Entscheidungsdatum
23.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W278 2285388-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , alias: XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.09.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , alias: römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.01.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.09.2024, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 02.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 03.10.2022 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch die Erstbefragung des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Im Nachgang legte der BF seinen syrischen Personalausweis [auch genannt: ID-Card] im Original vor.
Am 26.04.2023 übermittelte die Landespolizeidirektion Steiermark einen Untersuchungsbericht, aus dem hervorgeht, dass es sich beim vorgelegten syrischen Personalausweis nach derzeitigem Wissensstand um ein Originaldokument handle.
Die Volksanwaltschaft regte aufgrund einer Beschwerde des BF in einem Schreiben an den Bundesminister für Inneres vom 17.08.2023 an, das Verfahren so zügig wie möglich zum Abschluss zu bringen, nachdem seit der Antragstellung bis 01.08.2023 keine weiteren sichtbaren Verfahrensschritte gesetzt worden seien.
Am 19.09.2023 erfolgte schließlich unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder BFA) und legte der BF Dokumente zum Nachweis seiner Integration vor.
Aufgrund der Vorlage des für unbedenklich befundenen Personalausweises wurde das Geburtsdatum des BF in Übereinstimmung mit seinen Angaben korrigiert.
Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 03.01.2024 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der BF zwar unzweifelhaft wehrpflichtig für den Militärdienst des syrischen Regimes sei, er jedoch bis zur Ausreise nicht im Regimegebiet gelebt habe. Zudem könne sich der BF durch Zahlung eines Wehrersatzgeldes von der Wehrpflicht freikaufen. Der BF sei weder politisch aktiv gewesen, noch habe er an Demonstrationen teilgenommen. Glaubhaft und plausibel sei hingegen, dass er sein Heimatland aufgrund der allgemein schlechten Sicherheits- und Versorgungslage verlassen habe. Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Syrien sei dem BF subsidiärer Schutz zuzuerkennen.Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 03.01.2024 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.). Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der BF zwar unzweifelhaft wehrpflichtig für den Militärdienst des syrischen Regimes sei, er jedoch bis zur Ausreise nicht im Regimegebiet gelebt habe. Zudem könne sich der BF durch Zahlung eines Wehrersatzgeldes von der Wehrpflicht freikaufen. Der BF sei weder politisch aktiv gewesen, noch habe er an Demonstrationen teilgenommen. Glaubhaft und plausibel sei hingegen, dass er sein Heimatland aufgrund der allgemein schlechten Sicherheits- und Versorgungslage verlassen habe. Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Syrien sei dem BF subsidiärer Schutz zuzuerkennen.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF am 25.01.2024 fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mangelhafter Beweiswürdigung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen und führte ergänzend aus, dass er im Jahr 2013 und 2014 an zwei Demonstrationen in Syrien teilgenommen habe, dies könne er jedoch nicht belegen. Da er den Pflichtwehrdienst noch nicht abgeleistet habe, drohe ihm im Falle einer Rückkehr die Einberufung zum Wehrdienst in der syrischen Armee und werde er sich bei der Ableistung an Kriegsverbrechen beteiligen müssen, ein Freikauf komme für ihn nicht in Frage. Zudem werde ihm aufgrund seiner illegalen Ausreise, der Flucht nach Europa und der Asylantragstellung seitens der syrischen Regierung eine feindliche politische Gesinnung unterstellt. In der letzten Aufenthaltsregion sei die HTS an der Macht, auch vor dieser sei der BF geflüchtet, da er aus innerer Überzeugung nicht kämpfen wolle. Die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt und eine mangelhafte Beweiswürdigung vorgenommen. Die von der Behörde zugrunde gelegten Länderberichte seien mangelhaft, teilweise unvollständig und habe das Bundesamt eigenes Amtswissen außer Acht gelassen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des Asylberechtigten zuerkennen müssen. Beantragt wurde unter anderem die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der BF am 25.01.2024 fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mangelhafter Beweiswürdigung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen und führte ergänzend aus, dass er im Jahr 2013 und 2014 an zwei Demonstrationen in Syrien teilgenommen habe, dies könne er jedoch nicht belegen. Da er den Pflichtwehrdienst noch nicht abgeleistet habe, drohe ihm im Falle einer Rückkehr die Einberufung zum Wehrdienst in der syrischen Armee und werde er sich bei der Ableistung an Kriegsverbrechen beteiligen müssen, ein Freikauf komme für ihn nicht in Frage. Zudem werde ihm aufgrund seiner illegalen Ausreise, der Flucht nach Europa und der Asylantragstellung seitens der syrischen Regierung eine feindliche politische Gesinnung unterstellt. In der letzten Aufenthaltsregion sei die HTS an der Macht, auch vor dieser sei der BF geflüchtet, da er aus innerer Überzeugung nicht kämpfen wolle. Die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt und eine mangelhafte Beweiswürdigung vorgenommen. Die von der Behörde zugrunde gelegten Länderberichte seien mangelhaft, teilweise unvollständig und habe das Bundesamt eigenes Amtswissen außer Acht gelassen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde dem BF gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des Asylberechtigten zuerkennen müssen. Beantragt wurde unter anderem die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Die Beschwerdevorlage vom 26.01.2024 und der Verwaltungsakt langten bei der Gerichtsabteilung W278 des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge: BVwG) am 29.01.2024 ein.
Am 04.09.2024 fand vor dem BVwG in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch, des BF und seiner Vertreterin eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der BF ausführlich zu seinen persönlichen Lebensumständen und seinen Fluchtgründen befragt wurde. Das Bundesamt verzichtete mit Schreiben vom 13.08.2024 auf die Teilnahme an der Verhandlung. Im Zuge der Verhandlung wurden dem BF und seiner Vertretung die herangezogenen Länderberichte, darunter die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11 vom 27.03.2024, der EUAA-Leitfaden vom April 2024 sowie weitere relevante Berichte zur Kenntnis gebracht. Die Vertretung des BF gab diesbezüglich gegen Ende der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme zu Protokoll. Im Zuge der Verhandlung legte der BF zwei Fotos vor, die ihn als Teilnehmer von zwei Demonstrationen in Wien zeigen. Nach Aufforderung durch den Richter legte er zudem digitale Fotos seines Kimliks und jener seiner Familienangehörigen vor. Einsicht genommen wurde auch in den „Facebookaccount“ des BF.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige BF führt den im Spruch genannten Namen und das Geburtsdatum. Seine Identität steht fest. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Erstsprache ist Arabisch. Der BF ist ledig und kinderlos.
Der BF wurde in XXXX , im Stadtteil XXXX der Stadt Aleppo im gleichnamigen Gouvernement in Syrien geboren und ist dort aufgewachsen, er hat dort die Schule besucht. Wegen der zunehmenden Kampfhandlungen zog die Familie im Jahr 2011 in das Dorf XXXX (auch protokolliert unter der Schreibweise: XXXX ) westlich der Stadt. Von dort stammt der Vater des BF. Die Brüder des Vaters leben mit ihren Familien unverändert in diesem Ort. In XXXX lebte der BF sechs Jahre und neun Monate bis zur Ausreise und war dort erwerbstätig. Fest steht, dass der BF aus seinem ursprünglichen Herkunftsort vertrieben wurde, er konnte im neuen Aufenthaltsort durch familiären Anschluss und Erwerbstätigkeit Fuß fassen. XXXX in Aleppo-Land ist die Herkunftsregion des BF. Von dort reiste er zu Beginn des Jahres 2018 in die Türkei aus, wo er bis 2022 in Istanbul lebte. In der Folge reiste der BF schlepperunterstützt über Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich.Der BF wurde in römisch 40 , im Stadtteil römisch 40 der Stadt Aleppo im gleichnamigen Gouvernement in Syrien geboren und ist dort aufgewachsen, er hat dort die Schule besucht. Wegen der zunehmenden Kampfhandlungen zog die Familie im Jahr 2011 in das Dorf römisch 40 (auch protokolliert unter der Schreibweise: römisch 40 ) westlich der Stadt. Von dort stammt der Vater des BF. Die Brüder des Vaters leben mit ihren Familien unverändert in diesem Ort. In römisch 40 lebte der BF sechs Jahre und neun Monate bis zur Ausreise und war dort erwerbstätig. Fest steht, dass der BF aus seinem ursprünglichen Herkunftsort vertrieben wurde, er konnte im neuen Aufenthaltsort durch familiären Anschluss und Erwerbstätigkeit Fuß fassen. römisch 40 in Aleppo-Land ist die Herkunftsregion des BF. Von dort reiste er zu Beginn des Jahres 2018 in die Türkei aus, wo er bis 2022 in Istanbul lebte. In der Folge reiste der BF schlepperunterstützt über Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich.
In Aleppo besuchte der BF die Schule bis zur neunten Schulstufe, nach dem Umzug arbeitete er im Baubereich. In der Türkei arbeitete er in einer Kleiderfabrik.
Der Vater des BF ist im Mai 2011 aufgrund einer Erkrankung verstorben. Seine Mutter, der Bruder und vier Schwestern leben in der Türkei, eine Schwester ist dort verheiratet. In XXXX lebt eine weitere, bereits verheiratete Schwester, sowie drei Onkel väterlicherseits des BF. Mit seiner Familie steht der BF in regelmäßigem Kontakt. Der Vater des BF ist im Mai 2011 aufgrund einer Erkrankung verstorben. Seine Mutter, der Bruder und vier Schwestern leben in der Türkei, eine Schwester ist dort verheiratet. In römisch 40 lebt eine weitere, bereits verheiratete Schwester, sowie drei Onkel väterlicherseits des BF. Mit seiner Familie steht der BF in regelmäßigem Kontakt.
Das Gouvernement Aleppo ist in Hinblick auf die Kontrollsituation stark unterteilt. Der südliche Teil und die Hauptstadt stehen unter der Kontrolle des syrischen Regimes (GoS). Der Nordwesten und Norden entlang der türkischen Grenze und nördlich des Gouvernements Idlib steht unter der Kontrolle der Syrian National Army (SNA), dies sind auch die Gebiete der Operationen „Euphrates Shields“ und „Olive Branch“. Der Nordosten wird von kurdischen Einheiten kontrolliert, einige Gebiete befinden sich auch unter geteilter Kontrolle der Syrian Democratic Forces (SDF) bzw. den Streitkräften der Volksverteidigungseinheiten (YPG) und des syrischen Regimes. Ein kleiner Teil im Westen an der Grenze zu Idlib, in dem auch der Herkunftsort XXXX liegt, steht unter der Kontrolle von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS).Das Gouvernement Aleppo ist in Hinblick auf die Kontrollsituation stark unterteilt. Der südliche Teil und die Hauptstadt stehen unter der Kontrolle des syrischen Regimes (GoS). Der Nordwesten und Norden entlang der türkischen Grenze und nördlich des Gouvernements Idlib steht unter der Kontrolle der Syrian National Army (SNA), dies sind auch die Gebiete der Operationen „Euphrates Shields“ und „Olive Branch“. Der Nordosten wird von kurdischen Einheiten kontrolliert, einige Gebiete befinden sich auch unter geteilter Kontrolle der Syrian Democratic Forces (SDF) bzw. den Streitkräften der Volksverteidigungseinheiten (YPG) und des syrischen Regimes. Ein kleiner Teil im Westen an der Grenze zu Idlib, in dem auch der Herkunftsort römisch 40 liegt, steht unter der Kontrolle von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS).
In Österreich besucht der BF einen Deutschkurs, er ist derzeit nicht erwerbstätig, hat sich aber im Grundversorgungsquartier für zusätzliche Arbeiten engagiert und geringfügig gearbeitet.
Der in Österreich subsidiär schutzberechtigte BF ist gesund, arbeitsfähig und im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der BF reiste unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 02.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF verließ Syrien wegen der allgemein schlechten Situation und des Bürgerkrieges. Er war in Syrien in der Vergangenheit keiner individuellen Bedrohung bzw. Verfolgung ausgesetzt.
Dem BF droht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Fall seiner Rückkehr nach Syrien keine Verfolgung respektive Zwangsrekrutierung durch andere Konfliktparteien bzw. bewaffnete Gruppierungen, insbesondere nicht durch die Hay'at Tahrir ash-Sham (auch: HTS, vormals: Al Nusra) oder die Syrian National Army (SNA; vormals: FSA).
Es ist auch nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der BF im Fall seiner Rückkehr von der in seiner Herkunftsregion aktiven Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) als politischer Gegner angesehen werden würde.
Der BF war in Syrien nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung geraten. Er hat in Syrien keine Straftaten begangen und wurde nie verhaftet.
Ihm droht bei einer Rückkehr insbesondere keine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen. Es ist nicht glaubwürdig, dass er in Syrien an Demonstrationen teilgenommen hat oder aufgrund der Teilnahme an Kundgebungen in Wien ins Blickfeld des syrischen Regimes geraten ist. Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien, insbesondere in die Herkunftsregion XXXX (Aleppo-Land), ist der BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt, aus den genannten Gründen von der syrischen Regierung mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.Ihm droht bei einer Rückkehr insbesondere keine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen. Es ist nicht glaubwürdig, dass er in Syrien an Demonstrationen teilgenommen hat oder aufgrund der Teilnahme an Kundgebungen in Wien ins Blickfeld des syrischen Regimes geraten ist. Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien, insbesondere in die Herkunftsregion römisch 40 (Aleppo-Land), ist der BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt, aus den genannten Gründen von der syrischen Regierung mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren zum Wehrdienst eingezogen werden. Der im Entscheidungszeitpunkt XXXX jährige BF unterliegt aktuell der Wehrpflicht bei der syrischen Armee. Er hat seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet, da er im Jahr 2011 als Minderjähriger in das Oppositionsgebiet verzog, er ist auch nicht vom Wehrdienst befreit. Der BF hat weder ein Militärbuch ausgestellt bekommen, noch hat ein Rekrutierungsversuch durch die syrische Armee stattgefunden. Der BF hat den Wehrdienst daher nicht verweigert, er hat sich einer möglichen Einberufung durch seinen Verzug in ein Gebiet außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes und seine endgültige Ausreise aus Syrien entzogen.In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren zum Wehrdienst eingezogen werden. Der im Entscheidungszeitpunkt römisch 40 jährige BF unterliegt aktuell der Wehrpflicht bei der syrischen Armee. Er hat seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet, da er im Jahr 2011 als Minderjähriger in das Oppositionsgebiet verzog, er ist auch nicht vom Wehrdienst befreit. Der BF hat weder ein Militärbuch ausgestellt bekommen, noch hat ein Rekrutierungsversuch durch die syrische Armee stattgefunden. Der BF hat den Wehrdienst daher nicht verweigert, er hat sich einer möglichen Einberufung durch seinen Verzug in ein Gebiet außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes und seine endgültige Ausreise aus Syrien entzogen.
Das syrische Regime kann in jenen Teilen der Provinz Aleppo, welche sich unter der Kontrolle von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) oder sonstigen oppositionellen Gruppierungen befinden, keine Personen zum Militärdienst einberufen, da es keinen Zugriff auf die dort lebende Bevölkerung hat. Die Herkunftsregion des BF ist zudem ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar. Im gegenwärtigen Zeitpunkt drohen dem BF daher im Fall der (hypothetischen) Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht die zwangsweise Rekrutierung durch die syrischen Streitkräfte bzw. Verfolgungshandlungen seitens des syrischen Regimes.
Der BF will seinen Wehrdienst nicht ableisten, um sich nicht den Gefahren auszusetzen, die die Ableistung des Militärdienstes im Kontext eines bewaffneten Konflikts mit sich bringt.
Der BF verfügt über keine verinnerlichte oppositionelle Haltung der syrischen Regierung gegenüber und konnte auch eine Ablehnung jeglicher militärischen Gewalt oder der Methoden der syrischen Behörden nicht glaubhaft vorbringen. Die syrischen Behörden unterstellen nicht sämtlichen Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, eine oppositionelle politische Gesinnung. Auch dem BF würde mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Der BF hat keine als oppositionell anzusehenden Handlungen gesetzt, die ihn ins Blickfeld des syrischen Regimes gebracht haben. So war der BF in Syrien bzw. im Ausland nicht nachhaltig politisch aktiv oder außenwirksam tätig und nie Mitglied einer oppositionellen Gruppierung. Er hat in Syrien keine Straftaten begangen und hatte keine Probleme mit den syrischen Behörden. Weder wurde in Syrien nach ihm gefahndet, noch wurde er festgenommen oder inhaftiert.
Der BF ist im Falle der Rückkehr nach Syrien auch nicht aufgrund seiner Herkunft aus einem oppositionell besetzen Gebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr ausgesetzt, von der syrischen Regierung oder anderen Konfliktparteien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
Der BF ist wegen seiner Ausreise aus Syrien, wegen seines Aufenthalts in Österreich oder wegen seiner Asylantragstellung in Syrien keinen psychischen oder physischen Eingriffen in seine körperliche Integrität ausgesetzt. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist und der im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Ebenso wenig droht dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr aufgrund seiner Eigenschaft als sunnitischer Araber.
Es wird festgestellt, dass der BF im Fall einer fiktiven Rückkehr nach Syrien aus Gründen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter keiner konkreten Verfolgungsgefährdung oder der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden, ausgesetzt ist.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den aktuellen Länderinformationen der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, vom 27.03.2024, wiedergegeben:
„[…]
4. Sicherheitslage
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):
Quelle: UNGeo 1.7.2023 (Stand: 6.2023)
Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Routen eingezeichnet sind, die von syrischen, russischen und amerikanischen Kräften befahren werden. Im Nordosten kommt es dabei zu gemeinsam genutzten Straßen [Anm.: zu den Gebieten mit IS-Präsenz siehe Unterkapitel zu den Regionen]:
Quelle: CC 13.12.2023 (Stand: 30.9.2023)
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).
Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).
Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).
Die folgende Karte zeigt die verschiedenen internationalen Akteure und deren militärische Interessenschwerpunkte in Syrien:
Quelle: Jusoor 30.7.2023
Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).
Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten 'Versöhnungsabkommens'. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023). In Suweida kam es 2020 und 2022 ebenfalls zu Aufständen, immer wieder auch zu Sicherheitsvorfällen mit Milizen, kriminellen Banden und Drogenhändlern. Dies führte immer wieder zu Militäroperationen und schließlich im August 2023 zu größeren Protesten (CC 13.12.2023). Die Proteste weiteten sich nach Daraa aus. Die Demonstranten in beiden Provinzen forderten bessere Lebensbedingungen und den Sturz Assads (Enab 20.8.2023).
Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).
Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nicht-identifzierte Akteure (SNHR 1.5.2023).
Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS)
Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Als sein Nachfolger wurde Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi ernannt (EUAA 9.2022; vgl. DS 10.3.2022). Am 30.11.2022 bestätigte die Dschihadistenmiliz den Tod von Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (BAMF 6.12.2022; vgl. CNN 30.11.2022). Das Oberkommando der US-Streitkräfte in der Region bestätigte, dass al-Quraishi Mitte Oktober 2022 bei einer Operation von syrischen Rebellen in der südlichen syrischen Provinz Dara’a getötet wurde (BAMF 6.12.2022). Der IS ernannte Abu al-Husain al-Husaini al-Quraishi zu seinem Nachfolger (CNN 30.11.2022; vgl. BAMF 6.12.2022). Im August 2023 wurde dieser bei Kampfhandlungen mit der HTS getötet und der IS musste zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren einen neuen Führer ernennen. Als Nachfolger wurde Abu Hafs al-Hashimi al-Qurayshi eingesetzt (WSJ 3.8.2023). Die Anit-Terror-Koalition unter der Führung der USA gibt an, dass 98 Prozent des Gebiets, das der IS einst in Syrien und Irak kontrollierte, wieder unter Kontrolle der irakischen Streitkräfte bzw. der SDF sind (CFR 24.1.2024). Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Als sein Nachfolger wurde Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi ernannt (EUAA 9.2022; vergleiche DS 10.3.2022). Am 30.11.2022 bestätigte die Dschihadistenmiliz den Tod von Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (BAMF 6.12.2022; vergleiche CNN 30.11.2022). Das Oberkommando der US-Streitkräfte in der Region bestätigte, dass al-Quraishi Mitte Oktober 2022 bei einer Operation von syrischen Rebellen in der südlichen syrischen Provinz Dara’a getötet wurde (BAMF 6.12.2022). Der IS ernannte Abu al-Husain al-Husaini al-Quraishi zu seinem Nachfolger (CNN 30.11.2022; vergleiche BAMF 6.12.2022). Im August 2023 wurde dieser bei Kampfhandlungen mit der HTS getötet und der IS musste zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren einen neuen Führer ernennen. Als Nachfolger wurde Abu Hafs al-Hashimi al-Qurayshi eingesetzt (WSJ 3.8.2023). Die Anit-Terror-Koalition unter der Führung der USA gibt an, dass 98 Prozent des Gebiets, das der IS einst in Syrien und Irak kontrollierte, wieder unter Kontrolle der irakischen Streitkräfte bzw. der SDF sind (CFR 24.1.2024).
Der Sicherheitsrat der VN schätzt die Stärke der Gruppe auf 6.000 bis 10.000 Kämpfer in ganz Syrien und im Irak, wobei die operativen Führer der Gruppe hauptsächlich in Syrien stationiert sind (EUAA 9.2022). Die Terrororganisation IS kann in Syrien selbst in ihren Rückzugsgebieten im syrisch-irakischen Grenzgebiet sowie in Zentralsyrien weiterhin keine territoriale Kontrolle mehr ausüben. Mit mehreren Tausend Kämpfern sowie deren Angehörigen, die sich in Gefängnissen und Lagern in Nordostsyrien in Gewahrsam der SDF befinden, sowie einer vermutlich dreistelligen Zahl von im Untergrund aktiven Kämpfern bleibt der IS jedoch ein relevanter asymmetrischer Akteur (AA 2.2.2024). Nach dem Verlust der territorialen Kontrolle verlagerte der IS seine Strategie hin zu aufständischen Methoden, wie gezielte Angriffe, u.a. Autobomben, Überfälle und Attentate (DIS 29.6.2020). Der IS verübte immer wieder Angriffe und Anschläge, insbesondere auf Einheiten der SDF im Nordosten sowie auf Truppen des Regimes in Zentralsyrien (AA 2.2.2024). IS-Kämpfer sind in der Wüste von Deir ez-Zor, Palmyra und Al-Sukhna stationiert und konzentrieren ihre Angriffe auf Deir ez-Zor, das Umland von Homs, Hasakah, Aleppo, Hama und Raqqa (NPA 15.5.2023). In der ersten Jahreshälfte 2023 wurde von 552 Todesopfer durch Angriffe des IS berichtet (NPA 8.7.2023).
Trotz der starken Präsenz syrischer und russischer Streitkräfte in Südsyrien sind mit dem IS verbundene Kämpfer in der Region aktiv und das syrische Regime ist derzeit nicht in der Lage, IS-Aktivisten in Gebieten zurückzudrängen, die vollständig unter der Kontrolle der Regierung stehen (VOA 24.10.2022). Der IS ist im Regimegebiet stärker, weil die syrische Armee weniger kompetent bei Anti-Terror-Operationen auftritt als die SDF (Zenith 11.2.2022). Nach Angaben der International Crisis Group verübten IS-Zellen Ende 2021 durchschnittlich zehn bis 15 Angriffe auf die Regierungsstreitkräfte pro Monat, die meisten davon im Osten von Homs und im ländlichen westlichen Deir Ez-Zour. Dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2022 fort (EUAA 9.2022). Mitte 2020 gehörten zu den Zielpersonen des IS vor allem lokale Behörden und Personen, die mit den Behörden, Kräften und Gruppen, die gegen den IS kämpfen, zusammenarbeiten oder als mit ihnen kooperierend wahrgenommen werden (DIS 29.6.2020). Der IS profitierte auch von einem Sicherheitsvakuum, das dadurch entstand, dass die verschiedenen militärischen Kräfte ihre Aktivitäten aufgrund der COVID-19-Pandemie reduzierten (USDOS 30.3.2021).
Zivile Todesopfer landesweit
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London (SOHR), verzeichnete für das Jahr 2023 mit 4.361 getöteten Personen die höchste Todesopferzahl in drei Jahren. Darunter zählten sie 1.889 ZivilistInnen, darunter 307 Kinder und 241 Frauen (SOHR 31.12.2023).
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Das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) dokumentierte im Zeitraum 1.1.2021 bis 30.6.2023 in den syrischen Gouvernements die folgende Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen mit mindestens einem Todesopfer sowie Todesopfern. Demnach kamen im Jahr 2022 5.949 Menschen ums Leben und im ersten Halbjahr 2023 2.796 Personen (Darstellung der Staatendokumentation basierend auf Daten von ACLED):
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Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden (AA 29.11.2021).
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Quellen: […]
4.1. "Versöhnungsabkommen" (auch "Beilegungsabkommen")
Die syrischen Behörden nutzen sogenannte "reconciliation agreements" [in anderen Quellen auch als "settlement agreements" - Beilegungsabkommen - bezeichnet] seit Beginn des Konfliktes (NMFA 5.2022). Die Evakuierung der von Rebellen gehaltenen Gemeinde Daraya im August 2016 markierte dabei einen Wendepunkt in der Nutzung von Versöhnungsabkommen durch die syrische Regierung als Strategie zur Rückeroberung der von Rebellen gehaltenen Gebiete. Bis zur Vereinbarung in Daraya waren in verschiedenen Gemeinden in ganz Syrien örtlich begrenzte Waffenstillstände eingesetzt worden. Sowohl die lokalen Waffenstillstände als auch die Versöhnungsvereinbarungen sind eine militärische Strategie, mit der Rebellengebiete entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt zum Einlenken gezwungen werden sollen, um Menschen und Gebiete in den Staat wiedereinzugliedern (MEE 28.3.2018). Das Verfahren ist grundsätzlich für Personen gedacht, die im Sicherheitsapparat aktenkundig sind oder die von den Behörden im Zusammenhang mit einer offenen Angelegenheit gesucht werden. Sowohl Kombattanten als auch Zivilisten können Versöhnungsvereinbarungen unterzeichnen. Es gibt lokale und individuelle Versöhnungsabkommen (NMFA 5.2022).
Lokale Versöhnungsabkommen in ehemaligen Oppositionsgebieten
Die "Versöhnungsprozesse" scheinen ad hoc durchgeführt zu werden, was bedeutet, dass sie variieren und keine eindeutige Beschreibung des Prozesses gegeben werden kann. Für die praktische Umsetzung der Vereinbarungen ist ein "Versöhnungsausschuss" zuständig. Dieses Gremium ist kein Gericht. Es gibt kein materiell-rechtliches Verfahren und das Justizministerium ist nicht beteiligt. Das Ergebnis ist kein Urteil, sondern eine Sicherheitserklärung