Entscheidungsdatum
09.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W114 2295692-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Arabische Republik Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Traiskirchen, vom 25.04.2024, Zl. 1348150702/230664493, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.08.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Arabische Republik Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Traiskirchen, vom 25.04.2024, Zl. 1348150702/230664493, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.08.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. XXXX , geboren am XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, ein Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet in Österreich am 02.04.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei wurde der am 22.06.2021 in Hama, Syrien, ausgestellte und bis 21.06.2023 gültige syrische Reisepass des Beschwerdeführers sichergestellt.1. römisch 40 , geboren am römisch 40 , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, ein Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet in Österreich am 02.04.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei wurde der am 22.06.2021 in Hama, Syrien, ausgestellte und bis 21.06.2023 gültige syrische Reisepass des Beschwerdeführers sichergestellt.
2. In der Erstbefragung am 02.04.2023 gab er an, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Muslim zu sein. Er sei am XXXX in Syrien geboren. Er habe elf Jahre lang eine Schule besucht, keine Berufsausbildung, und habe zuletzt als Mechaniker gearbeitet. Er sei ledig. Seine Eltern und zwei Schwestern befänden sich in Syrien, ein älterer Bruder sei im Libanon.2. In der Erstbefragung am 02.04.2023 gab er an, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Muslim zu sein. Er sei am römisch 40 in Syrien geboren. Er habe elf Jahre lang eine Schule besucht, keine Berufsausbildung, und habe zuletzt als Mechaniker gearbeitet. Er sei ledig. Seine Eltern und zwei Schwestern befänden sich in Syrien, ein älterer Bruder sei im Libanon.
Er habe im Jahr 2022 den Entschluss gefasst, Syrien zu verlassen. Er habe sich im Juni 2022 legal nach Libyen begeben und dort neun Monate zugebracht.
Von Libyen aus sei er schlepperunterstützt über Italien und die Schweiz nach Österreich gekommen, wofür er einen Betrag in Höhe von EUR 2.000.-- entrichtet habe. Österreich habe er als neue Heimat auserkoren, weil es ein sicheres Land sei.
Zu seinen Gründen, warum er Syrien verlassen habe, führte er aus, dass er im wehrpflichtigen Alter sei und zum Militär einrücken müsse. Wegen des syrischen Bürgerkrieges wolle er aber in Syrien nicht zum Militär. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er, zum Militär eingezogen zu werden.
3. Bei seiner Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 15.06.2023 bestätigte der Beschwerdeführer seine im Rahmen der Erstbefragung gemachten Angaben und führte ergänzend aus, dass er einen ca. 28-jährigen Cousin habe, der in Salzburg lebe und als Ingenieur bzw. Elektriker arbeite. Dieser Cousin habe ihm nur Gutes über Österreich berichtet.
Er habe sich nie um ein Visum für einen EU-Staat bemüht. Befragt, ob konkrete Gründe gegen eine Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und gegen eine Außerlandesbringung nach Italien entgegenstünden, gab er lediglich an, dass er nicht nach Italien zurückkehren, sondern lieber in Österreich bleiben wolle. Sonstige Gründe nannte er nicht.
4. Mit Bescheid des BFA vom 28.06.2023, Zl. 1348150702/230664493, wurde sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und ausgesprochen, dass seine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).4. Mit Bescheid des BFA vom 28.06.2023, Zl. 1348150702/230664493, wurde sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, Fremdenpolizeigesetz (FPG) wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und ausgesprochen, dass seine Abschiebung nach Italien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Begründend wurde im Wesentlichsten zusammenfassend in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Zuständigkeit gemäß Art. 22 (7) Dublin-VO mit 07.06.2023 auf Italien übergegangen sei.Begründend wurde im Wesentlichsten zusammenfassend in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Zuständigkeit gemäß Artikel 22, (7) Dublin-VO mit 07.06.2023 auf Italien übergegangen sei.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF, nunmehr vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, im Weiteren: BBU, mit Schriftsatz vom 10.07.2023 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
6. Diese Beschwerde wurde vom BVwG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 25.09.2023, Zl. W232 2275205-1/4E, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichsten zusammengefasst ausgeführt, dass konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat Italien sprächen, nicht vorliegen würden.
7. Nach Ablauf der Dublin-Überstellungsfrist wurde der Beschwerdeführer am 25.04.2024 nochmals vom BFA einvernommen. Eingangs legte der Beschwerdeführer seinen syrischen Führerschein vor und bestätigte zunächst seine im bisherigen Verlauf des Verfahrens gemachten Angaben.
Zudem führte er genauer aus, dass er von Hama nach Damaskus und von dort am 10.06.2022 nach Libyen geflogen sei. Das erforderliche Geld für diese Reise in Höhe von USD 3.000.-- habe er sich von seinen Onkeln und Schwestern geliehen.
Befragt zu seinen Fluchtgründen wiederholte er, dass er nicht zum syrischen Militär einrücken wolle. Deswegen habe er auch nicht sein syrisches Militärdienstbuch, sondern nur seinen Reisepass abgeholt. Er habe mit dem syrischen Regime nie ein Problem gehabt und sei auch niemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Er wisse, dass er sich als im Ausland befindlicher wehrpflichtiger junger syrischer Mann vom Militärdienst freikaufen könne. Er verfüge aber nicht über die dafür erforderlichen finanziellen Mittel. Bei einer Rückkehr befürchte er, zur Teilnahme am syrischen Bürgerkrieg gezwungen zu werden.
8. Mit Bescheid des BFA vom 25.04.2024, Zl. 1348150702/230664493, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.); gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Arabische Republik Syrien zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).8. Mit Bescheid des BFA vom 25.04.2024, Zl. 1348150702/230664493, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.); gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Arabische Republik Syrien zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend wurde im Wesentlichsten zusammenfassend in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Syrien nicht verfolgt werden würde. Eine Verfolgung, insbesondere eine Verfolgung aufgrund eines sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Konventionsgrundes habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft vorgebracht. Dem BF als syrischem Staatsbürger, der sich im Ausland befinde, stehe die Möglichkeit zur Verfügung bzw. sei für ihn auch zumutbar, dass er sich vom syrischen Militärdienst freikaufe.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 31.05.2024 durch persönliche Übernahme zugestellt.
9. Gegen die abweisende Entscheidung hinsichtlich der Gewährung des Status eines Asylberechtigten erhob der BF, vertreten durch die BBU, mit per E-Mail am 19.06.2024 eingebrachtem Schriftsatz vom 18.06.2024 fristgerecht Beschwerde an das BVwG.
In dieser Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer befürchte, als Wehrpflichtiger bei einer Rückkehr nach Syrien von der syrischen Armee eingezogen bzw. zwangsrekrutiert zu werden. Im Zuge des Militärdienstes sei er gezwungen, sich an Kriegsverbrechen zu beteiligen. Bei einer Weigerung drohten ihm eine Verfolgung und unverhältnismäßige Strafen bis hin zu seiner Ermordung.
Auch wegen seiner Asylantragstellung in Österreich drohe ihm eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit wegen einer ihm vom syrischen Regime zumindest unterstellten oppositionellen Gesinnung. Darüber hinaus drohe ihm wegen der Zugehörigkeit zu seiner Familie – aufgrund einer Wehrdienstverweigerung seines Bruders - eine Reflexverfolgung durch das syrische Regime.
Zur Zahlung einer Befreiungsgebühr vom Wehrdienst wird in der Beschwerde ausgeführt, dass der BF - wie auch seine gesamte Familie - das Regime ablehne und dieses nicht durch die Leistung der Befreiungsgebühr unterstützen wolle. Er verfüge auch nicht über die dafür erforderlichen Dokumente. Zudem sei er aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel nicht in der Lage, die Gebühr zu entrichten. Schließlich sei auch nicht sicher, dass die Zahlung der Befreiungsgebühr tatsächlich von der Ableistung des Wehrdienstes bzw. von Sanktionen befreie.
In dieser Beschwerde wurde auch ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung gestellt.
10. Die gegenständliche Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem BVwG am 16.07.2024, mit Schreiben des BFA vom 11.07.2024, zur Entscheidung vorgelegt.
11. Mit der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 29.08.2024 zur GZ W114 2295692-1/3Z, wurde eine umfangreiche Liste von aktuellen Dokumenten, die damit in das verfahrensgegenständliche Beschwerdeverfahren eingebracht wurden, zum Parteiengehör übermittelt. In der Ladung wurde auch darauf hingewiesen, dass erforderlichenfalls diese Dokumente auch beim BVwG bezogen werden könnten. Das BFA und der vertretene BF verzichteten auf eine Zurverfügungstellung von einzelnen Dokumenten.
12. Weder das BFA noch der BF oder seine Rechtsvertretung haben vor der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 29.08.2024 zum vom BVwG ins Beschwerdeverfahren eingebrachten Länderinformationsmaterial eine Stellungnahme abgegeben.
13. Am 29.08.2024 fand in Abwesenheit eines Vertreters des BFA im BVwG eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer hinsichtlich der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit seiner von ihm behaupteten Fluchtgründe und einer allenfalls daraus sich ergebenden Verfolgungsgefahr befragt wurde.
Insbesondere wurde der BF dabei nochmals auf die ihm bereits bekannte Möglichkeit hingewiesen, dass er als in der Republik Österreich aufhaltender Syrer sich von seiner Verpflichtung zur Ableistung des Militärdienstes in der syrischen Assad-Armee freikaufen könne. Der BF wies wiederholend darauf hin, dass er nach wie vor nicht bereit sei, eine Kompensationszahlung zu leisten.
Von einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses wurde Abstand genommen, jedoch die mündliche Verhandlung als auch das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt.
II. Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht:römisch II. Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz des BF vom 02.04.2023, der diesbezüglichen Erstbefragung am 02.04.2023 und den Einvernahmen des BF vor dem BFA am 15.06.2023 sowie am 25.04.2024, des im Asylverfahren vorgelegten eigenen syrischen Reisepasses, der seine Identität bestätigt, des angefochtenen Bescheides des BFA vom 25.04.2024, Zl. 1348150702/230664493, der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom 19.06.2024, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verfahrensunterlagen des BFA, einer Berücksichtigung folgender Dokumente, Berichte und Anfragenbeantwortungen:
? UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der arabischen Republik Syrien fliehen vom März 2021;
? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien „Fragen des BVwG zu Rückkehrern nach Syrien“ vom 14.10.2022;
? ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: ecoi.net-Themendossier zu Syrien: Wehrdienst, 16. Jänner 2024;
? EUAA Country Guidance Syria, April 2024;
? derzeit aktuellstes Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024 (aus dem COI-CMS – Version 11) (LIB);
und einer Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers und das Grundversorgungsregister und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der am 29.08.2024 im BVwG durchgeführten Beschwerdeverhandlung bzw. des persönlichen Eindruckes, den sich das erkennende Gericht in dieser mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer verschaffen konnte, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und wurde am XXXX in Hama, der Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements in Syrien, geboren. Er ist syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Muslim. Er ist ledig und hat keine Kinder. Sein älterer Bruder lebt und arbeitet im Libanon. Seine Eltern und zwei Schwestern befinden sich in Syrien.Der Beschwerdeführer trägt den Namen römisch 40 und wurde am römisch 40 in Hama, der Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements in Syrien, geboren. Er ist syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Muslim. Er ist ledig und hat keine Kinder. Sein älterer Bruder lebt und arbeitet im Libanon. Seine Eltern und zwei Schwestern befinden sich in Syrien.
Der Beschwerdeführer stammt aus Hama, der Hauptstadt des gleichnamigen syrischen Gouvernements.
Die syrische Herkunftsregion des Beschwerdeführers im Gouvernement Hama wird aktuell von der syrischen Regierung kontrolliert.
Der Beschwerdeführer besuchte acht Jahre lang Schulen.
Der Beschwerdeführer hat seinen Heimatort im Juni 2022 verlassen und flog von Damaskus aus nach Libyen, wo er sich ca. neun Monate lang aufhielt. Von Libyen aus reiste er schlepperunterstützt über Italien und die Schweiz bis nach Österreich weiter, wo er am 02.04.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Nach eigenen Angaben betrugen die Schlepperkosten dieser Reise EUR mindestens USD 3.000.--.
Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig und strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes in der syrisch-arabischen Armee (SAA) des syrischen Regimes gesetzlich verpflichtend. Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, unterliegen dieser Wehrpflicht und müssen, wenn sie einen Wehrdienst in der SAA verweigern, mit Zwangsrekrutierung rechnen.
1.2.2. Der Beschwerdeführer hat Syrien zu einem Zeitpunkt verlassen, als er bereits volljährig und wehrpflichtig war. Der zwischenzeitig XXXX -jährige Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht abgeleistet bzw. wurde er auch nicht aufgefordert, seinen Wehrdienst abzuleisten. Er hat auch kein Militär- bzw. Wehrdienstbuch oder einen Einberufungsbefehl erhalten.1.2.2. Der Beschwerdeführer hat Syrien zu einem Zeitpunkt verlassen, als er bereits volljährig und wehrpflichtig war. Der zwischenzeitig römisch 40 -jährige Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht abgeleistet bzw. wurde er auch nicht aufgefordert, seinen Wehrdienst abzuleisten. Er hat auch kein Militär- bzw. Wehrdienstbuch oder einen Einberufungsbefehl erhalten.
1.2.3. Der Beschwerdeführer wurde in Syrien vor seiner Ausreise nicht persönlich bedroht oder verfolgt. Bei einer Rückkehr nach Syrien würde der Beschwereführer – wie jeder andere männliche syrische Staatsbürger, der älter als 18 Jahre alt und gesund ist – zum Militärdienst eingezogen werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer die Ableistung des Wehrdienstes verweigern würde. Aufgrund der sich aus den Länderberichten ergebenden aktuellen Lage kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer aktuell im Zuge des Wehrdienstes mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Menschenrechtsverletzungen oder Kriegsverbrechen begehen müsste.
1.2.4. Der Beschwerdeführer zeigt keine für einen neutralen Betrachter nach außen hin erkennbare oppositionelle Haltung gegenüber der syrischen Regierung und war weder in der Vergangenheit noch ist er derzeit politisch aktiv.
Das syrische Regime unterstellt dem Beschwerdeführer weder aufgrund der mit seiner Ausreise aus Syrien verbundenen Entziehung vom Wehrdienst noch aufgrund der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz eine oppositionelle politische Gesinnung.
Der Beschwerdeführer hat auch sonst kein Verhalten gesetzt, aufgrund dessen ihm durch das syrische Regime eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden könnte.
1.2.5. Dem Beschwerdeführer droht auch wegen der Ausreise seines älteren Bruders aus Syrien und der damit verbundenen Entziehung vom Wehrdienst keine Reflexverfolgung durch das syrische Regime.
1.2.6. Dem BF droht daher in Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung.
Für den Beschwerdeführer besteht zudem die Möglichkeit, sich durch eine zeitlich gestaffelte Gebühr von der Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes zu befreien. Der Beschwerdeführer hat bislang keine Befreiungsgebühr geleistet.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2024:
„[…]
Politische Lage:
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018).
Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.08.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.05.2022).
Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.03.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 02.02.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.08.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 02.02.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 09.03.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 02.02.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.03.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.01.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 02.02.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.03.2023; vgl. AA 29.03.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 02.02.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.03.2023; vergleiche AA 29.03.2023).
Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 02.02.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.05.2023; vgl. IPS 20.05.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.01.2024).Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 02.02.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.05.2023; vergleiche IPS 20.05.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.01.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 02.02.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.03.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 06.06.2023; vgl. SOHR 07.05.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.05.2023; vgl. Wilson 06.06.2023, SOHR 07.05.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.05.2023). Am 03.07.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 02.02.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 02.02.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 02.02.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.03.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 06.06.2023; vergleiche SOHR 07.05.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.05.2023; vergleiche Wilson 06.06.2023, SOHR 07.05.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.05.2023). Am 03.07.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 02.02.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 02.02.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 07.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 02.02.2024).
Syrische Arabische Republik:
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.01.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 02.05.2023).
Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 04.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 09.03.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.05.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten.
Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 09.03.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba’ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba’ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.03.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 09.03.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.03.2023).
[…]
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 02.02.2024).
Institutionen und Wahlen:
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba’ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.03.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba’ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.03.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.03.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.05.2021; vgl. Reuters 28.05.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als „weder frei noch fair“ und als „betrügerisch“, und die Opposition nannte sie eine „Farce“ (Standard 28.05.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.03.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.05.2021; vergleiche Reuters 28.05.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als „weder frei noch fair“ und als „betrügerisch“, und die Opposition nannte sie eine „Farce“ (Standard 28.05.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.02.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das „Volksrat“ genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von Ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba’ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 09.03.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.02.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.07.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba’ath-Partei (MEI 24.07.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.02.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.03.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.02.2022).
Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.03.2023).
Syrische Interimsregierung und syrische Heilsregierung:
Letzte Änderung 2023-07-11 09:24
Im März 2013 gab die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte als höchste offizielle Oppositionsbehörde die Bildung der syrischen Interimsregierung (Syrian Interim Government, SIG) bekannt, welche die Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes im ganzen Land verwalten soll. Im Laufe der Zeit schrumpften die der Opposition angehörenden Gebiete jedoch, insbesondere nach den Vereinbarungen von 2018, die dazu führten, dass Damaskus die Kontrolle über den Süden Syriens und die Oppositionsgebiete im Süden von Damaskus und im Umland übernahm. Der Einfluss der SIG ist nun auf die von der Türkei unterstützten Gebiete im Norden Aleppos beschränkt (SD 18.03.2023). Formell erstreckt sich ihr Zuständigkeitsbereich auch auf die von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrollierte Zone. Dort wurde sie von der HTS jedoch an den Rand gedrängt (Brookings 27.01.2023). Die von der HTS kontrollierten Gebiete in Idlib und Teile der Provinzen Aleppo und Latakia werden inzwischen von der syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government, SSG), dem zivilen Flügel der HTS, regiert (SD 18.03.2023).
Nicht-staatliche Akteure in Nordsyrien haben systematisch daran gearbeitet, sich selbst mit Attributen der Staatlichkeit auszustatten. Sie haben sich von aufständischen bewaffneten Gruppen in Regierungsbehörden verwandelt. In Gebieten, die von der HTS, einer sunnitischen islamistischen politischen und militärischen Organisation, kontrolliert werden, und in Gebieten, die nominell unter der Kontrolle der SIG stehen, haben bewaffnete Gruppen und die ihnen angeschlossenen politischen Flügel den institutionellen Rahmen eines vollwertigen Staates mit ausgefeilten Regierungsstrukturen wie Präsidenten, Kabinetten, Ministerien, Regulierungsbehörden, Exekutivorganen usw. übernommen (Brookings 27.01.2023).
[…]
Sicherheitslage:
Letzte Änderung 2024-03-08 11:17
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.03.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 01.03.2011 und 31.03.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu