TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/20 94/09/0277

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Veröffentlicht am 20.04.1995
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 idF 1990/450;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der K-GmbH in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftsstelle, vom 31. August 1994, Zl. IIc/6702 B AIS 16103/Sche, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 9. Juni 1994 beim Arbeitsamt Arbeiter und Angestellte den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für J, einen tunesischen Staatsangehörigen, als Reisebüroangestellen. Die Belohnung sollte für eine ganztägige Dauerbeschäftigung brutto S 13.000,-- monatlich betragen, erforderliche spezielle Kenntnisse oder Ausbildung waren nicht angegeben.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1994 lehnte das Arbeitsamt diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Der Regionalbeirat habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In der Berufung wurde vorgebracht, daß J. bereits bei der Firma der beschwerdeführenden Partei in Tunesien beschäftigt gewesen sei und daher mit der Strukturierung und den Tätigkeiten des Unternehmens ausgezeichnet vertraut sei. Er würde somit als Vertrauensperson des Inhabers der beschwerdeführenden Partei "bestens in Frage kommen". Weiters wären die Sprachkenntnisse von J. "für unsere Gäste und Hoteldirektoren aus Tunesien und dem arabischen Raum und für unser Unternehmer von größtem Vorteil". Es werde ersucht, die Ablehnung nochmals zu überprüfen.

Der Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. August 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 sowie § 13a AuslBG keine Folge. In der Begründung gab die belangte Behörde die einschlägigen Gesetzesstellen wieder und stellte zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG die Landeshöchstzahlenüberschreitung ("seit Beginn des Jahres 1994") fest. Damit seien bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sowohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 als auch des Abs. 6 AuslBG zu prüfen. In der Folge räumte die belangte Behörde ein, daß im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung "ha. als gegeben erachtet werden" könnten. Weiters legte die belangte Behörde dar, wann ihrerseits die Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 und 3 AuslBG erfüllt sein könnten und führte hiezu abschließend aus, es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, die unter einen berücksichtigungswürdigen Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zu subsumieren wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zur Gegenschrift hat die beschwerdeführende Partei eine Äußerung, die belangte Behörde wiederum eine Gegenäußerung eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid zwar im Spruch sowohl auf § 4 Abs. 1 als auch auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt, nach den Ausführungen in der Begründung erfolgte die Versagung der Beschäftigungsbewilligung jedoch ausschließlich gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG. Es erübrigt sich damit auf die Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG - und damit auch auf die im wesentlichen die Frage einer Ersatzkraftstellung zum Inhalt habende Äußerung und Gegenäußerung - weiter einzugehen.

Die Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall geltenden Fassung (Z. 1 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Die beschwerdeführende Partei hat weder das Vorliegen einer einhelligen Befürwortung ihres Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat (Z. 1 leg. cit.) behauptet noch hat sie die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Annahme der Überschreitung der für 1994 festgestellten Landeshöchstzahl bestritten (in der Beschwerde wird die Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 1994 vielmehr ausdrücklich außer Streit gestellt). Sie bekämpft in ihrer Beschwerde auch nicht, daß die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen eines der Tatbestände des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG nicht festgestellt hätte. Die beschwerdeführende Partei glaubt aber, wegen der ihrer Ansicht nach lediglich demonstrativen Aufzählung der besonders wichtigen Gründe in den lit. a bis d der Z. 2 leg. cit. sei im Beschwerdefall diese Anspruchsvoraussetzung erfüllt.

Es sei - so die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen - allgemein bekannt, daß ein wesentlicher Aufgabenbereich des Unternehmens der beschwerdeführenden Partei darin liege, Reisen zusammenzustellen, anzubieten, zu vermitteln und durchzuführen, die nach Tunesien führten. Der beantragte tunesische Staatsangehörige habe aufgrund seiner Kenntnis der arabischen Sprache, seiner Ausbildung, seines Arbeitseinsatzes und seiner beruflichen Entwicklung (u.a. sei er auch mehr als drei Jahre im staatlichen tunesischen Reisebüro beschäftigt gewesen), seiner Kontakte zu den tunesischen Behörden und zu den tunesischen Hoteliers sowie seiner geographischen Kenntnisse von Tunesien und dessen Sitten, Eigenschaften, die kein österreichischer Arbeitnehmer aufweise. Die Beschäftigung des beantragten Ausländers sei für die beschwerdeführende Partei besonders wichtig, weil dadurch ihrem Unternehmen eine weitaus gefestigtere Grundlage geboten würde und die erwähnten Kenntnisse und Eigenschaften des Ausländers für die Entwicklung des Unternehmens von besonderer Bedeutung wären. So wären allein die Beziehungen zu tunesischen Hoteliers und zu tunesischen amtlichen Stellen für die beschwerdeführende Partei "unbezahlbar", weil sie eine Garantie dafür böten, den Kunden vorteilhafte und gesicherte Anbote erstellen zu können.

Dem Beschwerdevorbringen ist darin Recht zu geben, daß die im § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d AuslBG enthaltene Aufzählung demonstrativen Charakter hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1993, 93/09/0157). Die beschwerdeführende Partei führt dazu grundsätzlich auch zutreffend unter Bezugnahme auf die hg. Rechtsprechung aus, es sei ihr "bekannt, daß im Kontingentüberziehungsverfahren ein besonders wichtiger Grund für die Beschäftigung eines Ausländers nur dann besteht, wenn an der Beschäftigung desselben ein QUALIFIZIERTES Interesse besteht, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Bedarfsbefriedigung eines dringenden Arbeitskräftemangels hinausgeht". Dem Beschwerdevorbringen ist allerdings entgegenzuhalten, daß es letztlich doch - wie bereits das Vorbringen in der Berufungsschrift - wiederum nur einzelbetriebliche Interessen für die Beschäftigung des beantragten Ausländers beinhaltet. So wird wiederum nur die WICHTIGKEIT der beantragten Arbeitskraft für das UNTERNEHMEN DER BESCHWERDEFÜHRENDEN PARTEI zum Ausdruck gebracht (vgl. dazu beispielsweise auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1993, 92/09/0299, 22. April 1993, 92/09/0359, und vom 18. Mai 1994, 93/09/0262, m.w.N., sowie zum grundsätzlich sehr hoch angesetzten Kalkül der Z. 2 bis 4 des § 4 Abs. 6 AuslBG auch das Erkenntnis vom 21. April 1994, 94/09/0001).

Die Beschwerde läßt damit weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften durch den angefochtenen Bescheides erkennen; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090277.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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