Entscheidungsdatum
10.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L512 2286058-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch BBU, Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.05.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch BBU, Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.05.2024, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3,, Paragraph 57, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG sowie Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9,, Paragraph 46,, Paragraph 55, FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge „Pakistan“ genannt) stellte am 30.01.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge „Pakistan“ genannt) stellte am 30.01.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
I.1.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 02.02.2023 zusammengefasst zum Fluchtgrund Folgendes vor:römisch eins.1.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 02.02.2023 zusammengefasst zum Fluchtgrund Folgendes vor:
Da der BF ein Ahmadi sei und diese religiöse Richtung in Pakistan nicht anerkannt werde, werde er aufgrund seiner Religion diskriminiert. Er habe keine Rechte. Sie könnten den Gebetsruf in der Moschee nicht ausführen. Sein Großvater sei aufgrund unserer Religion sogar ermordet worden. Er habe hiermit alle seine Gründe und die dazugehörigen Ereignisse angegeben, warum er nach Österreich gereist sei. Er habe keine weiteren Gründe.
Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben, da er seine Religion nicht ausleben dürfe [Aktenseite (AS) 9].
I.1.2. Am 04.12.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen und brachte er zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen Folgendes vor: römisch eins.1.2. Am 04.12.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen und brachte er zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen Folgendes vor:
Seit sein Großvater verstorben sei, habe er keine Schule besuchen können. Als er eine Schule gefunden habe, habe er Probleme mit den Mitschülern und den Lehrern gehabt. Diese hätten nicht mit ihm reden wollen. Wenn Islam unterrichtet wurde, wäre er von der Klasse entfernt und habe nicht daran teilnehmen dürfen. Dem BF sei gesagt worden, dass er ein Ungläubiger sei. Der BF habe auch einmal eine verbale Auseinandersetzung mit einem Schüler gehabt. Auf einmal seien fünf Burschen auf den BF losgegangen. Als der BF zum Lehrer ging und sich darüber beschwerte, habe der Lehrer den BF ignoriert.
Am Abend des XXXX habe der BF in einem Zimmer, das er von den XXXX bekommen hatte, eine Versammlung organisiert. Da sei ein Mann hereingekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er nicht zum Beten erscheine oder in die Moschee gehe. Der BF sei ein Ungläubiger und gehöre getötet. Inzwischen seien noch mehr junge Männer gekommen. Sie hätten gesagt, dass der BF kein Moslem sei und getötet werde. Nach diesem Vorfall deri der BF nach Hause gegangen. Er habe das seinen Eltern erzählt. Er sei verzweifelt und verängstigt gewesen. Er habe nicht gewusst, was er machen soll. Er sei mit dem Umbringen bedroht worden. Am nächsten Tag habe ich mit seinen Eltern besprochen und entschieden Pakistan zu verlassen. Egal wohin er in Pakistan gegangen wäre, hätte er als Ahmadi Todesangst gehabt (AS 96 ff.)Am Abend des römisch 40 habe der BF in einem Zimmer, das er von den römisch 40 bekommen hatte, eine Versammlung organisiert. Da sei ein Mann hereingekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er nicht zum Beten erscheine oder in die Moschee gehe. Der BF sei ein Ungläubiger und gehöre getötet. Inzwischen seien noch mehr junge Männer gekommen. Sie hätten gesagt, dass der BF kein Moslem sei und getötet werde. Nach diesem Vorfall deri der BF nach Hause gegangen. Er habe das seinen Eltern erzählt. Er sei verzweifelt und verängstigt gewesen. Er habe nicht gewusst, was er machen soll. Er sei mit dem Umbringen bedroht worden. Am nächsten Tag habe ich mit seinen Eltern besprochen und entschieden Pakistan zu verlassen. Egal wohin er in Pakistan gegangen wäre, hätte er als Ahmadi Todesangst gehabt (AS 96 ff.)
I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Absatz 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.) (AS 193ff.).römisch eins.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch VI.) (AS 193ff.).
I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Zugehörigkeit des BF zur Gemeinschaft der Ahmadiyyas zwar glaubhaft sei, der BF habe jedoch keine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung glaubhaft machen können. römisch eins.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Zugehörigkeit des BF zur Gemeinschaft der Ahmadiyyas zwar glaubhaft sei, der BF habe jedoch keine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung glaubhaft machen können.
I.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, wegen mangelhafter Beweiswürdigung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde erhoben (AS 441 ff.).römisch eins.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, wegen mangelhafter Beweiswürdigung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde erhoben (AS 441 ff.).
I.4. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den XXXX eine öffentliche mündliche Verhandlung an und übermittelte dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt für Pakistan.römisch eins.4. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den römisch 40 eine öffentliche mündliche Verhandlung an und übermittelte dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt für Pakistan.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte der BF die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen.
I.5. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.römisch eins.5. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
II.1.1. Der Beschwerdeführerrömisch II.1.1. Der Beschwerdeführer
Die Identität des BF steht nicht fest. Der BF ist pakistanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya sowie der Volksgruppe der Jat. Der BF spricht die Sprachen Urdu, Punjabi und ein bisschen Griechisch.
Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Provinz Punjab geboren und wuchs dort auch auf. Der BF besuchte 5 Jahre lang in seinem Heimatdorf die Volksschule sowie 5 Jahre lang in einem anderen Dorf die High-School. Beide Schulen waren Privatschulen. Der BF lebte von seiner Geburt an bis zu seiner Ausreise – abgesehen von 2 Jahren, die er mit seiner Familie in Lahore lebte- in seinem Heimatdorf. Der BF arbeitete als XXXX .Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch 40 , Distrikt römisch 40 , Provinz Punjab geboren und wuchs dort auch auf. Der BF besuchte 5 Jahre lang in seinem Heimatdorf die Volksschule sowie 5 Jahre lang in einem anderen Dorf die High-School. Beide Schulen waren Privatschulen. Der BF lebte von seiner Geburt an bis zu seiner Ausreise – abgesehen von 2 Jahren, die er mit seiner Familie in Lahore lebte- in seinem Heimatdorf. Der BF arbeitete als römisch 40 .
In Pakistan leben die Mutter, drei Schwestern des BF samt deren Ehemänner, 2 Onkel väterlicherseits, zwei Tanten mütterlicherseits und deren Kindern sowie die Kinder der verstorbenen Tanten väterlicherseits des BF. Der Vater des BF ist verstorben.
Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos. Er befindet sich nicht in ärztlicher Behandlung und ist arbeitsfähig. Der BF nimmt Schmerztabletten, wenn er Schmerzen am Fuß hat.
Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat im XXXX illegal und reiste in den XXXX . Von dort reiste der BF über XXXX nach XXXX . Dor heilt er sich ca. 3,4 Jahre auf. Anfänglich war der Aufenthalt des BF illegal. Nachdem der BF bei einer illegalen Arbeit kontrolliert wurde, wurden ihm seine Fingerabdrücke abgenommen und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF hat diesbezüglich keine Entscheidung erhalten. Der BF arbeitete als XXXX . Ca. 7 Monate vor seiner Einreise in Österreich verließ der BF XXXX und reiste über XXXX im XXXX unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.01.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat im römisch 40 illegal und reiste in den römisch 40 . Von dort reiste der BF über römisch 40 nach römisch 40 . Dor heilt er sich ca. 3,4 Jahre auf. Anfänglich war der Aufenthalt des BF illegal. Nachdem der BF bei einer illegalen Arbeit kontrolliert wurde, wurden ihm seine Fingerabdrücke abgenommen und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF hat diesbezüglich keine Entscheidung erhalten. Der BF arbeitete als römisch 40 . Ca. 7 Monate vor seiner Einreise in Österreich verließ der BF römisch 40 und reiste über römisch 40 im römisch 40 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.01.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich und lebt in Österreich in keiner Lebensgemeinschaft oder Beziehung. In XXXX lebt ein Bruder des Beschwerdeführers.Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich und lebt in Österreich in keiner Lebensgemeinschaft oder Beziehung. In römisch 40 lebt ein Bruder des Beschwerdeführers.
Der BF wohnt in einem Flüchtlingsheim und bezog von XXXX bis XXXX verschiedenen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber.Der BF wohnt in einem Flüchtlingsheim und bezog von römisch 40 bis römisch 40 verschiedenen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber.
Seit XXXX geht der BF einer legalen Arbeit in XXXX nach.Seit römisch 40 geht der BF einer legalen Arbeit in römisch 40 nach.
Der Beschwerdeführer verfügt über einfache Deutschkenntnisse. Er hat in Österreich – einen Deutschkurs absolviert.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis, den er weitgehend im Rahmen seiner Religionsausübung begründet hat bzw. aus seinem Heimatdorf kennt.
Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Ahmadiyya Muslim Jamaat Österreich. Er nimmt regelmäßig an Freitagsgebeten, Sitzungen, Aktivitäten, wie Flyerverteilaktionen, Essensausteilungen etc. teil. Der BF betet, liest und rezitiert aus dem Koran. Der BF hat in der Ahmadiyya Muslim Jamaat Österreich – Gemeinschaft keine hohe Position innne.
Der BF besuchte in Pakistan regelmäßig die Moschee in seinem Heimatdorf und betete auch dort. Am Freitag gab es eine Freitagspredigt, die aus England übertragen wurde.
Im Übrigen war und ist der Beschwerdeführer in Österreich nicht in weiteren Vereinen oder Organisationen aktiv; er ist ansonsten auch nicht Mitglied von weiteren Vereinen oder Organisationen in Österreich.
Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan
römisch II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan
Covid-19
Letzte Änderung 2023-04-12 10:35
COVID-19 wurde in Pakistan erstmals im Februar 2020 festgestellt. Mit 23. März 2020 wurden Eindämmungsmaßnahmen beschlossen, die selektive Quarantänen, Grenzschließungen, Reisebeschränkungen, Verbot öffentlicher Veranstaltungen, soziale Distanzierungsmaßnahmen und die Schließung von Bildungseinrichtungen beinhalteten. Nach einem Höhepunkt Mitte Juni 2020 sanken die Zahlen wieder. Nachdem in der ersten Welle strenge Lockdown-Maßnahmen eingesetzt und diese ab April 2020 schrittweise gelockert worden waren, wurden in der zweiten Welle Ende des Jahres 2020 zeitlich begrenzte, "smarte" Lockdown-Maßnahmen eingesetzt (IMF 2.7.2021). Dabei wurden lokale Lockdowns in Gegenden eingesetzt, wo Ausbrüche festgestellt worden waren (BS 25.2.2022). Auch in der dritten Welle im März und April 2021 wurde so verfahren (IMF 2.7.2021). Mit 16. März 2022 wurden alle Maßnahmen aufgehoben (WSTO 16.3.2022). Im Allgemeinen kam Pakistan besser durch die COVID-19-Pandemie als seine Nachbarländer (BS 25.2.2022).
Insgesamt sind in Pakistan bis zum 10. März 2023 1.577.411 COVID-19-Infektionen und 30.644 damit verbundene Todesfälle registriert worden (JHU 21.3.2023). Laut Gesundheitsministerium wurden 31.572.211 Tests durchgeführt (NHM 31.3.2023a)
Die Impfkampagne wird von der COVAX, der Weltbank und der Asian Development Bank unterstützt (IMF 2.7.2021). Mit Stand 31. März 2023 sind laut offiziellen Angaben des Gesundheitsministers 139.756.271 Menschen teilweise sowie 132.537.362 Menschen vollständig immunisiert worden und 50.523.363 Menschen haben zusätzlich eine Booster-Impfung erhalten. Insgesamt wurden 304.345.598 Dosen verimpft (NHM 31.3.2023b).
[Zu Wirtschaftsdaten, sozialen Folgen und Maßnahmen siehe Kapitel Versorgungslage].
Quellen:
? BS - Bertelsmann Stiftung (25.2.2022): Bertelsmann Transformation Index, Pakistan Country Report 2022, https://bti-project.org/de/reports/country-report/PAK#pos13, Zugriff 18.3.2023
? IMF - International Monetary Fund (2.7.2021): Policy Responses to COVID-19, Pakistan, https://www.imf.org/en/Topics/imf-and-covid19/Policy-Responses-to-COVID-19#P, Zugriff 18.3.2023
? JHU - Johns-Hopkins-University (21.3.2022): COVID-19 Dashboard by the Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU), https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/dashboards/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6, Zugriff 31.3.2023
? NHM - Ministry of National Health Services Regulations & Coordination [Pakistan] (31.3.2023a): COVID-19 Situation, https://covid.gov.pk/, Zugriff 31.3.2023
? NHM - Ministry of National Health Services Regulations & Coordination [Pakistan] (31.3.2023b): Vaccine Stats,https://covid.gov.pk/vaccine-details, Zugriff 31.3.2023
? WSTO - Wallstreet-Online (16.3.2022): Pakistan hebt Corona-Maßnahmen auf, https://www.wallstreet-online.de/nachricht/15190818-pakistan-hebt-corona-massnahmen, Zugriff 21.3.2023
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Allgemeine Entwicklungen im Bereich Terrorismus
Pakistan konnte ab 2014 bedeutenden Erfolg in seiner Terrorbekämpfung aufweisen. Sie führten zu einer verbesserten allgemeinen Sicherheitslage, die allerdings aktuell wieder vor Herausforderungen steht (PIPS 10.1.2024).
Konstante Einsatz- und Überwachungskampagnen der Sicherheitskräfte und polizeilichen Anti-Terrorabteilungen, darunter die groß angelegten Militäroperationen Zarb-e-Azb, Khyber I-IV und Radd-ul-Fasaad sowie einige Anti-Extremismusmaßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, NAP, trugen zu einem kontinuierlichen Rückgang terroristischer Anschläge von 2009 bis 2020 - mit Ausnahme des Jahres 2013 - bei (PIPS 15.6.2021).
Die Operation Zarb-e-Azb 2014 war in erster Linie auf die Provinz Khyber Pakhtunkhwa und die damaligen Federal Administered Tribal Areas, FATA, ausgerichtet, um Terrorgruppen in Nord-Waziristan zu bekämpfen. Aus den meisten Gebieten konnten die militanten Extremisten vertrieben werden. Unter den Militäroperationen litt allerdings auch die Zivilbevölkerung vor Ort, eine hohe Anzahl an Personen wurde zu intern Vertriebenen. Die darauf folgende Operation Radd-ul-Fasaad involviert auch zivile Einsatzkräfte und konzentrierte sich auf geheimdienstliche Operationen im gesamten Land, um Schläferzellen und Verstecke militanter Extremisten auszuheben (EASO 10.2021).
Auch wurden signifikante Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung unternommen (FES 12.2020; vgl. PIPS 24.2.2023). Bei der Bekämpfung des Extremismus hat der NAP allerdings nur geringe Erfolge erzielt. Die Verbreitung extremistischer Literatur, extremistische Kundgebungen und die Verherrlichung von Terroristen hielten an (FES 12.2020). Ebenso zeigten sich wenige Fortschritte bei der Regulierung von Madrassen oder des Internets, um dem Extremismus entgegenzutreten (PIPS 18.2.2022).Auch wurden signifikante Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung unternommen (FES 12.2020; vergleiche PIPS 24.2.2023). Bei der Bekämpfung des Extremismus hat der NAP allerdings nur geringe Erfolge erzielt. Die Verbreitung extremistischer Literatur, extremistische Kundgebungen und die Verherrlichung von Terroristen hielten an (FES 12.2020). Ebenso zeigten sich wenige Fortschritte bei der Regulierung von Madrassen oder des Internets, um dem Extremismus entgegenzutreten (PIPS 18.2.2022).
Ab Mitte 2020 kam es zu einem Wiederaufleben jihadistischer militanter Gruppen in Gebieten wie Nord-Waziristan und Bajaur in Khyber Pakhtunkhwa (FES 12.2020). Der Regimewechsel in Afghanistan hat diese Gruppen bekräftigt. Dies wird besonders in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan sichtbar (PIPS 4.1.2022; vgl. CRSS 19.5.2023).Ab Mitte 2020 kam es zu einem Wiederaufleben jihadistischer militanter Gruppen in Gebieten wie Nord-Waziristan und Bajaur in Khyber Pakhtunkhwa (FES 12.2020). Der Regimewechsel in Afghanistan hat diese Gruppen bekräftigt. Dies wird besonders in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan sichtbar (PIPS 4.1.2022; vergleiche CRSS 19.5.2023).
Trendumkehr bei den Anschlagszahlen seit 2021
Bereits das Jahr 2021 war von einem 42-prozentigen Anstieg der Zahl an Anschlägen im Vergleich zum Jahr 2020 auf 207 Terrorakte gekennzeichnet (PIPS 4.1.2022). Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Anschläge wiederum um 27 Prozent auf 262 Terrorakte. Diese forderten zusammen 419 Menschenleben, ein Anstieg von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ungefähr die Hälfte der Todesopfer 2022, 206, waren - laut Daten des Analyseinstituts Pak Institute for Peace Studies, PIPS, - Mitglieder der Sicherheitskräfte bzw. Exekutivbehörden, 152 waren Zivilisten und 61 Terroristen (PIPS 24.2.2023).
Das Jahr 2023 verzeichnete als drittes Jahr in Folge einen neuerlichen Anstieg in den Erhebungen von PIPS: um 17 Prozent in der Zahl der Anschläge auf 306; und um 65 Prozent in der Zahl der Todesopfer auf 693. Von den Todesopfern waren 330 - erneut beinahe die Hälfte - Sicherheitskräfte, 260 Zivilisten und 103 Terroristen (PIPS 10.1.2024).
Das Center for Research and Security Studies, CRSS, als Vergleichsquelle, verzeichnet in einer ersten Gesamtauswertung für das Jahr 2023 586 terroristische Anschläge mit 986 Toten (CRSS 31.12.2023). In der vertieften Auswertung für 2022 waren es 378 Anschläge mit 602 Todesopfern, davon 291 Mitglieder der Sicherheitskräfte, 297 Zivilisten und 14 Terroristen (CRSS 19.5.2023). Für das Jahr 2021 verzeichnete es 403 Terrorakte mit 555 Toten, davon 330 Zivilisten (CRSS 3.1.2022).
Eine spezifische Analyse des PIPS verdeutlicht konkret, dass im Zeitraum der 21 Monate zwischen der Machtübernahme der Taliban in Kabul vom August 2021 bis zum Stand der Auswertung im April 2023 im Vergleich zu den 21 Monaten davor eine Steigerung der Anschläge um 73 Prozent festgestellt werden kann, während die Todeszahlen eine Steigerung um 138 Prozent erfuhren. In diesem Vergleich zeigt sich allerdings auch eine starke Konzentration. Während Khyber Pakhtunkhwa einen Anstieg an Anschlägen um 92 Prozent in diesem Zeitraum erfuhr und Belutschistan um 81 Prozent, gingen die Anschläge im Punjab, Islamabad und Sindh im selben Zeitraum zurück (PIPS 30.5.2023).
Regionale Konzentration der Anschläge
Seit vielen Jahren ist sichtbar, dass die terroristische Gewalt hauptsächlich auf Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa konzentriert bleibt (PIPS 4.1.2022). Regional aufgeschlüsselt betrafen im Jahr 2023 93 Prozent aller Anschläge in Pakistan diese beiden Provinzen. Wie zuvor entfiel die Mehrheit - konkret 174 der 306 landesweiten Anschläge und damit 57 Prozent auf Khyber Pakhtunkhwa. 422 der landesweit 693 Todesopfer entfielen auf die Provinz. Belutschistan verzeichnete 110 der Anschläge mit 229 Todesopfern (PIPS 10.1.2024).
Im Vorjahr, 2022, entfielen 95 Prozent aller Anschläge auf diese beiden Provinzen und hier wiederum allein 64 Prozent - bei