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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §825;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/16/0032 93/16/0033 93/16/0034 93/16/0035 93/16/0036 93/16/0037 93/16/0038Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1.) des K,
2.) des R, 3.) der L, 4.) der P, 5.) der H, 6.) der V, 7.) der
F und 8.) der E, alle vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der FLD für Wien, NÖ und Bgld je vom 30.12.1992, zu 1.) GZ GA 11-524/1/92, zu 2.) GZ GA 11-1135/92, zu 3.) GZ GA 11-1135/1/92, zu 4.) GZ GA 11-1136/92, zu 5.) GZ GA 1131/92, zu 6.) GZ GA 11-1133/92, zu 7.) GZ GA 11-1137/92 und zu 8.) GZ GA 11-1134/92, betreffend jeweils Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund eines Einreichplanes zur Errichtung eines Wohnhauses mit sieben Wohnungen in Wien, S.-Straße 126, vom 21. Juni 1979 erging an den Bauwerber Dipl.-Ing. Norbert K. (gleichzeitig Planverfasser) am 17. März 1980 ein Bescheid des Magistrates der Stadt Wien über die Erteilung der Baubewilligung. Mit einem an die W. GmbH "als Bauwerber und Grundeigentümer" ergangenen Bescheid vom 6. April 1984 wurde auf Grund eines von Dipl.-Ing. K. verfaßten Auswechslungsplanes eine Änderung der Baubewilligung genehmigt.
Schließlich wurde am 6. Februar 1985 gleichfalls gegenüber der W. GmbH als "Bauwerber und Grundeigentümer" eine weitere Bewilligung erteilt, folgendermaßen vom bewilligten Bauvorhaben abzuweichen:
Die Dachflächenanschlüsse und Dachübergänge sollten flächig an die bestehende, links angrenzende Bebauung der Liegenschaft erfolgen. Die Niveaus der Fußböden des Gebäudes und des Geländes würden abgeändert.
Ein weiterer baubehördlicher Bescheid erging am 25. September 1986 an die W. GmbH als "Bauwerber und Grundeigentümer" und betraf eine Absicherung des gewachsenen Geländes durch eine Hangbefestigung.
Mit Kaufverträgen je vom 4. Oktober 1984 erwarben die Beschwerdeführer von der W GmbH Anteile der Liegenschaft der EZ 279 KG U. (Straßenbezeichnung S.-Str. 126). Der Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin - ein Ehepaar - erwarben zusammen einen Anteil von 1/7 der Liegenschaft, die übrigen Beschwerdeführer erwarben ebenfalls je 1/7. Als Kaufpreis für je 1/7-Anteil wurde der Betrag von S 2,150.000,-- vereinbart. In den jeweiligen Grunderwerbsteuererklärungen wurde die Steuerbefreiung im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 geltend gemacht.
Auf einen entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes wurde am 28. März 1985 vom Vertreter der Beschwerdeführer ein zwischen diesen und der W GmbH abgeschlossenen Vorvertrag vom 10. Oktober 1983 vorgelegt.
Auf einen weiteren Vorhalt gab der Vertreter der Beschwerdeführer am 31. Oktober 1989 bekannt, beim Erwerb des Objektes durch die Beschwerdeführer sei die Stüztmauer gegenüber dem Hanggelände der hinteren Baufluchtlinie errichtet gewesen. Die Keller des Vordertraktes seien vor der Fertigstellung gestanden. Ein Wohnungseigentumsvertrag zwischen den Beschwerdeführern sei noch nicht abgeschlossen worden. Nach zahlreichen Fristverlängerungsansuchen wurden die Gesamtbaukosten schließlich mit Eingabe des Beschwerdevertreters vom 18. Oktober 1991 mit S 16,217.874,19 beziffert.
Hierauf schrieb das Finanzamt den Beschwerdeführern mit Bescheiden vom 27. November 1991 Grunderwerbsteuer vor, wobei die anteiligen Baukosten in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurden.
In der Berufung gegen diese Bescheide wurde die Auffassung vertreten, daß den Beschwerdeführern die Bauherreneigenschaft zukomme, weil sie die Möglichkeit zur Einflußnahme auf die Gestaltung des Gesamtbauvorhabens gehabt hätten. Überdies sei Verjährung eingetreten, weil der Kaufvertrag bereits im Oktober 1984 abgeschlossen worden sei.
Mit den in Beschwerde gezogenen Bescheiden wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde in der Begründung feststellte, sämtliche Wohnungen seien wegen des Überschreitens der Nutzflächengrenze von 130 m2 nicht als Arbeiterwohnstätten anzusehen, vertrat sie die Auffassung, die Beschwerdeführer hätten ein bereits fertig geplantes Gebäude erworben. Die Planänderungen seien in Ausführung von Bebauungsbestimmungen und nicht auf Grund eines gemeinsamen Baubeschlusses der Beschwerdeführer erfolgt. Der Verjährungseinrede hielt die belangte Behörde entgegen, daß die Befreiung für die Errichtung von Arbeiterwohnstätten zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Der Sachverhalt sei erst im Jahre 1989 mitgeteilt worden.
In der Beschwerde gegen diese Bescheide werden deren inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde hinsichtlich aller Beschwerdeführer verfaßten Gegenschriften sowie die jeweiligen Akten der Verwaltungsverfahren vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahren hinsichtlich der Beschwerdeführer wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Soweit die Beschwerdeführer zunächst vorbringen, die Abgabenbehörde habe nach Prüfung der vorgelegten Kaufverträge über die Zuerkennung der Befreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 entschieden, so ist ihnen entgegenzuhalten, daß in den Streitfällen keineswegs Bescheide über die Zuerkennung einer solchen Steuerbefreiung ergangen sind. Von einem Eingriff in die Rechtskraft kann somit keine Rede sein.
Sollten die Beschwerdeführer mit ihrem Vorbringen die im Jahre 1985 erfolgte Ausfolgung der Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne des § 160 Abs. 1 BAO bzw. § 26 Abs. 1 GGG gemeint haben, so sind sie darauf zu verweisen, daß eine Unbedenklichkeitsbescheinigung kein Bescheid ist. Stellt die Abgabenbehörde zunächst eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus, so ist sie dennoch berechtigt, nachträglich Grunderwerbsteuer vorzuschreiben (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 6. September 1973, 1151/72, Slg. 4567/F).
Weiters wird von den Beschwerdeführern geltend gemacht, sie seien als Bauherren des gegenständlichen Wohnhauses anzusehen. Bei einem Erwerb von Miteigentumsanteilen an einer Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum verbunden werden soll, kann zur Erreichung der Bauherreneigenschaft der Auftrag zur Errichtung der Wohnungseinheit nur von der Eigentümergemeinschaft erteilt werden, wofür von vornherein die Fassung eines gemeinsamen, darauf abzielenden Beschlusses erforderlich ist. Die Bauherreneigenschaft einer Miteigentümergemeinschaft ist also nur dann gegeben, wenn sämtliche Miteigentümer gemeinsam tätig werden und das Risiko tragen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 30. Mai 1994, 93/16/0095). Im Beschwerdefall wurde demgegenüber nicht einmal behauptet, daß die Miteigentümer - seit dem Bestehen der Miteigentumsgemeinschaft, somit seit dem Abschluß der streitgegenständlichen Kaufverträge - einen derartigen gemeinsamen, auf die Errichtung des gesamten Bauwerkes gehenden Beschluß gefaßt haben. Der bloße Hinweis im Vorvertrag vom Oktober 1983 - mit dessen Abschluß eine Miteigentümergemeinschaft noch nicht entstanden war - auf eine Absicht der Vertragsparteien, auf der Liegenschaft "unter gemeinsamer Erteilung des Bauauftrages" ein Wohnhaus zu errichten, stellt kein Anzeichen dafür dar, daß ein solcher gemeinsamer Bauauftrag von der erst am 9. Oktober 1984 gebildeten Miteigentümergemeinschaft auch tatsächlich erteilt worden ist. Trotz eines aufwendigen Vorhaltsverfahrens wurden im Verwaltungsverfahren vom Beschwerdevertreter keine Beweismittel vorgelegt, die den Schluß auf eine Bauherreneigenschaft der Miteigentümergemeinschaft zulassen würden. Vielmehr geht aus den von Amts wegen eingeholten Bauakten hervor, daß als Bauwerber gegenüber der Baubehörde der Verkäufer der Liegenschaft, die W. GmbH, aufgetreten war, was ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme einer Bauherreneigenschaft der Miteigentumsgemeinschaft darstellt. Die Behauptung, der Grundriß des Gebäudes sei "über Auftrag der Miteigentümer" in einem solchen Maße modifiziert worden, daß "die neue Grundrißgestaltung mit der ursprünglich bewilligten nichts mehr zu tun hatte", steht mit den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Bauakten nicht im Einklang.
Überdies handelte es sich den Bauakten zufolge bei den nach dem Erwerb der Liegenschaftsanteile durch die Beschwerdeführer vorgenommenen Planungsänderungen jeweils am Anpassungen an das Gelände, nicht aber um eine Änderung des Gebäudes und der darin enthaltenen Wohneinheiten. Von einer "Nutzung einer eingeräumten Gestaltungsbefugnis" durch die Gesamtheit der Beschwerdeführer kann daher keine Rede sein, zumal - wie ausgeführt - ein Tätigwerden der Beschwerdeführer nicht ersichtlich ist.
Auch mit dem Verjährungseinwand sind die Beschwerdeführer nicht im Recht. Es ist ihnen zwar einzuräumen, daß die Steuerschuld nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 infolge der Aufgabe eines begünstigten Zweckes entstanden ist. Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wurde, waren die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 entgegen den ausdrücklichen Angaben in den Grunderwerbsteuererklärungen von Anfang an nicht gegeben. Die Beschwerdeführer übersehen bei ihrer Argumentation aber dabei einerseits, daß es zwischen der Entstehung der Steuerschuld und der Vorschreibung der Abgaben zu zahlreichen Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO gekommen ist. Andererseits beginnt, wenn ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt wird, die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgabe gemäß § 208 Abs. 2 BAO nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt hat. Die Angaben, auf Grund derer das Finanzamt die Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG 1955 ermitteln konnte, wurden vom Beschwerdevertreter aber erst im Jahre 1989 gemacht. Erst durch diese Angaben wurde der Erwerbsvorgang vollständig und somit ordnungsgemäß im Sinne des § 208 Abs. 2 BAO angezeigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993160031.X00Im RIS seit
24.10.2001