Entscheidungsdatum
27.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W217 2294604-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle XXXX vom 08.05.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.08.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 alias römisch 40 geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle römisch 40 vom 08.05.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.08.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 15.10.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er aus, dass in Syrien Krieg herrsche und er vom Regime unter Druck gesetzt worden sei, weil er nicht bei der Präsidentenwahl teilgenommen habe. Seine Frau habe eine Fehlgeburt erlitten, weil sein Haus mit einer Granate gezielt angegriffen worden sei und es davor Drohungen gegeben habe.
2. Am 05.03.2024 wurde der Beschwerdeführer von der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), niederschriftlich einvernommen.
Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, in XXXX geboren zu sein und zuletzt in der Ortschaft XXXX gewohnt zu haben. Er gab zusammengefasst zu den Gründen seiner Flucht an, im Jahr 2017, als er studiert habe, inhaftiert worden zu sein. Er habe sich geweigert, an einem von der Regierung organisierten Marsch teilzunehmen und sei von der Polizei bzw. dem Sicherheitsdienst für drei Tage festgenommen worden. Daraufhin habe er Probleme bei der Ausstellung von Dokumenten gehabt. Er sei auch gekündigt worden, da er sich geweigert habe, sich einer Partei anzuschließen. Weiters werde er gesucht, weil er an Wahlen nicht teilgenommen habe. Er sei auf einer Liste gestanden. Dann sei im Jänner 2021 sein Haus beschossen worden, weil er im Rahmen seiner Arbeit einen Beschluss erlassen habe, welcher dazu geführt habe, dass eine Partei, eine Mafiagruppe, aus einem illegal besetzten Haus ausziehen habe müssen.Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, in römisch 40 geboren zu sein und zuletzt in der Ortschaft römisch 40 gewohnt zu haben. Er gab zusammengefasst zu den Gründen seiner Flucht an, im Jahr 2017, als er studiert habe, inhaftiert worden zu sein. Er habe sich geweigert, an einem von der Regierung organisierten Marsch teilzunehmen und sei von der Polizei bzw. dem Sicherheitsdienst für drei Tage festgenommen worden. Daraufhin habe er Probleme bei der Ausstellung von Dokumenten gehabt. Er sei auch gekündigt worden, da er sich geweigert habe, sich einer Partei anzuschließen. Weiters werde er gesucht, weil er an Wahlen nicht teilgenommen habe. Er sei auf einer Liste gestanden. Dann sei im Jänner 2021 sein Haus beschossen worden, weil er im Rahmen seiner Arbeit einen Beschluss erlassen habe, welcher dazu geführt habe, dass eine Partei, eine Mafiagruppe, aus einem illegal besetzten Haus ausziehen habe müssen.
Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer einen gültigen syrischen Reisepass und eine Heiratsurkunde samt Übersetzung, jeweils im Original, vor.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die belangte Behörde begründete die Abweisung hinsichtlich des Status des Asylberechtigten im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr keiner asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung durch Privatpersonen, oder dem syrischen Staat ausgesetzt wäre. Dem Beschwerdeführer drohe keine Einziehung zum Militärdienst, da er der einzige Sohn seiner Familie sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Mafia ein großes Interesse an dem Beschwerdeführer habe, zumal der Beschwerdeführer in der Kanzlei lediglich eine assistierende Funktion innegehabt habe. Ein Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sei die nachträgliche Ausstellung eines Reisepasses. Der Beschwerdeführer habe auch nicht nachvollziehbar bekannt gegeben, weshalb er sich trotz der Bombardierung seines Hauses noch über einen längeren Zeitraum in Syrien aufgehalten habe. Darüber hinaus seien seine Angaben hinsichtlich einer Inhaftierung äußerst vage geblieben. Der Beschwerdeführer habe insgesamt keine individuelle, gegen ihn gerichtete Verfolgung glaubhaft machen können.
4. Das BFA stellte mit Schreiben vom 14.05.2024 dem Beschwerdeführer amtswegig einen Rechtsberater gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG zur Seite.4. Das BFA stellte mit Schreiben vom 14.05.2024 dem Beschwerdeführer amtswegig einen Rechtsberater gem. Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG zur Seite.
5. Mit Schriftsatz vom 06.06.2024 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides. Diese wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass dem Beschwerdeführer eine Verfolgung durch das syrische Regime bzw. oppositionellen Gruppierungen aus politischen Gründen drohe. Dem Beschwerdeführer würde aufgrund seiner Nichtteilnahme am Marsch für die Regierung, welcher für Studenten verpflichtend gewesen sei, aufgrund seiner Nichtteilnahme an der Wahl und aufgrund seiner Asylantragstellung im Ausland sowie seiner Ausreise eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Die syrische Regierung gehe in unmenschlicher Weise gegen Oppositionelle vor. 5. Mit Schriftsatz vom 06.06.2024 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides. Diese wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass dem Beschwerdeführer eine Verfolgung durch das syrische Regime bzw. oppositionellen Gruppierungen aus politischen Gründen drohe. Dem Beschwerdeführer würde aufgrund seiner Nichtteilnahme am Marsch für die Regierung, welcher für Studenten verpflichtend gewesen sei, aufgrund seiner Nichtteilnahme an der Wahl und aufgrund seiner Asylantragstellung im Ausland sowie seiner Ausreise eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Die syrische Regierung gehe in unmenschlicher Weise gegen Oppositionelle vor.
6. Mit Schriftsatz vom 28.06.2024 (eingelangt am 01.07.2024) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
7. Mit Schreiben vom 08.07.2024 wurden der Beschwerdeführer sowie das BFA zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.08.2024 geladen und wurde in den Ladungen darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigt, die Länderberichte gemäß dem „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien, Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024“ als Grundlage für die Feststellungen zur Situation in Syrien heranzuziehen. Es wurde Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme gegeben. Schriftliche Stellungnahmen wurden von keiner der Parteien dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.08.2024 im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers und eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Die belangte Behörde verzichtete auf die Entsendung eines Vertreters. Das Gericht gab bekannt, weitere Länderberichte (s. Punkt 1.3.) in das Verfahren einzubringen und gab Gelegenheit zur Stellungnahme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und ist am XXXX in der Stadt XXXX , konkret im Stadtteil XXXX , im gleichnamigen Gouvernement geboren und aufgewachsen. Er ist 30 Jahre alt. Seine Identität steht fest. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.Der Beschwerdeführer trägt den Namen römisch 40 und ist am römisch 40 in der Stadt römisch 40 , konkret im Stadtteil römisch 40 , im gleichnamigen Gouvernement geboren und aufgewachsen. Er ist 30 Jahre alt. Seine Identität steht fest. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.
Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer besuchte im Stadtteil XXXX der Stadt XXXX die Schule, wo er bis zum Jahr 2013 lebte. Aufgrund von Kriegsunruhen zog der Beschwerdeführer im Jahr 2013 in den Stadtteil XXXX , wo er sich ca. sieben bis acht Monate lang aufhielt. Anschließend zog der Beschwerdeführer in den Stadtteil XXXX der Stadt XXXX , wo er gemeinsam mit seiner Familie in einer Mietwohnung lebte. Der Beschwerdeführer besuchte im Stadtteil römisch 40 der Stadt römisch 40 die Schule, wo er bis zum Jahr 2013 lebte. Aufgrund von Kriegsunruhen zog der Beschwerdeführer im Jahr 2013 in den Stadtteil römisch 40 , wo er sich ca. sieben bis acht Monate lang aufhielt. Anschließend zog der Beschwerdeführer in den Stadtteil römisch 40 der Stadt römisch 40 , wo er gemeinsam mit seiner Familie in einer Mietwohnung lebte.
Der Beschwerdeführer studierte von 2012/2013 bis 2017/ 2018 an der Universität in der Stadt XXXX Rechtswissenschaften bis zum dritten Semester. Er hat das Studium nicht abgeschlossen. Der Beschwerdeführer war von ca. 2015 bis 2017 in einer Baufirma beschäftigt. Von 2017 bis Anfang 2021 arbeitete der Beschwerdeführer in der Rechtsanwaltskanzlei seines Schwiegervaters, welche neben dem Rechtsanwalt selbst drei Mitarbeiter*innen umfasste und sich in der Stadt XXXX befand. Der Beschwerdeführer hatte dabei eine assistierende Funktion inne und war unter anderem für das Zahlen von Rechnungen, Ausdrucken von Verträgen und das Anlegen von Akten zuständig. Der Beschwerdeführer traf im Rahmen seiner Tätigkeit keine rechtlichen Entscheidungen. Der Schwiegervater des Beschwerdeführers ist nach wie vor in Syrien als Anwalt tätig und unterstützt die Ehefrau des Beschwerdeführers finanziell.Der Beschwerdeführer studierte von 2012/2013 bis 2017/ 2018 an der Universität in der Stadt römisch 40 Rechtswissenschaften bis zum dritten Semester. Er hat das Studium nicht abgeschlossen. Der Beschwerdeführer war von ca. 2015 bis 2017 in einer Baufirma beschäftigt. Von 2017 bis Anfang 2021 arbeitete der Beschwerdeführer in der Rechtsanwaltskanzlei seines Schwiegervaters, welche neben dem Rechtsanwalt selbst drei Mitarbeiter*innen umfasste und sich in der Stadt römisch 40 befand. Der Beschwerdeführer hatte dabei eine assistierende Funktion inne und war unter anderem für das Zahlen von Rechnungen, Ausdrucken von Verträgen und das Anlegen von Akten zuständig. Der Beschwerdeführer traf im Rahmen seiner Tätigkeit keine rechtlichen Entscheidungen. Der Schwiegervater des Beschwerdeführers ist nach wie vor in Syrien als Anwalt tätig und unterstützt die Ehefrau des Beschwerdeführers finanziell.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat keine Kinder. Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt in der Stadt XXXX und arbeitet als Lehrerin. Von 2019 bis 2021 lebte sie mit dem Beschwerdeführer gemeinsam; nun lebt sie teilweise bei ihren Eltern und teilweise bei den Eltern des Beschwerdeführers. Die Eltern des Beschwerdeführers leben in der Stadt XXXX , sind Pensionisten und werden finanziell von den zwei Schwestern des Beschwerdeführers, welche auch in Syrien leben, unterstützt. Der Beschwerdeführer ist der einzige Sohn seiner Familie. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat keine Kinder. Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt in der Stadt römisch 40 und arbeitet als Lehrerin. Von 2019 bis 2021 lebte sie mit dem Beschwerdeführer gemeinsam; nun lebt sie teilweise bei ihren Eltern und teilweise bei den Eltern des Beschwerdeführers. Die Eltern des Beschwerdeführers leben in der Stadt römisch 40 , sind Pensionisten und werden finanziell von den zwei Schwestern des Beschwerdeführers, welche auch in Syrien leben, unterstützt. Der Beschwerdeführer ist der einzige Sohn seiner Familie.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist die Stadt XXXX im gleichnamigen Gouvernement. Diese steht unter Kontrolle der syrischen Zentralregierung.Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist die Stadt römisch 40 im gleichnamigen Gouvernement. Diese steht unter Kontrolle der syrischen Zentralregierung.
Im September 2021 reiste der Beschwerdeführer von Syrien in die Türkei aus, wo er sich 11 Monate lang aufhielt und in einer Teppichwaschanlage arbeitete, ehe er sich auf den Weg nach Europa machte, wo er am 15.10.2022 in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer ist gesund und befindet sich im erwerbsfähigen Alter.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich den Status eines subsidiär Schutzberechtigten und es wurde ihm eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Er ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
1.2.1 Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst zur syrischen Armee bisher nicht abgeleistet und wurde nicht aufgefordert, diesen abzuleisten. Er ist grundsätzlich mit seinen 30 Jahren im wehrpflichtigen Alter. Er ist der einzige Sohn seiner Familie und ist damit von der Ableistung des Pflichtwehrdienstes von der syrischen Armee befreit. Er ist somit im Falle seiner Rückkehr nach Syrien in seinen Herkunftsort nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung bzw. Rekrutierung durch das syrische Regime ausgesetzt.
1.2.2 Dem Beschwerdeführer droht aufgrund einer Weigerung an der Teilnahme an einer Demonstration im Jahre 2017 und einer deshalb erfolgten Inhaftierung im Ausmaß von drei Tagen keine Verfolgung seitens der syrischen Regierung und wird diesem auch keine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Der Beschwerdeführer ist nicht politisch aktiv und ist keine politisch exponierte Person. Dem Beschwerdeführer wurde am XXXX in XXXX ein syrischer Reisepass mit der Nummer XXXX , welcher bis XXXX gültig ist, ausgestellt.1.2.2 Dem Beschwerdeführer droht aufgrund einer Weigerung an der Teilnahme an einer Demonstration im Jahre 2017 und einer deshalb erfolgten Inhaftierung im Ausmaß von drei Tagen keine Verfolgung seitens der syrischen Regierung und wird diesem auch keine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Der Beschwerdeführer ist nicht politisch aktiv und ist keine politisch exponierte Person. Dem Beschwerdeführer wurde am römisch 40 in römisch 40 ein syrischer Reisepass mit der Nummer römisch 40 , welcher bis römisch 40 gültig ist, ausgestellt.
1.2.3 Dem Beschwerdeführer droht aufgrund einer Nichtteilnahme an der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 keine Verfolgung seitens der syrischen Regierung und wird diesem auch keine oppositionelle Gesinnung unterstellt. In Syrien gibt es keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen.
1.2.4 Dem Beschwerdeführer droht keine Verfolgung seitens der Shabiha oder anderen regierungstreuen Milizen.
1.2.5 Dem Beschwerdeführer droht keine Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung im Ausland oder einer ihm allfällig unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung.
Der Beschwerdeführer ist im Fall einer Rückkehr nach Syrien aus Gründen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter keiner konkreten Gefährdung ausgesetzt.
1.3 Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat
Dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden zugrunde gelegt:
? (das aktualisierte) Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024 (LIB)
? DIS: Syria. Treatment upon return, Mai 2022
? EASO: Syrien: Lage der Rückkehrer aus dem Ausland, Stand Juni 2022
? EASO: Leitfaden Syrien November 2021
? UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen
1.3.1 Im Folgenden werden zunächst die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024, wiedergegeben:
„Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024). Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
[…]
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba'ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).
Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).
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Sicherheitslage
Letzte Änderung 2024-03-08 11:17
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):
UNGeo 1.7.2023 (Stand: 6.2023)
Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Route