TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/19 94/12/0296

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.04.1995
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. AB in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 14. September 1994, Zl. Präs. K-65/1994-, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Senatsrat des Magistrates Graz in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Mit Eingabe vom 22. Februar 1994 ersuchte der Beschwerdeführer um einen "Krankenstand mit Ortsverlaß" zur Absolvierung einer Kur in Schwanberg. Mit Datum 25. Mai 1994 erging folgendes Schreiben des Magistrates Graz an den Beschwerdeführer:

"Herrn Dipl.-Ing. AB, SR., wird über Anfrage gemäß § 17 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Landeshauptstadt Graz vom 22.12.1972 und in Entsprechung der amtsärztlichen Äußerung vom 17.5.1994 sowie unter Zugrundelegung der Krankenordnung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), III. Erweiterte Heilbehandlung, Pkt. 67 Abs. 1 und 2 in der derzeit geltenden Fassung, nahegelegt, nach insgesamt 9 bewilligten Kuraufenthalten (6 durch die KFA bezahlt, 3 durch den Amtsarzt empfohlen) zunächst vor Ort Behandlungen vornehmen zu lassen.

Sollte jedoch auf eine Kurbehandlung in Schwanberg nicht verzichtet werden wollen, wird für den Zeitraum des Ortswechsels Gebührenurlaubs-, gegebenenfalls auch Invalidenurlaubskonsumierung empfohlen.

Es darf erwähnt werden, daß seitens der KFA auch für Anwendungen am Kurort während des Gebühren- oder Invalidenurlaubes eine tarifmäßige Refundierung der Behandlungskosten gewährt wird."

Gegen dieses Schreiben erhob der Beschwerdeführer am 9. Juni 1994 Berufung.

Diese wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen.

Zur Begründung wird nach kurzer Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter ausgeführt, was die formalen Voraussetzungen des mit der Berufung bekämpften Schreibens des Personalamtes vom 25. Mai 1994 betreffe, fehlten sämtliche im § 58 Abs. 1 AVG geforderten Kriterien eines Bescheides. Auch eine Erledigung der in Verhandlung stehenden Angelegenheit in deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen im Sinne des § 59 Abs. 1 sei nicht gegeben. Dies deshalb, weil dem Beschwerdeführer lediglich nahegelegt worden sei, eine Behandlung vor Ort vornehmen zu lassen oder für den Fall des Nichtverzichtes auf die Kurbehandlung die Inanspruchnahme von Gebühren- bzw. Invalidenurlaub empfohlen worden sei. Eine Entscheidung oder Verfügung im Sinne des § 56 AVG sei jedoch nicht erfolgt. Es liege daher im Gegenstand überhaupt kein Bescheid vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Verwaltungsakten (- vorerst unvollständig -) vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht in offenbarer Übereinstimmung mit den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß die Fertigung des angefochtenen Bescheides für den Gemeinderat durch den Bürgermeister erfolgt ist und die Unterschrift im Sinne des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren § 18 Abs. 4 AVG noch leserlich ist.

Gemäß § 58 Abs. 1 des gemäß § 1 DVG anzuwendenden AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Wie der Verwaltungsgerichtshof seit seinem von einem verstärkten Senat gefaßten Beschluß vom 15. Dezember 1977, Slg. N. F. Nr. 9458/A, in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift, oder auch die Beglaubigung enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Nur dann, wenn sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung für jedermann eindeutig ergibt, daß mit der Erledigung verbindlich und in einer der Rechtskraft fähigen Weise über eine Verwaltungsrechtssache abgesprochen wurde, ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzusehen (vgl. z. B. den Beschluß vom 28. April 1993, Zl. 93/12/0111). Bloße Schlüsse aus der Erledigung in Verbindung mit den Verwaltungsakten und den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen reichen nicht aus, um einer Erledigung den Charakter eines Bescheides zu geben (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1990, Zl. 90/12/0197, und vom 22. Februar 1995, Zl. 93/12/0198).

Mangels dieser Eindeutigkeit - immerhin fehlen neben der Bezeichnung als Bescheid auch die Begründung sowie eine Rechtsmittelbelehrung, vor allem aber kann der Inhalt der Erledigung (Dem Beschwerdeführer "wird ... nahegelegt, ...") nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit als Spruch (Festlegung einer Verpflichtung) qualifiziert werden - hat die belangte Behörde zutreffend die Berufung wegen mangelnder Bescheidqualität zurückgewiesen.

Bereits aus diesem Grund war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen in der Sache selbst eingegangen werden mußte.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Einhaltung der Formvorschriften

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994120296.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten