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32/06 Verkehrsteuern;Norm
ErbStG §2 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der H in I, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 21. Juli 1994, Zl. 60.321-6/94, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 13. November 1988 verstarb der Ehegatte der Beschwerdeführerin. Der Verlassenschaftsabhandlung wurde eine letzwillige Verfügung zugrunde gelegt, worin der Erblasser seine drei Kinder zu gleichen Teilen zu Erben eingesetzt, die Beschwerdeführerin hingegen auf den Pflichtteil gesetzt hatte. Zwei der testamentarisch berufenen Erben entschlugen sich ihrers Erbrechtes unter Vorbehalt des Pflichtteils, das dritte Kind trat die Erbschaft an und schloß in der Folge am 1. Juni 1989 niederschriftlich unter anderem mit der Beschwerdeführerin eine Vereinbarung zur Regelung des Pflichtteilsanspruches. Dabei wurde die Rückübertragung von 262/630 Anteilen an der Liegenschaft EZ 324 KG I (die der Erblasser seinerzeit von der Beschwerdeführerin kaufweise erworben hatte) vorgesehen und erklärte die Beschwerdeführerin sich damit als abgefunden und gegen den Nachlaß "keine weiteren wie immer gearteten Ansprüche insbesondere keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch" zu stellen.
Am 28. Juli 1989 errichteten die Alleinerbin und die Beschwerdeführerin unter dem Titel "Aufhebungs- und Rückübertragungsurkunde" einen Notariatsakt, womit unter anderem einerseits die "Rückübertragung" der obgenannten Liegenschaftsanteile an die Beschwerdeführerin vorgenommen und andererseits vereinbart wurde, daß die Beschwerdeführerin auf der Liegenschaft verbücherte bzw. verbücherungsfähige Bankschulden im Gesamtbetrag von S 6,572.727,-- "in den bestehenden Rückzahlungs- und Verzinsungsverpflichtungen in ihre persönliche Rückzahlungs- und Verzinsungsverpflichtung zur Hälfte" übernimmt (also im Betrag von S 3,286.363,50). Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich, die Verlassenschaft "vollkommen schad- und klaglos zu halten".
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck forderte daraufhin mit Bescheid vom 17. Juni 1992 von der Beschwerdeführerin ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 6,572.727,-- Grunderwerbsteuer in Betrag von S 131.455,-- an, wozu in einer ergänzenden Bescheidbegründung vom 30. Juli 1992 unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG ausgeführt wurde, daß dann, wenn zwischen dem Erben und dem Pflichtteilsberechtigten für den Erwerb von Liegenschaften neben dem Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches zusätzliche Leistungen vereinbart werden, der Erwerb insoweit der Grunderwerbsteuer unterliege.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin wobei sie ausdrücklich ausführte, die Abgabenbehörde sei hinsichtlich des angewendeten Tatbestandes des § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG im Recht. Der Erwerb falle aber zur Gänze unter die Erbschaftssteuer und sei dafür gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 GrEStG keine Grunderwerbsteuer zu erheben. Eine gesetzliche Regelung wie bei der Schenkung belasteter Grundstücke fehle. Eine Aufspaltung des einheitlichen Erwerbsvorganges von Todes wegen in einen grunderwerbsteuerfreien und in einen grunderwerbsteuerpflichtigen Teil sei nicht zulässig.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 28. Dezember 1992 gab das Finanzamt der Berufung teilweise statt, indem der Steuerbemessung nur die Hälfte der Gegenleistung (also ein Betrag von S 3,286.363,--) zugrundegelegt und die Steuer auf S 65.727,-- herabgesetzt wurde; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dagegen begehrte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Auch die belangte Behörde gab der Berufung teilweise statt und setzte die Grunderwerbsteuer (wie schon das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung) mit S 65.727,-- fest. Rechtlich vertrat die belangte Behörde gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 88/16/0116, die Auffassung, es liege ein damit vergleichbarer Fall vor. Die Übernahme von Verbindlichkeiten im Ausmaß von S 3,286.363,-- sei einer Aufzahlung auf den den Pflichtteilsanspruch übersteigenden Wert der übernommenen Liegenschaftsanteile gleichzuhalten, in welchem Ausmaß ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß mit Beschluß vom 27. September 1994, Zl. B 1820/94-3 an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß der Erwerbsvorgang nicht der Grunderwerbsteuer unterworfen wird.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 ist ua der Grundstückserwerb von Todes wegen von der Besteuerung ausgenommen.
Nach § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG gilt als vom Erblasser zugewendet auch, was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird.
Im Grunde des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung (eines inländischen Grundstückes) begründet, der Grunderwerbsteuer.
Die weitwendigen Argumente der Beschwerdeführerin basieren auf der Behauptung, der vorliegende Sachverhalt sei gegenüber dem mit dem hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 88/16/0116, entschiedenen Fall "gänzlich verschieden gelagert". Außerdem stellt die Beschwerde die Meinung in den Vordergrund, daß § 3 Abs. 1 Z. 2 erster Satz GrEStG auch auf den Erwerb belasteter Liegenschaften von Todes wegen anzuwenden sei. In beiden Bereichen irrt die Beschwerdeführerin.
Zunächst ist festzuhalten, daß auch dem gerade zitierten Erkenntnis Zl. 88/16/0116 ein Sachverhalt zugrunde lag, in dem ein Pflichtteilsberechtigter zur Abgeltung seines Pflichtteilsanspruches Grundstücke übertragen erhielt und in diesem Zusammenhang bestimmte, auf einer der Liegenschaften bücherlich sichergestellte Verlassenschaftspassiva zur Hälfte "zur Selbst- und Alleinzahlung und -verzinsung" übernahm. Die belangte Behörde konnte daher frei von Rechtswidrigkeit davon ausgehen, daß hier ein vergleichbarer Fall vorlag. Anstelle einer Auseinandersetzung mit den Beschwerdeargumenten im Detail genügt es daher auch im Rahmen der nunmehr zu fällenden Entscheidung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat darin klargestellt, daß dann, wenn zB im Wege der Übernahme von Schulden eine wertmäßige Aufzahlung auf die Differenz zwischen dem Pflichtteilsanspruch und dem Wert der zu dessen Abgeltung übernommenen Liegenschaft(en) geleistet wird, dieser Teil der Transaktion mit dem Grundstückserwerb von Todes wegen nicht im Zusammenhang steht. Das hat auch für den jetzt zu entscheidenden Fall zu gelten. Die Beschwerdeführerin hat nämlich - anders als sie dies jetzt darzustellen sucht - keineswegs zur Abgeltung ihrer Pflichtteilsansprüche bloß belastete Liegenschaftsteile übernommen, sondern darüber hinaus zusätzlich zu ihrer "persönlichen Rückzahlungs- und Verzinsungsverpflichtung" Verbindlichkeiten in Höhe von S 3,286.363,50, hinsichtlich derer sie die Verlassenschaft vollkommen schad- und klaglos zu halten hat. Da dies - wie die belangte Behörde zu Recht folgerte - nur als Aufzahlung auf jenen Teil des Wertes der übernommenen Liegenschaftsanteile anzusehen ist, der den Pflichtteilsanspruch der Beschwerdeführerin überstieg (welchem Argument die Beschwerdeführerin auf Tatsachenebene nicht entgegengetreten ist) erweist sich der angefochtene Bescheid im Lichte des hg. Erkenntnisses Zl. 88/16/0116, von dem abzugehen der Beschwerdefall keinerlei Anlaß bietet, als frei von Rechtswidrigkeit.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei mit Rücksicht auf die zitierte hg. Vorjudikatur die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994160247.X00Im RIS seit
20.11.2000