TE Bvwg Erkenntnis 2024/9/13 W158 2282048-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2024
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Entscheidungsdatum

13.09.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W158 2282048-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch Dr. Georg KLAMMER, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL über die Beschwerde des römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch Dr. Georg KLAMMER, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgangrömisch eins.       Verfahrensgang

I.1.     XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführer“) stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.römisch eins.1.     römisch 40 (im Folgenden: „Beschwerdeführer“) stellte am römisch 40 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

I.2.    Am XXXX fand eine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Befragt zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er Syrien aufgrund des Krieges und der instabilen Lage verlassen habe. Er sei seitens des syrischen Regimes als Reservist zum Militär einberufen worden. Zudem wolle er sich selbst und seiner Familie ein besseres Leben ermöglichen. Weitere Fluchtgründe habe er nicht.römisch eins.2.    Am römisch 40 fand eine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Befragt zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er Syrien aufgrund des Krieges und der instabilen Lage verlassen habe. Er sei seitens des syrischen Regimes als Reservist zum Militär einberufen worden. Zudem wolle er sich selbst und seiner Familie ein besseres Leben ermöglichen. Weitere Fluchtgründe habe er nicht.

I.3.    In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „belangte Behörde“) führte der Beschwerdeführer am 12.10.2023 zu seinem Fluchtgrund aus, dass er vom syrischen Regime aufgrund des Reservedienstes gesucht werde. Es sei für ihn sehr eng gewesen und er habe nicht mehr dortbleiben können. Es sei ein großes Problem, wenn sie ihn erwischen würden.römisch eins.3.    In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „belangte Behörde“) führte der Beschwerdeführer am 12.10.2023 zu seinem Fluchtgrund aus, dass er vom syrischen Regime aufgrund des Reservedienstes gesucht werde. Es sei für ihn sehr eng gewesen und er habe nicht mehr dortbleiben können. Es sei ein großes Problem, wenn sie ihn erwischen würden.

I.4.    Mit Bescheid vom 13.10.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).römisch eins.4.    Mit Bescheid vom 13.10.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

I.5.    Am 27.11.2023 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides Beschwerde. Zu seinem Fluchtgrund trug er darin vor, dass ihm eine Einberufung zum Reservedienst oder eine Bestrafung durch das syrische Regime bevorstehe. Weiters sei er gefährdet, weil er Syrien illegal verlassen und in Österreich um Asyl angesucht habe.römisch eins.5.    Am 27.11.2023 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides Beschwerde. Zu seinem Fluchtgrund trug er darin vor, dass ihm eine Einberufung zum Reservedienst oder eine Bestrafung durch das syrische Regime bevorstehe. Weiters sei er gefährdet, weil er Syrien illegal verlassen und in Österreich um Asyl angesucht habe.

I.6.    Das Rechtsmittel und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 29.11.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.römisch eins.6.    Das Rechtsmittel und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 29.11.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.7.    Mit Dokumentenvorlage vom 12.01.2024 übermittelte der Beschwerdeführer zwei weitere Dokumente sowie drei Fotos an das Bundesverwaltungsgericht.römisch eins.7.    Mit Dokumentenvorlage vom 12.01.2024 übermittelte der Beschwerdeführer zwei weitere Dokumente sowie drei Fotos an das Bundesverwaltungsgericht.

I.8.    Mit Stellungnahme vom 09.04.2024 übermittelte der Beschwerdeführer einen ärztlichen Befund vom 29.03.2024 und traf Ausführungen hinsichtlich der Glaubwürdigkeitsbeurteilung von traumatischen Erlebnissen im Asylverfahren.römisch eins.8.    Mit Stellungnahme vom 09.04.2024 übermittelte der Beschwerdeführer einen ärztlichen Befund vom 29.03.2024 und traf Ausführungen hinsichtlich der Glaubwürdigkeitsbeurteilung von traumatischen Erlebnissen im Asylverfahren.

I.9.    Am 13.06.2024 stellte der Beschwerdeführer einen Fristsetzungsantrag gemäß Art. 133 Abs 1 Z 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof. römisch eins.9.    Am 13.06.2024 stellte der Beschwerdeführer einen Fristsetzungsantrag gemäß Artikel 133, Absatz eins, Ziffer 2, B-VG an den Verwaltungsgerichtshof.

I.10.   Mit verfahrensleitender Anordnung vom 19.06.2024 trug der Verwaltungsgerichtshof dem Bundesverwaltungsgericht auf, binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungsfrist nicht vorliege.römisch eins.10.   Mit verfahrensleitender Anordnung vom 19.06.2024 trug der Verwaltungsgerichtshof dem Bundesverwaltungsgericht auf, binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungsfrist nicht vorliege.

I.11.   Der Beschwerdeführer übermittelte am 16.08.2024 weitere Dokumente an das Bundesverwaltungsgericht.römisch eins.11.   Der Beschwerdeführer übermittelte am 16.08.2024 weitere Dokumente an das Bundesverwaltungsgericht.

I.12.   Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.08.2024 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer an seinem Fluchtvorbringen festhielt, in sein Herkunftsland nicht zurückkehren zu können, weil er aufgrund des Reservedienstes gesucht werde bzw. wegen der Flucht vor dem Reservemilitärdienst verurteilt worden sei. Zudem werde ihm vom syrischen Regime vorgeworfen, dass er Feindseligkeiten gegen das syrische Regime begangen habe, weshalb auch sein Haus konfisziert worden sei. Außerdem habe er an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich teilgenommen. römisch eins.12.   Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.08.2024 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer an seinem Fluchtvorbringen festhielt, in sein Herkunftsland nicht zurückkehren zu können, weil er aufgrund des Reservedienstes gesucht werde bzw. wegen der Flucht vor dem Reservemilitärdienst verurteilt worden sei. Zudem werde ihm vom syrischen Regime vorgeworfen, dass er Feindseligkeiten gegen das syrische Regime begangen habe, weshalb auch sein Haus konfisziert worden sei. Außerdem habe er an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich teilgenommen.

I.13. Mit Parteiengehör vom 22.08.2024 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 17.02.2023 zu Syrien: Al-Hasaka: Derzeitige Kontrollsituation in der Gegend um die Stadt Qamischli; Entwicklung der Kontrollsituation in der Gegend um die Stadt Qamischli seit 2011; Informationen zur Kontrollsituation speziell im Dorf XXXX [a-12054] an den Beschwerdeführer, der sich dazu nicht äußerte.römisch eins.13. Mit Parteiengehör vom 22.08.2024 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 17.02.2023 zu Syrien: Al-Hasaka: Derzeitige Kontrollsituation in der Gegend um die Stadt Qamischli; Entwicklung der Kontrollsituation in der Gegend um die Stadt Qamischli seit 2011; Informationen zur Kontrollsituation speziell im Dorf römisch 40 [a-12054] an den Beschwerdeführer, der sich dazu nicht äußerte.

I.14. Mit Dokumentenvorlage vom 26.08.2024 übermittelte der Beschwerdeführer ein Konvolut diverser Dokumente/Screenshots an das Bundesverwaltungsgericht.römisch eins.14. Mit Dokumentenvorlage vom 26.08.2024 übermittelte der Beschwerdeführer ein Konvolut diverser Dokumente/Screenshots an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.      Feststellungenrömisch II.      Feststellungen

II.1.   Person des Beschwerdeführersrömisch II.1.   Person des Beschwerdeführers

II.1.1. Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Er ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islams. Seine Muttersprache ist Arabisch.römisch II.1.1. Der Beschwerdeführer trägt den Namen römisch 40 und führt das Geburtsdatum römisch 40 . Er ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islams. Seine Muttersprache ist Arabisch.

II.1.2. Der Beschwerdeführer ist im Dorf XXXX (auch: XXXX ), Distrikt Qamishli, Gouvernement Al-Hasakah geboren, wo er auch aufwuchs. Frühestens seit dem Jahr 2004 arbeitete der Beschwerdeführer im Libanon und kehrte regelmäßig in das Dorf XXXX zurück. Im Februar 2021 kehrte er aus dem Libanon in das Dorf XXXX zurück, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Dezember 2022 lebte.römisch II.1.2. Der Beschwerdeführer ist im Dorf römisch 40 (auch: römisch 40 ), Distrikt Qamishli, Gouvernement Al-Hasakah geboren, wo er auch aufwuchs. Frühestens seit dem Jahr 2004 arbeitete der Beschwerdeführer im Libanon und kehrte regelmäßig in das Dorf römisch 40 zurück. Im Februar 2021 kehrte er aus dem Libanon in das Dorf römisch 40 zurück, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Dezember 2022 lebte.

II.1.3. Der Beschwerdeführer besuchte zwölf Jahre lang eine Schule und schloss diese mit Matura ab. Anschließend arbeitete als Maler und Anstreicher.römisch II.1.3. Der Beschwerdeführer besuchte zwölf Jahre lang eine Schule und schloss diese mit Matura ab. Anschließend arbeitete als Maler und Anstreicher.

II.1.4. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat fünf Kinder, wobei die Tochter des Beschwerdeführers im Mai 2023 verstorben ist. Seine Frau wohnt zusammen mit den gemeinsamen vier Söhnen weiterhin im Dorf XXXX in Syrien; dort sind auch die Eltern und drei Brüder des Beschwerdeführers aufhältig. Der Beschwerdeführer hat zudem zwei Brüder in Deutschland sowie drei Brüder und eine Schwester in Österreich.römisch II.1.4. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat fünf Kinder, wobei die Tochter des Beschwerdeführers im Mai 2023 verstorben ist. Seine Frau wohnt zusammen mit den gemeinsamen vier Söhnen weiterhin im Dorf römisch 40 in Syrien; dort sind auch die Eltern und drei Brüder des Beschwerdeführers aufhältig. Der Beschwerdeführer hat zudem zwei Brüder in Deutschland sowie drei Brüder und eine Schwester in Österreich.

II.1.5. Der Beschwerdeführer leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer mittelgradig depressiven Episode, ansonsten ist er gesund. Er ist in Österreich unbescholten.römisch II.1.5. Der Beschwerdeführer leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer mittelgradig depressiven Episode, ansonsten ist er gesund. Er ist in Österreich unbescholten.

II.1.6. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers, sprich das Dorf XXXX und dessen Umgebung, steht seit dem Jahr 2014 durchgehend unter der Kontrolle der kurdischen Milizen. In der Stadt Qamishli finden sich kleine Enklaven der syrischen Regierung um den Flughafen, im Zentrum der Stadt sowie dem südlichen Stadtteil Al-Zunud.römisch II.1.6. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers, sprich das Dorf römisch 40 und dessen Umgebung, steht seit dem Jahr 2014 durchgehend unter der Kontrolle der kurdischen Milizen. In der Stadt Qamishli finden sich kleine Enklaven der syrischen Regierung um den Flughafen, im Zentrum der Stadt sowie dem südlichen Stadtteil Al-Zunud.

II.2.   Fluchtgründe des Beschwerdeführersrömisch II.2.   Fluchtgründe des Beschwerdeführers

II.2.1.  Der – aktuell XXXX Jahre alte – Beschwerdeführer absolvierte von XXXX bis XXXX den Pflichtwehrdienst bei der syrischen Armee. Er war der Einheit XXXX , Kaserne XXXX , als Koch zugeteilt. Im Rahmen seines Wehrdienstes erwarb der Beschwerdeführer keine speziellen Fähigkeiten und/oder spezielles Wissen und beteiligte sich an keinen Kriegshandlungen. Er verließ das Militär im Rang eines einfachen Soldaten und war seit der Beendigung des Militärdienstes nicht mehr für die syrische Armee tätig.römisch II.2.1.  Der – aktuell römisch 40 Jahre alte – Beschwerdeführer absolvierte von römisch 40 bis römisch 40 den Pflichtwehrdienst bei der syrischen Armee. Er war der Einheit römisch 40 , Kaserne römisch 40 , als Koch zugeteilt. Im Rahmen seines Wehrdienstes erwarb der Beschwerdeführer keine speziellen Fähigkeiten und/oder spezielles Wissen und beteiligte sich an keinen Kriegshandlungen. Er verließ das Militär im Rang eines einfachen Soldaten und war seit der Beendigung des Militärdienstes nicht mehr für die syrische Armee tätig.

Der Beschwerdeführer wurde bisher weder zum Reservedienst einberufen, noch wurde er zu einer Strafe wegen des Fernbleibens vom Reservedienst verurteilt.

Für den Beschwerdeführer besteht in seiner Herkunftsregion auch zukünftig nicht die Gefahr, als Reservist eingezogen zu werden.

II.2.2. Der Beschwerdeführer kann über den von den kurdischen Sicherheitskräften gehaltenen Grenzübergang Semalka - Faysh Khabur nach Syrien ein- und weiter durch das Selbstverwaltungsgebiet zu seiner Herkunftsregion reisen, ohne mit dem syrischen Regime in Kontakt treten zu müssen.römisch II.2.2. Der Beschwerdeführer kann über den von den kurdischen Sicherheitskräften gehaltenen Grenzübergang Semalka - Faysh Khabur nach Syrien ein- und weiter durch das Selbstverwaltungsgebiet zu seiner Herkunftsregion reisen, ohne mit dem syrischen Regime in Kontakt treten zu müssen.

II.2.3. Der Beschwerdeführer wurde in Syrien nicht wegen Feindseligkeit gegen das syrische Regime verurteilt und sein Haus im Dorf XXXX nicht seitens des syrischen Regimes beschlagnahmt.römisch II.2.3. Der Beschwerdeführer wurde in Syrien nicht wegen Feindseligkeit gegen das syrische Regime verurteilt und sein Haus im Dorf römisch 40 nicht seitens des syrischen Regimes beschlagnahmt.

Dem Beschwerdeführer droht in seiner Herkunftsregion wegen der Teilnahme an regimekritischen Kundgebungen in Österreich keine integritätsbedrohende Handlung oder Maßnahme durch das syrische Regime.

Der Beschwerdeführer weist keine verinnerlichte politische Überzeugung gegen das syrische Regime auf; es wird ihm vom syrischen Regime auch keine oppositionelle Gesinnung unterstellt.

II.2.4. Der Beschwerdeführer hat in seiner Herkunftsregion wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien und seiner Asylantragstellung in Österreich keine lebensbedrohliche oder seine körperliche oder geistige Integrität beeinträchtigende Gefahr durch das syrische Regime zu erwarten.römisch II.2.4. Der Beschwerdeführer hat in seiner Herkunftsregion wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien und seiner Asylantragstellung in Österreich keine lebensbedrohliche oder seine körperliche oder geistige Integrität beeinträchtigende Gefahr durch das syrische Regime zu erwarten.

II.2.5.  Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass gegen den Beschwerdeführer in seiner Herkunftsregion persönlich eine integritätsbedrohende Handlung oder Maßnahme, insbesondere wegen seines Geschlechts, seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung, gesetzt wurde oder eine solche Handlung oder Maßnahme unmittelbar bevorstand oder er eine solche Bedrohung bei einer Rückkehr durch den syrischen Staat oder sonstige Akteuren zu vergegenwärtigen hätte.römisch II.2.5.  Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass gegen den Beschwerdeführer in seiner Herkunftsregion persönlich eine integritätsbedrohende Handlung oder Maßnahme, insbesondere wegen seines Geschlechts, seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung, gesetzt wurde oder eine solche Handlung oder Maßnahme unmittelbar bevorstand oder er eine solche Bedrohung bei einer Rückkehr durch den syrischen Staat oder sonstige Akteuren zu vergegenwärtigen hätte.

II.3.   Situation im Herkunftsstaatrömisch II.3.   Situation im Herkunftsstaat

II.3.1. Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatdendokumentation vom 27.03.2024 – eingebracht vom Bundesverwaltungsgericht mit Parteiengehör vom 05.07.2024römisch II.3.1. Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatdendokumentation vom 27.03.2024 – eingebracht vom Bundesverwaltungsgericht mit Parteiengehör vom 05.07.2024

„[…]

3.       Politische Lage

Letzte Änderung: 08.03.2024

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/document/2089904.html, Zugriff 23.6.2023

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 23.6.2023

?        Alaraby - New Arab, the (31.5.2023): Why Syria's Kurds and Hayat Tahrir al-Sham are offering to host refugees, https://www.newarab.com/analysis/why-syrias-kurds-and-hts-are-offering-host-refugees, Zugriff 28.6.2023

?        Brookings (27.1.2023): Syria’s dissolving line between state and nonstate actors, https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2023/01/27/syrias-dissolving-line-between-state-and-nonstate-actors/, Zugriff 27.6.2023

?        CMEC - Carnegie Middle East Center (16.5.2023): An Inauspicious Return, https://carnegie-mec.org/diwan/89762, Zugriff 23.6.2023

?        FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2022 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2088564.html, Zugriff 23.6.2023

?        HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103131.html, Zugriff 22.1.2024

?        IPS - Inter Press Service (20.5.2022): What the Russian Invasion Means for Syria, https://www.ipsnews.net/2022/05/russian-invasion-means-syria/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=russian-invasion-means-syria, Zugriff 27.6.2023

?        SOHR - The Syrian Observatory For Human Rights (7.5.2023): Assad will demand high price for return of refugees, https://www.syriahr.com/en/298175/, Zugriff 23.6.2023

?        Spiegel, Der (29.8.2016): Die Fakten zum Krieg in Syrien, https://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-alle-wichtigen-fakten-erklaert-endlich-verstaendlich-a-1057039.html#sponfakt=1, Zugriff 23.6.2023

?        USIP - United States Institute for Peace (14.3.2023): Syria’s Stalemate Has Only Benefitted Assad and His Backers, https://www.usip.org/publications/2023/03/syrias-stalemate-has-only-benefitted-assad-and-his-backers, Zugriff 27.6.2023

?        Wilson - Wilson Center (6.6.2023): Syria and the Arab League, https://www.wilsoncenter.org/blog-post/syria-and-arab-league, Zugriff 23.6.2023

3.3      Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung: 08.03.2024

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).

Anmerkung: s. die entsprechenden Unterkapitel des Kapitels Sicherheitslage zum Frontverlauf in Nordsyrien sowie zur Vorgehensweise der Türkei.

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024

?        AAA - Asharq Al-Awsat (24.6.2023): Syria: AANES Issues Warning Regarding Outcomes of ‘Astana Meetings’, https://english.aawsat.com/arab-world/4399071-syria-aanes-issues-warning-regarding-outcomes-%E2%80%98astana-meetings%E2%80%99, Zugriff 28.6.2023

?        Alaraby - New Arab, the (31.5.2023): Why Syria's Kurds and Hayat Tahrir al-Sham are offering to host refugees, https://www.newarab.com/analysis/why-syrias-kurds-and-hts-are-offering-host-refugees, Zugriff 28.6.2023

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?        ICG - International Crisis Group (18.11.2021): Syria: Shoring Up Raqqa’s Shaky Recovery, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064234/229-raqqas-shaky-recovery.pdf, Zugriff 29.6.2023

?        K24 - Kurdistan 24 (22.1.2023): Syrian Kurds deny stealing oil and wheat, https://www.kurdistan24.net/en/story/30513-Syrian-Kurds-deny-stealing-oil-and-wheat, Zugriff 28.6.2023

?        K24 - Kurdistan 24 (6.9.2018): New administration formed for northeastern Syria, https://www.kurdistan24.net/en/news/c9e03dab-6265-4a9a-91ee-ea8d2a93c657, Zugriff 28.6.2023

?        KAS - Konrad Adenauer Stiftung (4.12.2018): Zwischen den Fronten - Die Kurden in Syrien, https://www.kas.de/web/die-politische-meinung/artikel/detail/-/content/zwischen-den-fronten-1, Zugriff 28.6.2023

?        MEI - Middle East Institute (26.4.2022): Divided Syria: An exa

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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