitsunterstellung - eine innerstaatliche Fluchtalternative möglich gewesen, da der BF bereits für die Ausreise EUR 5.000,00 beschaffen habe können. Dieser Option sei der BF nicht substantiiert entgegengetreten. Der türkische Staat sei darüber hinaus schutzwillig und schutzfähig und verfüge über einen funktionierenden Polizei- und Sicherheitsapparat. So habe der BF selbst einen Auszug von e-Devlet vorgelegt, woraus hervorgehe, dass ein Verfahren in dieser Angelegenheit geführt worden sei. Auch aufgrund seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit drohe dem BF keine asylrelevante Bedrohung.Beweiswürdigend legte die bB (im Hinblick auf die negative Asylentscheidung) im Wesentlichen dar, es sei keine zielgerichtete Verfolgung des BF durch die Familie römisch 40 festzustellen, da er keine konkreten Nachstellungen und kein besonderes Interesse der Familie römisch 40 an ihm dargelegt habe. Es sei auch nicht plausibel, dass die Familie des BF weiterhin in der Herkunftsregion verweilen und der Vater weiterhin das Geschäft dort betreiben könne. Auch der ältere Bruder des BF könne, ohne Gefahr der Blutrache zu verfallen, in der Herkunftsregion leben. Es habe weiters nicht festgestellt werden können, dass der Onkel von den Brüdern des BF gefordert habe, Blutrache zu verüben, weshalb eine Blutfehde nicht glaubhaft sei. Außerdem sei – im Falle der Wahrheitsunterstellung - eine innerstaatliche Fluchtalternative möglich gewesen, da der BF bereits für die Ausreise EUR 5.000,00 beschaffen habe können. Dieser Option sei der BF nicht substantiiert entgegengetreten. Der türkische Staat sei darüber hinaus schutzwillig und schutzfähig und verfüge über einen funktionierenden Polizei- und Sicherheitsapparat. So habe der BF selbst einen Auszug von e-Devlet vorgelegt, woraus hervorgehe, dass ein Verfahren in dieser Angelegenheit geführt worden sei. Auch aufgrund seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit drohe dem BF keine asylrelevante Bedrohung.
4. Gegen den dem BF am 27.09.2023 zugestellten Bescheid des Bundesamtes richtet sich die am 17.10.2023 von der BBU GmbH eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (i.d.F. „BVwG“). Im Wesentlichen wird im Beschwerdeschriftsatz dargelegt, die bB habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, indem sie eine absolut unzureichende Befragung durchgeführt habe. Zahlreiche Umstände seien nicht thematisiert worden. Die Ermittlungen zur Verfolgung von Kurden – bezogen auf den BF während des Militärdienstes und im Zusammenhang mit der Polizei in der Blutracheangelegenheit – seien unzureichend erfolgt. Das Urteil aufgrund der Blutrache sowie die Lebensumstände des BF im Erdbebengebiet seien nicht näher bzw. nur oberflächlich berücksichtigt worden. Die eigenen Länderfeststellungen seien dem Ergebnis der Prüfung des Sachverhalts nicht zugrunde gelegt bzw. nicht ausreichend berücksichtigt worden. Länderberichten zufolge seien Blutfehden weit verbreitet und gebe es kaum staatlichen Schutz. Zahlreiche Berichte würden außerdem das Vorbringen des BF zur Verfolgung aufgrund der kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit bestätigen. Seit 2016 habe sich darüber hinaus die Situation in der Türkei allgemein, vor allem aber in der Herkunftsregion des BF, gravierend geändert. Zudem sei die Beweiswürdigung ebenso mangelhaft erfolgt, sie sei wenig substantiiert, oberflächlich und nicht nachvollziehbar.
5. Am 05.03.2024 wurde vor dem BVwG die beantragte mündliche Verhandlung im Beisein des BF, eines Vertreters der BBU GmbH sowie einer Dolmetscherin für die türkische Sprache durchgeführt. Die mündliche Verhandlung gestaltete sich wie folgt:
„[…]
RI: Wollen Sie ergänzende Beweismittel vorlegen?
RV: Ja. Regierungsvorlage, Ja.
RV legt vor: Regierungsvorlage legt vor:
● Schreiben des Arbeitgebers des BF vom 03.04.2024
● Gehaltsabrechnung Jänner 2024
● Auszüge GKK
● Bescheidausfertigung gemäß § 20 Abs 3 AuslBG● Bescheidausfertigung gemäß Paragraph 20, Absatz 3, AuslBG
(wird in Kopie zur VH-Schrift genommen)
RI: Mit der Ladung wurde Ihnen das aktuelle Länderinformationsblatt übermittelt. Haben Sie eine diesbezügliche schriftliche Stellungnahme vorbereitet oder möchten Sie am Ende der Verhandlung mündlich zum Länderinformationsblatt Stellung beziehen?
RV: Nein, ich verweise auf die Beschwerde vom Oktober 2023. Regierungsvorlage, Nein, ich verweise auf die Beschwerde vom Oktober 2023.
RI: Haben sich seit der letzten Einvernahme beim Bundesamt neue Umstände in Bezug auf Ihre Integration in Österreich (z. B. Deutschkenntnisse, Fortbildung, Erwerbstätigkeit) ergeben?
BF: Ich besuche einen Kurs. Ich gehe einer Arbeit nach.
RI: Haben Sie einen Deutschkurs abgeschlossen? Wenn ja, welches Zertifikat haben Sie zuletzt erworben?
BF: Ich habe erst am 28.01 begonnen und muss 11 Wochen den Kurs besuchen, erst nach Abschluss des Kurses kann ich in die Prüfung gehen.
RI: Können Sie mir Ihre berufliche Tätigkeit beschreiben?
BF: Pizza, alles was mit Teigwaren in Verbindung steht.
RI: Wieviel verdienen Sie monatlich netto?
BF: Ich verdiene ca. 1.450 €.
RI: Ist Ihr Arbeitsvertrag befristet oder unbefristet?
BF: Er ist befristet für ein Jahr, mein Chef hat sich 3-4 Monate darum bemüht.
RI: Seit wann gehen Sie durchgehend einer Arbeit nach?
BF: Ich habe Mitte Ende September letzten Jahres begonnen.
RI: Haben Sie in Österreich Familienangehörige oder Verwandte?
BF: Nein.
RI: Haben Sie Angehörige in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union?
BF: In Frankreich und in Deutschland. Nachgefragt gebe ich an, dass Söhne vom Cousin meiner Mutter in Frankreich und in Deutschland wohnen.
RI: Wie verbringen Sie Ihr Leben und Ihre Freizeit in Österreich?
BF: Ich arbeite, besuche meinen Kurs. Setze mich mit Freunden zusammen und unterhalte mich auch mit österreichischen Arbeitskollegen.
RI: Was können Sie mir über Ihre Freunde in Österreich erzählen?
BF: Wir sind ganz normal Freunde.
RI: Sind Ihre Freunde österreichische Staatsbürger, zum Aufenthalt berechtige Fremde, oder Asylwerber?
BF: Das sind alles österreichischer Staatsbürger, hier geboren und aufgewachsen.
RI: In welcher Sprache unterhalten Sie sich mit Ihren Freunden?
BF: Das ist der Sohn meines Chefs, er ist mir behilflich, wenn ich nicht weiterweiß. Wir unterhalten uns auf Deutsch.
RI: Führen Sie in Österreich eine Beziehung?
BF: Nein, im Moment nicht.
RI: Sind Sie in Österreich in Vereinen oder ehrenamtlich aktiv?
BF: Nein, im Moment nicht. Ich wollte mich zwar anmelden, aber da ich in einen Kurs gehe und arbeite habe ich keine Zeit.
RI: Was würden Sie in Österreich machen, wenn Sie hier bleiben könnten?
BF: Ich würde mich bemühen, dem Land nützlich sein zu können, arbeiten, Deutsch lernen.
RI: Sind Sie gesund und arbeitsfähig?
BF: Ja.
RI: Sind Sie derzeit wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Österreich in medizinischer Behandlung oder nehmen Medikamente?
BF: Nein.
RI: Sind Sie in Österreich bisher straffällig geworden (Verwaltungsübertretung, gerichtliche Verurteilung oder derzeitig anhängiges Verfahren)?
BF: Nein.
RI: Die folgende Frage wird (ohne Dolmetscher) auf Deutsch gestellt und die Antwort wortwörtlich protokolliert:
RI: „Sprechen Sie Deutsch?“
BF: Ja, wenig.
RI: „Mit wem unterhalten Sie sich auf Deutsch?“
BF: Deutsch… was bitte?
Frage wird wiederholt.
BF: Ja?
RI: „Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?“
BF wendet sich an D in türkischer Sprache: Ich habe ihn nicht verstanden, was hat er gesagt?
BF: Ich verstehe manche Stellen nicht. Um keine falsche Antworten zu geben, wollte ich es noch einmal wiederholen.
Frage wird wiederholt.
BF: Freizeit? Ja?
Die weitere Befragung erfolgt wieder mit Dolmetscher.
RI: Gibt es zu diesem Fragenkomplex (Integration, Leben in Österreich) Fragen des RV?
RV: Nein, es gibt keine. Regierungsvorlage, Nein, es gibt keine.
RI: Welche Ausbildung haben Sie im Herkunftsstaat genossen?
BF: Ich ging bis zur 10. Klasse in die Schule.
RI: Haben Sie eine Berufsausbildung genossen?
BF: Nein, ein Diplom besitze ich nicht. Ich habe lange Zeit wo gearbeitet, aber da es in einem Elendsviertel war, wurde ich nicht versichert.
RI: Welche Berufserfahrung haben Sie im Herkunftsstaat gesammelt?
BF: Ich kann alle Teigwaren zubereiteten. Ich habe mal wo 5 Jahre gearbeitet. Zeitgleich ging ich zur Schule.
RI: Wie würden Sie Ihre eigene wirtschaftliche Lage in der Türkei einschätzen?
BF: Gut, über der Mittelschicht.
RI: Wer von Ihrer Familie bzw. Ihrer Verwandtschaft lebt noch im Herkunftsstaat und wo?
BF: Meine Eltern, eine jüngere Schwester, zwei jüngere Brüder und ein älterer Bruder.
RI: Haben Sie noch weitere Familienangehörige in der Türkei?
BF: Ja. Nachgefragt gebe ich an, dass ich viele Verwandte habe, aber da mich meine Nachbarn mal beschimpften, kam es zu einer Rauferei. Meine Eltern griffen ein, daher habe ich keinen Kontakt. Das habe ich bei meiner ersten Einvernahme schon gesagt.
RI: Haben Sie seit der Ausreise Kontakt mit Familienangehörigen oder Verwandten in Ihrem Herkunftsstaat? Wann zuletzt und mit wem?
BF: Ja, mit meiner Mutter. Zuletzt vor 2 Tagen.
RI: Wie geht es Ihren Angehörigen im Herkunftsstaat?
BF: Es geht ihnen gut, aber sie werden laufend bedroht. Die Polizei kümmert sich auch nicht um sie, weil wir Kurden sind. Während meines Wehrdienstes wurde ich auch diskriminiert.
RI: Wie alt sind Ihre Eltern und Geschwister?
BF: Meine Mutter ist ca. 46 Jahre alt, mein Vater ca. 47 Jahre alt. Meine Schwester ca. 15 Jahre alt. Meine beiden Brüder 17 und 19 Jahre alt. Mein älterer Bruder ist 26 Jahre alt.
RI: Wie finanzieren Ihre Eltern und Geschwister im Herkunftsstaat deren Leben?
BF: Über den Supermarkt.
RI: Wie würden Sie die wirtschaftliche Lage Ihrer Familie einschätzen?
BF: Über der Mittelschicht. Ich verdiente auch gut in der Türkei. Aufgrund meiner Erlebnisse bin ich hier. Ständig wurden mir Probleme aufgehängt, während dem Wehrdienst. Die Polizei kümmerte sich auch nicht um mich.
RI weist BF darauf hin, sich an den Fragen zu orientieren.
RI: Verfügen Ihre Angehörigen im Herkunftsstaat über eigene Wohnungen oder Häuser? Wie kann ich mir die Wohnsituation Ihrer Angehörigen im Herkunftsstaat vorstellen?
BF: Wir besitzen ein Haus in Gaziantep.
RI: Haben Sie vor Ihrer Ausreise auch dort gewohnt?
BF: Ja.
RI: Können Sie mir Ihre Adresse im Heimatland bekanntgeben?
BF: Die Adresse lautet: Gaziantep XXXX .BF: Die Adresse lautet: Gaziantep römisch 40 .
RI: Von welchem Ort im Heimatland haben Sie Ihre Ausreise begonnen?
BF: Von Gaziantep.
RI: Wann war die Ausreise?
BF: Kann ich mich nicht erinnern. Im Winter 2022.
RI: Erzählen Sie mir wie der Tag der Ausreise abgelaufen ist.
BF: Es war sehr schlimm, wir mussten einen Drahtzaun überwinden, hungern und dursten. Ich hatte viele Probleme am Weg hierher. Ich musste Wälder zu Fuß durchqueren.
RI: Über welche Länder und mit welchen Transportmitteln kamen Sie nach Österreich?
BF: Serbien, Ungarn, Österreich. Bei Passau auf der österreichischen Seite der Grenze wurden wir erwischt.
RI: Wie kamen Sie von der Türkei nach Serbien?
BF: Mit dem LKW.
RI: Erfolgte die Ausreise aus der Türkei legal oder illegal?
BF: Ich stieg in den LKW ein. Es kam zu keinen Kontrollen. Ich hatte meinen Reisepass auch mit.
RI: Wo ist jetzt der Reisepass?
BF: Der war in der Tasche als ich in Ungarn im Wald war. Die Tasche ist mir abgerissen und der dürfte mir herausgefallen sein.
RI: Hatten Sie ein konkretes Reiseziel anlässlich Ihrer Ausreise?
BF: Ich wollte nach Deutschland. Dann wurde ich erwischt und jetzt bin ich hier und es gefällt mir hier sehr gut.
RI: Warum gerade Deutschland?
BF: Denn in diesem Land habe ich gar keine Bekannte. In Deutschland hätte ich mehr Möglichkeiten gehabt, um zu arbeiten.
RI: Warum hätten Sie in Deutschland mehr Möglichkeiten zum Arbeiten gehabt?
BF: Ich glaube, ich habe mich jetzt falsch ausgedrückt. Ich meine, dass ich dort mehr Verwandte habe. Hier kenne ich niemanden. Jetzt habe ich hier eine Arbeit gefunden und besuche einen Kurs.
RI: Gibt es zu diesem Fragenkomplex (persönlicher und familiärer Hintergrund, Reiseroute) Fragen des RV?
RV: Nein, es gibt keine.