Entscheidungsdatum
25.10.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W175 2301030-1/4E
W175 2301029-1/4E
W175 2301031-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde XXXX , syrische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2024, Zahlen: 1.) 1390369808-240536867, 2.) 1394973202-2407557219, und 3.) 1394951107-240754830, zu Recht. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde römisch 40 , syrische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.10.2024, Zahlen: 1.) 1390369808-240536867, 2.) 1394973202-2407557219, und 3.) 1394951107-240754830, zu Recht.
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind die leiblichen Eltern der Drittbeschwerdeführerin (BF3) und deren gesetzliche Vertreter im gegenständlichen Verfahren. römisch eins.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind die leiblichen Eltern der Drittbeschwerdeführerin (BF3) und deren gesetzliche Vertreter im gegenständlichen Verfahren.
I.2. Der BF1 stellte am 02.04.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1
Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG), im Bundesgebiet.römisch eins.2. Der BF1 stellte am 02.04.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins,
Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF (AsylG), im Bundesgebiet.
Eine Abfrage in Eurodac ergab keinen Treffer.
Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag gab der BF1 in Arabisch befragt im Wesentlichen an, er sei syrischer Staatsangehöriger, volljährig und verheiratet. Er legte eine Heiratsurkunde und eine Kopie einer syrischen ID-Card vor.
Seine Frau und seine XXXX Tochter hielten sich im Libanon auf. Seine Frau und seine römisch 40 Tochter hielten sich im Libanon auf.
Er habe Syrien am 05.03.2024 verlassen und sei in die Türkei gereist, wo er sich etwa einen Monat aufgehalten habe. Danach sei er in einem LKW versteckt schlepperunterstützt über ihm unbekannte Länder nach Österreich gereist, wo er am 02.04.2024 den gegenständlichen Antrag gestellt habe. Über die durchreisten Länder könne er dementsprechend nichts angeben, Asyl habe er nirgends beantragt.
Sein Ziel sei Österreich gewesen, da hier Verwandte seiner Ehefrau lebten. Er selber habe zu Österreich keinen Bezug.
Gesundheitliche Probleme führte der BF1 nicht an.
I.3. Die BF2 stellte am 13.05.2024 für sich und die BF3 Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG) im Bundesgebiet.römisch eins.3. Die BF2 stellte am 13.05.2024 für sich und die BF3 Anträge auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF (AsylG) im Bundesgebiet.
Eine Abfrage in Eurodac ergab eine Speicherung von Spanien am 18.03.2024 aufgrund einer Antragstellung auf internationalen Schutz in Spanien.
Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag gab die BF1 in Arabisch befragt im Wesentlichen an, sie sei syrische Staatsangehörige, volljährig und verheiratet. Sie legte eine syrische ID-Card vor. Den Pass habe ihr der Schlepper in Spanien weggenommen.
Sie habe Syrien am 10.02.2024 verlassen und sei in den Libanon gereist. Ihr Ziel sei Österreich gewesen, da ihr Mann hier wäre. Nach einem zweitägigen Aufenthalt im Libanon sei sie über Guinea, wo sie sich einen Monat aufgehalten habe, nach Spanien gereist. Nach einem zweimonatigen Aufenthalt in Spanien sei sie nach Österreich gereist, wo sie am 13.05.2024 die gegenständlichen Anträge für sich und die BF3 gestellt habe.
Der Libanon und Guinea hätten lediglich der Durchreise gedient. In Spanien sei sie von der Polizei am Flughafen angehalten worden. Man habe ihr die Fingerabdrücke abgenommen, und als sie freigelassen worden sei, sei sie mit einem Schlepper nach Österreich weitergereist. Asyl habe sie nirgends beantragt.
Der Ehemann habe Syrien vor ihr verlassen. Sie habe dort nicht allein mit der BF3 leben wollen. Ihre Eltern und zwei Geschwister hielten sich in Syrien auf, eine Schwester sei im Libanon, eine in Frankreich. In Österreich hielten sich ihr Ehemann, ein Bruder und eine Schwester auf.
Gesundheitliche Probleme führte die BF1 nicht an. Die BF3 sei „behindert“.
I.4. Aufgrund der Angaben der BF2 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für die BF2 und die BF3 am 23.05.2024 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1
lit b Dublin III-VO an Spanien. römisch eins.4. Aufgrund der Angaben der BF2 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für die BF2 und die BF3 am 23.05.2024 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Artikel 18, Absatz eins,
lit b Dublin III-VO an Spanien.
Im Konnex dazu stellte das BFA für den BF1 am selben Tag an Spanien ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 11 Dublin III-VO. Im Konnex dazu stellte das BFA für den BF1 am selben Tag an Spanien ein Aufnahmeersuchen gemäß Artikel 11, Dublin III-VO.
Mit Schreiben vom 25.06.2024 wurden die spanischen Behörden in Kenntnis gesetzt, dass gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO mit 07.06.2024 von einer Stattgebung des Wiederaufnahmeersuchens auszugehen sei, was die Verpflichtung nach sich ziehe, die BF2 und BF3 wieder aufzunehmen. Mit Schreiben vom 25.06.2024 wurden die spanischen Behörden in Kenntnis gesetzt, dass gemäß Artikel 25, Absatz 2, Dublin III-VO mit 07.06.2024 von einer Stattgebung des Wiederaufnahmeersuchens auszugehen sei, was die Verpflichtung nach sich ziehe, die BF2 und BF3 wieder aufzunehmen.
Mit Schreiben vom 29.07.2024 wurden die spanischen Behörden in Kenntnis gesetzt, dass gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO mit 24.07.2024 von einer Stattgebung des Aufnahmeersuchens auszugehen sei, was die Verpflichtung nach sich ziehe, den BF1 aufzunehmen.Mit Schreiben vom 29.07.2024 wurden die spanischen Behörden in Kenntnis gesetzt, dass gemäß Artikel 22, Absatz 7, Dublin III-VO mit 24.07.2024 von einer Stattgebung des Aufnahmeersuchens auszugehen sei, was die Verpflichtung nach sich ziehe, den BF1 aufzunehmen.
I.5. Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme des BF1 zur Wahrung des Parteigehörs vor dem BFA gab der BF1 am 17.09.2024 in Arabisch befragt im Wesentlichen Folgendes an:römisch eins.5. Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme des BF1 zur Wahrung des Parteigehörs vor dem BFA gab der BF1 am 17.09.2024 in Arabisch befragt im Wesentlichen Folgendes an:
Er habe bisher wahrheitsgemäße Angaben gemacht.
Er leide unter keinen Krankheiten und nehme keine Medikamente.
In Spanien habe er keine Fingerabdrücke abgegeben, er sei nie in Spanien gewesen. Er wolle nicht nach Spanien und werde es auch nicht zulassen, dass seine Ehefrau mit dem Kind nach Spanien zurückkehrten. Er habe sich in Österreich integriert und lerne die Sprache. Das werde die Familie zerstören, man trenne sie als Ehepaar, sie hätten niemanden in Spanien.
In Österreich lebten die BF2 und deren Geschwister, er selber lebe derzeit mit niemanden im gemeinsamen Haushalt, da er und seine Frau getrennt untergebracht seien. Die Familie der BF2 habe ihn anfangs mit Kleidung unterstützt, derzeit unterstütze sie ihn nicht mehr. Ein Abhängigkeitsverhältnis zur Familie der BF2 wurde vom BF1 nicht angeführt.
Die BF2 gab anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme zur Wahrung des Parteigehörs vor dem BFA am selben Tag in Arabisch befragt im Wesentlichen Folgendes an:
Die BF3 habe seit der Geburt eine Knochendeformation. Die BF2 legte eine Überweisung vom 28.05.2024 an einen orthopädischen Facharzt wegen Verdacht auf Kongenitale Hüftdysplasie vor. Weiters vorgelegt wurde ein Arztbrief eines Facharztes für Radiologie vom 25.08.2023, wonach der Caput femoris der BF3 regelrecht zentriert erscheine, der Collodiaphysenwinkel erscheine ebenso regelrecht, die knöcherne Erkerbildung suffizient. Der Befund sei insgesamt unauffällig.
Auf die Frage, ob die BF3 in Behandlung stehe, gab die BF2 an, dass die letzte Behandlung stattgefunden habe und dass eine solche nicht mehr nötig sei. Auf Nachfrage nach Bestätigungen gab sie an, die BF3 „solle wieder zum Arzt gehen, er müsse überprüfen, ob sie gerade gehen könne. Sie solle erstmal zu Hause üben, und sobald das funktioniere, solle sie wieder zum Arzt gehen“.
Weiters legte die BF2 einen Mutter-Kind-Pass vor. Als Geburtstermin wird der XXXX ausgewiesen. Gesundheitliche Probleme oder sonstige Unregelmäßigkeiten sind dem Mutter-Kind-Pass nicht zu entnehmen. Die BF2 gab an, dass die Schwangerschaft gut verlaufe. Sie habe nur Untersuchungen und am 14.10.2024 einen Termin um zu schauen, ob das Kind gesund sei, oder ob es Fehlbildungen gebe. Weiters legte die BF2 einen Mutter-Kind-Pass vor. Als Geburtstermin wird der römisch 40 ausgewiesen. Gesundheitliche Probleme oder sonstige Unregelmäßigkeiten sind dem Mutter-Kind-Pass nicht zu entnehmen. Die BF2 gab an, dass die Schwangerschaft gut verlaufe. Sie habe nur Untersuchungen und am 14.10.2024 einen Termin um zu schauen, ob das Kind gesund sei, oder ob es Fehlbildungen gebe.
Die BF2 führte keine gesundheitlichen Probleme ihrer Person an.
Zu ihren Verwandten in Österreich bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis, nur manchmal, wenn die BF3 etwas brauche, werde sie von den Geschwistern unterstützt. Angeführt wurden nunmehr drei Geschwister in Wien und ein Bruder, der „an der italienischen Grenze sei“. Weiters führte sie drei Cousins und einen Schwager an.
Auf Nachfrage bejahte die BF2 nun die Antragstellung in Spanien, sie sei zur Abgabe der Fingerabdrücke gezwungen worden. Sie wolle nicht getrennt vom BF1 leben auch seien Geschwister in Österreich, in Spanien habe sie niemanden.
I.6. Mit Bescheiden vom 02.10.2024, zugestellt am 07.10.2024, wurden die Anträge der BF2 und der BF3 auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Spanien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die beiden BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). römisch eins.6. Mit Bescheiden vom 02.10.2024, zugestellt am 07.10.2024, wurden die Anträge der BF2 und der BF3 auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Spanien für die Prüfung der Anträge gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, in Verbindung mit Artikel 25, Absatz 2, Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen die beiden BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Mit Bescheid vom 02.10.2024, zugestellt am 09.10.2024, wurde der Antrage des BF1 auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Spanien für die Prüfung des Antrages des BF1 gemäß Art. 11 (Familienzusammengehörigkeit) iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Mit Bescheid vom 02.10.2024, zugestellt am 09.10.2024, wurde der Antrage des BF1 auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Spanien für die Prüfung des Antrages des BF1 gemäß Artikel 11, (Familienzusammengehörigkeit) in Verbindung mit Artikel 22, Absatz 7, Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Den Bescheiden sind folgende Feststellungen zu Spanien zu entnehmen (Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 08.11.2022):
„Allgemeines zum Asylverfahren
Spanien verfügt über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. In erster Instanz ist das Oficina de Asilo y Refugio (OAR) zuständig für die Bearbeitung von Asylanträgen. Es untersteht dem Innenministerium:
Ein Asylverfahren kann, je nach Nationalität des Antragstellers, zwischen drei Monaten und zwei Jahren dauern, in Sonderfällen auch bis zu drei Jahren. Der Backlog an anhängigen Fällen in 1. Instanz ist chronisch hoch und betrug Ende 2021 72.271 Fälle (AIDA 4.2022).
Die Ankünfte in Spanien, insbesondere auf den Kanarischen Inseln, haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Auswirkungen der COVID-19-Beschränkungen auf irreguläre Einreisen waren nur vorübergehend: Nach Angaben der nationalen Behörden kamen im Jahr 2021 insgesamt 41.945 Personen auf dem Land- und Seeweg nach Spanien; 1.845 auf dem Landweg (nach Ceuta und Melilla) und 40.100 auf dem Seeweg. Von den letzteren landeten mehr als die Hälfte an den Kanarischen Inseln an (22.316 Personen), der Rest hauptsächlich in Festlandspanien und auf den Balearen (17.341 Personen) (AIDA 4.2022).
Nach Angaben des Innenministeriums bietet Spanien Venezolanern humanitären Schutz, die nicht für andere Schutzformen in Frage kommen. 2021 beantragten bis August 6.488 Venezolaner Asyl, welche mit 18% aller Antragsteller die größte Gruppe von Asylwerbern darstellten (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- USDOS – US Department of State (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071360.html, Zugriff 18.10.2022
Dublin-Rückkehrer
Spanien erhält wesentlich mehr Dublin-In-Anfragen als es Dublin-Out-Anfragen stellt. Spanien gibt vor Transfers keine Garantien an Mitgliedsstaaten ab; bei Ankunft der Rückkehrer koordiniert die Asylbehörde (OAR) sich mit dem Sozialministerium, das für die Unterbringung zuständig ist. Zivilgesellschaftliche Organisationen berichten von Problemen bei der Identifizierung von zurückkehrenden Opfern von Menschenhandel (hauptsächlich aus Frankreich), die nicht effektiv als solche erkannt wurden. Koordinationsprobleme zwischen den spanischen Behörden (OAR, Dublin-Unit, Sozialministerium) sind ein weiterer Kritikpunkt. 2019 und 2020 gab es Berichte über Dublin-Rückkehrer ohne Zugang zu Versorgung wegen Platzmangel, was in bestimmten Fällen zu Obdachlosigkeit führte. Nach einer Reihe von Gerichtsurteilen wurden Anordnungen getroffen, um den Zugang von Dublin-Rückkehrern, die Spanien freiwillig in Richtung anderer EU-Länder verlassen hatten, zum Versorgungssystem zu gewährleisten. Dennoch berichteten NGOs im Juni 2019, dass sie einige Dublin-Rückkehrer (darunter Kinder und eine schwangere Frau) unterstützten, denen das OAR die Unterbringung verweigert habe (AIDA 4.2022).
Beim (erneuten) Zugang zum Asylverfahren können Dublin-Rückkehrer aufgrund allgemeiner Mängel im Asylsystem auf Hindernisse stoßen. Das OAR priorisiert ihre Registrierung für die Einbringung eines Asylantrags. Wurde ihr vorheriges Asylverfahren beendet, müssen sie erneut einen Asylantrag stellen, der nicht als Folgeantrag gilt (AIDA 4.2022).
Der Wohnort und die Art der Unterbringung von Dublin-Rückkehrern werden von den spanischen Behörden auf der Grundlage der Bedürfnisse der Asylwerber und ihrer Fähigkeit, ein selbständiges Leben zu führen, zugewiesen. Die Art der Unterbringung ist unterschiedlich zwischen Zentren mit unterschiedlicher Kapazität (maximal 120 Personen) oder in Wohnungen (IOM 29.7.2022).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- IOM – International Organisation for Migration (29.7.2022): Auskunft von IOM, per E-Mail
Non-Refoulement
Bilaterale Abkommen mit Marokko und Algerien erlauben es Spanien, irreguläre Migranten aus diesen Ländern abzuschieben, und zwar fast alle ohne Verwaltungsverfahren oder richterliche Anordnung, in Übereinstimmung mit dem Gesetz zum Schutz der Sicherheit der Bürger. Spanien hält weiter daran fest, dass Rückschiebungen nach Marokko unter dem diesbezüglichen bilateralen Abkommen legal sind und dies auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) durch das Urteil vom Feber 2020 bestätigt worden sei. NGOs kritisieren diese Praxis. Die Rückführungen im Rahmen dieser Abkommen wurden im März 2020 eingestellt, als die Grenze aufgrund der COVID-19-Pandemie geschlossen wurde. Seitdem sind nur sehr wenige Rückführungen erfolgt. Die spanische Regierung hat keine offiziellen Statistiken über die Zahl der nach Marokko oder Algerien zurückgeführten Personen vorgelegt. Ein Abkommen zwischen Spanien und Marokko erlaubt es der spanischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, von marokkanischen Häfen aus zu operieren und vor der marokkanischen Küste gerettete irreguläre Migranten nicht nach Spanien, sondern an die marokkanische Küste zurückzuführen (USDOS 12.4.2022).
Es gibt Berichte über Einreiseverweigerungen, Refoulement, Kollektivabschiebungen und sogenannte Pushbacks, besonders in den Exklaven Ceuta und Melilla an der Grenze zu Marokko, wo ein spezielles Grenzregime herrscht. Gemäß spanischer Gesetze werden dort irreguläre Migranten wieder nach Marokko zurückgebracht. Asylantragstellung ist an den offiziellen Grenzübertrittspunkten möglich. Jedoch interpretieren Kritiker diese Praxis als Pushbacks, da es Asylsuchenden praktisch nicht möglich sein soll, aus Marokko auszureisen und zu den spanischen offiziellen Grenzübertrittspunkten zu gelangen. Spanien hat bilaterale Abkommen mit Mauretanien, Algerien, Senegal und Marokko zur Rückübernahme von Migranten unterzeichnet. Im Rahmen eines solchen Abkommens nimmt etwa Mauretanien Migranten zurück, die durch dieses Land gereist sind. Kritiker bezeichnen diese Praxis im Falle von Malischen Migranten als indirekte Pushbacks und als Verletzung des Non-Refoulement-Gebots (AIDA 4.2022).
Es versammeln sich regelmäßig Tausende von Migranten und Flüchtlingen an der Landgrenze zwischen Marokko und den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla. Im Februar 2020 bestätigte die Große Kammer des EGMR die Rechtmäßigkeit einer umstrittenen Praxis, bei der die spanischen Behörden Personen, die die Grenzen der Exklaven illegal überqueren, beispielsweise durch Überklettern von Zäunen, zurückschicken. Im Jahr 2021 kamen mehrere unbegleitete Minderjährige aus Marokko nach Ceuta und wurden kurzerhand zurückgeschickt. Der Ombudsmann und Dutzende von Menschenrechts-NGOs verurteilten die Rückführungen mit der Begründung, dass die Regierung die für diese Praxis geltenden rechtlichen Standards nicht eingehalten und die Rechte der Minderjährigen verletzt habe (FH 24.2.2022).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- FH - Freedom House (24.2.2022): Freedom in the World 2022 - Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071964.html, Zugriff 24.10.2022
- USDOS – US Department of State (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071360.html, Zugriff 18.10.2022
Versorgung
Migranten aus Ländern ohne Rückführungsabkommen und solche, die nachweislich Anspruch auf internationalen Schutz haben, erhalten im Rahmen eines von der Regierung ausgehenden und von verschiedenen NGOs verwalteten Aufnahmeprogramms Unterkunft und Grundversorgung (USDOS 12.4.2022).
Wenn ihnen finanzielle Mittel fehlen, haben Asylwerber ein Recht auf Unterbringung und soziale Dienste zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse. Die materiellen Bedingungen sind für alle Antragsteller dieselben, egal in welcher Art von Verfahren sie sich befinden. Dieses System unterstützt Nutznießer von der Asylantragsstellung bis zum Abschluss des Integrationsprozesses. Die Koordinierung und Verwaltung der Aufnahme von Asylwerbern fällt in die Verantwortung der Generaldirektion Inklusion und humanitäre Hilfe (Dirección General de Inclusión y Atención Humanitaria, DGIAH) sowie des Staatssekretariats für Migration (Secretaría de Estado de Migraciones, SEM) des Ministeriums für Inklusion, soziale Sicherheit und Migration. Das Asylgesetz sieht vor, dass die Versorgung durch Verordnung festgelegt wird, jedoch existieren detaillierte Regeln derzeit nur in Form eines unverbindlichen Handbuchs (AIDA 4.2022).
Das spanische System hat ca. 10.000 Unterbringungsplätze. Es umfasst folgende Unterbringungstypen:
1. Für Migranten, die per Boot über das Meer nach Spanien kommen, gibt es eigene Unterbringungseinrichtungen:
• vier Temporäre Hilfszentren für Fremde (Centros de Atención Temporal de Extranjeros, CATE), welche der Polizei unterstehen und der Identifizierung dienen. Es handelt sich um geschlossene Zentren mit max. 72 Stunden Verweildauer (AIDA 4.2022; vgl. USDOS 12.4.2022).• vier Temporäre Hilfszentren für Fremde (Centros de Atención Temporal de Extranjeros, CATE), welche der Polizei unterstehen und der Identifizierung dienen. Es handelt sich um geschlossene Zentren mit max. 72 Stunden Verweildauer (AIDA 4.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022).
• elf Zentren für Nothilfe und Verteilung (Centros de Atención de Emergencia y Derivación, CAED), geführt von NGOs wie dem spanischen Roten Kreuz. Dies sind offene Zentren, welche u.a. soziale und rechtliche Unterstützung bieten (AIDA 4.2022).
2. In den Exklaven Ceuta und Melilla gibt es je ein Temporäres Migrationszentrum (Centros de estancia temporal para inmigrantes, CETI) mit 512 Plätzen (Ceuta), bzw. 782 Plätzen (Melilla), betrieben von den spanischen Behörden (AIDA 4.2022).
3. Für Antragsteller im Asylverfahren bzw. Schutzberechtigte gibt es:
• vier Unterbringungszentren (Centros de acogida de refugiados, CAR) auf dem spanischen Festland mit gesamt 416 Plätzen, betrieben von den spanischen Behörden (AIDA 4.2022).
• Unterbringungseinrichtungen (meist Wohnungen), die von 10 NGOs betrieben werden (AIDA 4.2022).
Wenn Antragsteller sich für eine private Unterkunft außerhalb des Systems entscheiden, haben sie keinen garantierten Zugang zu finanzieller Unterstützung und Leistungen wie in den Zentren (AIDA 4.2022).
Sowohl CATE als auch CAED werden für die Unterbringungsbedingungen kritisiert (AIDA 4.2022).
Personen, die ihren Asylantrag in den Exklaven Ceuta oder Melilla stellen, werden dort in temporären Zentren (CETI) untergebracht und müssen die Zulässigkeitsentscheidung über ihren Asylantrag dort abwarten und werden erst dann nach Festlandspanien transferiert. Spanische Gerichte haben ein solches Vorgehen mehrmals verurteilt. In den letzten Jahren wurde der Ablauf der Transfers nach Festland-Spanien weiterhin als intransparent kritisiert. Ähnliche Berichte gibt es auch betreffend die Kanarischen Inseln (AIDA 4.2022).
Die Unterbringung verläuft in folgenden Phasen:
• die Bewertungs- und Zuweisungsphase: umfasst eine Basisversorgung mit Unterbringung bis ein Platz im Unterbringungssystem verfügbar ist. Dauer: bis zu 30 Tage (in der Praxis aber auch länger) (AIDA 4.2022).
• die Unterbringungsphase (Phase 1): neben temporärer Unterbringung in CAR bzw. NGO-betriebenen Zentren oder humanitären Unterbringungseinrichtungen erhalten Asylwerber in dieser ersten Versorgungsphase u.a. soziale Hilfe, kulturelle Grundorientierung, Sprachkurse und Jobtraining, was ihre Integration in die spanische Gesellschaft erleichtern soll, und ein Taschengeld in Höhe von €50 im Monat, plus €20 für jeden abhängigen Minderjährigen. Zusätzlich werden andere persönliche Ausgaben abgedeckt (AIDA 4.2022).
• die Vorbereitungsphase für Autonomie (Phase 2): während dieser zweiten Versorgungsphase werden die Nutznießer in private Unterbringung entlassen und erhalten kein Taschengeld mehr, aber die Miete wird übernommen und sie können zusätzliche Mittel zur Deckung der Grundbedürfnisse erhalten, um ein „normales Leben“ beginnen zu können. Personen, die ab dem 1. Januar 2021 Zugang zu Unterbringung für Asylwerber erhalten, können nur dann in Phase 2 der Versorgung überwiesen werden, wenn sie internationalen Schutz erhalten haben. Ist dies nicht der Fall, verbleiben sie in Phase 1 (AIDA 4.2022).
Abgesehen von den Unterbringungskapazitäten für Asylwerber verfügt Spanien über sieben Hafteinrichtungen (Centros de Internamiento de Extranjeros, CIE) mit zusammen 1.288 Plätzen, die vornehmlich der Inhaftierung von illegalen Migranten dienen. Stellen diese einen Asylantrag in einem CIE, durchlaufen sie das Asylverfahren auch in diesem (AIDA 4.2022).
Die Bewertungs- und Zuweisungsphase, Phase 1 und 2 dauern zusammen maximal 18 Monate (verlängerbar auf 24 Monate für Vulnerable). Wer die zweite Phase in Anspruch nehmen will, muss die erste Phase in einer staatlichen Unterbringung absolvieren. Abgelehnte Asylwerber können bis zum Ende der Maximaldauer in ihrer Unterbringung bleiben (AIDA 4.2022).
In den letzten Jahren wurden Mängel im Aufnahmesystem berichtet, die den Zugang erschwerten (z.B. Wartezeiten) und in bestimmten Fällen zur Obdachlosigkeit führten. Schlechte Unterbringungsbedingungen in CAR-Zentren und NGO-Unterbringungen werden generell keine berichtet (AIDA 4.2022).
Die CETI werden als chronisch überbelegt und die Unterbringungsbedingungen als schlecht und für Familien und Vulnerable ungeeignet beschrieben und es wird ein Mangel an Psychologen und Übersetzern berichtet. Mit der COVID-19-Pandemie verschärfte sich dies noch. Besonders von den Kanarischen Inseln wurden 2021 Schwierigkeiten bei der adäquaten Versorgung von Migranten und Asylwerbern berichtet, weil die Kapazitäten und das humanitäre Hilfswesen dem Ansturm nicht gewachsen waren. Viele Einrichtungen sind nach wie vor überfüllt und mangelnde Transfers von den Inseln und Exklaven auf das Festland führten zu zahlreichen Fällen von Armut und Obdachlosigkeit unter Asylwerbern (AIDA 4.2022).
Internationale Menschenrechtsgruppen haben die spanischen Behörden dafür kritisiert, dass Migranten und Asylwerber oft unter schlechten Bedingungen untergebracht sind und viele von ihnen in improvisierten Lagern festgehalten werden, die angeblich gegen Menschenrechtsstandards verstoßen (FH 24.2.2022).
Aufgrund der großen Zahl irregulärer Neuankömmlinge auf den Kanarischen Inseln im Jahr 2020 arbeitet die Regierung mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM), dem Spanischen Roten Kreuz und den lokalen NGOs Accem, der Cepaim-Stiftung und dem Weißen Kreuz zusammen, um den "Kanarenplan" umzusetzen. Im Dezember 2020 richtete das Ministerium für Integration, soziale Sicherheit und Migration sechs große Aufnahmezentren auf den Kanarischen Inseln ein, die von den Organisationen verwaltet werden (USDOS 12.4.2022).
Die Behörden haben es versäumt, angemessene Aufnahmebedingungen und ein faires und wirksames Asylverfahren für Menschen zu gewährleisten, die irregulär auf den Kanarischen Inseln ankommen (AI 29.3.2022).
Ab Dezember 2020 hat EASO begonnen, Spanien bei der Unterbringung von Asylwerbern zu unterstützen. Ein Einsatzplan für die Jahre 2022-2023 wurde genehmigt, mit dem Ziel, Spanien bei der Reform seines Aufnahmesystems zu unterstützen und u.a. eine Erhöhung der Zahl der Aufnahmeplätze auf den Kanarischen Inseln zu erreichen (AIDA 4.2022; vgl. USDOS 12.4.2022).Ab Dezember 2020 hat EASO begonnen, Spanien bei der Unterbringung von Asylwerbern zu unterstützen. Ein Einsatzplan für die Jahre 2022-2023 wurde genehmigt, mit dem Ziel, Spanien bei der Reform seines Aufnahmesystems zu unterstützen und u.a. eine Erhöhung der Zahl der Aufnahmeplätze auf den Kanarischen Inseln zu erreichen (AIDA 4.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022).
Asylwerber sind gesetzlich berechtigt, sechs Monate nach der Einbringung ihres Asylantrags eine Arbeit aufzunehmen, während ihr Antrag geprüft wird. Nach Ablauf der ersten sechs Monate können die Asylwerber die Erneuerung ihres Asylwerberausweises (tarjeta roja [rote Karte]) beantragen, welche die Berechtigung zur Arbeit in Spanien bestätigt. Die Aufnahmezentren für Asylwerber bieten Jobtraining und Sprachkurse an. Darüber hinaus haben die drei wichtigsten NGOs, welche Aufnahmezentren betreiben (Accem, das Spanische Rote Kreuz und CEAR), das Ariadna-Netzwerk innerhalb der vier CAR-Zentren gegründet. Dieses bietet einen umfassenden Aktionsplan, der auf die besonderen Bedürfnisse von Asylwerbern und Schutzberechtigten im Hinblick auf Arbeitsintegration eingeht. Dazu gehören Dienstleistungen wie personalisierte Beratungsgespräche, Schulungen vor der Einstellung, Jobtraining, aktive Unterstützung bei der Arbeitssuche usw. In der Praxis stoßen Asylwerber jedoch auf Hindernisse beim Zugang zum spanischen Arbeitsmarkt. Viele sprechen kein Spanisch, die Anerkennung von Qualifikationen ist langwierig, kompliziert und oft teuer. Diskriminierung aufgrund von Nationalität oder Religion kommt vor. Asylwerber, Flüchtlinge und Migranten in Spanien stoßen bei der Eröffnung von Bankkonten häufig auf Schwierigkeiten. Im Februar 2022 forderten verschiedene Organisationen die Regierung und die spanische Zentralbank auf, dringende Maßnahmen zu ergreifen, damit die Bankinstitute das Gesetz einhalten und eine Praxis beenden, welche die finanzielle und soziale Eingliederung von Asylwerbern, Flüchtlingen und Migranten behindert (AIDA 4.2022).
Quellen:
- AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Spain 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070427.html, Zugriff 24.10.2022
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- USDOS – US Department of State (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071360.html, Zugriff 18.10.2022
Medizinische Versorgung
Das spanische Recht sieht für alle Asylwerber so wie für spanische Bürger den vollen Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem vor, einschließlich Zugang zu spezialisierterer Behandlung für Personen, die Folter, schwere körperliche oder seelische Misshandlungen oder Traumatisierung erlitten haben. Der universelle Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem gilt auch für irreguläre Migranten. Obwohl in Spanien Zugang zu spezieller Behandlung durch Psychologen und Psychiater frei und garantiert ist, gibt es keine Institutionen, die auf die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge spezialisiert sind. Es gibt einige NGOs, die für Asylwerber mit psychischen Bedürfnissen zuständig sind. Die NGO Accem hat 2018 das Zentrum für Unterbringung und Hilfe für Menschen mit mentalen Problemen (Centro de Acogida y Atención Integral a Personas con Problemas de Salud Mental) für die Zielgruppe der vulnerablen Asylwerber, Flüchtlinge und Migranten gegründet. Die NGO CEAR (Comisión Española de Ayuda al Refugiado) betreibt auch Einrichtungen, die auf Asylsuchende mit psychischen Erkrankungen spezialisiert sind. Die Stiftung La Merced bietet Aufnahmeplätze für junge erwachsene Asylsuchende, die spezielle Unterstützung aufgrund psychischer Erkrankungen benötigen. Andere NGOs haben ebenfalls spezifische Ressourcen für Asylwerber mit psychischen Problemen aufgebaut, wie etwa Bayt al-Thaqafa, Progestión, Provivienda und Pinardi. Die NGO Valencia Accull hat in Valencia eine Aufnahmeeinrichtung für alleinstehende weibliche Asylwerberinnen/ Flüchtlinge eröffnet. Die COVID-19-Pandemie wirkte sich negativ auf den Zugang von Asylwerbern zu Gesundheitsleistungen aus. Beim Zugang zur Impfkampagne für Migranten wurden verschiedene Hindernisse festgestellt, vor allem aufgrund der Sprachbarriere und fehlendem Zugang zu digitalen Diensten. Migranten (auch undokumentierte) sind in die spanische Impfstrategie einbezogen. Die Verantwortung für die Bereitstellung von Informationen und die Erleichterung des Zugangs zur Kampagne wurde häufig an NGOs delegiert (AIDA 4.2022).
Für Asylwerber, die sich im spanischen Aufnahmesystem befinden, ist die allgemeine Gesundheitsversorgung im ganzen Land verfügbar. Die jeweiligen Sozialdienste und NGOs, die für das spanische Aufnahmesystem zuständig sind, bieten Beratung und Hilfestellung bei grundlegenden Verfahren wie dem Erhalt einer Gesundheitskarte, der Registrierung im örtlichen Rathaus usw. Sobald Asylwerber eine Gesundheitskarte erhalten haben, können sie einen Hausarzt wählen, der für die Überweisung zu medizinischen Tests und Fachärzten erforderlich ist (IOM 29.7.2022).
Die Covid-19-Pandemie setzte das nationale Gesundheitssystem unter einen noch nie dagewesenen Druck. Während der Covid-19-Impfkampagne stießen Ausländer, insbesondere irreguläre Migranten auf Hindernisse beim Zugang zum Gesundheitsdienst und zu Impfstoffen, da es keine klaren Protokolle zur Identifizierung und zum Zugang zu Informationen für diese Gruppen gab (AI 29.3.2022).
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu Mitgliedsstaaten (MedCOI 19.2.2021).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- IOM – International Organisation for Migration (29.7.2022): Auskunft von IOM, per E-Mail
- MedCOI – Medical COI (19.2.2021): Anfragebeantwortung, per E-Mail”- MedCOI – Medical COI (19.2.2021): Anfragebeantwortung, per E-Mail”
Beweiswürdigend wurde in den Bescheiden hervorgehoben, dass - im Gegensatz zu den beiden anderen BF - die Identität des BF1 mangels Dokumenten nicht feststehe. Hinweise auf eine schwere oder gar lebensbedrohliche Erkrankung der drei BF seien im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.
Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässigerweise in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens eingegriffen werden würde. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 3 EMRK, im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei in den Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässigerweise in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens eingegriffen werden würde. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Artikel 3, EMRK, im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei in den Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG treffe zu. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17, Absatz eins, Dublin III-VO ergeben.
Es gebe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben. Es gebe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß Paragraph 61, Absatz 3, FPG aufzuschieben.
I.7. Gegen die Bescheide des BFA wurde mit Schriftsatz vom 15.07.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben.römisch eins.7. Gegen die Bescheide des BFA wurde mit Schriftsatz vom 15.07.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben.
Der BF1 sei im Dublinverfahren überhaupt nicht befragt worden. Im Übrigen sei Art. 10 Dublin III-VO anzuwenden. Er sei über die Konsultation mit Spanien nicht in Kenntnis gesetzt worden und habe daher keine Möglichkeit gehabt, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Er sei bereits zum Verfahren zugelassen worden.Der BF1 sei im Dublinverfahren überhaupt nicht befragt worden. Im Übrigen sei Artikel 10, Dublin III-VO anzuwenden. Er sei über die Konsultation mit Spanien nicht in Kenntnis gesetzt worden und habe daher keine Möglichkeit gehabt, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Er sei bereits zum Verfahren zugelassen worden.
Die BF2 sei eine schwangere Frau, somit eine vulnerable Person. „Es wäre wichtig und für die belangte Behörde möglich gewesen, durch Anfrage an den behandelnden Arzt sowie an die spanischen Behörden festzustellen, ob es sich um eine Problemschwangerschaft handle, da es im vorliegenden Fall um Schwangerschaftskomplikationen handle“.
Der Geburtstermin wurde zu Beginn der Beschwerde mit XXXX angeführt. Die BF2 sei im siebenten Monat schwanger. Der Geburtstermin wurde zu Beginn der Beschwerde mit römisch 40 angeführt. Die BF2 sei im siebenten Monat schwanger.
Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Risikoschwangerschaft. Die BF2 sei während einer Routineuntersuchung in Kenntnis gesetzt worden, dass „ihr ungeborenes Kind im Mutterleib unter Sauerstoffmangel leide, daher sei sie zu einer weiteren Untersuchung bestellt worden“. Vorgelegt wurden:
- eine Zuweisung an ein Labor datiert mit 10.10.2024, Diagnose: GRAV 2, SSW 25-28; Kontrolle von: KBB, OGTT, HBs-AG, Toxo, Rh-Faktor-Antikörper, kompletter Harn.
- eine Wiederbestellung für den 14.10.2024 des XXXX wegen einer Pränataldiagnose und - eine Wiederbestellung für den 14.10.2024 des römisch 40 wegen einer Pränataldiagnose und
- der Mutter-Kind-Pass in Kopie.
Die BF2 habe weiters angeführt, dass sie in Österreich Geschwister habe und dass diese ihr helfen würden, weshalb der Ehemann und sie nach Österreich gereist seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Beweisaufnahme:römisch II.1. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:
- die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragungen des BF1 und der BF2 vom 02.04.2024 beziehungsweise vom 13.05.2024, das Protokoll der Niederschriften der Einvernahmen des BF1 und der BF2 vom 17.09.2024 und die Beschwerde vom 15.07.2024.
- aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Spanien in den angefochtenen Bescheiden
- die vorgelegten verfahrensrelevanten Unterlagen (Identitätsdokumente, Heiratsurkunde, ärztliche Unterlagen).
II.2. Feststellungen:römisch II.2. Feststellungen:
II.2.1. Die BF sind syrische Staatsangehörige. Ihre Identität steht mit für das gegenständliche Verfahren ausreichender Sicherheit fest. römisch II.2.1. Die BF sind syrische Staatsangehörige. Ihre Identität steht mit für das gegenständliche Verfahren ausreichender Sicherheit fest.
Der BF1 und die BF2 sind verheiratet, die BF3 ist die gemeinsame Tochter. Die BF2 ist schwanger, der errechnet Geburtstermin ist der XXXX . Es liegt ein Familienverfahren vor.Der BF1 und die BF2 sind verheiratet, die BF3 ist die gemeinsame Tochter. Die BF2 ist schwanger, der errechnet Geburtstermin ist der römisch 40 . Es liegt ein Familienverfahren vor.
II.2.2. Die BF2 und die BF3 reisten am 18.03.2024 unter Verwendung gefälschter Visa über Spanien in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und stellten im Zuge einer Anhaltung an der Grenze Anträge auf internationalen Schutz.römisch II.2.2. Die BF2 und die BF3 reisten am 18.03.2024 unter Verwendung gefälschter Visa über Spanien in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein und stellten im Zuge einer Anhaltung an der Grenze Anträge auf internationalen Schutz.
Der BF1 reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Österreich ein und stellten am 02.04.2024 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Die BF2 und die BF3 reisten unter Umgehung der Grenzkontrolle zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Österreich ein und stellten am 13.05.2024 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
II.2.3. Am 23.05.2024 richtete das BFA aufgrund eines Eurodac-Treffers betreffend die BF2 und die BF3 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO, sowie betreffend den BF1 ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 11 Dublin III-VO an Spanien. Spanien stimmte den Ersuchen stillschweigend zu. römisch II.2.3. Am 23.05.2024 richtete das BFA aufgrund eines Eurodac-Treffers betreffend die BF2 und die BF3 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO, sowie betreffend den BF1 ein Aufnahmeersuchen gemäß Artikel 11, Dublin III-VO an Spanien. Spanien stimmte den Ersuchen stillschweigend zu.
II.2.4. Die BF sowie das ungeborene Kind der BF2 leiden unter keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen oder Beeinträchtigungen, akut lebensbedrohende Krankheiten konnten die BF nicht belegen. Ein Verdacht auf das Vorliegen von gesundheitlichen Problemen oder Beeinträchtigungen obgenannter Personen ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Befunden. römisch II.2.4. Die BF sowie das ungeborene Kind der BF2 leiden unter keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen oder Beeinträchtigungen, akut lebensbedrohende Krankheiten konnten die BF nicht belegen. Ein Verdacht auf das Vorliegen von gesundheitlichen Problemen oder Beeinträchtigungen obgenannter Personen ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Befunden.
II.2.5. Der BF1 hat zu Österreich keine familiären Beziehungen, die BF2 hat eine wechselnde Anzahl von Geschwistern sowie mehrere Cousins im Bundesgebiet, zu denen keine besonders enge Beziehung oder gar ein Abhängigkeitsverhältnis beschrieben wurde. Besonders ausgeprägte soziale oder berufliche Bindungen im österreichischen Bundesgebiet liegen insgesamt nicht vor. römisch II.2.5. Der BF1 hat zu Österreich keine familiären Beziehungen, die BF2 hat eine wechselnde Anzahl von Geschwistern sowie mehrere Cousins im Bundesgebiet, zu denen keine besonders enge Beziehung oder gar ein Abhängigkeitsverhältnis beschrieben wurde. Besonders ausgeprägte soziale oder berufliche Bindungen im österreichischen Bundesgebiet liegen insgesamt nicht vor.
II.2.6. Aufgrund der unbestrittenen Länderinformationen zu Spanien ist festzustellen, dass in diesem Mitgliedsstaat die Unterbringung, die allgemeine Versorgung, beziehungsweise auch die medizinische Versorgung - auch für Schwangere - für Asylwerber gewährleistet und auch in der Praxis für die BF konkret zugänglich ist. Die Überstellung der BF in Bezug auf den Gesundheitszustand, beziehungsweise die allgemeine Versorgungslage im zuständigen Mitgliedsstaat stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.römisch II.2.6. Aufgrund der unbestrittenen Länderinformationen zu Spanien ist festzustellen, dass in diesem Mitgliedsstaat die Unterbringung, die allgemeine Versorgung, beziehungsweise auch die medizinische Versorgung - auch für Schwangere - für Asylwerber gewährleistet und auch in der Praxis für die BF konkret zugänglich ist. Die Überstellung der BF in Bezug auf den Gesundheitszustand, beziehungsweise die allgemeine Versorgungslage im zuständigen Mitgliedsstaat stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Artikel 3, EMRK geschützte Rechte dar.
II.2.7. Die BF werden gemeinsam nach Spanien überstellt. Sie laufen durch die Überstellung nicht Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im zuständigen Mitgliedstaat herrschen keine systemischen Mängel in Verfahren wegen internationalen Schutzes.römisch II.2.7. Die BF werden gemeinsam nach Spanien überstellt. Sie laufen durch die Überstellung nicht Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im zuständigen Mitgliedstaat herrschen keine systemischen Mängel in Verfahren wegen internationalen Schutzes.
II.3. Beweiswürdigung:römisch II.3. Beweiswürdigung:
II.3.1. Die Feststellungen zur Person der BF ergeben sich im Speziellen aus dem Vorbringen des BF1 und der BF2 in Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage.römisch II.3.1. Die Feststellungen zur Person der BF ergeben sich im Speziellen aus dem Vorbringen des BF1 und der BF2 in Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage.
II.3.2. Feststellungen zum Reiseweg der BF ergeben sich nachvollziehbar lediglich aus dem Eurodac-Treffer. römisch II.3.2. Feststellungen zum Reiseweg der BF ergeben sich nachvollziehbar lediglich aus dem Eurodac-Treffer.
Die Angaben der BF hinsichtlich ihrer Reisewege sind nicht nachvollziehbar und miteinander nicht in Einklang zu bringen.
So gab der BF1 schon zu Beginn des Verfahrens an, aufgrund des Transportes nicht zu wissen, welche Länder er durchreist habe. Er habe den Wohnort am 05.03.2024 Richtung Türkei verlassen, wo er etwa einen Monat lang aufhältig gewesen sei. Innerhalb von drei Tagen sei er dann durch unbekannte Länder am 02.04.2024 nach Österreich gelangt.
Die BF2 habe den Wohnort am 10.02.2024, Richtung Libanon verlassen. Nach einem zweitägigen Aufenthalt im Libanon sei sie über Guinea, wo sie sich einen Monat aufgehalten habe,