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72/02 Studienrecht allgemein;Norm
AHStG §21 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der betriebswirtschaftlichen Studienkommission der Wirtschaftsuniversität Wien vom 15. April 1992, Zl. B/3044/2/91, betreffend Anrechnung von Studien gemäß § 21 Abs. 1 und 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer suchte am 17. Dezember 1991 unter Anschluß verschiedener Beilagen bei der Wirtschaftsuniversität Wien um Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen, die er an der juridischen Falkultät der Universität Wien absolviert hatte, für die Studienrichtung Betriebswirtschaft an.
Mit Bescheid vom 16. Jänner 1992 rechnete der Vorsitzende der betriebswirtschaftlichen Studienrichtung die vom Beschwerdeführer abgelegte Prüfung "Grundzüge der politischen Ökonomie" an, gab jedoch mit Bescheid vom gleichen Tag dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Anrechung der ersten Diplomprüfung "Grundzüge der politischen Ökonomie unter Berücksichtigung der neueren Sozial- und Wirtschaftsgeschichte" gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes (AHStG) keine Folge; dies mit der Begründung, daß nach Prüfung der Unterlagen des Beschwerdeführers festgestellt worden sei, daß keine Gleichwertigkeit der Studien nach Inhalt und Umfang der Anforderungen bzw. keine Gleichwertigkeit der Prüfungen im Hinblick auf die angestrebte Studienrichtung gegeben sei.
Gegen den zuletzt genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung und führte aus, es sei an der Wirtschaftsuniversität Wien einhellige Praxis gewesen, bis Ende März 1991 an der Universität Wien rechtswissenschaftliche Fakultät abgelegte Prüfungen aus dem Fachgebiet Grundzüge der volkswirtschaftlichen Politik als gleichwertig und erste Diplomprüfung für Grundzüge der politischen Ökonomie unter Berücksichtigung der neueren Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Wirtschaftsuniversität Wien anzuerkennen. Allerdings habe für die erste Diplomprüfung auch zusätzlich eine Prüfung aus Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Wirtschaftsuniversität Wien abgelegt werden müssen, die er am 21. November 1991 abgelegt habe. Es sei eine Ungleichbehandlung, lediglich aus dem Grund, weil diese Prüfung erst nach dem Stichtag von ihm abgelegt worden sei, der von ihm vor dem Stichtag abgelegten Diplomprüfung an der Universität Wien die Anerkennung zu versagen. Darüberhinaus sei aus dem Bescheid nicht erkennbar, weshalb eine Gleichwertigkeit der Studien nach Inhalt und Umfang nicht gegeben sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. April 1992 gab die belangte Behörde der Berufung mit der Begründung keine Folge, daß die Prüfung der Unterlagen ergeben haben, daß die volkswirtschaftliche Teilprüfung im Rahmen des rechtswissenschaftlichen Studiums insbesondere auf die juristische Ausbildung hin ausgerichtet sei, während die erste Diplomprüfung "Grundzüge der politischen Ökonomie unter Berücksichtigung der neueren Sozial- und Wirtschaftsgeschichte" an der Wirtschaftsuniversität Wien eine Voraussetzung für die vertiefte Auseinandersetzung mit volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und anderen Fächern, die in der betriebswirtschaftlichen Studienordnung vorgesehen seien, sicherstellen solle. Da die Studienordnungen bzw. Studienpläne eine unterschiedliche inhaltliche Ausrichtung dieser Veranstaltung verlangen, sei die Gleichwertigkeit gemäß § 21 Abs. 1 iVm Abs. 5 AHStG nicht gegeben. Nachdem die mangelnde Gleichwertigkeit der in Rede stehenden Prüfungen im Herbst 1990 festgestellt worden sei, habe die Studienkommission beschlossen, allen jenen, die sich bereits im Vertrauen auf die Anrechnung auf die Teilprüfung "Grundzüge der Volkswirtschaftslehre für Juristen" und das Proseminar Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vorbereitet haben, eine Anrechnung nach der alten Praxis zu ermöglichen. Es sei also eine Übergangsfrist bis 22. März 1991 festgesetzt und kundgemacht worden, innerhalb der die Voraussetzungen für die Anrechnung zu erwerben gewesen seien. Nach Ablauf dieser Frist erworbene Prüfungsnachweise seien in keinem Fall berücksichtigt worden, sodaß eine der beiden Voraussetzungen für die Anrechnung vom Beschwerdeführer nicht rechtzeitig vor dem 22. März 1991 erfüllt worden sei.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluß vom 12. Oktober 1992, B 790/92, ablehnte und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 21 Abs. 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 177/1966 (im Beschwerdefall ist die Fassung der Novelle BGBl. Nr. 306/1992 nicht anzuwenden), sind die an einer inländischen Hochschule für das Studium einer anderen Studienrichtung oder die an einer ausländischen Hochschule abgelegten Prüfungen von der zuständigen Prüfungskommission oder der zuständigen akademischen Behörde anzuerkennen, soweit sie den nach der anzuwendenden Studienordnung vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind.
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG), BGBl. Nr. 258/1975, ist zur Entscheidung über Anträge Studierender in Studienangelegenheiten in erster Instanz der Vorsitzende der Studienkommission (§ 59 Abs. 4 und 5), in zweiter und letzter Instanz die Studienkommission (§ 58 lit. e) zuständig. Nach der abschließenden Aufzählung der Studienangelegenheiten in Abs. 3 zählen hiezu gemäß dessen lit. c auch die Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen (§ 21 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes).
Die belangte Behörde hatte in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Verfahren gemäß § 7 Abs. 4 UOG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950) anzuwenden.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach der Anordnung des § 58 Abs. 2 AVG 1950 sind Bescheide, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde, zu begründen. Gemäß § 60 AVG 1950 sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Aus der Begründung eines Bescheides muß demnach erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde den festgestellten Sachverhalt nach einem bestimmten Tatbestand beurteilt (vgl. z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1981, Zlen. 81/11/0009, 0041, und vom 20. November 1984, Zl. 84/07/0042).
Diesen an die Begründung eines Bescheides gestellten gesetzlichen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid in keiner Weise gerecht.
Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde zutreffend geltend gemacht hat, läßt sich der maßgebende Sachverhalt dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen. Der Begründung, daß die volkswirtschaftliche Teilprüfung im Rahmen des rechtswissenschaftlichen Studiums insbesondere auf die juristische Ausbildung hin ausgerichtet sei, während die erste Diplomprüfung "Grundzüge der politischen Ökonomie unter Berücksichtigung der neueren Sozial- und Wirtschaftsgeschichte" an der Wirtschaftsuniversität Wien eine Voraussetzung für die vertiefte Auseinandersetzung mit volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und anderen Fächern, die in der betriebswirtschaftlichen Studienordnung vorgesehen seien, sicherstellen solle, läßt sich nicht in einer der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof genügenden Weise entnehmen, wie die belangte Behörde zur Verneinung der Gleichwertigkeit gekommen ist. Aus diesen allgemein gehaltenen Ausführungen ist nicht erkennbar, welchen Umfang die vom Beschwerdeführer an der Universität Wien, Juridische Fakultät, abgelegte Prüfung hatte, noch in welchem Umfang er diese nach dem in seinem Fall in Betracht kommenden Studienplan an der Wirtschaftsuniversität Wien für die in Aussicht genommene Studienrichtung Betriebswirtschaft ablegen müßte. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, insbesondere unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften darzulegen, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang durch die zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0125, und vom 23. Juni 1993, Zl. 89/12/0233). In der Gegenschrift kann die erforderliche Begründung nicht nachgeholt werden.
Daraus ergibt sich, daß einerseits infolge fehlender Sachverhaltsfeststellung der angefochtene Bescheid ergänzungsbedürftig geblieben ist, andererseits die belangte Behörde Verfahrensvorschriften über die Begründungspflicht außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen kommt dem weiteren Beschwerdevorbringen hinsichtlich der unsachlichen Rechtswirkungen der Vorgangsweise der belangten Behörde für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung zu, weil jeder Fall für sich unter Bezugnahme auf das Gesetz zu lösen ist. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Kostenersatz für Umsatzsteuer und für Stempelgebühren, die für eine überzählige Beilage zur Beschwerde entrichtet wurden, war nicht zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992120281.X00Im RIS seit
26.02.2001