Entscheidungsdatum
23.05.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
L515 2276398-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. H. Leitner als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.06.2023, Zl. XXXX in einer Angelegenheit nach § 3 AsylG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht: 1) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. H. Leitner als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.06.2023, Zl. römisch 40 in einer Angelegenheit nach Paragraph 3, AsylG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unbegründet abgewiesen. A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als „bP“ bezeichnet), ist syrischer Staatsangehöriger und stellte nach rechtswidriger Einreise in das Bundesgebiet am 14.07.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“).römisch eins.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als „bP“ bezeichnet), ist syrischer Staatsangehöriger und stellte nach rechtswidriger Einreise in das Bundesgebiet am 14.07.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“).
I.2. Die volljährige bP wurde am 14.07.2022 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und brachte im Wesentlichen vor, in Syrien herrsche Krieg und sei ihr Haus zerstört worden. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte die bP den Krieg.römisch eins.2. Die volljährige bP wurde am 14.07.2022 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und brachte im Wesentlichen vor, in Syrien herrsche Krieg und sei ihr Haus zerstört worden. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte die bP den Krieg.
I.3. Nach Zulassung des Verfahrens wurde die bP am 14.04.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Zusammengefasst legte die bP im Wesentlichen dar, sie sei wegen des Krieges geflüchtet und nach Österreich gekommen, weil es ein sicheres Land sei und es hier keinen Rassismus gebe. Im Falle der Rückkehr befürchte die bP, eine Waffe tragen zu müssen.römisch eins.3. Nach Zulassung des Verfahrens wurde die bP am 14.04.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Zusammengefasst legte die bP im Wesentlichen dar, sie sei wegen des Krieges geflüchtet und nach Österreich gekommen, weil es ein sicheres Land sei und es hier keinen Rassismus gebe. Im Falle der Rückkehr befürchte die bP, eine Waffe tragen zu müssen.
I.4. Mit dem im Spruch ersichtlichen angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 15.06.2023 wurde der Antrag der bP auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihr jedoch gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gleichzeitig gem. § 8 Abs 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Mit Informationsblatt vom folgenden Tag wurde der bP ein Rechtsberater gem. § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.römisch eins.4. Mit dem im Spruch ersichtlichen angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 15.06.2023 wurde der Antrag der bP auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), ihr jedoch gem. Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und gleichzeitig gem. Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Mit Informationsblatt vom folgenden Tag wurde der bP ein Rechtsberater gem. Paragraph 52, BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, die bP habe keine Vorfälle vorgebracht, wonach sie in Syrien persönlich bedroht oder verfolgt worden wäre. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich, dass in Syrien eine Wehrpflicht im Alter zwischen 18 und 40 Jahren bestehe und sei die bP im Zeitpunkt der Ausreise noch nicht wehrpflichtig gewesen, da die bP laut eigenen Angaben erst 14 Jahre alt gewesen sei. Eine aktuell drohende individuell gegen die bP gerichtet Gefahr einer Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat habe weder aufgrund ihrer eigenen Angaben noch aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren festgestellt werden können und sei eine solche zum Zeitpunkt der Ausreise nicht existent gewesen. Eine unterstellte oppositionelle Gesinnung aufgrund der illegalen Ausreise vor Antritt des Wehrdienstes und der anschließenden Asylantragstellung sei nicht denkbar. Zudem bestehe die Möglichkeit des Freikaufs vom Wehrdienst.
I.5. Gegen Spruchpunkt I. des im Spruch ersichtlichen Bescheides erhob die bP, vertreten durch die BBU GmbH, die im Akt vorliegende Beschwerde vom 13.07.2023. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, der bP drohe asylrelevante Verfolgung durch das syrische Regime, da die bP im wehpflichtigen Alter sei, den Wehrdienst nicht geleistet und sich diesem somit durch die Ausreise aus Syrien entzogen habe. Der bP drohe nicht nur Bestrafung aufgrund der Wehrdienstverweigerung und der damit einhergehenden unterstellten oppositionellen Gesinnung, sondern auch zwangsweise Rekrutierung. Außerdem bestehe anlässlich der Wehrdienstverweigerung eines Onkels und zweier Cousins der bP, welchen der Asylstatus gewährt worden sei, die Gefahr einer Reflexverfolgung. Zudem drohe der bP Verfolgung aufgrund der illegalen Ausreise sowie der Asylantragstellung. Das Bundesamt habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Außerdem seien das aktuelle Länderinformationsblatt und andere Berichte zwar zitiert worden, allerdings nicht (ausreichend) berücksichtigt worden. Schließlich sei keine ganzheitliche Beweiswürdigung erfolgt.römisch eins.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des im Spruch ersichtlichen Bescheides erhob die bP, vertreten durch die BBU GmbH, die im Akt vorliegende Beschwerde vom 13.07.2023. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, der bP drohe asylrelevante Verfolgung durch das syrische Regime, da die bP im wehpflichtigen Alter sei, den Wehrdienst nicht geleistet und sich diesem somit durch die Ausreise aus Syrien entzogen habe. Der bP drohe nicht nur Bestrafung aufgrund der Wehrdienstverweigerung und der damit einhergehenden unterstellten oppositionellen Gesinnung, sondern auch zwangsweise Rekrutierung. Außerdem bestehe anlässlich der Wehrdienstverweigerung eines Onkels und zweier Cousins der bP, welchen der Asylstatus gewährt worden sei, die Gefahr einer Reflexverfolgung. Zudem drohe der bP Verfolgung aufgrund der illegalen Ausreise sowie der Asylantragstellung. Das Bundesamt habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Außerdem seien das aktuelle Länderinformationsblatt und andere Berichte zwar zitiert worden, allerdings nicht (ausreichend) berücksichtigt worden. Schließlich sei keine ganzheitliche Beweiswürdigung erfolgt.
I.6. Im Zusammenhang mit der Beschwerdevorlage brachte die bB eine Stellungnahme vom 04.08.2023, einlangend am 10.08.2023, ein. Darin führte die bB wiederholend aus, dass die bP zum Zeitpunkt der Ausreise 14 Jahre alt und somit nicht wehrpflichtig gewesen sei. Die bP habe nicht vorgebracht, Syrien aus Angst vor einer zukünftigen Rekrutierung verlassen zu haben. Ihre Ausreise im Alter von 14 Jahren würde ihr Seitens der Regierung nicht zum Vorwurf gemacht werden. Die bB verwies zudem erneut auf die Möglichkeit des Freikaufs vom Wehrdienst.römisch eins.6. Im Zusammenhang mit der Beschwerdevorlage brachte die bB eine Stellungnahme vom 04.08.2023, einlangend am 10.08.2023, ein. Darin führte die bB wiederholend aus, dass die bP zum Zeitpunkt der Ausreise 14 Jahre alt und somit nicht wehrpflichtig gewesen sei. Die bP habe nicht vorgebracht, Syrien aus Angst vor einer zukünftigen Rekrutierung verlassen zu haben. Ihre Ausreise im Alter von 14 Jahren würde ihr Seitens der Regierung nicht zum Vorwurf gemacht werden. Die bB verwies zudem erneut auf die Möglichkeit des Freikaufs vom Wehrdienst.
I.7. Das BVwG beraumte für den 18.03.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Mit der Ladung vom 05.02.2024 (OZ 4) wurde die bP auch umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und sie zudem auch konkret aufgefordert, insbesondere ihre persönlichen Ausreisegründe und sonstigen Rückkehrbefürchtungen durch geeignete Unterlagen bzw. Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen, wobei eine demonstrative Aufzählung von grundsätzlich als geeignet erscheinenden Unterlagen erfolgte. Zugleich mit der Ladung wurde die bP eingeladen, sich eine Woche vor Verhandlungstermin bei Gericht einlangend zu ihren privaten und familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet zu äußern. Zudem wurde der bP mit Schreiben vom 05.02.2024 (OZ 3) über die Beweisaufnahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG das aktualisierte Länderinformationsblatt zu Syrien vom 17.07.2023 übermittelt und ihr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben. Eine Stellungnahme der bP langte nicht ein.römisch eins.7. Das BVwG beraumte für den 18.03.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Mit der Ladung vom 05.02.2024 (OZ 4) wurde die bP auch umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und sie zudem auch konkret aufgefordert, insbesondere ihre persönlichen Ausreisegründe und sonstigen Rückkehrbefürchtungen durch geeignete Unterlagen bzw. Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen, wobei eine demonstrative Aufzählung von grundsätzlich als geeignet erscheinenden Unterlagen erfolgte. Zugleich mit der Ladung wurde die bP eingeladen, sich eine Woche vor Verhandlungstermin bei Gericht einlangend zu ihren privaten und familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet zu äußern. Zudem wurde der bP mit Schreiben vom 05.02.2024 (OZ 3) über die Beweisaufnahme gemäß Paragraph 45, Absatz 3, AVG das aktualisierte Länderinformationsblatt zu Syrien vom 17.07.2023 übermittelt und ihr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben. Eine Stellungnahme der bP langte nicht ein.
I.8. Am 18.03.2024 wurde vor dem BVwG die beantragte mündliche Verhandlung im Beisein der bP, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durchgeführt. Die beantragte mündliche Verhandlung gestaltete sich wie folgt:römisch eins.8. Am 18.03.2024 wurde vor dem BVwG die beantragte mündliche Verhandlung im Beisein der bP, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durchgeführt. Die beantragte mündliche Verhandlung gestaltete sich wie folgt:
„[…]
RI: Würden Sie im Falle der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft den Wehrdienst beim Österreichischen Bundesheer ableisten?
P: Ja, vorausgesetzt, dass, wenn ich beim österreichischen Militärdienst nicht auf Landsleute schießen muss. Ich sage das, weil bei uns in Syrien schießen syrische Soldaten auf ihre eigenen Landsleute.
RI verweist auf § 2 Abs. 1 lit b des Wehrgesetzes.RI verweist auf Paragraph 2, Absatz eins, Litera b, des Wehrgesetzes.
P: Das weiß ich.
RI: Was wäre, wenn Sie zu so einem Einsatz kommen würden?
P: Ja.
RI: Was meinen Sie damit. Würden Sie in einem solchen Fall Ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen?
P: Ich habe sie verstanden, aber ich wäre bereit, die Polizisten bei ihren Aufgaben zu helfen, aber ich wäre nicht bereit, auf Landsleute zu schießen, also sprich auf Österreicher.
RI: Wollen Sie heute noch Beweismittel zum Ausreisegrund und den Rückkehrhindernissen vorlegen, die Sie bis jetzt noch nicht vorgelegt haben?
P: Ich habe alles vorgelegt.
RI: Haben Sie noch Verwandte in Syrien?
P: Ich habe eine Tante und einen Onkel väterlicherseits in Syrien.
RI: Wo und unter welchen Verhältnissen leben diese Verwandten?
P: Über meinen Onkel weiß ich nichts, aber meine Tante ist Witwe und ich weiß nicht, wie es ihr geht.
RI: Wie waren Ihre Wohnverhältnisse in Syrien, hatten Sie bzw. Ihre Familie dort ein eigenes Haus, eine eigene Wohnung?
P: Wir haben in einem Haus gewohnt.
RI: Was wurde aus diesem Haus nach Ihrer Ausreise?
P: Ich habe keine Ahnung, ich weiß es nicht.
RI: Wie ist Ihr aktueller Familienstand?
P: Ich bin ledig.
RI: Aus welchem Grund haben Sie sich von der restlichen Familie getrennt?
P: Ich bin mit meinen Eltern und mit meinen Geschwistern 2015 aus Syrien geflüchtet. Wir haben uns zwei Jahre in der Türkei aufgehalten. Meine Familie ist bereits in Finnland. Ich bin hier in Österreich.
RI: Warum ist es Ihnen wichtig, Asyl zu bekommen, wenn Ihnen subsidiärer Schutz gewährt wurde?
P: Ich habe nie verstanden, was subsidiärer Schutz heißt. Können sie mir das erklären?
RI: Geben Sie den wesentlichen Inhalt Ihrer Beschwerde zusammengefasst wieder!
P: Ich habe keine Ahnung, was in der Beschwerde steht.
RI: Ihr Antrag wurde seitens der belangten Behörde abgewiesen und wurde im angefochtenen Bescheid die Entscheidung begründet. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde entgegen.
P: Ich weiß nicht, ich kenne die Stellungnahme vom BFA nicht.
RI: Sie durchreisten zwischen Syrien und Österreich verschiedene Länder, in denen Sie bereits vor Verfolgung sicher gewesen sind. Haben Sie in einem dieser Länder einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt?
P: Nein.
RI: Warum nicht?
P: Weil mein Ziel Österreich war.
Was würde Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Herkunftsort konkret erwarten?
P: Ich will nicht nach Syrien. Nachgefragt gebe ich an, dass mich das System töten wird.
RI: Wer konkret verfolgt Sie in Syrien bzw. wer würde Sie im Fall einer Rückkehr dorthin töten?
P: Das System. Verstehen sie nicht, was das System heißt?
RI: Wen meinen Sie konkret?
P: Bashar Al ASSAD.
RI: Er würde persönlich kommen und Sie töten?
P: Ja, er würde mich töten.
RI: Warum sind Sie an diesem Tag ausgereist, als Sie das Land verlassen haben?
P: Es hat Krieg gegeben, deshalb habe ich das Land verlassen.
RI: Warum haben Sie das Land nicht beispielsweise einen Monat früher oder einen Monat später verlassen?
P: Die Kriegshandlungen waren nicht weit weg von unserer Wohnstätte. Als die syrische Luftwaffe uns beschossen hat, haben wir beschlossen das Land sofort zu verlassen.
RI: Unter wessen Kontrolle steht Ihr Heimatort aktuell?
P: Das syrische Regime.
RI: Unter wessen Kontrolle stand Ihr Heimatort in Syrien bei Ihrer Ausreise?
P: Das Regime.
RI stellt anhand von Map of Syrian Civil War - Syria news and incidents today - syria.liveuamap.com fest, dass der Herkunftsort der bP aktuell vom syrischen Regime kon-trolliert wird.
…
RI: Sie sind ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann. Was spricht dagegen, dass Sie sich einem Gebiet, welches nicht vom syrischen Regime, sondern etwa von der SNA/FSA, der HTS oder den Kurden kontrolliert wird, niederlassen? Im von den Kurden kontrollierten Gebieten gibt es Regionen, welche mehrheitlich von Arabern bewohnt werden. Ebenso sind die Machthaber im Gebiet der SNA/FSA bestrebt, in ihrem Gebiet Araber anzusiedeln. Im Gebiet der HTS bzw. der SNA/FSA würde auch keine allgemeine Wehrpflicht herrschen. Ebenso bestehen Grenzübergänge, welche von den dortigen Machthabern kontrolliert werden und über die man von der Türkei bzw. vom Irak aus in diese Regionen einreisen kann (vgl. Anfragebeantwortung vom 24.10.2023 und Research Paper vom 10.10.2023 der Staatendokumentation der bB). Die im Kurdengebiet bestehenden sog. Sicherheits-quadranten des Regimes können sie umgehen.RI: Sie sind ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann. Was spricht dagegen, dass Sie sich einem Gebiet, welches nicht vom syrischen Regime, sondern etwa von der SNA/FSA, der HTS oder den Kurden kontrolliert wird, niederlassen? Im von den Kurden kontrollierten Gebieten gibt es Regionen, welche mehrheitlich von Arabern bewohnt werden. Ebenso sind die Machthaber im Gebiet der SNA/FSA bestrebt, in ihrem Gebiet Araber anzusiedeln. Im Gebiet der HTS bzw. der SNA/FSA würde auch keine allgemeine Wehrpflicht herrschen. Ebenso bestehen Grenzübergänge, welche von den dortigen Machthabern kontrolliert werden und über die man von der Türkei bzw. vom Irak aus in diese Regionen einreisen kann vergleiche Anfragebeantwortung vom 24.10.2023 und Research Paper vom 10.10.2023 der Staatendokumentation der bB). Die im Kurdengebiet bestehenden sog. Sicherheits-quadranten des Regimes können sie umgehen.
P: Ich bin gewohnt, in meinem Gebiet zu wohnen. Was zwingt mich dazu, zu den Kurden oder wo anders hinzugehen. Wenn ich dorthin ziehen würde, wird meine Situation nicht besser, dort würde man auch von mir verlangen, an der Seite der herrschenden zu kämpfen.
…
RI: Weshalb würden Sie nicht für das Assad-Regime kämpfen wollen?
P: Weil die syrischen Soldaten auf die eigenen Leute schießen.
RI: Welche konkreten Rekrutierungsversuche seitens des syrischen Regimes/der Kurden/einer sonstigen Bürgerkriegspartei gab es Ihnen gegenüber?
P: Als ich Syrien verlassen habe, war ich 14 Jahre alt. Aber wenn ich jetzt zurückkehren würde, bin ich nicht mehr 14 Jahre, sondern über 18 Jahre alt.
RI: Sie haben die Möglichkeit, sich von der Wehrpflicht des syrischen Regimes freizukaufen (LIB S. 123: 10.000 USD bei mind. einjährigem Auslandsaufenthalt, sinkt pro weiterem Jahr um 1.000 USD ab).RI: Sie haben die Möglichkeit, sich von der Wehrpflicht des syrischen Regimes freizukaufen (LIB Sitzung 123: 10.000 USD bei mind. einjährigem Auslandsaufenthalt, sinkt pro weiterem Jahr um 1.000 USD ab).
P: Ich bin nicht gewillt, dieses Angebot anzunehmen.
RI: Warum nicht?
P: Weil die Armee Frauen und Kinder tötet.
RI: Seit März 2020 herrscht im Großen und Ganzen eine Pattsituation zwischen den Bürgerkriegsparteien und hat sich die Situation in den letzten Monaten nicht wesentlich verändert.
P: Das stimmt nicht. Dass was sie mir sagen, stimmt nicht.
RI: Sind Sie in Syrien vorbestraft?
P: Nein.
RI: Gibt es noch weitere Rückkehrhindernisse nach Syrien als jene, welche sie beim BFA und im Beschwerdeverfahren bisher schilderten?
P: Nein es gibt nichts mehr. Ich habe alle Gründe genannt, warum ich nicht nach Syrien zurückkehren will.
Fragen der RV:
RV: Sie haben angegeben, dass Sie zwei Jahre in der Türkei gelebt haben, beim BFA haben Sie angegeben, dass Sie sechs Jahre in der Türkei gelebt haben. Bitte um Aufklärung. Regierungsvorlage, Sie haben angegeben, dass Sie zwei Jahre in der Türkei gelebt haben, beim BFA haben Sie angegeben, dass Sie sechs Jahre in der Türkei gelebt haben. Bitte um Aufklärung.
P: Ich habe sieben Jahre in der Türkei gelebt.
RV: Warum haben Sie heute zwei Jahre angegeben?Regierungsvorlage, Warum haben Sie heute zwei Jahre angegeben?
P: Ich bin seit zwei Jahren in Österreich. Da habe ich glaube ich den Fehler gemacht.
[…]“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
II.1.1. Die Identität der bP steht nicht fest. Sie führt den im Spruch ausgewiesenen Namen und Geburtsdatum. Es handelt sich bei der bP um einen syrischen Staatsangehörigen, arabischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitischen Glaubens. Die bP ist ledig und hat keine Kinder.römisch II.1.1. Die Identität der bP steht nicht fest. Sie führt den im Spruch ausgewiesenen Namen und Geburtsdatum. Es handelt sich bei der bP um einen syrischen Staatsangehörigen, arabischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitischen Glaubens. Die bP ist ledig und hat keine Kinder.
Die bP stammt aus der Provinz Idlib, Stadt XXXX , Dorf XXXX , wo die bP aufgewachsen ist und bis zu ihrer Ausreise aus Syrien in die Türkei im Jahre 2015 auch gelebt hat. Die bP beherrscht die arabische Sprache auf muttersprachlichem Niveau. Sie spricht darüber hinaus noch Türkisch.Die bP stammt aus der Provinz Idlib, Stadt römisch 40 , Dorf römisch 40 , wo die bP aufgewachsen ist und bis zu ihrer Ausreise aus Syrien in die Türkei im Jahre 2015 auch gelebt hat. Die bP beherrscht die arabische Sprache auf muttersprachlichem Niveau. Sie spricht darüber hinaus noch Türkisch.
Die bP hat ihren eigenen Angaben zufolge sechs Jahre in Syrien die Schule besucht. In der Türkei hat die bP keine Schule besucht, sondern sechs Jahre lang als Bodenverleger gearbeitet.
II.1.2. Die bP verfügt in ihrem Herkunftsstaat über familiäre Anbindungen in Gestalt eines Onkels und einer Tante. Die Eltern der bP und ein Bruder leben in der Türkei, wobei im Zuge der Familienzusammenführung eine Übersiedlung nach Finnland angestrebt wird. Ein weiterer Bruder hält sich in Island und einer in Finnland auf. Ein Onkel und zwei Cousins der bP leben in Österreich. römisch II.1.2. Die bP verfügt in ihrem Herkunftsstaat über familiäre Anbindungen in Gestalt eines Onkels und einer Tante. Die Eltern der bP und ein Bruder leben in der Türkei, wobei im Zuge der Familienzusammenführung eine Übersiedlung nach Finnland angestrebt wird. Ein weiterer Bruder hält sich in Island und einer in Finnland auf. Ein Onkel und zwei Cousins der bP leben in Österreich.
II.1.3. Die bP leidet an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankungen. Sie bedarf auch keiner medikamentösen Behandlung. römisch II.1.3. Die bP leidet an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankungen. Sie bedarf auch keiner medikamentösen Behandlung.
II.1.4. Die Stadt XXXX in der Provinz Idlib steht unter Kontrolle der syrischen Regierung. römisch II.1.4. Die Stadt römisch 40 in der Provinz Idlib steht unter Kontrolle der syrischen Regierung.
Die bP hat ihren verpflichtenden Wehrdienst für die syrische Armee noch nicht abgeleistet, da sie den Herkunftsstaat vor Erreichen des wehrpflichtigen Alters verlassen hat. Sie wurde noch keiner Musterung unterzogen, hat noch kein Wehrdienstbuch und keinen Einberufungsbefehl erhalten. Die bP ist zwischenzeitig im wehrpflichtigen Alter.
Die bP lehnt die Ableistung eines Militärdienstes im Allgemeinen nicht ab, die aktuelle Ableistung des Wehrdienstes will sie sichtlich aufgrund der damit verbundenen militärischen Gefahren vermeiden.
Es steht der bP frei, sich vom Wehrdienst freizukaufen. Sie hat in Österreich als subsdidiär Schutzberechtigter Zugang zum Arbeits- und Kapitalmarkt und steht es frei, auf diesem Wege den Freikauf vom Militär zu finanzieren.
Das syrische Regime unterstellt der bP wegen der mit der Ausreise verbundenen Entziehung vom Wehrdienst keine politische oder oppositionelle Gesinnung.
Die bP ist keiner Bedrohung oder Verfolgung aufgrund der Ausreise nach sowie der Asylantragsstellung in einem europäischen Land ausgesetzt. Die bP ist auch keiner Gefahr einer Verfolgung durch die syrischen Behörden ausgesetzt, weil sie illegal ausgereist ist.
Weitere mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmende Bedrohungsszenarien im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat der bP können nicht festgestellt werden.
II.1.5. Zur Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen (Basis: aktuelles Länderinformationsblatt der bB):römisch II.1.5. Zur Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen (Basis: aktuelles Länderinformationsblatt der bB):
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
? Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/document/2089904.html, Zugriff 23.6.2023
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 23.6.2023
? Alaraby - New Arab, the (31.5.2023): Why Syria's Kurds and Hayat Tahrir al-Sham are offering to host refugees, https://www.newarab.com/analysis/why-syrias-kurds-and-hts-are-offering-host-refugees, Zugriff 28.6.2023
? Brookings (27.1.2023): Syria’s dissolving line between state and nonstate actors, https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2023/01/27/syrias-dissolving-line-between-state-and-nonstate-actors/, Zugriff 27.6.2023
? CMEC - Carnegie Middle East Center (16.5.2023): An Inauspicious Return, https://carnegie-mec.org/diwan/89762, Zugriff 23.6.2023
? FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2022 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2088564.html, Zugriff 23.6.2023
? HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103131.html, Zugriff 22.1.2024
? IPS - Inter Press Service (20.5.2022): What the Russian Invasion Means for Syria, https://www.ipsnews.net/2022/05/russian-invasion-means-syria/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=russian-invasion-means-syria, Zugriff 27.6.2023
? SOHR - The Syrian Observatory For Human Rights (7.5.2023): Assad will demand high price for return of refugees, https://www.syriahr.com/en/298175/, Zugriff 23.6.2023
? Spiegel, Der (29.8.2016): Die Fakten zum Krieg in Syrien, https://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-alle-wichtigen-fakten-erklaert-endlich-verstaendlich-a-1057039.html#sponfakt=1, Zugriff 23.6.2023
? USIP - United States Institute for Peace (14.3.2023): Syria’s Stalemate Has Only Benefitted Assad and His Backers, https://www.usip.org/publications/2023/03/syrias-stalemate-has-only-benefitted-assad-and-his-backers, Zugriff 27.6.2023
? Wilson - Wilson Center (6.6.2023): Syria and the Arab League, https://www.wilsoncenter.org/blog-post/syria-and-arab-league, Zugriff 23.6.2023
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidate