Entscheidungsdatum
30.04.2024Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. Koderhold über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Landstraße, vom 06.12.2023, GZ: VStV/923.../2023, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Kraftfahrgesetz (KFG) zu Recht:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2VStG eingestellt.römisch eins. Gemäß Paragraph 50, Absatz eins, VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß Paragraph 45, Absatz eins, Ziffer 2 römisch fünf, S, t, G, eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.römisch II. Gemäß Paragraph 52, Absatz 8, VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.römisch III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Feststellungen
1.1. Am 29.04.2023, 19:15 Uhr überfuhr der Lenker des Fahrzeuges, PKW, Hyundai, IONIQ, weiß, mit dem behördlichen Kennzeichen W-1, in 1030 Wien, auf Höhe Landstraßer Hauptstraße 99, die dort angebrachte doppelte Sperrlinie. Der Zulassungsbesitzer des PKW war zu dieser Zeit die C. GmbH mit Sitz in Wien, D.-straße. Der im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführer war der Beschwerdeführer. In der Folge stellte die Landespolizeidirektion Wien (kurz: belangte Behörde) – Polizeikommissariat Landstraße, Juchgasse 19, 1030 Wien eine Lenkererhebung vom 11.08.2023 an den Beschwerdeführer zu obigem Vorfall aus. Diese Lenkererhebung enthielt ein entsprechendes vorgefertigtes Antwortschreiben, welches mit der GZ VStV/922.../2023 ausgestattet war und an als Empfänger die belangte Behörde mit dem Standort 1030 Wien, Juchgasse 19, PK Landstraße enthielt.
1.2. Dem Beschwerdeführer wurde in dieser Lenkererhebung im Wesentlichen aufgetragen, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens Auskunft über den obigen Vorfall zu geben und wer dieses Fahrzeug lenkte bzw mitzuteilen wer darüber Auskunft erteilten kann. Die Zustellung der Lenkererhebung an den Beschwerdeführer erfolgte über ERSb am 11.08.2023. Am 24.08.2023 sendete der Beschwerdeführer eine vollständig ausgefüllte Lenkerauskunft betreffend den obigen Vorfall mit Hilfe des von der belangten Behörde in der Lenkererhebung übermittelte Formular per Email an die Emailadresse lpd-w-verkehrsamt@polizei.gv.at an das Verkehrsamt (Sicherheits- und Verwaltungspolizeiliche Abteilung [SVA] – Verkehrsamt). Am selben Tag sendete er zwei weitere gleichartige Lenkererhebungen, ebenfalls an diese Emailadresse. Eine offenbar betreffend einen weiteren Vorfall in Wien (Empfänger laut Formular belangte Behörde, SVA 5 - Verkehrsamt, 1030 Wien, Dietrichgasse 27) und eine weitere offenbar betreffend einen Vorfall im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (Empfänger laut Formular BH Graz-Umgebung, 8020 Graz, Bahnhofgürtel 85).
1.3. Auf diese drei Emails erhielt er stets von der Emailadresse lpd-w-verkehrsamt@polizei.gv.at eine schriftliche Bestätigung, jeweils vom 24.08.2023, dass diese Schreiben eingegangen sind und bearbeitet werden (Email vom 24.08.2023, 17:31 Uhr, 17:32 Uhr und 17:33 Uhr). In der Folge richtete die belangte Behörde an den Beschwerdeführer eine Strafverfügung vom 22.09.2023 und ein Straferkenntnis vom 06.12.2023, jeweils betreffend den Vorhalt, dass er die Lenkerauskunft nicht rechtskonform erstattete, weil er sie an die falsche Stelle richtete. Sowohl in der Strafverfügung als auch im Straferkenntnis, als auch sonst in keinem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben, wurde die Tatzeit angeführt bzw vorgehalten.
2. Beweiswürdigung
Der obige Sachverhalt ergab sich im Wesentlichen aus dem behördlichen Akt, sowie aus einer vom Gericht nachträglich eingeholten Information an den Beschwerdeführer, welche die oben festgestellten Emails (siehe Punkt 1.2.) übermittelte. An diesen Urkunden gab es keinen Grund zu zweifeln. Dass diese Emails samt Anhang (ausgefüllte Lenkererhebung) am 24.8.2023 an das Verkehrsamt gingen und diese den Eingang dazu bestätigten, ließ sich aus den entsprechenden Emails ableiten.
3. Rechtslage
Die wesentliche Bestimmung des Kraftfahrgesetzes lautet auszugsweise wie folgt:
§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder AnhängersParagraph 103, Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers[…]
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Für die in § 103 Abs 2 KFG normierte Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers ist gesetzlich keine bestimmte Form vorgegeben. Daher stehen dem Zulassungsbesitzer verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung. Auch wenn es sich dabei um eine Form handelt, die von der Behörde nicht erwünscht ist, hat sie diese entgegenzunehmen (vgl VwGH 7.3.2016, Ra 2016/02/0006 ZVR 2017/40). Zwar hat der Beschwerdeführer nach dem festgestellten Sachverhalt das entsprechende Formular ausgefüllt, dieses jedoch nicht (postalisch) an die Empfangsadresse der belangten Behörde in 1030 Wien, Juchgasse 19, gerichtet sondern an die Emailadresse lpd-w-verkehrsamt@polizei.gv.at. Diese Emailadresse ist jedoch der belangten Behörde zuzurechnen, wie sich bereits aus der Formulierung ergibt. Das im allgemeinen Sprachgebrauch verkürzt ausgedrückte „Verkehrsamt“ ist ein Teil der belangten Behörde und dieser zugehörig, was sich ebenfalls auch aus der vollständigen Bezeichnung Sicherheits- und Verwaltungspolizeiliche Abteilung (SVA) – Verkehrsamt ergibt. 4.1. Für die in Paragraph 103, Absatz 2, KFG normierte Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers ist gesetzlich keine bestimmte Form vorgegeben. Daher stehen dem Zulassungsbesitzer verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung. Auch wenn es sich dabei um eine Form handelt, die von der Behörde nicht erwünscht ist, hat sie diese entgegenzunehmen vergleiche VwGH 7.3.2016, Ra 2016/02/0006 ZVR 2017/40). Zwar hat der Beschwerdeführer nach dem festgestellten Sachverhalt das entsprechende Formular ausgefüllt, dieses jedoch nicht (postalisch) an die Empfangsadresse der belangten Behörde in 1030 Wien, Juchgasse 19, gerichtet sondern an die Emailadresse lpd-w-verkehrsamt@polizei.gv.at. Diese Emailadresse ist jedoch der belangten Behörde zuzurechnen, wie sich bereits aus der Formulierung ergibt. Das im allgemeinen Sprachgebrauch verkürzt ausgedrückte „Verkehrsamt“ ist ein Teil der belangten Behörde und dieser zugehörig, was sich ebenfalls auch aus der vollständigen Bezeichnung Sicherheits- und Verwaltungspolizeiliche Abteilung (SVA) – Verkehrsamt ergibt.
4.2. Gegenständlich ist die belangte Behörde die sachlich und örtliche zuständige Behörde (vgl § 24 VStG iVm § 1 AVG iVm § 8 Z 8 SPG). Ähnlich wie beim Magistrat (vgl VwGH 20.4.2001, 99/05/0090) handelt es sich auch bei der belangten Behörde um eine Einheit bzw um einen Behördenapparat (vgl VwGH 23.12.1987, 85/18/0143). Ob der Beschwerdeführer die Lenkerauskunft nunmehr beim Polizeikommissariat Landstraße in der Juchgasse 19, 1030 Wien einreicht oder beim Verkehrsamt, ist für die Einbringung irrelevant, weil es sich bei beiden Einrichtungen im Gesamten um die belangte Behörde handelt. Diese untergliederten Abteilungen haben derartige Anbringen dann intern an die zuständige Abteilung weiterzuleiten, weil dies vielmehr eine Frage der inneren Gliederung der Behörde ist (vgl VwGH 13.9.2016, Ra 2015/03/0038). Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer die Lenkerauskunft rechtzeitig bei der belangten Behörde einreichte. Der objektive Tatbestand ist deshalb nicht erfüllt.4.2. Gegenständlich ist die belangte Behörde die sachlich und örtliche zuständige Behörde vergleiche Paragraph 24, VStG in Verbindung mit Paragraph eins, AVG in Verbindung mit Paragraph 8, Ziffer 8, SPG). Ähnlich wie beim Magistrat vergleiche VwGH 20.4.2001, 99/05/0090) handelt es sich auch bei der belangten Behörde um eine Einheit bzw um einen Behördenapparat vergleiche VwGH 23.12.1987, 85/18/0143). Ob der Beschwerdeführer die Lenkerauskunft nunmehr beim Polizeikommissariat Landstraße in der Juchgasse 19, 1030 Wien einreicht oder beim Verkehrsamt, ist für die Einbringung irrelevant, weil es sich bei beiden Einrichtungen im Gesamten um die belangte Behörde handelt. Diese untergliederten Abteilungen haben derartige Anbringen dann intern an die zuständige Abteilung weiterzuleiten, weil dies vielmehr eine Frage der inneren Gliederung der Behörde ist vergleiche VwGH 13.9.2016, Ra 2015/03/0038). Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer die Lenkerauskunft rechtzeitig bei der belangten Behörde einreichte. Der objektive Tatbestand ist deshalb nicht erfüllt.
4.3. Als weiteres Element ist hervorzuheben, dass nach dem festgestellten Sachverhalt dem Beschwerdeführer zu keiner Zeit eine konkrete Tatzeit vorgehalten wurde. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (vgl VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195). Wenn der Spruch des Straferkenntnisses keine oder unrichtige Angaben über den Zeitpunkt der Tat enthält, belastet dies das Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (VwSlg 10.779 A/1982; VwGH 9.11.1988, 88/03/0043). Nach dem festgestellten Sachverhalt fehlt die Anführung einer Tatzeit komplett. Durch das Verwaltungsgericht kann dieser Fehler nicht mehr korrigiert werden. Von einem erkennbaren Versehen ist im gegenständlichen Fall nicht auszugehen (vgl VwGH 4.7.2022, Ra 2022/02/0106). Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.4.3. Als weiteres Element ist hervorzuheben, dass nach dem festgestellten Sachverhalt dem Beschwerdeführer zu keiner Zeit eine konkrete Tatzeit vorgehalten wurde. Gemäß Paragraph 44 a, VStG hat der Spruch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen vergleiche VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195). Wenn der Spruch des Straferkenntnisses keine oder unrichtige Angaben über den Zeitpunkt der Tat enthält, belastet dies das Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (VwSlg 10.779 A/1982; VwGH 9.11.1988, 88/03/0043). Nach dem festgestellten Sachverhalt fehlt die Anführung einer Tatzeit komplett. Durch das Verwaltungsgericht kann dieser Fehler nicht mehr korrigiert werden. Von einem erkennbaren Versehen ist im gegenständlichen Fall nicht auszugehen vergleiche VwGH 4.7.2022, Ra 2022/02/0106). Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß Paragraph 44, Absatz 2, VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Lenkerauskunft, Zuständigkeit, Verkehrsamt, Polizeikommissariat, Abteilung, Weiterleitung, innere Gliederung der Behörde, Tatzeit, SpruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2024:VGW.031.101.16257.2023Zuletzt aktualisiert am
05.11.2024