TE Vfgh Erkenntnis 1992/12/14 B1416/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.12.1992
beobachten
merken

Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §6 AsylG mit E v 12.12.92, G142/92 ua.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 30.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer - ein Staatsangehöriger von Mali - brachte am 6. August 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft Baden einen Antrag ein, ihn als Flüchtling nach dem Bundesgesetz vom 7. März 1968, BGBl. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF der Novellen BGBl. 796/1974 und 190/1990, (im folgenden kurz: AsylG 1968), anzuerkennen.

Während des Laufes des über diesen Antrag anhängigen Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 11. September 1991 von Organen des Gendarmeriepostens Traiskirchen festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Baden, Außenstelle Traiskirchen, übergeben. Diese Behörde verpflichtete den Beschwerdeführer mit Bescheid vom selben Tag gemäß §6 Abs1 AsylG 1968 bis zum Abschluß des über sein Asylansuchen eingeleiteten Feststellungsverfahrens, längstens jedoch für die Dauer von zwei Monaten, zum Aufenthalt in dem als Überprüfungsstation eingerichteten Teil des Flüchtlingslagers Traiskirchen. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung wurde gemäß §64 Abs2 AVG iVm §6 Abs2 AsylG 1968 ausgeschlossen.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich gab mit Bescheid vom 18.November 1991 der dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich als Behörde, die den bekämpften Bescheid erlassen hat, erstattete eine Gegenschrift, in der sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §6 AsylG 1968 einzuleiten.

2. Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1992, G142/92 u.a. Zlen., sprach er aus, daß §6 AsylG 1968 verfassungswidrig war.

III. 1. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

2. Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt

(zB VfSlg. 10404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne weitere mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 5.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1416.1991

Dokumentnummer

JFT_10078786_91B01416_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten