Entscheidungsdatum
10.10.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W175 2291298-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde des XXXX , aserbaidschanischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2024, Zahl: 1382588402/240099262, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde des römisch 40 , aserbaidschanischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2024, Zahl: 1382588402/240099262, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 idgF und Paragraph 61, FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 17.01.2024 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG).römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 17.01.2024 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF (AsylG).
Ein Eurodac-Abgleich der Fingerabdruckdaten des BF ergab eine Speicherung durch die polnischen Behörden am 06.06.2022, die deutschen Behörden am 10.06.2022, die schweizerischen Behörden am 15.12.2022, die französischen Behörden am 28.02.2023 und die niederländischen Behörden am 04.03.2023, jeweils infolge Antragstellung auf internationalen Schutz.
I.2. Der BF gab anlässlich der Erstbefragung am 18.01.2024 an, aserbaidschanischer Staatsangehöriger und volljährig zu sein. Einen Reisepass im Original könne er nicht vorweisen, jedoch eine niederländische ID-Card. Er führte keine gesundheitlichen Probleme an und gab an, keine Familienangehörigen in Österreich zu haben. Er sei aus Aserbaidschan kommend schlepperunterstützt über Polen in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist und dann nach Deutschland gereist, wo er sechs Monate lang aufhältig gewesen sei. Danach sei er in die Schweiz gegangen und dort zwei weitere Monate verblieben. Sodann sei er für einen Tag nach Luxemburg gegangen, ehe er in die Niederlande eingereist und dort zwei Wochen aufhältig gewesen sei. In weiterer Folge sei er nach England gereist und dort drei Monate aufhältig gewesen. Dann sei er erneut in die Niederlande gegangen und dort drei Tage verblieben. Schließlich sei er wiederum nach Deutschland gereist und eine Woche dort verblieben, ehe er nach Österreich gereist sei.römisch eins.2. Der BF gab anlässlich der Erstbefragung am 18.01.2024 an, aserbaidschanischer Staatsangehöriger und volljährig zu sein. Einen Reisepass im Original könne er nicht vorweisen, jedoch eine niederländische ID-Card. Er führte keine gesundheitlichen Probleme an und gab an, keine Familienangehörigen in Österreich zu haben. Er sei aus Aserbaidschan kommend schlepperunterstützt über Polen in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist und dann nach Deutschland gereist, wo er sechs Monate lang aufhältig gewesen sei. Danach sei er in die Schweiz gegangen und dort zwei weitere Monate verblieben. Sodann sei er für einen Tag nach Luxemburg gegangen, ehe er in die Niederlande eingereist und dort zwei Wochen aufhältig gewesen sei. In weiterer Folge sei er nach England gereist und dort drei Monate aufhältig gewesen. Dann sei er erneut in die Niederlande gegangen und dort drei Tage verblieben. Schließlich sei er wiederum nach Deutschland gereist und eine Woche dort verblieben, ehe er nach Österreich gereist sei.
Er habe in Polen einen Asylantrag stellen wollen, sei jedoch nicht angenommen worden. In Deutschland habe er ebenso um Asyl angesucht, was nicht bewilligt worden sei. Auch in der Schweiz habe er einen Asylantrag gestellt, was ebenfalls abgelehnt worden sei. Der in Luxemburg gestellte Asylantrag sei nicht behandelt worden. Der Asylantrag, welchen der BF in den Niederlanden gestellt habe, sei ebenso abgelehnt worden. In Frankreich habe er zur Legion beitreten wollen, diese habe ihn jedoch nicht aufgenommen, zumal er keinen Reisepass besessen habe. In England sei er illegal eingereist und habe sich dort illegal aufgehalten. Die zweite Einreise in Deutschland habe nur der Durchreise gedient. Zusammengefasst gab der BF an, dass alle Asylanträge abgelehnt worden seien; die Unterlagen habe er in den jeweiligen Ländern hinterlassen.
I.3. Am 13.02.2024 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an die Niederlande.römisch eins.3. Am 13.02.2024 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera d, der VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an die Niederlande.
I.4. Mit Schreiben vom 22.02.2024 teilten die niederländischen Behörden mit, der Wiederaufnahme des BF nicht zuzustimmen, zumal die polnischen Behörden bereits mit Schreiben vom 28.04.2023 einer Wiederaufnahme des BF zugestimmt hätten.römisch eins.4. Mit Schreiben vom 22.02.2024 teilten die niederländischen Behörden mit, der Wiederaufnahme des BF nicht zuzustimmen, zumal die polnischen Behörden bereits mit Schreiben vom 28.04.2023 einer Wiederaufnahme des BF zugestimmt hätten.
I.5. Am 23.02.2024 richtete das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Polen.römisch eins.5. Am 23.02.2024 richtete das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, der VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Polen.
I.6. Mit Schreiben vom 29.02.2024 teilten die polnischen Behörden ihre Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. c der Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz des BF mit.römisch eins.6. Mit Schreiben vom 29.02.2024 teilten die polnischen Behörden ihre Zuständigkeit gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera c, der Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz des BF mit.
I.7. Mit Verfahrensanordnung vom 04.03.2024 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag zurückzuweisen, zumal aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses davon auszugehen sei, dass der Dublin-Staat Polen für das Verfahren des BF zuständig sei. Zudem wurde mitgeteilt, dass durch die Mitteilung die 20-Tages-Frist im Zulassungsverfahren nicht mehr gelte.römisch eins.7. Mit Verfahrensanordnung vom 04.03.2024 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag zurückzuweisen, zumal aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses davon auszugehen sei, dass der Dublin-Staat Polen für das Verfahren des BF zuständig sei. Zudem wurde mitgeteilt, dass durch die Mitteilung die 20-Tages-Frist im Zulassungsverfahren nicht mehr gelte.
I.8. Am 14.03.2024 gab der BF im Rahmen des Parteiengehörs vor dem BFA an, dass er gestresst sei und am Tag der Einvernahme einen Arzt aufsuchen habe wollen. Er habe Suizidgedanken und wolle vorweg schon bekannt geben, dass es ihm derzeit schlecht gehe. Er habe den heutigen Termin beim Arzt verschoben und werde am 21.03.2024 einen Termin im Krankenhaus XXXX wahrnehmen. Er leide zudem unter Gastritis und nehme dafür auch Medikamente, welche er in Österreich verschrieben erhalten habe. Er sei in Österreich von einem Arzt untersucht worden und habe auch Probleme mit seinen Augen, verwende daher auch Augentropfen.römisch eins.8. Am 14.03.2024 gab der BF im Rahmen des Parteiengehörs vor dem BFA an, dass er gestresst sei und am Tag der Einvernahme einen Arzt aufsuchen habe wollen. Er habe Suizidgedanken und wolle vorweg schon bekannt geben, dass es ihm derzeit schlecht gehe. Er habe den heutigen Termin beim Arzt verschoben und werde am 21.03.2024 einen Termin im Krankenhaus römisch 40 wahrnehmen. Er leide zudem unter Gastritis und nehme dafür auch Medikamente, welche er in Österreich verschrieben erhalten habe. Er sei in Österreich von einem Arzt untersucht worden und habe auch Probleme mit seinen Augen, verwende daher auch Augentropfen.
Betreffend Polen gab der BF an, dass er von polnischen Polizisten misshandelt und geschlagen worden sei, weshalb er denke, dass die Fremdenbehörde dort nicht gegen die Polizei vorgehen würde. Diesbezüglich habe er auch keine Menschenrechtsorganisation aufgesucht, sei jedoch bei einem Arzt gewesen, um seine Verletzungen durch die Polizei zu zeigen. Er könne sich an den Namen des Arztes nicht erinnern, dieser habe jedoch gemeint, dass es nicht so schlimm sei und nach zwei Tagen wieder alles gut sei. Der BF gab zudem an, nicht ganz eine Woche in Polen geblieben zu sein. Zudem hätten die polnischen Behörden mit Gewalt versucht, den BF in den Flieger zu setzen. Er habe sich gewehrt, sodass ihn der Pilot nicht mitgenommen habe und der BF wieder aus dem Flieger aussteigen habe müssen. Sie hätten ihm zudem das Telefon abgenommen und es vernichtet, weil er die Beweise, wie die Polizei in Polen mit ihm umgegangen sei, am Handy gehabt habe. Nachdem der BF nicht mitgeflogen sei, hätten die polnischen Behörden beabsichtigt, den BF nach Serbien zu schicken, weil er aus Baku kommend eigentlich nach Serbien einreiten habe wollen, jedoch bei der Zwischenlandung in Polen ausgestiegen sei. Als er im Camp gewesen sei, habe er Leute kennengelernt, die sieben bis acht Monate in Polen im Gefängnis gewesen und dort auch misshandelt und geschlagen worden seien. Er habe sich mit einem anderen Mann aus dem Jemen ein Zugticket besorgt und sei von Warschau aus nach Deutschland gereist. Schließlich gab der BF an, die Seite 8 der aktuellen Länderfeststellungen zu Polen zu beanstanden, zumal dieser Punkt bestätige, was er dort erlebt habe.
Im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA stimmte der BF der Einholung von medizinischen Befunden und ärztlichen Unterlagen schriftlich zu.
I.9. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 17.04.2024 (zugestellt am 17.04.2024) wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO Polen für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Polen gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).römisch eins.9. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 17.04.2024 (zugestellt am 17.04.2024) wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera d, der Dublin III-VO Polen für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Polen gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Dem Bescheid sind aktuelle Feststellungen zu Polen zu entnehmen (fallrelevant gekürzt):
Allgemeines zum Asylverfahren
Letzte Änderung 2023-07-05 11:19
In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Ausländeramt (poln.: Urzad do Spraw Cudzoziemcow [UDSC]; engl.: Office for Foreigners), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 5.2023; vgl. UDSC o.D.a).
Im Jahr 2022 wurden 9.933 Asylanträge gestellt. Im selben Zeitraum erhielten 372 Personen internationalen Schutz, 4.594 subsidiären Schutz, 28 humanitären Schutz und 1.602 eine negative Entscheidung ("Rejection"). Im Jahr 2022 wurden 1.531 erstinstanzliche Asylentscheidungen vor dem Refugee Board (1. Beschwerdeinstanz) bekämpft. Es hat in 1.449 Fällen die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt; in sechs Fällen wurde den Beschwerdeführern Flüchtlingsstatus zuerkannt, dafür in keinem Fall ein subsidiärer Schutz vergeben. 277 Beschwerden waren bei Jahresende 2022 noch anhängig. Im selben Jahr 2022 gab es 307 Beschwerden an das Wojwodschaftsverwaltungsgericht in Warschau (2. Beschwerdeinstanz), welches in 44 Fällen die Entscheidung der Verwaltungsbehörden (entweder die Entscheidung des Refugee Board oder beide Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz) aufhob und in 176 Fällen die Beschwerde abwies. In 76 Fällen reichten die Antragsteller im Jahr 2022 Kassationsbeschwerde beim Obersten Verwaltungsgerichtshof ein. Der Oberste Verwaltungsgerichtshof hob in zwei Fällen das Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts sowie in 2 Fällen die Entscheidung des Refugee Boards auf. 72 Kassationsbeschwerden wurden abgewiesen (AIDA 5.2023). In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Ausländeramt (poln.: Urzad do Spraw Cudzoziemcow [UDSC]; engl.: Office for Foreigners), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 5.2023; vergleiche UDSC o.D.a).
Im Jahr 2022 wurden 9.933 Asylanträge gestellt. Im selben Zeitraum erhielten 372 Personen internationalen Schutz, 4.594 subsidiären Schutz, 28 humanitären Schutz und 1.602 eine negative Entscheidung ("Rejection"). Im Jahr 2022 wurden 1.531 erstinstanzliche Asylentscheidungen vor dem Refugee Board (1. Beschwerdeinstanz) bekämpft. Es hat in 1.449 Fällen die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt; in sechs Fällen wurde den Beschwerdeführern Flüchtlingsstatus zuerkannt, dafür in keinem Fall ein subsidiärer Schutz vergeben. 277 Beschwerden waren bei Jahresende 2022 noch anhängig. Im selben Jahr 2022 gab es 307 Beschwerden an das Wojwodschaftsverwaltungsgericht in Warschau (2. Beschwerdeinstanz), welches in 44 Fällen die Entscheidung der Verwaltungsbehörden (entweder die Entscheidung des Refugee Board oder beide Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz) aufhob und in 176 Fällen die Beschwerde abwies. In 76 Fällen reichten die Antragsteller im Jahr 2022 Kassationsbeschwerde beim Obersten Verwaltungsgerichtshof ein. Der Oberste Verwaltungsgerichtshof hob in zwei Fällen das Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts sowie in 2 Fällen die Entscheidung des Refugee Boards auf. 72 Kassationsbeschwerden wurden abgewiesen (AIDA 5.2023).
Es gibt auch einen nationalen Schutzstatus namens Asyl. Wenn es im Interesse des Staates liegt, kann ein Fremder in einem separaten Verfahren diese Schutzform erhalten. Die Entscheidung ist also eine politische und im Laufe der Jahre wurde dieses Verfahren nur sehr selten angewendet (acht positive Fälle im Jahr 2022, drei Fälle 2021 und vier Fälle 2020) (AIDA 5.2023). (Wenn in dieser Länderinformation von "Asyl" die Rede ist, ist ausdrücklich internationaler Schutz und nicht die nationale Schutzform Asyl gemeint, es sei denn, es wird anderes angemerkt; Anm. der Staatendokumentation.)Es gibt auch einen nationalen Schutzstatus namens Asyl. Wenn es im Interesse des Staates liegt, kann ein Fremder in einem separaten Verfahren diese Schutzform erhalten. Die Entscheidung ist also eine politische und im Laufe der Jahre wurde dieses Verfahren nur sehr selten angewendet (acht positive Fälle im Jahr 2022, drei Fälle 2021 und vier Fälle 2020) (AIDA 5.2023). (Wenn in dieser Länderinformation von "Asyl" die Rede ist, ist ausdrücklich internationaler Schutz und nicht die nationale Schutzform Asyl gemeint, es sei denn, es wird anderes angemerkt; Anmerkung der Staatendokumentation.)
Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung 2023-07-05 11:20
Hat ein Antragsteller Polen verlassen, ohne sein Asylverfahren abzuwarten, kann dieses innerhalb von neun Monaten ab Einstellung wiedereröffnet werden. Sind diese neun Monate verstrichen, wird der Antrag als Folgeantrag betrachtet und auf Zulässigkeit geprüft. Wurde Polen während einer laufenden Beschwerde verlassen und das Beschwerdeverfahren vom Refugee Board (1. Beschwerdeinstanz) folglich eingestellt, gibt es keine Möglichkeit, dieses wieder aufzunehmen, auch nicht innerhalb der Frist von neun Monaten - ein neuerlicher Antrag des Rückkehrers würde als Folgeantrag betrachtet. Im Jahr 2022 wurden 4.089 Asylverfahren eingestellt, die überwiegende Mehrheit, weil der Antrag implizit zurückgezogen wurde (z. B. Nichtmeldung in der Aufnahmeeinrichtung nach Antragstellung; Verlassen der Aufnahmeeinrichtung ohne Rückkehr innerhalb von 7 Tagen; Nichterscheinen zum Interview; Verlassen des Landes). Im selben Jahr 2022 registrierte die Asylbehörde 176 Anträge auf Wiedereröffnung des Verfahrens, die innerhalb der 9-Monats-Frist eingereicht wurden. Über die Zahl der Anträge, die nach Ablauf der Neunmonatsfrist gestellt wurden, liegen keine Informationen vor, aber 1.913 Personen haben 2022 einen Folgeantrag gestellt, von denen 792 als unzulässig betrachtet wurden (AIDA 5.2023).
Dublin-Rückkehrer nach Polen haben grundsätzlich Zugang zum Asylverfahren, sowie zu Unterbringung und Versorgung. Befindet sich der Rückkehrer in einem laufenden Asylverfahren oder stellt er einen weiteren Asylantrag oder wurde sein Verfahren zwar eingestellt, kann aber wiedereröffnet werden, kann der Rückkehrer an ein offenes Unterbringungszentrum verwiesen werden. Bei begründeter Fluchtgefahr ist auch geschlossene Unterbringung in einem bewachten Flüchtlingszentrum möglich, wobei auch Alternativen zur Haft anwendbar sind. Stellt der Rückkehrer einen Erstantrag auf internationalen Schutz, muss er zunächst die Erstaufnahme durchlaufen. Möchte der Rückkehrer keinen Asylantrag in Polen stellen und hat er auch sonst keine legalen Gründe für einen Aufenthalt in Polen, wird ein Verfahren eingeleitet, um den Ausländer zur Rückkehr zu verpflichten, in dessen Rahmen auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen geprüft werden. Besteht Fluchtgefahr, beantragt die Behörde gerichtlich die geschlossene Unterbringung (VB 27.6.2023).
Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Letzte Änderung 2023-07-05 11:38
Die Identifizierung von vulnerablen Gruppen geschieht durch die Grenzwache bei der Registrierung des Asylantrags bzw. durch die Asylbehörde. Als vulnerabel gelten in Polen laut Gesetz Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, Alleinerziehende, Opfer von Menschenhandel, ernsthaft Kranke, psychisch Beeinträchtigte, Folteropfer und Opfer psychischer, physischer bzw. sexueller Gewalt. Die Behörde ist verpflichtet, bei Verfahren von Angehörigen dieser Gruppen unmittelbar nach Antragstellung, bzw. zu jedem Zeitpunkt im Verfahren, zu prüfen, ob sie spezielle Bedürfnisse haben. Dazu kann die Behörde eine medizinische oder psychologische Untersuchung des Antragstellers veranlassen. Betroffene können eine solche Untersuchung auch selbst veranlassen, müssen diese dann aber auch selbst finanzieren. Wer die Untersuchung verweigert hat auch keinen Anspruch auf besondere Behandlung. Typischerweise wird ein Gespräch mit einem Psychologen arrangiert, wenn der Antragsteller in seinem Asylantrag relevante psychische Probleme andeutet. Der Psychologe empfiehlt dann, ob der Antragsteller als vulnerabel zu behandeln ist. Seit Juni 2019 wird jeder Asylwerber, der den sogenannten epidemiologischen Filter (medizinische Eingangsuntersuchung) durchläuft, auch einem Vulnerabilitätsscreening unterzogen. NGOs behaupten regelmäßig, dass das im polnischen Gesetz vorgesehene Identifikationssystem für Vulnerable in der Praxis nicht funktioniert. Besonders moniert wird, dass die Behörde prinzipiell keine Experten hinzuziehen muss, um Folteropfer zu identifizieren. An der Grenze wendet die Grenzwache eigene Identifizierungsmechanismen an, um Opfer von Menschenhandel oder von Folter zu erkennen bzw. um die Haftfähigkeit festzustellen. Auch diese sind Gegenstand der Kritik (AIDA 5.2023).
Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen sind entsprechend unterzubringen. Spezielle Unterbringungsbedürfnisse bestehen, wenn Folgendes notwendig ist: behindertengerechte Unterbringung;
Unterbringung in einem Einzelzimmer für alleinstehende Frauen mit Kindern; Unterbringung in einer medizinischen (Pflege-)Einrichtung (auch wegen psychologischer Gründe); Beachtung angepasster Ernährung. Behinderte, Alte, Schwangere und Alleinerziehende sind nach Antragstellung, Dublin-Rückkehr oder etwaiger Entlassung aus Haft, von der Grenzwache in ein Unterbringungszentrum zu transportieren, was aber in der Praxis selten vorkommt. Andere vulnerable Gruppen müssen generell selbst dorthin reisen. Einige der Unterbringungszentren in Polen sind behindertengerecht angepasst. Einige Zentren haben spezielle Eingänge und Bäder für Rollstuhlfahrer, andere Zentren haben gewisse Maßnahmen für diese Gruppe umgesetzt. Das Ausländeramt gibt an, dass es den Transport für die medizinischen Untersuchungen und Rehabilitationsmaßnahmen sowie bei Bedarf auch Spezialgeräte bereitstellt. Für traumatisierte und andere vulnerable Asylwerber gibt es kein eigenes Zentrum. Das Zentrum für alleinstehende Frauen und solche mit Kindern in Warschau wurde im August 2021 geschlossen und Frauen mit Kindern daher 2022 im Aufnahmezentrum Podkowa Le?na-D?bak in einem separaten, eigens für diesen Zweck renovierten Gebäude, untergebracht. Ein weiteres Zentrum für alleinstehende Frauen und solche mit Kindern in Jachranka ist in Planung. Das Gesetz fördert für alleinstehende Frauen das Leben außerhalb des Zentrums. Wenn nötig wird eine finanzielle Unterstützung gewährt (AIDA 5.2023).
Die Gesetze sehen Identifizierungsmechanismen für unbegleitete Minderjährige vor. Wenn Zweifel an der Minderjährigkeit eines Antragstellers bestehen, ist mit Zustimmung des Antragstellers bzw. seines Vertreters, eine medizinische Altersfeststellung vorgesehen, die unter Wahrung der Würde und unter Anwendung der am wenigsten invasiven Methode vorzunehmen ist. Im Zweifelsfall wird die Minderjährigkeit angenommen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, wird der Betreffende als Erwachsener behandelt (AIDA 5.2023; vgl. UDSC o.D.c).Die Gesetze sehen Identifizierungsmechanismen für unbegleitete Minderjährige vor. Wenn Zweifel an der Minderjährigkeit eines Antragstellers bestehen, ist mit Zustimmung des Antragstellers bzw. seines Vertreters, eine medizinische Altersfeststellung vorgesehen, die unter Wahrung der Würde und unter Anwendung der am wenigsten invasiven Methode vorzunehmen ist. Im Zweifelsfall wird die Minderjährigkeit angenommen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, wird der Betreffende als Erwachsener behandelt (AIDA 5.2023; vergleiche UDSC o.D.c).
Die Gesetze sehen vor, dass für unbegleitete Minderjährige vom lokal zuständigen Bezirksfamiliengericht ein Vormund (Kurator) bestimmt werden muss, was in der Praxis auch ausnahmslos der Fall ist. Die Frist zur Bestellung beträgt drei Tage, zu ihrer Einhaltung in der Praxis gibt es aber keine Berichte. Der Vormund ist zuständig für das Asylverfahren, soziale Betreuung und gegebenenfalls freiwillige Rückkehr. In den letzten Jahren gab es in der Praxis Probleme mit der zu geringen Zahl an geeigneten Kandidaten für eine Vormundschaft. Meist werden NGO-Mitarbeiter oder entsprechend engagierte Rechtswissenschaftsstudenten bestellt. Der Vormund soll während des Asylinterviews des unbegleiteten Minderjährigen anwesend sein, ebenso ein Psychologe. NGOs kritisieren mangelnden oder gänzlich fehlenden Kontakt mancher Vormunde zu ihren Schutzbefohlenen und einen Mangel an (kindgerechter) Information für UMA über ihre rechtliche Situation. Vormunde werden nicht durch Übersetzer unterstützt, was die Kommunikation zusätzlich erschwert (AIDA 5.2023; vgl. UDSC o.D.b). Die Gesetze sehen vor, dass für unbegleitete Minderjährige vom lokal zuständigen Bezirksfamiliengericht ein Vormund (Kurator) bestimmt werden muss, was in der Praxis auch ausnahmslos der Fall ist. Die Frist zur Bestellung beträgt drei Tage, zu ihrer Einhaltung in der Praxis gibt es aber keine Berichte. Der Vormund ist zuständig für das Asylverfahren, soziale Betreuung und gegebenenfalls freiwillige Rückkehr. In den letzten Jahren gab es in der Praxis Probleme mit der zu geringen Zahl an geeigneten Kandidaten für eine Vormundschaft. Meist werden NGO-Mitarbeiter oder entsprechend engagierte Rechtswissenschaftsstudenten bestellt. Der Vormund soll während des Asylinterviews des unbegleiteten Minderjährigen anwesend sein, ebenso ein Psychologe. NGOs kritisieren mangelnden oder gänzlich fehlenden Kontakt mancher Vormunde zu ihren Schutzbefohlenen und einen Mangel an (kindgerechter) Information für UMA über ihre rechtliche Situation. Vormunde werden nicht durch Übersetzer unterstützt, was die Kommunikation zusätzlich erschwert (AIDA 5.2023; vergleiche UDSC o.D.b).
Unbegleitete Minderjährige werden nicht in den Aufnahmezentren untergebracht. Nach der gerichtlichen Ernennung des Vormunds können sie in Pflegeeinrichtungen oder Pflegefamilien untergebracht werden, sodass sie in der Praxis nicht mit Erwachsenen untergebracht werden. Bis das Gericht über die Unterbringung eines Minderjährigen in einer regulären Jugendhilfeeinrichtung entscheidet, bleibt er bei einer professionellen Pflegefamilie, die als Notunterkunft fungiert, oder in einer Jugendhilfeeinrichtung für Krisensituationen. Derzeit werden unbegleitete Minderjährige in verschiedenen Einrichtungen in ganz Polen untergebracht. Wenn das Asylverfahren mit einem negativen Bescheid abgeschlossen ist, bleibt der Minderjährige in derselben Pflegefamilie oder Einrichtung (AIDA 5.2023; vgl. UDSC o.D.b). Unbegleitete Minderjährige werden nicht in den Aufnahmezentren untergebracht. Nach der gerichtlichen Ernennung des Vormunds können sie in Pflegeeinrichtungen oder Pflegefamilien untergebracht werden, sodass sie in der Praxis nicht mit Erwachsenen untergebracht werden. Bis das Gericht über die Unterbringung eines Minderjährigen in einer regulären Jugendhilfeeinrichtung entscheidet, bleibt er bei einer professionellen Pflegefamilie, die als Notunterkunft fungiert, oder in einer Jugendhilfeeinrichtung für Krisensituationen. Derzeit werden unbegleitete Minderjährige in verschiedenen Einrichtungen in ganz Polen untergebracht. Wenn das Asylverfahren mit einem negativen Bescheid abgeschlossen ist, bleibt der Minderjährige in derselben Pflegefamilie oder Einrichtung (AIDA 5.2023; vergleiche UDSC o.D.b).
Im Jahr 2022 stellten 217 unbegleitete Minderjährige in Polen einen Asylantrag (gegenüber 199 im Jahr 2021). Nach Angaben des Ausländeramtes wird die überwiegende Mehrheit der Verfahren aufgrund der stillschweigenden Zurückziehung des Antrags (d. h., die Minderjährigen verlassen die Zentren und kehren nicht zurück) eingestellt. Im Falle einiger Nationalitäten (z. B. Vietnamesen) liegt der Prozentsatz der eingestellten Anträge bei 100 % (AIDA 5.2023).
Die medizinische und psychologische Betreuung unbegleiteter Minderjähriger in Pflege- und Betreuungseinrichtungen erfolgt am Ort der Unterbringungseinrichtung (UDSC o.D.b).
Alle in Polen aufhältigen Minderjährigen unterliegen bis zum Alter von 18 Jahren der Schulpflicht. Es besteht gleicher Zugang zu öffentlichen Schulen wie für polnische Staatsbürger. Im September 2022 besuchten 912 asylwerbende Kinder 231 öffentliche Schulen und Kindergärten in Polen. 226 von ihnen lebten in Unterbringungszentren. Die Polnisch-Kurse und Vorbereitungsklassen gelten als unzureichend. Das polnische Bildungssystem nimmt nicht genug Rücksicht auf die speziellen Bedürfnisse dieser Schüler, aber auch Fluktuation durch Weiterreise der Familien nach Westeuropa ist ein Problem. 2022 wurde das polnische Bildungssystem durch den starken Zustrom ukrainischer Schüler zusätzlich belastet (AIDA 5.2023).
Non-Refoulement
Letzte Änderung 2023-07-05 11:44
Gemäß polnischem Asylgesetz gilt ein Asylantrag als unzulässig, wenn ein anderes Land existiert, in dem der Antragsteller als Flüchtling behandelt wird und dort Schutz genießen kann bzw. in anderer Form vor Refoulement geschützt ist („first country of asylum“). 2022 wurde die „first country of asylum“-Bestimmung in keinem Fall angewendet (AIDA 5.2023).
Am 30. Juni 2022 erließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Urteile in zwei Fällen, die kollektive Abschiebungen an der polnisch-weißrussischen Grenze betrafen: A. B. und andere gegen Polen und A. I. und andere gegen Polen. In beiden Fällen geht es um Zurückschiebungen am offiziellen Grenzübergang Terespol im Jahr 2017. In beiden Fällen stellte der EGMR einen Verstoß gegen die Artikel 3 und 13 der EMRK und Artikel 4 des Protokolls Nr. 4 der Konvention fest. Im ersten der beiden Fälle stellte der EGMR auch eine Verletzung von Artikel 34 der EMRK fest (AIDA 5.2023).Am 30. Juni 2022 erließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Urteile in zwei Fällen, die kollektive Abschiebungen an der polnisch-weißrussischen Grenze betrafen: A. B. und andere gegen Polen und A. römisch eins. und andere gegen Polen. In beiden Fällen geht es um Zurückschiebungen am offiziellen Grenzübergang Terespol im Jahr 2017. In beiden Fällen stellte der EGMR einen Verstoß gegen die Artikel 3 und 13 der EMRK und Artikel 4 des Protokolls Nr. 4 der Konvention fest. Im ersten der beiden Fälle stellte der EGMR auch eine Verletzung von Artikel 34 der EMRK fest (AIDA 5.2023).
Situation an der polnisch-belarussischen Grenze
Letzte Änderung 2023-07-05 11:45
Am 14. Oktober 2021 nahm das polnische Parlament ein Gesetz an, das es ermöglicht, einer Person, die illegal einreist, auf Beschluss des örtlichen Grenzschutzchefs das Verlassen des polnischen Hoheitsgebiets anzuordnen. Kritiker bezeichneten dies als Legalisierung von Pushbacks. Gegen eine solche Entscheidung kann zwar beim Kommandeur des Grenzschutzes Beschwerde eingelegt werden, das bedeutet jedoch nicht die Aussetzung des Ausreisebefehls. Das Gesetz sieht auch die Befugnis des Leiters der Ausländerbehörde vor, einen Antrag auf internationalen Schutz eines Ausländers, der unmittelbar nach dem illegalen Grenzübertritt gestellt wird, nicht zu berücksichtigen (ECRE 15.10.2021; vgl. USDOS 20.3.2023). Am 14. Oktober 2021 nahm das polnische Parlament ein Gesetz an, das es ermöglicht, einer Person, die illegal einreist, auf Beschluss des örtlichen Grenzschutzchefs das Verlassen des polnischen Hoheitsgebiets anzuordnen. Kritiker bezeichneten dies als Legalisierung von Pushbacks. Gegen eine solche Entscheidung kann zwar beim Kommandeur des Grenzschutzes Beschwerde eingelegt werden, das bedeutet jedoch nicht die Aussetzung des Ausreisebefehls. Das Gesetz sieht auch die Befugnis des Leiters der Ausländerbehörde vor, einen Antrag auf internationalen Schutz eines Ausländers, der unmittelbar nach dem illegalen Grenzübertritt gestellt wird, nicht zu berücksichtigen (ECRE 15.10.2021; vergleiche USDOS 20.3.2023).
Diese, von Kritikern als Pushback-Politik bezeichnete Vorgehensweise wurde zumindest für einen Teil des Jahres 2022 fortgesetzt, obwohl polnische Gerichte sie in Urteilen als unrechtmäßig bezeichneten (FH 2023). In vier Urteilen hat das Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Warschau Ausreiseaufforderungen des Kommandanten des Grenzschutzes, welche auf der Grundlage der Änderungen des Ausländergesetzes erlassen worden waren, aufgehoben. Zwischen Oktober 2021 und Dezember 2022 erließ der EGMR fast 100 einstweilige Anordnungen gemäß Artikel 39 an die polnischen Behörden, von der Rückführung der Antragsteller nach Belarus abzusehen, da dies eine Verletzung von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellen könnte (AIDA 5.2023).
Versorgung
Letzte Änderung 2023-07-05 11:48
Das Ausländeramt (Asylbehörde) ist zuständig für die Versorgung der Asylwerber in Polen. Nach Antragstellung besteht das Recht auf Versorgung ab dem Zeitpunkt der Registrierung in einem Erstaufnahmezentrum. Dies sollte binnen zwei Tagen erfolgen, da ansonsten das Verfahren eingestellt wird (AIDA 5.2023; vgl. UDSC o.D.c), was 2022 427 Mal der Fall war (AIDA 5.2023).Das Ausländeramt (Asylbehörde) ist zuständig für die Versorgung der Asylwerber in Polen. Nach Antragstellung besteht das Recht auf Versorgung ab dem Zeitpunkt der Registrierung in einem Erstaufnahmezentrum. Dies sollte binnen zwei Tagen erfolgen, da ansonsten das Verfahren eingestellt wird (AIDA 5.2023; vergleiche UDSC o.D.c), was 2022 427 Mal der Fall war (AIDA 5.2023).
Aufnahmebedingungen werden gewährt bis 2 Monate nach einer endgültigen positiven Asylentscheidung; oder bis 14 Tage nach einer rechtskräftigen Entscheidung über die Einstellung des Asylverfahrens (z. B. in Zulassungsverfahren); oder bis 30 Tage nach einer endgültigen negativen Asylentscheidung der Asylbehörde oder der ersten Beschwerdeinstanz, nicht aber während weiterer Beschwerden vor einem Woiwodschaftsverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, außer das Gericht erkennt dieses Recht wieder zu. In der Praxis umgehen Antragsteller dieses Problem, indem sie rechtzeitig Folgeanträge stellen (AIDA 5.2023).
Wurde ohne Schuld des Antragstellers nach sechs Monaten noch keine Entscheidung in seinem Asylverfahren getroffen, hat er unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. In der Praxis sind aber die Unterbringungszentren oft weit von Arbeitsmöglichkeiten entfernt, in strukturschwachen Gegenden gelegen. Auch die Sprachbarriere und Diskriminierung, z. B. bei der Bezahlung, sind ein Problem (AIDA 5.2023).
Auf der Webseite der Behörde ist eine Liste mit mehr als 20 Organisationen verfügbar, welche Asylwerbern/Fremden verschiedenste Hilfestellung bieten (UDSC o.D.c).
Unterbringung
Letzte Änderung 2023-07-05 12:18
Es gibt zwei Formen von materiellen Aufnahmebedingungen. Die Asylwerber können in einem Aufnahmezentrum wohnen oder finanzielle Unterstützung erhalten, welche die Kosten für die private Unterbringung decken soll. Letztere Möglichkeit ist beliebter (AIDA 5.2023).
Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, Mahlzeiten (oder PLN 11,- (EUR 2,33)/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,- (EUR 11,93)/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,- (EUR 4,24)/Monat) und eine Einmalzahlung für Bekleidung (PLN 140,- (EUR 29,41). Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten PLN 25,- (EUR 5,30)/Tag für eine Einzelperson bis hin zu PLN 12,50 (EUR 2,65)/Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern als finanzielle Beihilfe. Beide Gruppen erhalten einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung (AIDA 5.2022; vgl. UDSC o.D.d). Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, Mahlzeiten (oder PLN 11,- (EUR 2,33)/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,- (EUR 11,93)/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,- (EUR 4,24)/Monat) und eine Einmalzahlung für Bekleidung (PLN 140,- (EUR 29,41). Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten PLN 25,- (EUR 5,30)/Tag für eine Einzelperson bis hin zu PLN 12,50 (EUR 2,65)/Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern als finanzielle Beihilfe. Beide Gruppen erhalten einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung (AIDA 5.2022; vergleiche UDSC o.D.d).
Die Höhe der Unterstützung für Asylwerber wird als zu gering kritisiert, um in Polen außerhalb der Zentren einen angemessenen Lebensstandard führen zu können. Vor allem Mieten in Warschau, wo die meisten Asylwerber ihr Asylverfahren abwickeln, sind damit schwer bis unmöglich abzudecken. Asylwerber außerhalb der Zentren wohnen daher oft zu mehreren in beengten Wohnungen und unsicheren Verhältnissen. Daher arbeiten viele Asylwerber illegal, um ihre Mieten bezahlen zu können. Die Höhe der Zulagen für Asylwerber wurde seit 2003 nicht erhöht, auf europäischen Druck wurde zwar der legislative Prozess der Anhebung gestartet, das Gesetz aber nicht angenommen. Lediglich das Essensgeld im Zentrum wurde von PLN 9 auf 11 erhöht (AIDA 5.2023).
Offiziell gibt es keine Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylwerbern. Wer jedoch in einem Zentrum untergebracht ist, darf dieses nicht grundlos für mehr als zwei Tage verlassen. Die Asylbehörde entscheidet, in welche Aufnahmeeinrichtung Asylsuchende aufgenommen werden. In der Praxis bleiben Kernfamilien normalerweise im selben Zentrum. Auch Vulnerabilität oder die Fortsetzung der medizinischen Behandlung wird bei dieser Entscheidung berücksichtigt. Aus dem Erstaufnahmezentrum werden Asylwerber nach einigen Tagen in andere Zentren verlegt (je nachdem, wie lange das epidemiologische Filterverfahren dauert usw.) (AIDA 5.2023).
In Polen gibt es neun Unterbringungszentren mit insgesamt 1.714 Plätzen. Das Zentrum Bia?a Podlaska war 2023 das einzig verbliebene Erstaufnahmezentrum (für Registrierung, medizinische Untersuchungen usw.). Die übrigen Zentren, Bia?ystok, Czerwony Bór, Bezwola, ?uków, Grupa und Linin, Podkowa Le?na-D?bak und Kolonia-Horbów sind über ganz Polen verstreute Unterbringungszentren und außer Bia?ystok alle in ländlichen Gebieten und zum Teil schwer zu erreichen. 2022 gab es in den Zentren keine Probleme mit Überbelegung. Alle Zentren unterstehen der polnischen Asylbehörde UDSC, fünf der Zentren werden von Vertragspartnern geführt. Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren sind unterschiedlich. Gewisse Grundlagen müssen vertraglich erfüllt werden, der Rest ist abhängig vom Willen und den finanziellen Möglichkeiten des Vertragspartners. Die Unterbringungsbedingungen haben sich generell in den letzten Jahren verbessert, werden laut NGOs von den Untergebrachten aber als eher dürftig bewertet. Die meisten Beschwerden gibt es über das Essen und die Unterbringungsbedingungen. Alle diese Zentren sind offen, das bedeutet sie dürfen bis 23.00 Uhr frei verlassen und betreten werden (AIDA 5.2023).
UNHCR meldete keine größeren oder anhaltenden Probleme mit Misshandlung in Asylwerberunterkünften. In den Zentren kam es zu einigen Vorfällen von geschlechtsspezifischer Gewalt, aber lokale Reaktionsteams unter Beteiligung von Ärzten, Psychologen, Polizisten und Sozialarbeitern kümmerten sich um diese Fälle (USDOS 20.3.2023).
Ende 2022 lebten 732 Asylwerber in den Zentren und 2.963 lebten außerhalb der Zentren und erhielten entsprechende Unterstützung (AIDA 5.2023).
Derzeit verfügt Polen über sechs geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers) mit zusammen 1.052 Plätzen und ein sogenanntes rigoroses Haftzentrum mit 24 Plätzen. Geschlossene Zentren sind für Asylwerber und Migranten gleichermaßen verwendbar. Ein rigoroses Haftzentrum ist gefängnisähnlicher und dient etwa der Unterbringung von Personen, welche die Regeln in geschlossenen Zentren verletzt haben. Geschlossene Unterbringung ist für Asylwerber in Polen prinzipiell in jeglichem Verfahren aus einer Reihe von Gründen (z. B. Identitätsabklärung, Fluchtgefahr, Sicherheitsgründe) für max. sechs Monate und möglich. Fremde können nach dem Ausländergesetz für maximal 18 Monate inhaftiert werden. In Haft gestellte Asylanträge, werden prinzipiell priorisiert, das bedeutet aber nicht, dass sie deswegen schneller abgeschlossen werden (AIDA 5.2023).
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung 2023-07-05 13:28
Asylwerber in Polen haben ab Registrierung ihres Asylantrags (in Notfällen schon ab Asylantragstellung) das gesetzlich garantierte Recht auf medizinische Versorgung im selben Ausmaß wie für versicherte polnische Staatsbürger. Dieses Recht besteht auch dann weiter, wenn die materielle Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder eingestellt wird. Die medizinische Versorgung von Asylwerber wird öffentlich finanziert. Die medizinische Grundversorgung wird über die Krankenreviere der Unterbringungszentren gewährleistet, in denen pro 120 Asylwerber ein Arzt sechs Ordinationsstunden und eine Pflegekraft 20 Ordinationsstunden leisten. Für je 50 weitere Asylwerber sind je 3 Stunden pro Woche mehr für Arzt und Pflegekraft vorgesehen. Sie kommen mindestens dreimal die Woche ins Zentrum. Zusätzlich sind für je 50 Kinder im Zentrum vier Ordinationsstunden pro Woche für einen Kinderarzt mit zusätzlichen zwei Stunden für je 20 weitere Kinder vorgesehen. Ein Kinderarzt kommt mindestens an zwei Tagen pro Woche ins Zentrum (AIDA 5.2023).
Für Personen mit psychischen Problemen arbeiten in allen Zentren Psychologen im Ausmaß von zumindest vier Wochenstunden pro 120 Asylwerber mit zusätzlich einer Stunde für je 50 weitere Asylwerber. Diese Psychologen bieten grundlegende Konsultationen an. Weiterführend können die Patienten an einen Psychiater oder ein psychiatrisches Krankenhaus überwiesen werden. 2022 wurde die psychologische Unterstützung durch die NGO Fundacja Polskie Forum Migracyjne bereitgestellt. Nach Ansicht einiger Experten und vieler NGOs ist eine spezialisierte Behandlung von Folteropfern bzw. traumatisierten Asylwerbern in der Praxis nicht verfügbar. NGOs beklagen unzureichende Behandlungsmöglichkeiten für Personen mit PTBS, da die verfügbare psychologische Unterstützung als Intervention und nicht als reguläre Therapie betrachtet wird. Es mangelt an Psychologen, die darauf vorbereitet sind, mit schutzbedürftigen und traumatisierten Asylwerbern zu arbeiten. Es gibt zu wenig spezialisierte NGOs, die psychologische Konsultationen und Behandlungen für Asylwerber anbieten (AIDA 5.2023).
Die medizinische Versorgung von Asylwerbern wird durch die Firma Petra Medica gewährleistet, mit der die Behörde einen Vertrag abgeschlossen hat, dessen Umsetzung auch überwacht wird. Es gibt Kritik an der Qualität der im Rahmen dieses Vertrags angebotenen medizinischen Versorgung. Insbesondere wird manchmal Asylwerbern der Zugang zu teureren Behandlungen verweigert und erst nach Interventionen von NGOs und monatelangem Streit gewährt. Eine der größten Hürden beim Zugang zu medizinischer Versorgung sind mangelnde interkulturelle Kompetenz und Sprachkenntnisse. Petra Medica ist verpflichtet für geeignete Übersetzung bei medizinischen/psychologischen Konsultationen zu sorgen, doch NGOs äußern Kritik an der Verfügbarkeit und Qualität dieser Übersetzungen. Ebenfalls ein Problem ist, dass einige der Spitäler, die mit Petra Medica in der Behandlung von Asylwerbern zusammenarbeiten, weit von den Unterbringungszentren entfernt liegen, während die nächstgelegenen medizinischen Einrichtungen von Asylwerbern nur im Notfall frequentiert werden dürfen. Für AW, die außerhalb der Zentren leben, wird die medizinische Versorgung in den Woiwodschaftshauptstädten gewährleistet. Dazu müssen sie sich mit der Hotline von Petra Medica bezüglich Terminen und Rezepten in Verbindung setzen. 2022 hat die polnische Asylbehörde 26 Beschwerden von Asylwerbern betreffend medizinischer Versorgung registriert, u. a. wegen langer Wartezeiten auf Termine, Probleme bei der Abwicklung der Kostenübernahme oder wegen medizinischem Personals (AIDA 5.2023).
Die Gesundheitsversorgung, koordiniert von dem Unternehmen Petra Medica aufgrund des mit dem Ausländeramt geschlossenen Abkommens, umfasst medizinische Reviere in den Zentren, in denen Ärzte und Krankenschwestern medizinische Hilfe leisten, spezialisierte Behandlung, psychologische Betreuung (Psychologen können in Zentren in Anspruch genommen werden; das gilt auch für Personen, die Leistungen außerhalb der Einrichtung erhalten), zahnärztliche Versorgung (in Zahnarztpraxen mit entsprechendem Vertrag) (UDSC o.D.d).
Petra Medica ist gemäß Vertrag mit der Ausländerbehörde UDSC für die Organisation des medizinischen Versorgungssystems für Asylwerber in Polen zuständig. Für Ausländer, die einen Flüchtlingsstatus beantragen und sich beim Sozialamt gemeldet haben, ist die medizinische Versorgung kostenlos, unabhängig davon, ob sie in einem Zentrum für Ausländer oder außerhalb des Zentrums leben. Die von Petra Medica koordinierten Gesundheitsdienste umfassen medizinische Versorgung in Aufnahmezentren, einschließlich eines epidemiologischen Filters, der die Implementierung von Früherkennung für Tuberkulose-, Infektions-, Geschlechts- und Parasitenkrankheiten gewährleistet; medizinische Versorgung in den Unterbringungseinrichtungen durch den Betrieb medizinischer Reviere, in denen grundlegende Gesundheits- und psychologische Betreuung geboten werden; medizinische Versorgung von Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums leben, auf der Grundlage eigener Ressourcen und eines Netzwerks an Partnerinstitutionen. Bei gesundheitlichen Problemen meldet sich der Patient beim Medical Center des nächstgelegenen Ausländerzentrums oder vereinbart einen Termin in einer kooperierenden Einrichtung unter der Helpline-Nummer (22) 112 02 06. Dort werden gegebenenfalls Überweisungen an Fachärzte ausgestellt bzw. autorisiert. Im Falle einer plötzlichen Gefahr für Gesundheit und Leben ist jedes nächstgelegene Krankenhaus etc. ansprechbar. Fachärztliche Leistungen werden in Petra Medica Medical Centers oder anderen medizinischen Einrichtungen erbracht, die vertraglich gebunden sind oder den geltenden Regeln für die Erbringung medizinischer Dienstleistungen unterliegen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Patienten profitieren von der Zahnpflege in Zahnarztpraxen, mit denen Petra Medica Verträge hat. Die Zentren für Ausländer haben ein entwickeltes System der psychologischen Versorgung. Psychologische Hilfe wird vor Ort angeboten. In besonderen Fällen werden Ausländer an spezialisierte psychologische oder psychiatrische Kliniken überwiesen. Stationäre Behandlung in Einrichtungen, die einen Vertrag mit der Krankenkasse oder Petra Medica haben, ist auf der Grundlage einer Überweisung möglich. Rehabilitation wird von der Behörde auf der Grundlage der Meinung eines Facharztes finanziert (PM o.D.).
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten (MedCOI 19.2.2021).
Schutzberechtigte
Letzte Änderung 2023-07-05 13:48
Internationaler Schutz wird unbefristet erteilt. Die Aufenthaltsberechtigungskarte, welche die Nutznießer erhalten, ist für drei Jahre gültig (verlängerbar). Subsidiärer Schutz sowie humanitärer Schutz werden ebenfalls unbefristet erteilt. Die Aufenthaltsberechtigungskarte, welche die Nutznießer in beiden Fällen erhalten, ist für zwei Jahre gültig (verlängerbar) (AIDA 5. 2023; vgl. UDSC o.D. e). Internationaler Schutz wird unbefristet erteilt. Die Aufenthaltsberechtigungskarte, welche die Nutznießer erhalten, ist für drei Jahre gültig (verlängerbar). Subsidiärer Schutz sowie humanitärer Schutz werden ebenfalls unbefristet erteilt. Die Aufenthaltsberechtigungskarte, welche die Nutznießer in beiden Fällen erhalten, ist für zwei Jahre gültig (verlängerbar) (AIDA 5. 2023; vergleiche UDSC o.D. e).
Familienzusammenführung kann sowohl von anerkannten Flüchtlingen wie auch von subsidiär Schutzberechtigten beantragt werden. Wenn dies innerhalb von sechs Monaten ab Statuszuerkennung geschieht, müssen kein Einkommen und keine Unterkunft in Polen nachgewiesen werden (AIDA 5.2023).
Schutzberechtigte dürfen nach Statuszuerkennung noch für max. zwei Monate in der Unterbringung für Asylwerber bleiben. Ende 2022 lebten 1.089 Schutzberechtigte in Unterbringungszentren für Asylwerber. Sie genießen Niederlassungsfreiheit in ganz Polen. Der Staat bietet keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten für Schutzberechtigte und es herrscht generell ein Mangel an Sozialwohnungen und leistbarem Wohnraum, was auch polnische Staatsbürger betrifft. Die allgemeinen Bedingungen für den Erhalt einer Wohnung nach dem Gesetz sind für Flüchtlinge u. a. aufgrund ihres oft kurzen Aufenthalts in Polen schwer zu erfüllen. Die Stadt Warschau, wo die meisten Schutzberechtigten leben, hat neben der Möglichkeit sich im herkömmlichen Wege, um eine Kommunalwohnung zu bewerben, ein spezielles Programm "geschützter Wohnungen" für Fremde in Integrationsprogrammen, welche in der Regel für 12 Monate vergeben werden. Von diesem Programm profitierten zwischen 2011 und 2018 51 Personen. Weiters gibt es ein Programm in Warschau, wo bis zu 20 Schutzberechtigte pro Jahr nach ihrem Integrationsprogramm für eine Kommunalwohnung empfohlen werden können. Außer Warschau bieten auch andere Gemeinden wie Lublin oder Danzig gewisse Wohnprogramme oder Lösungen gezielt für Ausländer an. Es gibt dazu keine belastbaren Zahlen, aber einige Forscher warnen davor, dass die Zahl obdachloser Schutzberechtigter "substanziell" sein könnte. Unterkunft ist eines der wichtigsten Themen für Asylwerber und Schutzberechtigte in Polen. Die Knappheit an leistbarem Wohnraum wird als gewichtiger Grund genannt, warum sich Schutzberechtigte anschicken, Polen zu verlassen und in anderen westeuropäischen Ländern nach besseren Lebensbedingungen zu suchen. Die Situation im Jahr 2022 wurde zusätzlich durch den massenhaften Zuzug von Menschen aus der Ukraine erschwert, wodurch es fast unmöglich wurde, Wohnungen in größeren Städten zu mieten. Schutzberechtigte haben in Polen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt wie polnische Bürger, jedoch sind in der Praxis mangelnde Sprachkompetenz und fehlende Anerkennung von Qualifikationen der Flüchtlinge sowie Diskriminierung ein Problem (AIDA 5.2023).
Schutzberechtigte können binnen 60 Tagen ab Statuszuerkennung die Teilnahme an einem speziellen Individual Integration Program (IPI), das von den Poviat Family Support Centres (Powiatowe Centra Pomocy Rodzinie, PCPR) angeboten wird, beantragen (AIDA 5.2023; vgl. UDSC o.D.f). Das IPI dauert 12 Monate, in denen Integrationshilfe gewährt wird. Diese umfasst unter anderem eine Beihilfe für Polnisch-Kurse, Übernahme der Krankenversicherung und Sozialberatung. Abhängig von der Haushaltsgröße erhalten die Nutznießer zwischen PLN 1.376 (EUR 291) (Einzelperson) und PLN 688 (EUR 145) (4 oder mehr Familienmitglieder) pro Person in den ersten sechs Monaten und zwischen PLN 1.238 (EUR 262) (Einzelperson) und PLN 619 (EUR 131) (4 oder mehr Familienmitglieder) pro Person in den zweiten sechs Monaten des IPI. Das jeweilige PCPR unterstützt die Teilnehmer bei der Suche nach Wohnraum. Die Nutznießer sind verpflichtet, die ganzen 12 Monate am ihnen zugewiesenen Meldeort zu bleiben. Umzüge sind nur aus bestimmten Gründen genehmigbar. Ansonsten hat eine Wohnsitzänderung ein Ende des IPI zur Folge. Auch bei der IPI wird die Höhe der Beihilfen als zu niedrig kritisiert, um damit eine Wohnung mieten zu können (AIDA 5.2023).Schutzberechtigte können binnen 60 Tagen ab