TE Bvwg Beschluss 2024/10/28 L516 2265584-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.2024
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Entscheidungsdatum

28.10.2024

Norm

AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art133 Abs4
  1. AsylG 2005 § 57 heute
  2. AsylG 2005 § 57 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021
  3. AsylG 2005 § 57 gültig von 20.07.2015 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  6. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  7. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  10. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. BFA-VG § 17 heute
  2. BFA-VG § 17 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 17 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 17 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. BFA-VG § 17 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  6. BFA-VG § 17 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


L516 2265584-2/6Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Jordanien, vertreten durch Verein Queer Base, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2024, Zahl 1293911600/240161758:Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb römisch 40 , StA Jordanien, vertreten durch Verein Queer Base, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2024, Zahl 1293911600/240161758:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. A) Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 17, Absatz eins, BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

Der Beschwerdeführer stellte am 25.04.2024 den verfahrensgegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz (zweiten Folgeantrag). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Folgeantrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 01.10.2024 (I.) hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie (II.) hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und erteilte (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG.Der Beschwerdeführer stellte am 25.04.2024 den verfahrensgegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz (zweiten Folgeantrag). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Folgeantrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 01.10.2024 (römisch eins.) hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie (römisch II.) hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurück und erteilte (römisch III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

1. Sachverhaltsfeststellungen

[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: S=Seite; AS=Aktenseite des jeweiligen Verwaltungsaktes des BFA; IZR=Zentrales Fremdenregister]

1.1 Bestehende durchsetzbare Rückkehrentscheidung

Gegen den Beschwerdeführer besteht bereits mit dem – mangels Beschwerdeerhebung – seit 17.04.2024 rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 01.04.2024 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot, da mit jenem Bescheid der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.01.2024 (erster Folgeantrag) gemäß § 68 AVG zur Gänze zurückgewiesen und gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung mit einem auf 2 Jahre befristeten Einreiseverbot erlassen worden war. (IZR; BFA Bescheid vom 01.04.2024, Verfahrenszahl 240161758)Gegen den Beschwerdeführer besteht bereits mit dem – mangels Beschwerdeerhebung – seit 17.04.2024 rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 01.04.2024 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot, da mit jenem Bescheid der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.01.2024 (erster Folgeantrag) gemäß Paragraph 68, AVG zur Gänze zurückgewiesen und gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung mit einem auf 2 Jahre befristeten Einreiseverbot erlassen worden war. (IZR; BFA Bescheid vom 01.04.2024, Verfahrenszahl 240161758)

1.2 Unterlassene Zeugeneinvernahme

Im gegenständlichen Verfahren zum zweiten Folgeantrag vom 25.04.2024 brachte der Beschwerdeführer zum ersten Mal vor, dass er homosexuell bzw bisexuell sei. Der Beschwerdeführer beantragte dazu bereits im Verfahren vor dem BFA unter Anführung eines Namens und einer ladungsfähigen Adresse die Zeugeneinvernahme einer Person, mit der er laut seinen Angaben in Österreich eine romantische Beziehung führe bzw intim geworden sei. Der beantragte Zeuge erklärte auch schriflich gegenüber dem BFA, dass dieser die Bisexualität des Beschwerdeführers bestätigen könne, da dieser mit dem Beschwerdeführer bereits intim gewesen sei. (Schriftsatz 27.06.2024 (AS 125, 128); Schreiben Zeuge (AS 137))

Das BFA unterließ es, den beantragten Zeugen einzuvernehmen und begründete dies folgendermaßen (BFA Bescheid 01.10.2024 S 54 [Name des Zeugen anonymisiert vom Bundesverwaltungsgericht]):

„Da für die Behörde zweifelsfrei feststeht, dass Ihre im gegenständlichen Verfahren vorgebrachte sexuelle Neigung nicht den Tatsachen entspricht und zu erwarten ist, dass Hr. [Name anonymisiert] bereit ist für Sie als reine Gefälligkeit auch tatsachenwidrige Angaben zu machen, wurde trotz Beweisantrag Ihrer rechtlichen Vertretung von einer zeugenschaftlichen Einvernahme Abstand genommen.“

1.3 Zur Lage in Jordanien

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Jordanien, 26.01.2024

Obwohl einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht kriminalisiert werden (USDOS 20.3.2023), ist die Diskriminierung von LGBTQI+ Personen weit verbreitet und schließt die Androhung von Gewalt ein (FH 2023). Von staatlicher Seite war diese Personengruppe im beobachteten Zeitraum von willkürlichen Verhaftungen, Schikanen in Form von informellen oder formellen Verhören, ökonomischen und rechtlichen Drohungen und Überwachung betroffen (USDOS 20.3.2023). Im jordanischen Recht fehlt ein Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität (HRW 11.1.2024; vgl. USDOS 20.3.2023).Obwohl einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht kriminalisiert werden (USDOS 20.3.2023), ist die Diskriminierung von LGBTQI+ Personen weit verbreitet und schließt die Androhung von Gewalt ein (FH 2023). Von staatlicher Seite war diese Personengruppe im beobachteten Zeitraum von willkürlichen Verhaftungen, Schikanen in Form von informellen oder formellen Verhören, ökonomischen und rechtlichen Drohungen und Überwachung betroffen (USDOS 20.3.2023). Im jordanischen Recht fehlt ein Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität (HRW 11.1.2024; vergleiche USDOS 20.3.2023).

Aus Angst vor gesellschaftlicher oder staatlicher Diskriminierung halten daher viele Personen ihre sexuelle Orientierung geheim. LGBTQI+ Personen sind häufig Ziel von Gewalt und Missbrauch, einschließlich Vergewaltigung, und hatten kaum rechtliche Möglichkeiten, gegen die Täter vorzugehen. Transgender-Personen laufen dabei besonders in Gefahr, Opfer von Gewalttaten und sexuellen Übergriffen zu werden, und die Behörden boten ihnen keinen rechtlichen Schutz (USDOS 20.3.2023).

Behörden können LGBTQI+ Personen wegen angeblicher Verletzung der öffentlichen Ordnung oder des öffentlichen Anstandes verhaften. Mitglieder der LGBTQI+-Community bestätigen, dass es ihnen im Allgemeinen an sicheren Räumen fehlt, und berichten, dass sie von der Polizei ins Visier genommen werden, wenn sie eine der wenigen mit der Gemeinschaft verbundenen Einrichtungen verlassen. Die staatlichen Vorschriften über die Registrierung von NGOs, sowie die Finanzierung aus dem Ausland hindern zivilgesellschaftliche Gruppen weitgehend daran, an Aktivitäten mit vermeintlichen Verbindungen zur LGBTQI+-Community zu arbeiten (USDOS 20.3.2023) Die Behörden haben NGOs, die sich für die Gleichberechtigung von LGBTI Menschen einsetzen, die Registrierung verweigert (FH 2023).

LGBTQI+ Personen berichteten außerdem über Diskriminierung in den Bereichen Wohnen, Beschäftigung, Bildung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Einzelpersonen berichten, dass ihnen aufgrund ihrer LGBTI-Identität gekündigt oder berufliche Chancen verweigert wurden. Einige waren mit Erpressung und der Drohung konfrontiert, dass sie entlassen, enterbt, verleugnet, verhaftet oder strafrechtlich verfolgt würden. Mehrere LGBTQI+-Personen fanden es aufgrund ihrer LGBTQI+-Identität unmöglich, im Land zu leben, und verließen daher Jordanien oder sind dabei, dies zu tun. Viele fürchteten um ihr Leben oder Missbrauch durch Familienmitglieder oder Behörden (USDOS 20.3.2023).

Eltern können bei den Sicherheitsdiensten informelle „Haftbefehle“ für Kinder, einschließlich erwachsener Kinder, beantragen, um ihre Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes auszusetzen, Reisen ins Ausland zu verhindern oder um von den Behörden zu verlangen, dass sie zwangsweise in Gewahrsam der Familie zurückgebracht werden, selbst wenn Familienmitglieder zuvor das Leben der Person bedroht haben (USDOS 20.3.2023).

ACCORD – Anfragebeantwortung zu Jordanien: Familiäre und gesellschaftliche Lage von LGBTIQ+ Personen [a- 12014-1] 27.10.2022

In der Anfragebeantwortung werden die unterschiedlichen Bezeichnungen für Mitglieder der LGBTIQ+-Gemeinschaft von den Ursprungsquellen übernommen und können daher variieren.

Eine Umfrage des Forschungsnetzwerks Arab Barometer für BBC News Arabic aus dem Jahr 2019 ergab, dass nur sieben Prozent der Befragte in Jordanien homosexuelle Beziehungen akzeptieren (Arab Barometer, 24. Juni 2019).

Laut dem Jahresbericht 2022 von Freedom House sei Diskriminierung gegen LGBT+-Personen in Jordanien weit verbreitet und schließe mögliche Gewalt mit ein (Freedom House, 24. Februar 2022, F4).

Auch das US Department of State (USDOS) schreibt in seinem Jahresbericht 2021, dass die gesellschaftliche Diskriminierung von LGBTQI+-Personen in Jordanien weit verbreitet sei. Laut einem Sicherheitsbeamten würden homosexuelle Beziehungen von der konservativen Gesellschaft Jordaniens weitgehend als inakzeptabel angesehen. Transgender-Personen seien besonders anfällig für Gewalttaten und sexuelle Übergriffe und die Behörden würden ihnen keinen Rechtsschutz gewähren.

Das Gesetz verbiete die Diskriminierung von LGBTQI+-Personen nicht. Vertreter·innen der LGBTQI+-Gemeinschaft hätten berichtet, dass die meisten LGBTQI+-Personen ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität aus Angst vor gesellschaftlicher oder staatlicher Diskriminierung geheim halten würden. LGBTQI+-Personen hätten erklärt, dass sie sich ungern an das Rechtssystem wenden würden, weil sie befürchteten, dass ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität feindselige Reaktionen der Polizei hervorrufen, sie vor Gericht benachteiligen oder dazu benutzt werden könnte, sie oder ihre Familien öffentlich zu demütigen. Es habe jedoch auch Fälle gegeben, in denen Behörden angemessen auf Berichte über Straftaten reagierten hätten.

LGBTQI+-Personen hätten weiters von Diskriminierung in den Bereichen Wohnen, Beschäftigung, Bildung und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen berichtet. Einzelpersonen seien aufgrund ihrer LGBTQI+-Identität entlassen oder es seien ihnen berufliche Möglichkeiten verweigert worden. Einige seien Opfer von Erpressung geworden oder es sei ihnen angedroht worden, entlassen, enterbt, verstoßen, verhaftet oder strafrechtlich verfolgt zu werden. Mehrere LGBTQI+-Personen hätten sich gezwungen gesehen, aufgrund ihrer LGBTQI+-Identität das Land zu verlassen. Viele hätten Angst um ihr Leben oder würden Misshandlungen durch Familienmitglieder oder Behörden befürchten. Eltern sei es üblicherweise gestattet, informelle „Haftbefehle“ von Sicherheitsdiensten für Kinder, einschließlich erwachsener Kinder, zu beantragen, um deren Bewegung innerhalb des Landes und Reisen ins Ausland zu verhindern oder von den Behörden zu verlangen, Kinder unter Zwang zu ihren Familien zurückzubringen, selbst wenn Familienmitglieder in der Vergangenheit das Leben der jeweiligen Person bedroht hätten.

In weltoffenen Kreisen der Bevölkerung sei es LGBTQI+-Individuen möglich, sich diskret mit anderen LGBTQI+-Personen zu treffen.

Es gebe relativ wenig Unterkünfte, die LGBTQI+-Personen aufnehmen würden, und den Einrichtungen und NGOs, die es täten, würden ausreichende Mittel fehlen.

Eine offene Diskussion über LGBTQI+- Themen sei aufgrund der allgemein traditionellen Kultur unter allen Bürger·innen, unabhängig von ihrem Glauben, umstritten (USDOS, 12. April 2022, Abschnitt 6).

Barbara Foresti, Mission Chief für Jordanien von INTERSOS, erklärt, dass Menschen der LGBT+-Gemeinschaft im gesamten Land stigmatisiert würden, vor allem in abgelegenen Gebieten. LGBT+-Personen würden ausgegrenzt. Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung hätten eine starke Auswirkung auf den Zugang zu Grundrechten wie Wohnen oder Arbeit. Außerhalb der Hauptstadt seien die Lebensbedingungen für Mitglieder der LGBT+-Gemeinschaft noch schwieriger als in Amman. Sie nennt als Beispiel den Süden des Landes, wo die soziale Struktur hauptsächlich eine Stammesstruktur sei. Innerhalb einer solchen rigiden Struktur hätten LGBT+-Personen es schwer, um Hilfe von außen zu bitten und würden es häufig vorziehen, ihr Leben lang zu schweigen.

LGBT+-Personen hätten gegenüber INTERSOS ausgesagt, dass sie, aus Angst in eine Falle zu geraten, nie die Polizei aufsuchen würden. Die Polizei belästige und verhafte sie ohne Grund, um sie in Folge anzuzeigen und von der Regierung eine finanzielle Belohnung zu erhalten.

Transsexuelle Menschen seien der schwersten Art von Diskriminierung, Misshandlung und Verfolgung ausgesetzt. Ihre Identität werde so stark abgelehnt, dass nicht einmal eine Anzeige wegen physischer oder psychischer Gewalt von den Behörden aufgegriffen werde.

Während viele homosexuelle Menschen ein Doppelleben führen würden, um ihre Homosexualität zu verbergen, würden Transmenschen überhaupt nicht versuchen, ihre Rechte geltend zu machen, da sie einem sehr hohen Risiko von Übergriffen und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt seien (INTERSOS, 17. Mai 2022).

Die Taskforce für das Informationsmanagementsystem für geschlechtsspezifische Gewalt (Gender Based Violence Information Management System, GBV IMS) in Jordanien schreibt in ihrem Jahresbericht 2021, dass Transgenderpersonen als Teil einer Fokusgruppendiskussion im Jänner 2022 erklärt hätten, dass sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität von Mitgliedern der Gemeinschaft und sowie in ihrem Zuhause Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt seien. Ihr Zugang zu Dienstleistungen sei aufgrund von Stigmatisierung und Fehlen von einem sicheren und respektvollen Umfeld, insbesondere im Bereich Bildung, öffentliche Dienstleistungen und Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Einkommensmöglichkeiten, äußerst eingeschränkt, sodass Prostitution die einzige Möglichkeit für sie sei, Geld zu verdienen. Personen, die sich als homosexuell identifizieren, hätten berichtet, dass sie gezwungen seien, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen und ein Doppelleben zu führen. Es sei ihnen nur innerhalb der LGBTQIA+-Gemeinschaft möglich, sich offen zu zeigen (Jordan GBV IMS Task Force, 30. August 2022, S. 16).Die Taskforce für das Informationsmanagementsystem für geschlechtsspezifische Gewalt (Gender Based Violence Information Management System, GBV IMS) in Jordanien schreibt in ihrem Jahresbericht 2021, dass Transgenderpersonen als Teil einer Fokusgruppendiskussion im Jänner 2022 erklärt hätten, dass sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität von Mitgliedern der Gemeinschaft und sowie in ihrem Zuhause Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt seien. Ihr Zugang zu Dienstleistungen sei aufgrund von Stigmatisierung und Fehlen von einem sicheren und respektvollen Umfeld, insbesondere im Bereich Bildung, öffentliche Dienstleistungen und Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Einkommensmöglichkeiten, äußerst eingeschränkt, sodass Prostitution die einzige Möglichkeit für sie sei, Geld zu verdienen. Personen, die sich als homosexuell identifizieren, hätten berichtet, dass sie gezwungen seien, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen und ein Doppelleben zu führen. Es sei ihnen nur innerhalb der LGBTQIA+-Gemeinschaft möglich, sich offen zu zeigen (Jordan GBV IMS Task Force, 30. August 2022, Sitzung 16).

Die Unterarbeitsgruppe für geschlechtsspezifische Gewalt (Gender-based Violence (GBV) sub working group) unter dem Vorsitz des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) schreibt in einer Beurteilung des geschlechtsspezifischen Gewaltrisikos für Ost-Amman vom Oktober 2021, dass Personen mit unterschiedlichen sexuellen Identitäten und Orientierungen in Jordanien erhöhten Risiken ausgesetzt seien. Gesprächen mit Mitgliedern der LGBTQI+-Gemeinschaft sowie Dienstleistungerbringern zufolge seien insbesondere weiblich aussehende und sich weiblich verhaltende Männer sowie transsexuelle Personen weit verbreiteter Gewalt und Missbrauch ausgesetzt. Ein Interviewpartner erklärt, dass er aufgrund seiner weiblichen Art vielen Arten von Missbrauch ausgesetzt sei, von emotionalem und psychischem Missbrauch über Belästigung bis hin zu körperlicher Misshandlung und Vergewaltigungen.

Die Unterarbeitsgruppe listet folgende Arten von Missbrauch auf, denen die LGBTQI+-Gemeinschaft ausgesetzt sei:

· Emotionale und psychische Misshandlung auf der Straße sowie mangelnde Akzeptanz in der eigenen Familie. Es sei nicht ungewöhnlich, dass LGBTQI+-Personen von Familien- oder Gemeindemitgliedern bedroht oder sogar aus dem Haus der Familie hinausgeworfen würden.

· Verweigerung von und Diskriminierung beim Zugang zu Dienstleistungen, wie Gesundheitsdiensten oder Schutz, wenn die Dienstanbieter vermuten, dass die Person eine diverse sexuelle Orientierung oder Identität habe.

· Körperliche Misshandlung auf der Straße durch Fremde oder durch Mitglieder der Gemeinschaft sowie durch Familienmitglieder.

· Online-Gewalt einschließlich Mobbing, Beschimpfungen und Aufstachelung zu Gewalt und Mord an Personen, die als LGBTQI+-Personen erkennbar seien. Darüber hinaus hätten konservative Einzelpersonen und die Polizei manchmal das Internet verwendet oder Handy-Apps infiltriert, um die Identität von Mitgliedern der LGBTQI+-aufzudecken und sie bloßzustellen.

· Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen, einschließlich Vergewaltigungen durch Fremde, Gemeinschafts- und Familienmitglieder mit dem Ziel, die sexuelle Orientierung zu ändern („corrective rape“).

· Tötungsdelikte durch extrem konservative Familien und Gemeinschaften.

Ein Mitglied der LGBTQI+-Gemeinschaft erklärt, dass er/sie vorsichtig sein müsse, wohin er/sie gehe und wem er/sie seine/ihre Identität anvertraue, aus Angst von sehr konservativen Personen getötet zu werden (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, S. 49-50).Ein Mitglied der LGBTQI+-Gemeinschaft erklärt, dass er/sie vorsichtig sein müsse, wohin er/sie gehe und wem er/sie seine/ihre Identität anvertraue, aus Angst von sehr konservativen Personen getötet zu werden (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, Sitzung 49-50).

Berichten zufolge würden Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft, die Diskriminierung, Gewalt oder Missbrauch ausgesetzt gewesen seien, diese Vorfälle selten melden, da sie befürchten würden, von Dienstleistern oder der Polizei erneut schikaniert zu werden. Darüber hinaus fehle es in Ost-Amman und in Jordanien insgesamt an Diensten, die LGBTQI+-Personen Schutz bieten würden. Befragte Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft hätten angegeben, dass sie Angst hätten, geoutet zu werden, wenn sie sich an verfügbare Schutzdienste wenden würden. Eine Person habe auch ein erhöhtes Risiko der sexuellen Ausbeutung oder des Missbrauchs bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen erwähnt (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, S. 50).Berichten zufolge würden Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft, die Diskriminierung, Gewalt oder Missbrauch ausgesetzt gewesen seien, diese Vorfälle selten melden, da sie befürchten würden, von Dienstleistern oder der Polizei erneut schikaniert zu werden. Darüber hinaus fehle es in Ost-Amman und in Jordanien insgesamt an Diensten, die LGBTQI+-Personen Schutz bieten würden. Befragte Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft hätten angegeben, dass sie Angst hätten, geoutet zu werden, wenn sie sich an verfügbare Schutzdienste wenden würden. Eine Person habe auch ein erhöhtes Risiko der sexuellen Ausbeutung oder des Missbrauchs bei Inanspruchnahme von Dienstleistungen erwähnt (GBV Sub Working Group-Jordanien, Oktober 2021, Sitzung 50).

Dieselbe Unterarbeitsgruppe schreibt in einer Bewertung des geschlechtsspezifischen Gewaltrisikos für Irbid und Ramtha (Städte im Norden von Jordanien, Anmerkung ACCORD) vom Juni 2021, dass sie sich gegen eine direkte Befragung von Mitgliedern der LGBTQI+-Gemeinschaft entschieden habe, da LGBTQI+-Personen durch die Durchführung einer Fokusgruppendiskussion dem Risiko ausgesetzt seien, dass ihre Geschlechtsidentität und/oder sexuelle Orientierung offengelegt würde. Dieses Risiko sei auf die Wahrnehmungen und bestehenden Tabus in Bezug auf die Vielfalt der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung in den Zielgemeinschaften zurückzuführen (GBV Sub Working Group-Jordan, Juni 2021, S. 15).Dieselbe Unterarbeitsgruppe schreibt in einer Bewertung des geschlechtsspezifischen Gewaltrisikos für Irbid und Ramtha (Städte im Norden von Jordanien, Anmerkung ACCORD) vom Juni 2021, dass sie sich gegen eine direkte Befragung von Mitgliedern der LGBTQI+-Gemeinschaft entschieden habe, da LGBTQI+-Personen durch die Durchführung einer Fokusgruppendiskussion dem Risiko ausgesetzt seien, dass ihre Geschlechtsidentität und/oder sexuelle Orientierung offengelegt würde. Dieses Risiko sei auf die Wahrnehmungen und bestehenden Tabus in Bezug auf die Vielfalt der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung in den Zielgemeinschaften zurückzuführen (GBV Sub Working Group-Jordan, Juni 2021, Sitzung 15).

In Fokusgruppendiskussionen mit Frauen, Mädchen und Männern, die sich nicht als Teil der LGBTQI+-Gemeinschaft identifizieren, sei danach gefragt worden, die am stärksten von geschlechtsspezifischer Gewalt gefährdeten Gruppen aufzulisten. Die Teilnehmer·innen hätten gesagt, dass Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität einem erhöhten Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt (GBV) ausgesetzt seien. Sie hätten jedoch gleichzeitig negative Ansichten und Verachtung gegenüber der LGBTQI+-Gemeinschaft ausgedrückt. Einige Teilnehmer·innen hätten extreme und aggressive homophobe Ansichten geäußert. In einer Fokusgruppendiskussion habe sich auch ein Moderator am Austausch homophober Ansichten gegenüber LGBTQI+-Personen beteiligt. Antworten hätten sich immer um homosexuelle Männer, Männer, die als weiblich wahrgenommen werden, oder transsexuelle Männer-zu-Frauen-Personen gedreht. Dienstanbieter von Serviceleistungen für Personen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben, hätten angegeben, dass LGBTQI+-Personen keinen Zugang zu diesen Serviceleistungen hätten (GBV Sub Working Group-Jordanien, Juni 2021, S. 34-35).In Fokusgruppendiskussionen mit Frauen, Mädchen und Männern, die sich nicht als Teil der LGBTQI+-Gemeinschaft identifizieren, sei danach gefragt worden, die am stärksten von geschlechtsspezifischer Gewalt gefährdeten Gruppen aufzulisten. Die Teilnehmer·innen hätten gesagt, dass Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität einem erhöhten Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt (GBV) ausgesetzt seien. Sie hätten jedoch gleichzeitig negative Ansichten und Verachtung gegenüber der LGBTQI+-Gemeinschaft ausgedrückt. Einige Teilnehmer·innen hätten extreme und aggressive homophobe Ansichten geäußert. In einer Fokusgruppendiskussion habe sich auch ein Moderator am Austausch homophober Ansichten gegenüber LGBTQI+-Personen beteiligt. Antworten hätten sich immer um homosexuelle Männer, Männer, die als weiblich wahrgenommen werden, oder transsexuelle Männer-zu-Frauen-Personen gedreht. Dienstanbieter von Serviceleistungen für Personen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben, hätten angegeben, dass LGBTQI+-Personen keinen Zugang zu diesen Serviceleistungen hätten (GBV Sub Working Group-Jordanien, Juni 2021, Sitzung 34-35).

2. Beweiswürdigung

2.1. Der unter Punkt 1.1 und 1.2 festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz und aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zum gegenwärtigen Beschwerdeverfahren. Zu den jeweiligen Feststellungen sind die entsprechenden konkreten Beweisquellen angeführt.

2.2 Die Feststellungen zur Lage in Jordanien (oben 1.3) ergeben sich aus dem aktuellsten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom Jänner 2024, sowie der ACCORD – Anfragebeantwortung zu Jordanien: Familiäre und gesellschaftliche Lage von LGBTIQ+ Personen [a- 12014-1] 27.10.2022, auf die in der Beschwerde verwiesen wurde.

Angesichts der Ausgewogenheit und Seriosität der genannten Quellen sowie der Schlüssigkeit der weitestgehend übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (§ 17 BFA-VG)Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Paragraph 17, BFA-VG)

3.1 Im vorliegenden Fall besteht bereits mit dem seit 17.04.2024 rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 01.04.2024 zum zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.01.2024 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot.

Der Beschwerde des Beschwerdeführers kommt daher gemäß § 16 Abs 2 Z 2 BFA-VG keine aufschiebende Wirkung zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.Der Beschwerde des Beschwerdeführers kommt daher gemäß Paragraph 16, Absatz 2, Ziffer 2, BFA-VG keine aufschiebende Wirkung zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.

3.2 Indem das BFA es unterlassen hat, den beantragten Zeugen einzuvernehmen, hat das BFA nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung vorgenommen. (für viele zB VwGH Fe 2022/09/0001 RS 10; Ra 2021/18/0204 RS 1)

Ohne die erforderliche Sanierung des festgestellten gravierenden Ermittlungs- und Begründungsmangels des BFA, für die eine mündliche Beschwerdeverhandlung mit Einvernahme des in der Beschwerde erneut beantragten Zeugens erforderlich erscheint, kann vor dem Hintergrund der festgestellten Ländersituation gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den in Aussicht genommenen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

3.3 Es wird daher gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.3.3 Es wird daher gemäß Paragraph 17, Absatz eins, BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

4. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG entfallen.4. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG entfallen.

Zu B) Revision

5. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

6. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

antizipierende Beweiswürdigung aufschiebende Wirkung EMRK Folgeantrag reale Gefahr Unterlassung Zeugenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2024:L516.2265584.2.00

Im RIS seit

07.11.2024

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2024
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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