Entscheidungsdatum
23.10.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
L503 2292172-1/11E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.4.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.10.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.4.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.10.2024, zu Recht erkannt:
A.) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.A.) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.B.) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“) – eigenen Angaben zufolge ein syrischer Staatsangehöriger – stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 15.8.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Erstbefragung am 17.8.2022 gab der BF auf die Frage nach seinen Fluchtgründen an, er sei desertiert und werde deshalb vom syrischen Regime gesucht. Er sei eine friedliche Person, wolle keine Waffe tragen und sei deshalb geflüchtet. Er wolle sich keiner Seite anschließen. Auf die Frage nach seinen Rückkehrbefürchtungen gab der BF an, er habe Angst davor, getötet zu werden, weil er desertiert sei.
2. Am 27.3.2024 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden kurz: „BFA“) niederschriftlich einvernommen. Eingangs gab der BF zu seiner Person an, er sei Angehöriger der Volksgruppe der Araber, moslemisch-sunnitischen Glaubens und stamme aus XXXX (geschrieben auch: XXXX oder XXXX , Anmerkung des BVwG) im Gouvernement ar-Raqqa. Vorgelegt wurde vom BF unter anderem ein Personenregisterauszug, ein Schreiben der Schule an die Wehrdienstabteilung, ein militärisches Schreiben betreffend Blutgruppe des BF, eine Heiratsurkunde sowie Auszüge aus dem Familienbuch. In Syrien würden nach wie vor seine Eltern (ca. 80 bzw. 70 Jahre alt), seine Ehefrau (er habe im Jahr 2021 an der türkisch/syrischen Grenze geheiratet), zwei Schwestern, eine Halbschwester sowie zwei Brüder im Alter von ca. 36 bzw. 39 Jahren leben. Weitere drei Brüder und ein Halbbruder würden in Saudi-Arabien und ein Bruder in Deutschland leben; eine weitere Halbschwester lebe ebenfalls in Deutschland und ein weiterer Halbbruder in Saudi-Arabien. Sein 23 Jahre alter, weiterer Bruder XXXX befinde sich hier in Österreich.2. Am 27.3.2024 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden kurz: „BFA“) niederschriftlich einvernommen. Eingangs gab der BF zu seiner Person an, er sei Angehöriger der Volksgruppe der Araber, moslemisch-sunnitischen Glaubens und stamme aus römisch 40 (geschrieben auch: römisch 40 oder römisch 40 , Anmerkung des BVwG) im Gouvernement ar-Raqqa. Vorgelegt wurde vom BF unter anderem ein Personenregisterauszug, ein Schreiben der Schule an die Wehrdienstabteilung, ein militärisches Schreiben betreffend Blutgruppe des BF, eine Heiratsurkunde sowie Auszüge aus dem Familienbuch. In Syrien würden nach wie vor seine Eltern (ca. 80 bzw. 70 Jahre alt), seine Ehefrau (er habe im Jahr 2021 an der türkisch/syrischen Grenze geheiratet), zwei Schwestern, eine Halbschwester sowie zwei Brüder im Alter von ca. 36 bzw. 39 Jahren leben. Weitere drei Brüder und ein Halbbruder würden in Saudi-Arabien und ein Bruder in Deutschland leben; eine weitere Halbschwester lebe ebenfalls in Deutschland und ein weiterer Halbbruder in Saudi-Arabien. Sein 23 Jahre alter, weiterer Bruder römisch 40 befinde sich hier in Österreich.
Zu seinen Fluchtgründen brachte der BF zusammengefasst vor, er sei 2010 oder 2011 von der Militärpolizei verhaftet worden, weil er den Militärdienst nicht habe freiwillig antreten wollen. Im Anschluss an seine Inhaftierung habe er dann den Militärdienst begonnen, wobei er im Jahr 2013, nach einem zunächst misslungenen Fluchtversuch, letztlich erfolgreich desertiert sei. Anlässlich seiner Flucht seien er bzw. jene Rekruten, die mit ihm desertiert seien, von ihrer Einheit unter Beschuss genommen worden. Ihm sei dessen ungeachtet – unter Mithilfe der FSA - die Flucht in das damals außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes stehende Heimatdorf XXXX gelungen, wo er bis zu seiner Ausreise in die Türkei im Jahr 2015 gelebt habe.Zu seinen Fluchtgründen brachte der BF zusammengefasst vor, er sei 2010 oder 2011 von der Militärpolizei verhaftet worden, weil er den Militärdienst nicht habe freiwillig antreten wollen. Im Anschluss an seine Inhaftierung habe er dann den Militärdienst begonnen, wobei er im Jahr 2013, nach einem zunächst misslungenen Fluchtversuch, letztlich erfolgreich desertiert sei. Anlässlich seiner Flucht seien er bzw. jene Rekruten, die mit ihm desertiert seien, von ihrer Einheit unter Beschuss genommen worden. Ihm sei dessen ungeachtet – unter Mithilfe der FSA - die Flucht in das damals außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes stehende Heimatdorf römisch 40 gelungen, wo er bis zu seiner Ausreise in die Türkei im Jahr 2015 gelebt habe.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 18.4.2024 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 18.4.2024 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Dem BF wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte das BFA zusammengefasst im Wesentlichen aus, das Vorbringen des BF, er sei desertiert, sei nicht glaubwürdig. So habe er hierzu insgesamt keine genauen bzw. übereinstimmenden zeitlichen Angaben machen können. Es sei auch nicht glaubwürdig, dass der BF den Militärdienst verspätet angetreten hat; er habe insbesondere auch das 18. Lebensjahr bereits vor Kriegsbeginn erreicht. Auch sei die Schilderung der angeblichen Desertion durch den BF nicht plausibel; es sei vor allem nicht nachvollziehbar, dass ihm dabei andere Militärangehörige geholfen hätten, hätten diese sich doch selbst in Lebensgefahr gebracht. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der BF seinen Militärdienst bereits (gänzlich) abgeleistet hat. Aufgrund des persönlichen Profils des BF und der aktuellen Lage bestehe zudem keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Einberufung als Reservist; selbst wenn er als Reservist einberufen werden sollte, so könne er sich freikaufen. Allerdings würden Gründe für die Annahme bestehen, dass im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des BF derzeit eine nicht ausreichende Lebenssicherheit bestehe, sodass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren sei.
4. Mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vom 15.5.2024 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA vom 18.4.2024.4. Mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vom 15.5.2024 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des BFA vom 18.4.2024.
Darin wurde das bisherige Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Betont wurde, dass das Heimatdorf des BF ( XXXX ) aktuell (wieder) unter Kontrolle des syrischen Regimes stehen würde. Der BF habe sich zwar der Musterung unterzogen, den Militärdienst jedoch nicht freiwillig angetreten und sei dann von der Militärpolizei verhaftet, gefoltert und letztlich zum Militärdienst vorgeführt worden. Der BF sei schließlich im Jahr 2013 desertiert und mit Hilfe der FSA in das Heimatdorf zurückgekehrt, welches damals unter Kontrolle der FSA gestanden sei. Später habe der IS die Kontrolle über das Heimatdorf erlangt und sei der BF illegal in die Türkei ausgereist. Seit 2017 habe wieder das syrische Regime die Kontrolle über das Heimatdorf. Das Regime betrachte den BF als Verräter und drohe ihm Bestrafung aufgrund der Desertion, welche mit Folter verbunden sei und bis zum Tod reichen könne. Der BF lehne aus Gewissensgründen ab, den Wehrdienst in der syrischen Armee zu verrichten. Der BF habe der Rechtsberatung im Übrigen sehr detailliert über seine Verhaftung durch die Militärpolizei und anschließende Folter berichtet und auch eine Skizze zu den örtlichen Gegebenheiten seiner Anhaltung unmittelbar vor der erfolgreichen Desertion angefertigt.Darin wurde das bisherige Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Betont wurde, dass das Heimatdorf des BF ( römisch 40 ) aktuell (wieder) unter Kontrolle des syrischen Regimes stehen würde. Der BF habe sich zwar der Musterung unterzogen, den Militärdienst jedoch nicht freiwillig angetreten und sei dann von der Militärpolizei verhaftet, gefoltert und letztlich zum Militärdienst vorgeführt worden. Der BF sei schließlich im Jahr 2013 desertiert und mit Hilfe der FSA in das Heimatdorf zurückgekehrt, welches damals unter Kontrolle der FSA gestanden sei. Später habe der IS die Kontrolle über das Heimatdorf erlangt und sei der BF illegal in die Türkei ausgereist. Seit 2017 habe wieder das syrische Regime die Kontrolle über das Heimatdorf. Das Regime betrachte den BF als Verräter und drohe ihm Bestrafung aufgrund der Desertion, welche mit Folter verbunden sei und bis zum Tod reichen könne. Der BF lehne aus Gewissensgründen ab, den Wehrdienst in der syrischen Armee zu verrichten. Der BF habe der Rechtsberatung im Übrigen sehr detailliert über seine Verhaftung durch die Militärpolizei und anschließende Folter berichtet und auch eine Skizze zu den örtlichen Gegebenheiten seiner Anhaltung unmittelbar vor der erfolgreichen Desertion angefertigt.
5. Am 16.5.2024 wurde der Akt dem BVwG vorgelegt.
6. Am 10.10.2024 führte das BVwG in der Sache des BF – wie auch seines Bruders XXXX - in dessen Beisein sowie seiner Rechtsvertretung eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ein Behördenvertreter ist zur Verhandlung entschuldigt nicht erschienen. Im Zuge der Verhandlung wurden das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (Stand 27.3.2024), der Themenbericht der Staatendokumentation „Syrien – Grenzübergänge“ vom 25.10.2023, das Themendossier Wehrdienst der Staatendokumentation vom 23.9.2024 und das Kartenmaterial unter www.cartercenter.org in das Verfahren eingebracht. Die Rechtsvertretung des BF nahm die Berichte zur Kenntnis und verwies auf die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz.6. Am 10.10.2024 führte das BVwG in der Sache des BF – wie auch seines Bruders römisch 40 - in dessen Beisein sowie seiner Rechtsvertretung eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ein Behördenvertreter ist zur Verhandlung entschuldigt nicht erschienen. Im Zuge der Verhandlung wurden das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (Stand 27.3.2024), der Themenbericht der Staatendokumentation „Syrien – Grenzübergänge“ vom 25.10.2023, das Themendossier Wehrdienst der Staatendokumentation vom 23.9.2024 und das Kartenmaterial unter www.cartercenter.org in das Verfahren eingebracht. Die Rechtsvertretung des BF nahm die Berichte zur Kenntnis und verwies auf die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF führt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht nicht mit absoluter Gewissheit fest. Er ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Der BF spricht Arabisch und Türkisch.
Der BF stammt aus XXXX (geschrieben auch: XXXX oder XXXX , Anmerkung des BVwG) im Gouvernement ar-Raqqa, wo er aufwuchs, zur Schule ging und wo seine Familie lebte. 2011 wurde der BF inhaftiert und (zwangsweise) zum Militärdienst eingezogen und begann, diesen bei einer Einheit nahe Damaskus abzuleisten. Zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2013 flüchtete der BF von seiner Einheit und begab sich zurück in sein Heimatdorf XXXX , welches nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stand. 2015 reiste der BF in die Türkei aus, wobei er zunächst über einen türkischen Kimlik verfügte und in den darauf folgenden Jahren einzelne, legale Übertritte in unter Kontrolle der FSA stehende Gebiete Nordsyriens an der Grenze zur Türkei erfolgten, dies konkret etwa auch zum Zwecke der Eheschließung am 1.6.2021 in der Grenzstadt XXXX . 2022 verließ der BF die Türkei und reiste nach Österreich weiter.Der BF stammt aus römisch 40 (geschrieben auch: römisch 40 oder römisch 40 , Anmerkung des BVwG) im Gouvernement ar-Raqqa, wo er aufwuchs, zur Schule ging und wo seine Familie lebte. 2011 wurde der BF inhaftiert und (zwangsweise) zum Militärdienst eingezogen und begann, diesen bei einer Einheit nahe Damaskus abzuleisten. Zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2013 flüchtete der BF von seiner Einheit und begab sich zurück in sein Heimatdorf römisch 40 , welches nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stand. 2015 reiste der BF in die Türkei aus, wobei er zunächst über einen türkischen Kimlik verfügte und in den darauf folgenden Jahren einzelne, legale Übertritte in unter Kontrolle der FSA stehende Gebiete Nordsyriens an der Grenze zur Türkei erfolgten, dies konkret etwa auch zum Zwecke der Eheschließung am 1.6.2021 in der Grenzstadt römisch 40 . 2022 verließ der BF die Türkei und reiste nach Österreich weiter.
In Syrien – und zwar in der unter Kontrolle kurdischer Kräfte stehenden Stadt ar-Raqqa - leben aktuell die Eltern des BF, seine Ehefrau, zwei Schwestern, eine Halbschwester sowie zwei Brüder. Das Elternhaus des BF in XXXX wurde anlässlich der Rückeroberung des Heimatdorfs durch das syrische Regime im Jahr 2017 in Brand gesetzt und zerstört. Weitere drei Brüder und ein Halbbruder leben in Saudi-Arabien und ein Bruder in Deutschland; eine weitere Halbschwester lebt ebenfalls in Deutschland und ein weiterer Halbbruder in Saudi-Arabien. Der 23 Jahre alte, weitere Bruder XXXX befindet sich in Österreich; ihm wurde vom BFA der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und wurde dessen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG mit jener des BF verbunden.In Syrien – und zwar in der unter Kontrolle kurdischer Kräfte stehenden Stadt ar-Raqqa - leben aktuell die Eltern des BF, seine Ehefrau, zwei Schwestern, eine Halbschwester sowie zwei Brüder. Das Elternhaus des BF in römisch 40 wurde anlässlich der Rückeroberung des Heimatdorfs durch das syrische Regime im Jahr 2017 in Brand gesetzt und zerstört. Weitere drei Brüder und ein Halbbruder leben in Saudi-Arabien und ein Bruder in Deutschland; eine weitere Halbschwester lebt ebenfalls in Deutschland und ein weiterer Halbbruder in Saudi-Arabien. Der 23 Jahre alte, weitere Bruder römisch 40 befindet sich in Österreich; ihm wurde vom BFA der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und wurde dessen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG mit jener des BF verbunden.
Der Herkunftsort XXXX befindet sich seit 2017 wieder unter Kontrolle des syrischen Regimes.Der Herkunftsort römisch 40 befindet sich seit 2017 wieder unter Kontrolle des syrischen Regimes.
Der BF hat in Österreich den Status eines subsidiär Schutzberechtigten.
1.2. Zu den Fluchtgründen bzw. Rückkehrbefürchtungen des BF:
1.2.1. Der 1992 geborene BF wurde am 1.4.2010 der Musterung unterzogen. Hierauf erhielt der BF zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt einen Einberufungsbefehl.
Für möglich gehalten wird, dass der BF – nach vergeblichem Bemühen um Aufschub - diesem Einberufungsbefehl nicht nachkam, von der Militärpolizei 2011 abgeholt wurde und sodann an verschiedenen Orten inhaftiert war, wobei die Inhaftierung mit Folter verbunden war und dass der BF im Anschluss daran in eine Kaserne nahe Damaskus (Militärbasis XXXX , auf der sich auch ein Militärflughafen befindet) zwecks Ableistung des Militärdienstes verbracht wurde.Für möglich gehalten wird, dass der BF – nach vergeblichem Bemühen um Aufschub - diesem Einberufungsbefehl nicht nachkam, von der Militärpolizei 2011 abgeholt wurde und sodann an verschiedenen Orten inhaftiert war, wobei die Inhaftierung mit Folter verbunden war und dass der BF im Anschluss daran in eine Kaserne nahe Damaskus (Militärbasis römisch 40 , auf der sich auch ein Militärflughafen befindet) zwecks Ableistung des Militärdienstes verbracht wurde.
1.2.2. Für möglich gehalten wird, dass der BF im Jahr 2013 – er war damals bei Ableistung des Militärdienstes in der Militärbasis XXXX in einer Art Kantine tätig bzw. kamen ihm auch Aufgaben in Zusammenhing mit der Versorgung der Soldaten mit Lebensmitteln zu – unter Mithilfe von anderen Soldaten (nach mehreren, zunächst vergeblichen Versuchen, welche auch zur Anhaltung in den Hafträumen in der Kaserne führten) aus der Kaserne, trotz Eröffnung des Feuers von Kontrollposten, geflohen und dann unter (vorab organisierter) Mithilfe von Angehörigen der FSA über verschiedene Wege letztlich bis in sein Heimatdort XXXX gelangte, welches zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stand. Für möglich gehalten wird auch, dass der hauptsächliche Grund für die Flucht des BF aus dem Militärdienst darin bestand, dass das syrische Regime begonnen hatte, sein Heimatdorf zu attackieren.1.2.2. Für möglich gehalten wird, dass der BF im Jahr 2013 – er war damals bei Ableistung des Militärdienstes in der Militärbasis römisch 40 in einer Art Kantine tätig bzw. kamen ihm auch Aufgaben in Zusammenhing mit der Versorgung der Soldaten mit Lebensmitteln zu – unter Mithilfe von anderen Soldaten (nach mehreren, zunächst vergeblichen Versuchen, welche auch zur Anhaltung in den Hafträumen in der Kaserne führten) aus der Kaserne, trotz Eröffnung des Feuers von Kontrollposten, geflohen und dann unter (vorab organisierter) Mithilfe von Angehörigen der FSA über verschiedene Wege letztlich bis in sein Heimatdort römisch 40 gelangte, welches zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stand. Für möglich gehalten wird auch, dass der hauptsächliche Grund für die Flucht des BF aus dem Militärdienst darin bestand, dass das syrische Regime begonnen hatte, sein Heimatdorf zu attackieren.
1.2.3. Dem BF droht im Falle einer Rückkehr in sein – nunmehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stehendes - Heimatdorf zumindest eine mehrjährige Haftstrafe wegen Desertion, welche mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unverhältnismäßig hoch und (wieder) mit Folter verbunden ist und wobei dem BF auch die Umstände der vorherigen Inhaftierung wegen Nichtantritt des Militärdienstes und der vorangehenden Desertionsversuche im Sinne einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zum Nachteil gereichen.
1.3. Zur aktuellen Situation in Syrien:
Zur Lage in Syrien wird auf das vom BVwG in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2024 in das Verfahren eingebrachte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (Version 11, Gesamtaktualisierung am 27.3.2024), in dem eine Vielzahl von Berichten diverser allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt werden und in welchem auch konkret auf die regelmäßig beauftragten Anfragebeantwortungen zur aktuellen Situation bzw. spezifischen Fragestellungen Bezug genommen wurde, verwiesen. Weiters wurden in der Beschwerdeverhandlung der Themenbericht der Staatendokumentation „Syrien-Grenzübergänge“ vom 25.10.2023 und das Themendossier Wehrdienst der Staatendokumentation vom 23.9.2024 und das Kartenmaterial unter www.cartercenter.org in das Verfahren eingebracht. Der BF bzw. dessen Rechtsvertretung traten den Berichten nicht entgegen. Gegen die Heranziehung der Berichte bestehen somit keine Bedenken. Im Übrigen wird auf die Berichte unten im Rahmen der Beweiswürdigung im jeweiligen Zusammenhang näher eingegangen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des BF:
Die zur Identität des BF getroffenen Feststellungen, wie auch zu seiner Staats- und Volksgruppenzugehörigkeit, dem religiösen Bekenntnis und seinen Sprachkenntnissen beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Verfahren. Vor dem Hintergrund, dass der BF keinen Ausweis wie z. B. einen Reisepass vorlegte und darüber hinaus andere Dokumente (z. B. Personenstandsregisterauszug) nur in Kopie in Vorlage brachte, steht seine Identätit nicht mit absoluter Gewissheit fest.
Die getroffenen Feststellungen zum Lebenslauf des BF und zu seinen Familienangehörigen beruhen unmittelbar auf seinen – diesbezüglich grundsätzlich glaubhaften – Angaben im Verfahren. Bereits hier fiel zwar auf, dass der BF oft keine exakten Zeitangaben machen konnte, sodass vielfach nur ungefähre Feststellungen zum Zeitraum der jeweiligen Aufenthaltsorte gemacht werden konnten, wobei dessen ungeachtet in der Beschwerdeverhandlung aber keine Zweifel an der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit der vom BF geschilderten Aufenthaltsorte aufkamen. Auch die Protokollierung bei der Erstbefragung, wonach der BF Syrien „vor ca. 7 Monaten“ verlassen habe, steht insofern nicht in Widerspruch zu seinen nachfolgenden Angaben, wonach er Syrien zwar 2015 verlassen habe, sich allerdings auch noch danach – etwa zwecks Eheschließung am 1.6.2021 in der Grenzstadt XXXX – in unmittelbar an die Türkei angrenzenden, unter Kontrolle der FSA stehenden Gebieten Syriens aufgehalten hat. Im Einklang mit dem Vorbringen des BF besagt im Übrigen das einschlägige Kartenmaterial (z. B. www.catercenter.org), dass sich der Herkunftsort XXXX im Laufe des Jahres 2013 nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes befand und dass das syrische Regime im Oktober 2017 die Kontrolle über diesen Ort wiedererlangt hatte.Die getroffenen Feststellungen zum Lebenslauf des BF und zu seinen Familienangehörigen beruhen unmittelbar auf seinen – diesbezüglich grundsätzlich glaubhaften – Angaben im Verfahren. Bereits hier fiel zwar auf, dass der BF oft keine exakten Zeitangaben machen konnte, sodass vielfach nur ungefähre Feststellungen zum Zeitraum der jeweiligen Aufenthaltsorte gemacht werden konnten, wobei dessen ungeachtet in der Beschwerdeverhandlung aber keine Zweifel an der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit der vom BF geschilderten Aufenthaltsorte aufkamen. Auch die Protokollierung bei der Erstbefragung, wonach der BF Syrien „vor ca. 7 Monaten“ verlassen habe, steht insofern nicht in Widerspruch zu seinen nachfolgenden Angaben, wonach er Syrien zwar 2015 verlassen habe, sich allerdings auch noch danach – etwa zwecks Eheschließung am 1.6.2021 in der Grenzstadt römisch 40 – in unmittelbar an die Türkei angrenzenden, unter Kontrolle der FSA stehenden Gebieten Syriens aufgehalten hat. Im Einklang mit dem Vorbringen des BF besagt im Übrigen das einschlägige Kartenmaterial (z. B. www.catercenter.org), dass sich der Herkunftsort römisch 40 im Laufe des Jahres 2013 nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes befand und dass das syrische Regime im Oktober 2017 die Kontrolle über diesen Ort wiedererlangt hatte.
2.2. Zum Fluchtvorbringen bzw. den Rückkehrbefürchtungen des BF:
2.2.1. Das – durchaus weitwendige - Fluchtvorbringen des BF besteht im Wesentlichen darin, er sei der Einberufung zum Militärdienst nicht freiwillig nachgekommen, sodann aus diesem Grunde festgenommen und an verschiedenen Orten samt Folterung inhaftiert und im Anschluss zur Ableistung des Militärdienstes in eine Kaserne verbracht worden, aus der er letztlich – nach mehreren vergeblichen Versuchen – trotz Beschusses durch Kontrollposten unter Mithilfe von Kameraden geflohen und unter Mithilfe der FSA bis in sein – damals nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stehende – Heimatdorf XXXX gelangt sei; im Falle einer Rückkehr habe er Verfolgung durch das syrische Regime wegen Desertion zu erwarten.2.2.1. Das – durchaus weitwendige - Fluchtvorbringen des BF besteht im Wesentlichen darin, er sei der Einberufung zum Militärdienst nicht freiwillig nachgekommen, sodann aus diesem Grunde festgenommen und an verschiedenen Orten samt Folterung inhaftiert und im Anschluss zur Ableistung des Militärdienstes in eine Kaserne verbracht worden, aus der er letztlich – nach mehreren vergeblichen Versuchen – trotz Beschusses durch Kontrollposten unter Mithilfe von Kameraden geflohen und unter Mithilfe der FSA bis in sein – damals nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stehende – Heimatdorf römisch 40 gelangt sei; im Falle einer Rückkehr habe er Verfolgung durch das syrische Regime wegen Desertion zu erwarten.
Diesem – sowohl vor dem BFA, als auch in der Beschwerdeverhandlung sehr weitwendig erstattetem - Vorbringen kann dem Grunde nach nicht entgegengetreten werden:
Zunächst fiel zwar in der Beschwerdeverhandlung – wie bereits vor dem BFA – auf, dass der BF nur ungefähre Zeitangaben zu den von ihm geschilderten Ereignissen machen konnte. Auch konnte der BF keine Beweismittel – wie insbesondere ein Wehrdienstbuch oder einen Einberufungsbefehl – in Vorlage bringen, mit denen er sein Vorbringen belegen könnte. Dessen ungeachtet ist zu ersterem Aspekt aber anzumerken, dass die hier relevanten Ereignisse mehr als zehn Jahre zurückliegen und die vom BF selbst ins Treffen geführte Vergesslichkeit (welche er auch auf erlittene Folterungen zurückführte) nicht nur konkret das Fluchtvorbringen betraf, sodass insofern – vor allem auch nach dem persönlichen Eindruck, den der BF in der Beschwerdeverhandlung machte – nicht auf eine generelle Unglaubwürdigkeit des BF geschlossen werden kann. Auch der Umstand, dass der BF keine entsprechenden Beweismittel in Vorlage brachte, lässt noch nicht den Schluss zu, dass sein Vorbringen falsch ist.
Auffallend war im Fall des BF zunächst, dass der BF – im Unterschied zu vergleichbaren Verfahren – bereits in der Erstbefragung seine Desertion und die aus diesem Grunde stattfindende Suche des Regimes nach ihm als Fluchtgrund sowie Rückkehrbefürchtung angab und nicht etwa übliche Allgemeinplätze wie die Kriegssituation ins Treffen führte (AS. 15). Dass der BF am 1.4.2010 bei der Musterung gewesen sein muss, ergibt sich indirekt aus dem vorgelegten militärischen Schreiben betreffend seine Blutgruppe, welches von jenem Tag stammt und offensichtlich – was der BF auch in der Beschwerdeverhandlung bestätigte – anlässlich der Musterung erstellt wurde; dieser Zeitpunkt steht auch mit dem konkreten Alter des BF im Einklang. Dass der BF kurze Zeit darauf zum Militärdienst einberufen wurde, ist plausibel. Dass der BF diesem nicht freiwillig nachkam bzw. vergeblich einen Aufschub zu erwirken versuchte, ist freilich ein nicht nachprüfbares Vorbringen, welchem aber auch nicht entsprechend entgegengetreten werden kann. Jedenfalls erscheint plausibel, dass der BF in weiterer Folge festgenommen und an verschiedenen Orten – und zwar im Einklang mit dem Berichtsmaterial, vor allem zur damaligen Lage, durchaus unter Folter – inhaftiert und schließlich zur Militärbasis XXXX zwecks Ableistung des Militärdienstes verbracht wurde. Hierzu ist etwa anzumerken, dass der BF in der Beschwerdeverhandlung nüchtern – offensichtlich ohne sein Vorbringen für das Verfahren aufzubauschen - schilderte, er sei in einer Art Kantine bzw. der Lebensmittelversorgung eingesetzt und nie zu Kampfhandlungen herangezogen worden, wenngleich er letzteres gefürchtet habe bzw. von Vorgesetzten auch angedroht worden sei.Auffallend war im Fall des BF zunächst, dass der BF – im Unterschied zu vergleichbaren Verfahren – bereits in der Erstbefragung seine Desertion und die aus diesem Grunde stattfindende Suche des Regimes nach ihm als Fluchtgrund sowie Rückkehrbefürchtung angab und nicht etwa übliche Allgemeinplätze wie die Kriegssituation ins Treffen führte (AS. 15). Dass der BF am 1.4.2010 bei der Musterung gewesen sein muss, ergibt sich indirekt aus dem vorgelegten militärischen Schreiben betreffend seine Blutgruppe, welches von jenem Tag stammt und offensichtlich – was der BF auch in der Beschwerdeverhandlung bestätigte – anlässlich der Musterung erstellt wurde; dieser Zeitpunkt steht auch mit dem konkreten Alter des BF im Einklang. Dass der BF kurze Zeit darauf zum Militärdienst einberufen wurde, ist plausibel. Dass der BF diesem nicht freiwillig nachkam bzw. vergeblich einen Aufschub zu erwirken versuchte, ist freilich ein nicht nachprüfbares Vorbringen, welchem aber auch nicht entsprechend entgegengetreten werden kann. Jedenfalls erscheint plausibel, dass der BF in weiterer Folge festgenommen und an verschiedenen Orten – und zwar im Einklang mit dem Berichtsmaterial, vor allem zur damaligen Lage, durchaus unter Folter – inhaftiert und schließlich zur Militärbasis römisch 40 zwecks Ableistung des Militärdienstes verbracht wurde. Hierzu ist etwa anzumerken, dass der BF in der Beschwerdeverhandlung nüchtern – offensichtlich ohne sein Vorbringen für das Verfahren aufzubauschen - schilderte, er sei in einer Art Kantine bzw. der Lebensmittelversorgung eingesetzt und nie zu Kampfhandlungen herangezogen worden, wenngleich er letzteres gefürchtet habe bzw. von Vorgesetzten auch angedroht worden sei.
Dem weitendigen Vorbringen des BF, es sei ihm letztlich – nach mehreren vergeblichen Versuchen – unter Beschuss die Flucht aus der Kaserne gelungen, wobei für seine Flucht vor allem auch ausschlaggebend gewesen sei, dass seine Herkunftsregion damals vom syrischen Militär attackiert wurde, kann ebenso wenig entgegen getreten werden. Der diesbezüglichen Argumentation des BFA, das Vorbringen des BF, Kameraden hätten ihm bei der Flucht geholfen, sei nicht glaubwürdig, weil sich diese selbst der Gefahr einer Verfolgung durch das Regime ausgesetzt hätten, ist nicht nachvollziehbar, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass sich dem Berichtsmaterial zufolge seinerzeit viele Desertionen ereignet haben und der BF auch angab, gemeinsam mit anderen Soldaten geflohen zu sein. Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass seitens des BVwG stichprobenartig die Schilderung des BF hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten rund um die Militärbasis XXXX und seiner unmittelbaren Flucht überprüft wurden und diese Schilderungen, wonach er das Tal queren, sich zwischen den Bergen bewegen musste und letztlich nach XXXX gelangte, wo Mitglieder der FSA auf ihn gewartet hätten, zumindest im Einklang mit einschlägigem Kartenmaterial steht. Zudem stehen die Angaben des BF zu den jeweiligen Herrschaftsverhältnissen – wie bereits oben erwähnt – ebenso im Einklang mit dem Berichtsmaterial. Zumal das Heimatdorf XXXX nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stand, spricht es auch nicht gegen das Fluchtvorbringen des BF, dass dieser sich dort eigenen Angaben zufolge noch bis 2015 aufgehalten hat, ehe er in die Türkei ausreiste. Auch die vom BF eingeräumten, kurzzeitigen Aufenthalte nach 2015 in Syrien im türkisch-syrischen Grenzgebiet in den von der FSA beherrschten Gebieten, etwa zum Zwecke der Eheschließung, sprechen ebenso wenig gegen sein Vorbringen, zumal das syrische Regime dort keinen Zugriff auf den BF hatte.Dem weitendigen Vorbringen des BF, es sei ihm letztlich – nach mehreren vergeblichen Versuchen – unter Beschuss die Flucht aus der Kaserne gelungen, wobei für seine Flucht vor allem auch ausschlaggebend gewesen sei, dass seine Herkunftsregion damals vom syrischen Militär attackiert wurde, kann ebenso wenig entgegen getreten werden. Der diesbezüglichen Argumentation des BFA, das Vorbringen des BF, Kameraden hätten ihm bei der Flucht geholfen, sei nicht glaubwürdig, weil sich diese selbst der Gefahr einer Verfolgung durch das Regime ausgesetzt hätten, ist nicht nachvollziehbar, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass sich dem Berichtsmaterial zufolge seinerzeit viele Desertionen ereignet haben und der BF auch angab, gemeinsam mit anderen Soldaten geflohen zu sein. Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass seitens des BVwG stichprobenartig die Schilderung des BF hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten rund um die Militärbasis römisch 40 und seiner unmittelbaren Flucht überprüft wurden und diese Schilderungen, wonach er das Tal queren, sich zwischen den Bergen bewegen musste und letztlich nach römisch 40 gelangte, wo Mitglieder der FSA auf ihn gewartet hätten, zumindest im Einklang mit einschlägigem Kartenmaterial steht. Zudem stehen die Angaben des BF zu den jeweiligen Herrschaftsverhältnissen – wie bereits oben erwähnt – ebenso im Einklang mit dem Berichtsmaterial. Zumal das Heimatdorf römisch 40 nicht mehr unter Kontrolle des syrischen Regimes stand, spricht es auch nicht gegen das Fluchtvorbringen des BF, dass dieser sich dort eigenen Angaben zufolge noch bis 2015 aufgehalten hat, ehe er in die Türkei ausreiste. Auch die vom BF eingeräumten, kurzzeitigen Aufenthalte nach 2015 in Syrien im türkisch-syrischen Grenzgebiet in den von der FSA beherrschten Gebieten, etwa zum Zwecke der Eheschließung, sprechen ebenso wenig gegen sein Vorbringen, zumal das syrische Regime dort keinen Zugriff auf den BF hatte.
Insgesamt entstand in der Beschwerdeverhandlung nicht der Eindruck, als wäre das Vorbringen des BF schlicht erfunden. Es sind auch keine gravierenden Widersprüche im Vorbringen des BF aufgetreten, die auf eine generelle Unglaubwürdigkeit schließen lassen würden. Nach § 45 Abs 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit „absoluter Sicherheit“ erweislich ist. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 22.3.2015, Zl. 2013/02/0005, mit weiteren Judikaturhinweisen). In diesem Sinne wird seitens des BVwG für weit wahrscheinlicher gehalten, dass der BF – wie von ihm vorgebracht – tatsächlich desertiert ist und nicht – wie vom BFA im Ergebnis angenommen – seinen Militärdienst ordnungsgemäß abgeleistet hat.Insgesamt entstand in der Beschwerdeverhandlung nicht der Eindruck, als wäre das Vorbringen des BF schlicht erfunden. Es sind auch keine gravierenden Widersprüche im Vorbringen des BF aufgetreten, die auf eine generelle Unglaubwürdigkeit schließen lassen würden. Nach Paragraph 45, Absatz 2, AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit „absoluter Sicherheit“ erweislich ist. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 22.3.2015, Zl. 2013/02/0005, mit weiteren Judikaturhinweisen). In diesem Sinne wird seitens des BVwG für weit wahrscheinlicher gehalten, dass der BF – wie von ihm vorgebracht – tatsächlich desertiert ist und nicht – wie vom BFA im Ergebnis angenommen – seinen Militärdienst ordnungsgemäß abgeleistet hat.
2.2.2. In Anbetracht des Gesagten liegt auf der Hand, dass dem BF im Fall einer hypothetischen Rückkehr in sein – seit 2017 wieder unter Kontrolle des syrischen Regimes stehendes - Heimatdorf eine Bestrafung wegen Desertion erwartet. Das Themendossier Wehrdienst der Staatendokumentation vom 23.9.2024 führt hierzu etwa wie folgt aus:
Die Strafe für Desertion ist in den Artikeln 100 und 101 des Militärstrafgesetzes (Gesetzesdekret 61 des Jahres 1950) festgelegt. Als „intern“, also innerhalb des Landes, desertiert gilt in Friedenszeiten jeder Wehrdienstleistende, der länger als sechs Tage abwesend ist oder sich nicht innerhalb von 15 Tagen nach Ende seines Urlaubs zum Dienst gemeldet hat. Ein Soldat, der noch keine drei Monate im Dienst ist, gilt erst nach einer Abwesenheit von einem Monat als „flüchtig“. Deserteure werden in den genannten Fällen mit einer Freiheitsstrafe von ein bis 5 Jahren bestraft. Mit mindestens zwei Jahren Freiheitsentzug wird jeder Deserteur bestraft, der zum Beispiel eine Waffe, Ausrüstung oder Fahrzeug aus dem Armeebesitz mitgenommen hat oder bereits zuvor desertiert ist. In Kriegszeiten werden die festgelegten Fristen auf ein Drittel verkürzt, während sich das Strafmaß verdoppeln kann.
Artikel 101 legt fest, dass in Friedenszeiten jeder Soldat oder Militärangehörige nach drei Tagen als ins Ausland desertiert gilt, der ohne Erlaubnis die syrische Grenze überquert, seine Truppe verlässt und ausländisches Staatsgebiet erreicht. In Kriegszeiten verkürzt sich die Frist von drei Tagen auf einen Tag. Der ins Ausland Geflohene wird mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren belegt. Die Freiheitstrafe wird auf 15 Jahre angehoben, wenn der Deserteur zum Beispiel eine Waffe, Ausrüstung oder Fahrzeug aus dem Armeebesitz mitgenommen hat oder bereits zuvor desertiert ist. Auch in Kriegszeiten wird externe Desertion mit 15 Jahren Freiheitsentzug bestraft. Artikel 102 und 103 des Militärstrafgesetzes legen das Strafmaß für die Verbrechen des Überlaufens zum Feind bzw. der gemeinsamen Desertion mehrerer Soldaten fest (Militärstrafgesetz Nr. 61 von 1950, Artikel 100-101).
Es gibt an den Grenzen, sowie zwischen allen syrischen Städten eine Reihe von Kontrollpunkten, die von den Geheim- und Militärdiensten der syrischen Regierung kontrolliert werden. Die Kontrollpunkte werden genutzt, um Regierungsgegner·innen und Wehrdienstverweigerer ausfindig zu machen (Al-Araby Al-Jadeed, 22. Jänner 2023).
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Der von ACCORD kontaktierte Syrienexperte betont zudem, dass die Straftatbestände der Wehrdienstverweigerung, der Desertion und des Überlaufens („defection“) hinsichtlich ihrer Wahrnehmung und Bestrafung klar voneinander abgegrenzt werden müssen. Mit Deserteuren wird grundsätzlich härter verfahren als mit Wehrdienstverweigerern, doch auch hier kommt es darauf an, wo diese ihren Wehrdienst abgeleistet und welche Umstände und Folgen ihre Desertion gehabt haben (ACCORD, 8. September 2022, S. 10).Der von ACCORD kontaktierte Syrienexperte betont zudem, dass die Straftatbestände der Wehrdienstverweigerung, der Desertion und des Überlaufens („defection“) hinsichtlich ihrer Wahrnehmung und Bestrafung klar voneinander abgegrenzt werden müssen. Mit Deserteuren wird grundsätzlich härter verfahren als mit Wehrdienstverweigerern, doch auch hier kommt es darauf an, wo diese ihren Wehrdienst abgeleistet und welche Umstände und Folgen ihre Desertion gehabt haben (ACCORD, 8. September 2022, Sitzung 10).
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Von DIS interviewte Expert·innen erklärten im Oktober und November 2023, dass Wehrdienstverweigerer oft direkt zum Militärdienst geschickt, anstatt strafrechtlich verfolgt zu werden. Wenn ein Wehrdienstverweigerer an einem Kontrollpunkt gefasst wird, wird er zu einer Geheimdienstabteilung gebracht. Wenn es den Anschein hat, dass er keine Sicherheitsprobleme mit den Behörden hat, wird er der Armee übergeben, um seinen Militärdienst anzutreten. Einigen Quellen zufolge werden Wehrdienstverweigerer direkt an die Front bzw. in Gebiete mit Konfrontationen geschickt. Es besteht jedoch das Risiko, vor der Zuweisung zum Militärdienst inhaftiert zu werden. Es wurde berichtet, dass die Konsequenzen der Wehrdienstverweigerung in der Praxis von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Eine weitere Konsequenz für Wehrdienstverweigerer – sowie Deserteure – ist, dass sie keine offiziellen Dokumente erhalten dürfen (DIS, Jänner 2024, S. 24). Im Falle von Desertion komme es in der Praxis zu gerichtlichen Verurteilungen, deren Härte situationsabhängig sei (DIS, Jänner 2024, S. 25).Von DIS interviewte Expert·innen erklärten im Oktober und November 2023, dass Wehrdienstverweigerer oft direkt zum Militärdienst geschickt, anstatt strafrechtlich verfolgt zu werden. Wenn ein Wehrdienstverweigerer an einem Kontrollpunkt gefasst wird, wird er zu einer Geheimdienstabteilung gebracht. Wenn es den Anschein hat, dass er keine Sicherheitsprobleme mit den Behörden hat, wird er der Armee übergeben, um seinen Militärdienst anzutreten. Einigen Quellen zufolge werden Wehrdienstverweigerer direkt an die Front bzw. in Gebiete mit Konfrontationen geschickt. Es besteht jedoch das Risiko, vor der Zuweisung zum Militärdienst inhaftiert zu werden. Es wurde berichtet, dass die Konsequenzen der Wehrdienstverweigerung in der Praxis von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Eine weitere Konsequenz für Wehrdienstverweigerer – sowie Deserteure – ist, dass sie keine offiziellen Dokumente erhalten dürfen (DIS, Jänner 2024, Sitzung 24). Im Falle von Desertion komme es in der Praxis zu gerichtlichen Verurteilungen, deren Härte situationsabhängig sei (DIS, Jänner 2024, Sitzung 25).
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Zwei von ACCORD kontaktierte Experten stimmen darin überein, dass Amnestieregelungen mit Stand Sommer 2022 im Allgemeinen umgesetzt werden. Neben der allgemeinen Amnestie gibt es von Zeit zu Zeit auch Begnadigungen auf lokaler Ebene, die auch Wehrdienstverweigerer betreffen können. Einer der Syrienexperten führte jedoch an, dass Amnestien keine Garantien darstellen. Selbst wenn jemand eine Sicherheitsfreigabe/Statusregelung („security clearance/status settlement“) für seine Wehrdienstverweigerung erhalten hat, kann er nach seiner Rückkehr von den Sicherheitskräften aufgrund diverser anderer Vergehen (z. B. illegales Verlassen des Landes, Aktivitäten im Ausland) verhaftet und verhört werden. Laut Al-Mustafa trifft dies auf jeden Fall auf Personen zu, die in den ersten Jahren des Konflikts aus der Armee geflohen/übergelaufen („who defected from the army“) sind. Diese Personen werden vom syrischen Staat als Verräter betrachtet. Es gibt auch Befürchtungen und Warnungen, dass es sich bei Amnestieerlässen um eine Falle handelt. Laut mehrerer Experten werden Wehrdienstverweigerer und Deserteure, die eine Amnestie in Anspruch nehmen, direkt zu den aktiven Militäreinheiten geschickt (ACCORD, 8. September 2022, S. 5-7).Zwei von ACCORD kontaktierte Experten stimmen darin überein, dass Amnestieregelungen mit Stand Sommer 2022 im Allgemeinen umgesetzt werden. Neben der allgemeinen Amnestie gibt es von Zeit zu Zeit auch Begnadigungen auf lokaler Ebene, die auch Wehrdienstverweigerer betreffen können. Einer der Syrienexperten führte jedoch an, dass Amnestien keine Garantien darstellen. Selbst wenn jemand eine Sicherheitsfreigabe/Statusregelung („security clearance/status settlement“) für seine Wehrdienstverweigerung erhalten hat, kann er nach seiner Rückkehr von den Sicherheitskräften aufgrund diverser anderer Vergehen (z. B. illegales Verlassen des Landes, Aktivitäten im Ausland) verhaftet und verhört werden. Laut Al-Mustafa trifft dies auf jeden Fall auf Personen zu, die in den ersten Jahren des Konflikts aus der Armee geflohen/übergelaufen („who defected from the army“) sind. Diese Personen werden vom syrischen Staat als Verräter betrachtet. Es gibt auch Befürchtungen und Warnungen, dass es sich bei Amnestieerlässen um eine Falle handelt. Laut mehrerer Experten werden Wehrdienstverweigerer und Deserteure, die eine Amnestie in Anspruch nehmen, direkt zu den aktiven Militäreinheiten geschickt (ACCORD, 8. September 2022, Sitzung 5-7).
Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.3.2024 führt etwa auszugsweise wie folgt aus:
Haftbedingungen
Der Einsatz von Folter, des Verschwindenlassens und schlechter Bedingungen in den Gefängnissen ist keine Neuheit seit Ausbruch des Konflikts, sondern war bereits seit der Ära von Hafez al-Assad Routinepraxis verschiedener Geheimdienst- und Sicherheitsapparate in Syrien (SHRC 24.1.2019). Seit Ausbruch des Konflikts haben sich die Zustände aufgrund von Überfüllung und einer gestiegenen Gewaltbereitschaft der Sicherheitskräfte und Gefängnisbediensteten erheblich verschlechtert (AA 29.3.2023). Folter bleibt eine der meisten schweren Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung und ist breit dokumentiert (STJ 12.7.2022). Die Gefängnisse sind überdies stark überfüllt. Es mangelt an Nahrung, Trinkwasser, Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung u. a., sodass die Zustände insgesamt lebensbedrohlich sind (USDOS 20.3.2023). Diese Lage geht mit grassierenden Krankheiten (AA 2.2.2024), und mit einer entsprechend hohen Sterberate einher (USDOS 20.3.2023). Die hygienischen Zustände sind laut Auswärtigem Amt „katastrophal“. Dies gilt generell, jedoch in besonderem Maße für diejenigen Gefängnisse, in denen Oppositionelle und sonstige politische Gefangene untergebracht sind (AA 2.2.2024), und laut US-Außenministerium insbesondere in Hafteinrichtungen der Sicherheits- und Nachrichtendienste (USDOS 20.3.2023).
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Folter und unmenschliche Behandlung
Der Einsatz von Folter, des Verschwindenlassens und schlechter Bedingungen in den Gefängnissen ist keine Neuheit seit Ausbruch des Konflikts, sondern war bereits seit der Ära von Hafez al-Assad Routinepraxis verschiedener Geheimdienst- und Sicherheitsapparate in Syrien (SHRC 24.1.2019). Folter bleibt eine der meisten schweren Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung und ist breit dokumentiert (STJ 12.7.2022). Die Gefängnisse sind stark überfüllt, es mangelt an Nahrung, Trinkwasser, Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung u. a., sodass die Zustände insgesamt lebensbedrohlich sind. Die Regierung hält weiterhin Tausende Personen ohne Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt („incommunicado“) fest (USDOS 20.3.2023).
Laut Einschätzung des Auswärtigen Amtes unterliegen Personen, die unter dem Verdacht stehen, sich oppositionell zu engagieren oder als regimekritisch wahrgenommen werden, einem besonders hohen Folterrisiko (AA 2.2.2024). Menschenrechtsaktivisten, die Commission of Inquiry für Syrien der UN (COI) und lokale NGOs berichten von Tausenden glaubwürdigen Fällen, in denen die Behörden des Regimes Folter, Missbrauch und Misshandlungen zur Bestrafung wahrgenommener Oppositioneller einsetzen, auch bei Verhören - eine systematische Praxis des Regimes, die während des gesamten Konflikts und bereits vor 2011 dokumentiert wurde (USDOS 12.4.2022).
Umgelegt auf den vorliegenden Fall ist zunächst zu betonen, dass gegenständlich keine „bloße“ Wehrdienstverweigerung des BF vorliegt, sondern dass der BF den getroffenen Feststellungen zufolge aus dem Militärdienst desertiert ist. Vor diesem Hintergrund erwartet ihn der Berichtslage zufolge jedenfalls eine mehrjährige Haftstrafe. Mit Deserteuren wird dem Themendossier Wehrdienst nach grundsätzlich härter verfahren als mit Wehrdienstverweigerern; die Konsequenzen der Wehrdienstverweigerung hängen in der Praxis generell von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Fall des BF ist hervorzuheben, dass dieser seinen Militärdienst nicht freiwillig angetreten hat, sondern bereits aufgrund seiner Weigerung verhaftet und zunächst in verschiedenen Haftanstalten – unter Folter – inhaftiert worden war, ehe er in eine Kaserne zwecks Ableistung des Militärdienstes verbracht wurde. Dort hat es dann mehrere Desertionsversuche seinerseits gegeben und ist ihm schließlich die Flucht aus der Kaserne – obwohl die Flüchtenden von einem Kontrollposten beschossen wurden – gelungen. Vor diesem Hintergrund ist ein besonderes Interesse des syrischen Regimes am BF im Fall seiner Rückkehr naheliegend. Die Amnestieregelungen sind konkret im Fall des BF im Übrigen kein taugliches Mittel, einer Verfolgung zu entgehen, wobei das Länderinformationsblatt hierzu wie folgt ausführt: „Selbst wenn jemand eine Sicherheitsfreigabe/Statusregelung („security clearance/status settlement“) für seine Wehrdienstverweigerung erhalten hat, kann er nach seiner Rückkehr von den Sicherheitskräften aufgrund diverser anderer Vergehen (z. B. illegales Verlassen des Landes, Aktivitäten im Ausland) verhaftet und verhört werden. Laut Al-Mustafa trifft dies auf jeden Fall auf Personen zu, die in den ersten Jahren des Konflikts aus der Armee geflohen/übergelaufen („who defected from the army“) sind. Diese Personen werden vom syrischen Staat als Verräter betrachtet.“ Der BF ist konkret am Beginn des syrischen Bürgerkriegs, nachdem er inhaftiert und im Anschluss zur Ableistung des Militärdienstes gezwungen wurde, aus der Armee geflohen und ist in dieser Konstellation somit davon auszugehen, dass er vom syrischen Regime als Verräter angesehen wird. In Zusammenschau mit dem weiteren Berichtsmaterial, insbesondere zu den Haftbedingungen, folgt, dass die dem BF drohende Bestrafung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unverhältnismäßig hoch bzw. mit Folter verbunden ist, wobei die Umstände der vorherigen Inhaftierung wegen Nichtantritt des Militärdienstes und der vorangehenden Desertionsversuche im Sinne einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung dem BF diesbezüglich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zum Nachteil gereichen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht mangels anderer Regelung somit durch Einzelrichter.Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht mangels anderer Regelung somit durch Einzelrichter.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.