Entscheidungsdatum
03.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W279 2270387-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX 2000, Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2023, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.06.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN über die Beschwerde des römisch 40 , geboren am römisch 40 2000, Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2023, römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.06.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 21.12.2021 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 22.12.2021 wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers auf Arabisch erstbefragt. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, Sunnit und verheiratet sei sowie zwei Kinder habe. Er sei am XXXX 2000, in XXXX , Syrien geboren. Seine Eltern, seine Ehefrau, seine zwei Kinder, seine zwei Brüder und seine sechs Schwestern würden in der Türkei leben. Ein mitgereister Cousin sei in Österreich aufhältig. Er habe Syrien im Jahr 2016 in die Türkei verlassen, wo er bis im Jahr 2021 dort gelebt habe. Er habe 9 Jahre die Grundschule besucht und habe zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet. Als Fluchtgrund gab er an, dass er in Syrien zum Militärdienst einberufen worden sei. Er verweigere diesen und sei aus dem Land geflüchtet. Er habe Angst vor dem Krieg in Syrien. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.2. Am 22.12.2021 wurde der Beschwerdeführer von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers auf Arabisch erstbefragt. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, Sunnit und verheiratet sei sowie zwei Kinder habe. Er sei am römisch 40 2000, in römisch 40 , Syrien geboren. Seine Eltern, seine Ehefrau, seine zwei Kinder, seine zwei Brüder und seine sechs Schwestern würden in der Türkei leben. Ein mitgereister Cousin sei in Österreich aufhältig. Er habe Syrien im Jahr 2016 in die Türkei verlassen, wo er bis im Jahr 2021 dort gelebt habe. Er habe 9 Jahre die Grundschule besucht und habe zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet. Als Fluchtgrund gab er an, dass er in Syrien zum Militärdienst einberufen worden sei. Er verweigere diesen und sei aus dem Land geflüchtet. Er habe Angst vor dem Krieg in Syrien. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.
3. Am 19.08.2022 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) in Anwesenheit eines Dolmetschers seiner Muttersprache niederschriftlich einvernommen. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehöre, verheiratet sei und zwei Kinder habe. Er sei am XXXX 2000, in dem Dorf XXXX , im Gouvernement XXXX , Syrien geboren. Seine Muttersprache sei Arabisch, aber er spreche auch ein wenig Türkisch. In Syrien habe er zuletzt in dem Dorf XXXX , im Gouvernement XXXX gelebt. Seine Eltern, seine Ehefrau, seine beiden Kinder, seine zwei Brüder und seine sechs Schwestern seien alle in der Türkei wohnhaft. Ein mitgereister Cousin lebe in Österreich. Er habe 9 Jahre die Grundschule besucht und sei in Syrien nur Schüler gewesen. In der Türkei habe er in einer Fabrik für Fenstermontagen gearbeitet. Er habe Syrien 2016 verlassen und habe bis im Jahr 2021 in der Türkei gelebt. Er habe im Jahr 2021 die Türkei aufgrund von Diskriminierung verlassen und sei nach Österreich gereist. Die Ausreise nach Österreich habe € 9.500,- gekostet und sei durch Grundstücksverkäufe der Familie finanziert worden. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab der Beschwerdeführer an, dass er im Jahr 2015 Syrien verlassen habe wollen. Die Russen und die syrische Regierung hätten sein Dorf beschossen und er habe Angst gehabt. Eine Schule neben seinem Haus sei beschossen worden und dabei seien acht Kinder ums Leben gekommen. Er habe selbst auch Leichen getragen. Er träume noch immer davon und er mache sich Sorgen, dass seine Kinder auch so etwas passieren könne. Er sei bei diesem Vorfall auch verletzt und bewusstlos geworden. Zur Behandlung sei er in die Türkei gebracht worden. Dort habe er dann eine Arbeit gefunden und er habe wegen seiner Beinverletzung nur eine leichtere Arbeit machen wollen. Dann habe er dort geheiratet und sei nach Österreich gereist. Er sei nun im wehrfähigen Alter. Im Falle einer Rückkehr würde er dort sterben. Er sei im wehrfähigen Alter und beim Militärdienst müsse man töten oder man werde selbst getötet. Er lehne den Militärdienst ab, weil in Syrien eine Verbrecherregierung herrsche. Man müsse beim Militär Menschen töten und er wolle Frieden haben. Es sei unmöglich für ihn sich vom Wehrdienst freizukaufen, da er kein Geld für diese Verbrecherregierung zahlen wolle, weil diese Kinder töten würde. Außerdem könne er trotzdem rekrutiert werden, auch wenn man zahle und man dürfe darauf nicht vertrauen. 3. Am 19.08.2022 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) in Anwesenheit eines Dolmetschers seiner Muttersprache niederschriftlich einvernommen. Hier gab er im Wesentlichen an, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre, der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehöre, verheiratet sei und zwei Kinder habe. Er sei am römisch 40 2000, in dem Dorf römisch 40 , im Gouvernement römisch 40 , Syrien geboren. Seine Muttersprache sei Arabisch, aber er spreche auch ein wenig Türkisch. In Syrien habe er zuletzt in dem Dorf römisch 40 , im Gouvernement römisch 40 gelebt. Seine Eltern, seine Ehefrau, seine beiden Kinder, seine zwei Brüder und seine sechs Schwestern seien alle in der Türkei wohnhaft. Ein mitgereister Cousin lebe in Österreich. Er habe 9 Jahre die Grundschule besucht und sei in Syrien nur Schüler gewesen. In der Türkei habe er in einer Fabrik für Fenstermontagen gearbeitet. Er habe Syrien 2016 verlassen und habe bis im Jahr 2021 in der Türkei gelebt. Er habe im Jahr 2021 die Türkei aufgrund von Diskriminierung verlassen und sei nach Österreich gereist. Die Ausreise nach Österreich habe € 9.500,- gekostet und sei durch Grundstücksverkäufe der Familie finanziert worden. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab der Beschwerdeführer an, dass er im Jahr 2015 Syrien verlassen habe wollen. Die Russen und die syrische Regierung hätten sein Dorf beschossen und er habe Angst gehabt. Eine Schule neben seinem Haus sei beschossen worden und dabei seien acht Kinder ums Leben gekommen. Er habe selbst auch Leichen getragen. Er träume noch immer davon und er mache sich Sorgen, dass seine Kinder auch so etwas passieren könne. Er sei bei diesem Vorfall auch verletzt und bewusstlos geworden. Zur Behandlung sei er in die Türkei gebracht worden. Dort habe er dann eine Arbeit gefunden und er habe wegen seiner Beinverletzung nur eine leichtere Arbeit machen wollen. Dann habe er dort geheiratet und sei nach Österreich gereist. Er sei nun im wehrfähigen Alter. Im Falle einer Rückkehr würde er dort sterben. Er sei im wehrfähigen Alter und beim Militärdienst müsse man töten oder man werde selbst getötet. Er lehne den Militärdienst ab, weil in Syrien eine Verbrecherregierung herrsche. Man müsse beim Militär Menschen töten und er wolle Frieden haben. Es sei unmöglich für ihn sich vom Wehrdienst freizukaufen, da er kein Geld für diese Verbrecherregierung zahlen wolle, weil diese Kinder töten würde. Außerdem könne er trotzdem rekrutiert werden, auch wenn man zahle und man dürfe darauf nicht vertrauen.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs 1 AsylG der Status als subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der vorgebrachte Fluchtgrund der Wehrdienstverweigerung in der Erstbefragung vor der Polizei nicht als ausreisekausal angesehen werden könne, da er zu dem Zeitpunkt der Ausreise erst 16 Jahre alt gewesen sei und daher noch nicht wehrfähig. Seine Ausreise stünde aufgrund seiner erlittenen Verletzung und seines Transports durch die Rettung in die Türkei außerhalb seiner Kontrolle und seiner freien Entscheidung. Einer konkreten, ihn individuell betreffender Verfolgung sei er nicht unterlegen. Die vorgelegten Dokumente seien im Jahr 2022 ausgestellt worden. Wäre er tatsächlich einer behördlichen Verfolgung in Syrien unterlegen, wären ihm diese Dokumente nicht ausgestellt worden. Aus diesen Gründe sei davon auszugehen, dass lediglich die allgemeine Sicherheitslage in Syrien für das Verlassen seines Herkunftsstaates ausschlaggebend gewesen sei.4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG der Status als subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der vorgebrachte Fluchtgrund der Wehrdienstverweigerung in der Erstbefragung vor der Polizei nicht als ausreisekausal angesehen werden könne, da er zu dem Zeitpunkt der Ausreise erst 16 Jahre alt gewesen sei und daher noch nicht wehrfähig. Seine Ausreise stünde aufgrund seiner erlittenen Verletzung und seines Transports durch die Rettung in die Türkei außerhalb seiner Kontrolle und seiner freien Entscheidung. Einer konkreten, ihn individuell betreffender Verfolgung sei er nicht unterlegen. Die vorgelegten Dokumente seien im Jahr 2022 ausgestellt worden. Wäre er tatsächlich einer behördlichen Verfolgung in Syrien unterlegen, wären ihm diese Dokumente nicht ausgestellt worden. Aus diesen Gründe sei davon auszugehen, dass lediglich die allgemeine Sicherheitslage in Syrien für das Verlassen seines Herkunftsstaates ausschlaggebend gewesen sei.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die BBU GmbH, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor, dass er aus dem Dorf XXXX im Gouvernement XXXX stamme. Er habe seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet und sei im wehrpflichtigen Alter. Der Beschwerdeführer wolle für keine Konfliktparteien kämpfen und unschuldige Menschen töten bzw. getötet werden. Im Falle einer Rückkehr hätte er zu befürchten, dass er zum Militärdienst in die Streitkräfte der syrischen Armee eingezogen werde und damit verbunden der Gefahr ausgesetzt wäre sich an Kriegsverbrechen, Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen sowie an Handlungen, welche gegen die Satzung der Vereinten Nationen widersprechen würden, zu beteiligen. Es würde ihm eine oppositionelle Gesinnung seitens des syrischen Regimes zumindest unterstellt werden aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung, seiner illegalen Ausreise und seiner Herkunftsregion XXXX . Es sei theoretisch möglich sich vom Wehrdienst freizukaufen, allerdings würde dies nicht für alle Personen gelten, die seit Beginn des Bürgerkriegs ins Ausland geflüchtet seien. 5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die BBU GmbH, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor, dass er aus dem Dorf römisch 40 im Gouvernement römisch 40 stamme. Er habe seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet und sei im wehrpflichtigen Alter. Der Beschwerdeführer wolle für keine Konfliktparteien kämpfen und unschuldige Menschen töten bzw. getötet werden. Im Falle einer Rückkehr hätte er zu befürchten, dass er zum Militärdienst in die Streitkräfte der syrischen Armee eingezogen werde und damit verbunden der Gefahr ausgesetzt wäre sich an Kriegsverbrechen, Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen sowie an Handlungen, welche gegen die Satzung der Vereinten Nationen widersprechen würden, zu beteiligen. Es würde ihm eine oppositionelle Gesinnung seitens des syrischen Regimes zumindest unterstellt werden aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung, seiner illegalen Ausreise und seiner Herkunftsregion römisch 40 . Es sei theoretisch möglich sich vom Wehrdienst freizukaufen, allerdings würde dies nicht für alle Personen gelten, die seit Beginn des Bürgerkriegs ins Ausland geflüchtet seien.
6. Mit Schreiben vom 21.03.2024 übermittelte der vertretene Beschwerdeführer seine Geburtsurkunde, wobei darauf hingewiesen wird, dass sein Familienname XXXX sei.6. Mit Schreiben vom 21.03.2024 übermittelte der vertretene Beschwerdeführer seine Geburtsurkunde, wobei darauf hingewiesen wird, dass sein Familienname römisch 40 sei.
7. Mit Schreiben vom 27.03.2024 wurde seitens des vertretenen Beschwerdeführers eine Kopie eines syrischen Zivilregisterauszugs samt Übersetzung zur Vorlage gebracht, aus dieser hervorgehe, dass der Familienname des Beschwerdeführers XXXX sei.7. Mit Schreiben vom 27.03.2024 wurde seitens des vertretenen Beschwerdeführers eine Kopie eines syrischen Zivilregisterauszugs samt Übersetzung zur Vorlage gebracht, aus dieser hervorgehe, dass der Familienname des Beschwerdeführers römisch 40 sei.
8. Am 12.06.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den zugrundeliegenden Verwaltungsakt, insbesondere durch Einsicht in die im Verfahren vorgelegten Dokumente, Unterlagen und Befragungsprotokolle, Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Einsicht in die ins Verfahren eingebrachten Länderberichte, in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und bei der Auskunftserteilung an Justiz- und Verwaltungsbehörden WEB-Anwendung.
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX 2000 als Verfahrensidentität. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Familienname des Beschwerdeführers XXXX lautet. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, Volksgruppenangehöriger der Araber, verheiratet, hat zwei Kinder und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch und er spricht auch ein wenig Türkisch. Er hat in Syrien neun Jahre lang die Grundschule besucht. In Syrien war er nur Schüler und in der Türkei hat er in einer Fabrik für Aluminium sowie in einer Bäckerei gearbeitet. Der Beschwerdeführer trägt den Namen römisch 40 und führt das Geburtsdatum römisch 40 2000 als Verfahrensidentität. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Familienname des Beschwerdeführers römisch 40 lautet. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, Volksgruppenangehöriger der Araber, verheiratet, hat zwei Kinder und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch und er spricht auch ein wenig Türkisch. Er hat in Syrien neun Jahre lang die Grundschule besucht. In Syrien war er nur Schüler und in der Türkei hat er in einer Fabrik für Aluminium sowie in einer Bäckerei gearbeitet.
Seine Eltern, zwei Brüder, sechs Schwestern, seine Ehefrau und seine zwei Kinder leben in der Türkei.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist der Ort XXXX , im Gouvernement XXXX , wobei er dort bis 2010 gelebt hat und anschließend sechs Jahre in XXXX , in der Nähe von XXXX , gelebt hat. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Der Beschwerdeführer hat Syrien im Jahr 2016 illegal in die Türkei verlassen.Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist der Ort römisch 40 , im Gouvernement römisch 40 , wobei er dort bis 2010 gelebt hat und anschließend sechs Jahre in römisch 40 , in der Nähe von römisch 40 , gelebt hat. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Der Beschwerdeführer hat Syrien im Jahr 2016 illegal in die Türkei verlassen.
Die Reise nach Österreich erfolgte schlepperunterstützt und kostete € 9.500,-. Diese wurde durch Verkauf eines Grundstückes durch seine Eltern und seiner Ehefrau finanziert.
Der Beschwerdeführer befindet sich in einem aufrechten Arbeitsverhältnis.
Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt zu seiner Ehefrau.
Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig und in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer verließ Syrien im Jahr 2016 im Alter von 16 Jahren illegal in die Türkei. Seither hielt er sich nicht mehr in Syrien auf. Er ist mit seinen 24 Jahren im wehrfähigen Alter und hat seinen Wehrdienst bisher nicht abgeleistet. Er hat bislang kein Militärbuch erhalten und wurde keiner Musterung unterzogen.
Der Beschwerdeführer war in Syrien politisch nicht aktiv tätig und ist auch sonst nicht in das Blickfeld des syrischen Regimes geraten. Der Beschwerdeführer weist auch keine glaubhaft verinnerlichte tiefgreifende politische Überzeugung gegen das syrische Regime auf oder gegen den Dienst an der Waffe auf.
In Österreich hat der Beschwerdeführer an einer Kundgebung gegen das syrische Regime teilgenommen. Dies erfolgte nicht als Ausdruck einer politischen Gesinnung und ist dem syrischen Regime nicht bekannt geworden.
Die Wehrdienstverweigerung stellt nicht das einzige Mittel dar, mit dem der Beschwerdeführer einer Ableistung des Wehrdienstes und der damit allenfalls verbundenen Beteiligung an Kriegsverbrechen entgehen kann.
Das syrische Gesetz sieht für männliche syrische Staatsbürger, die – wie der Beschwerdeführer – sich im Ausland niedergelassen haben, die Möglichkeit vor, sich durch die Zahlung einer Gebühr dauerhaft von der Wehrpflicht zu befreien.
Der Beschwerdeführer kann ausreichende finanzielle Mittel beschaffen, um die Befreiungsgebühr zu zahlen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die syrischen Behörden Personen, die sich vom Wehrdienst freigekauft haben (selbst wenn dies nicht zeitnah nach Erreichen des wehrpflichtigen Alters erfolgte), eine oppositionelle Gesinnung unterstellen oder diese trotz der entrichteten Befreiungsgebühr systematisch bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit dennoch zum Wehrdienst einziehen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass dies im Fall des Beschwerdeführers erfolgen würde.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm die Leistung einer Befreiungsgebühr möglich ist bzw. hat er keine Angaben getätigt, welche darauf hinweisen würden, dass er die finanziellen Mittel für die Befreiungsgebühr nicht hätte oder beschaffen könnte; er lehnt diese ab, weil er das syrische Regime finanziell nicht unterstützen möchte und diesem nicht vertraut.
Der Beschwerdeführer hat in Syrien keine Straftaten begangen und wurde nie verhaftet oder festgehalten seitens des syrischen Regimes.
Dem Beschwerdeführer droht keine Verfolgung seitens einer anderen Gruppierung. Auch sonst ist der Beschwerdeführer nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
Dem Beschwerdeführer droht wegen der illegalen Ausreise oder der Asylantragstellung in Österreich keine Gefahr, bei einer Rückkehr mit der Anwendung physischer und/oder psychischer Gewalt aufgrund der Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung bedroht zu werden.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren im Wesentlichen auf nachstehenden Quellen:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Syrien, Version 11, Stand: 27.03.2024
EUAA: Country Guidance Syria, April 2024;
EUAA: Syria: Targeting of Individuals, September 2022;
EUAA: Syria: Security Situation, Oktober 2023;
UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung;
Auswärtiges Amt, Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, März 2023;
EUAA: Syria Country Focus, Oktober 2023;
COI-CMS Themenbericht der Staatendokumentation, Syrien-Grenzübergänge (Version 1), 25.10.2023;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Türkei, Ein- und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien, 24.10.2023;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen, 16.09.2022;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion, 16.09.2022;
ACCORD Anfragebeantwortung Syrien Wehrdienstverweigerung und Desertion, 08.09.2022;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zur Wehrdienstpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (ergänzende AFB), 14.10.2022;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien, Fragen des BVwG zu Rückkehrern nach Syrien, 14.10.2022;
ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Einberufung von Reservisten der syrischen Armee: Bedarf, Bedingungen, Alter, Dauer, Einsatzbereich, Möglichkeit des Freikaufens, 02.06.2023;
ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt, 02.06.2023;
ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front, 06.09.2023;
Danish Immigration Service, Syria Military Service, Jänner 2024;
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: ecoi.net-Themendossier zu Syrien: Wehrdienst, 16. Jänner 2024;
Niederländischen COI Bericht zu Syrien, August 2023;
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024:
„Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba‘ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay‘at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba‘athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba‘ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba‘ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren ‚zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel‘. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba‘ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba‘ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‚weder frei noch fair‘ und als ‚betrügerisch‘, und die Opposition nannte sie eine ‚Farce‘ (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‚weder frei noch fair‘ und als ‚betrügerisch‘, und die Opposition nannte sie eine ‚Farce‘ (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das „Volksrat“ genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba‘ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Wa