Entscheidungsdatum
25.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L532 2285178-1/9E
L532 2285176-1/6E
L532 2285180-1/9E
L532 2285174-1/7E
L532 2285159-1/6E
L532 2285171-1/6E
L532 2285169-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Georg WILD-NAHODIL als Einzelrichter über die Beschwerden 1) des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. XXXX , 2) der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. XXXX , 3) des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch XXXX als gerichtliche Erwachsenenvertreterin, diese vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. XXXX , 4) des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. XXXX , 5) der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. XXXX , 6) der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. XXXX , und 7) des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch XXXX als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. XXXX , in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.09.2024 und 23.09.2024 zu Recht erkannt: Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Georg WILD-NAHODIL als Einzelrichter über die Beschwerden 1) des römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. römisch 40 , 2) der römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. römisch 40 , 3) des römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch römisch 40 als gerichtliche Erwachsenenvertreterin, diese vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. römisch 40 , 4) des römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. römisch 40 , 5) der römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. römisch 40 , 6) der römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. römisch 40 , und 7) des römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch römisch 40 als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2023, Zl. römisch 40 , in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG 2005 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.09.2024 und 23.09.2024 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer (i.d.F. „BF“ bzw. „BF 1 bis BF 7“) sind türkische Staatsbürger. Der BF 1 und die BF 2 sind verheiratet und die Eltern der übrigen BF. Am 05.08.2023 stellten die BF nach unrechtmäßiger Einreise ins österreichische Bundesgebiet die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
2. Im erstinstanzlichen Gesamtverfahren behaupteten die BF (insoweit sie befragt wurden) eine ethno-politische Verfolgung durch Private.
3. Mit den im Spruch bezeichneten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (i.d.F. „Bundesamt“ oder „bB“) wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde den BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Türkei gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.). Mit Informationsblatt wurde den BF ein Rechtsberater gem. § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. 3. Mit den im Spruch bezeichneten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (i.d.F. „Bundesamt“ oder „bB“) wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde den BF nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) sowie gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Türkei gemäß Paragraph 46, FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt römisch VI.). Mit Informationsblatt wurde den BF ein Rechtsberater gem. Paragraph 52, BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
4. Die im Spruch ausgewiesene Rechtsvertretung brachte rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (i.d.F. „BVwG“) ein.
5. Am 20.09.2024 sowie am 23.09.2024 fanden vor dem BVwG mit Dolmetschern für die Sprachen Kurdisch und Türkisch mündliche Verhandlungen statt. Sämtliche BF mit Ausnahme des BF 3, bei welchem eine Vernehmung aus medizinischen Gründen nicht sinnvoll war, wurden gehört. Inhaltlich wurden die bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegten Fluchtgründe wiederholt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Identitäten der BF stehen fest. Die BF führen die im Spruch ausgewiesenen (und jeweils zugeordneten) Namen und Geburtsdaten, es handelt sich jeweils um türkische Staatsangehörige und Angehörige des kurdischen Volkes. Die BF sind – mit Ausnahme der BF 2, die sich zum christlichen Glauben bekennt – moslemischen Hintergrundes.
Der BF 1 und die BF 2 sind miteinander verheiratet und die Eltern der übrigen BF. Keiner der BF 3 bis BF 7 ist verheiratet oder hat eigene Kinder.
Der BF 1 beherrscht Türkisch in Wort und Schrift, in kurdischer Sprache kann er sich zwar ausdrücken, ist jedoch nicht alphabetisiert. Die BF 2 beherrscht Türkisch weder in Wort noch in Schrift und kann sich zwar auf Kurdisch ausdrücken, ist jedoch ebenfalls nicht alphabetisiert. Der BF 3 kann sich auf Kurdisch ausdrücken. Der BF 4 beherrscht Türkisch mündlich und schriftlich, auf Kurdisch kann er sich ausdrücken und die Schrift lesen, sie jedoch nicht schreiben. Die BF 5 und BF 6 beherrschen Türkisch in Wort und Schrift, Kurdisch nur mündlich. Der BF 7 beherrscht Türkisch in Wort und Schrift, in kurdischer Sprache kann er sich zwar ausdrücken, ist jedoch nicht alphabetisiert.
Bis zur Ausreise im Juli 2023 lebten die BF gemeinsam in Antalya, XXXX , XXXX , XXXX . Sie lebten auf einem Bauernhof, welchen sie zwar bewirtschafteten, der jedoch nicht in ihrem Eigentum stand. Die BF besuchten – mit Ausnahme der BF 2 und des BF 3 – in der Türkei für mehrere Jahre die Schule und erwarben – mit Ausnahme der BF 2, welche sich um den Haushalt und um den BF 3 kümmerte, des BF 3, der gesundheitlich außer Stande war, und des BF 7, bei welchem es sich um einen unmündigen Minderjährigen handelt – Berufserfahrung im Rahmen des familiären landwirtschaftlichen Betriebes. Bis zur Ausreise im Juli 2023 lebten die BF gemeinsam in Antalya, römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 . Sie lebten auf einem Bauernhof, welchen sie zwar bewirtschafteten, der jedoch nicht in ihrem Eigentum stand. Die BF besuchten – mit Ausnahme der BF 2 und des BF 3 – in der Türkei für mehrere Jahre die Schule und erwarben – mit Ausnahme der BF 2, welche sich um den Haushalt und um den BF 3 kümmerte, des BF 3, der gesundheitlich außer Stande war, und des BF 7, bei welchem es sich um einen unmündigen Minderjährigen handelt – Berufserfahrung im Rahmen des familiären landwirtschaftlichen Betriebes.
1.2. Fünf Töchter des BF 1 und der BF 2 (sohin die Schwestern der übrigen BF) leben in der Türkei. Weiters verfügen der BF 1 und die BF 2 über Geschwister im Herkunftsstaat. Die Angehörigen der BF in der Türkei verfügen über ein geregeltes Einkommen aus Erwerbsarbeit, Alterspension oder Alimentierung durch Ehegatten und ist deren Wohnraum gesichert.
1.3. Die BF 1 und BF 4 bis BF 7 sind körperlich und geistig gesund, sie bedürfen keiner Medikation. Die BF 2 leidet an arterieller Hypertonie (Bluthochdruck), der BF 3 leidet an einer mittelgradigen Intelligenzminderung und einer mittelgradigen depressiven Episode. Er nimmt das Medikament Venlafab 37,5mg, ein Antidepressivum, ein.
1.4. Die BF hatten vor ihrer Ausreise keine Nachteile aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, ihres Religionsbekenntnisses, ihres politischen Hintergrundes oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zu gewärtigen. Die BF verließen deren Herkunftsstaat ausschließlich aus wirtschaftlichen Erwägungen sowie, um allfälligen Diskriminierungen zu entgehen.
1.5. Vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat waren die BF auch keiner individuellen Gefährdung oder psychischen und/oder physischen Gewalt durch staatliche Organe oder Privatpersonen ausgesetzt. Den BF droht im Falle einer Rückkehr in deren Herkunftsstaat nicht die Todesstrafe. Ihnen droht auch keine anderweitige individuelle Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie bewaffneten Auseinandersetzungen oder terroristische Anschläge in ihrer Herkunftsregion.
Die BF verließen ihren Herkunftsstaat zunächst legal, indem sie mit einem Flugzeug nach Serbien flogen, und reisten in weiterer Folge illegal und schlepperunterstützt nach Österreich.
Im Fall einer Rückkehr werden sie wiederum in den Familienverband integriert werden.
Istanbul ist (ebenso wie sämtliche andere Regionen der Türkei, insbesondere Antalya) ohne die maßgebliche Wahrscheinlichkeit eintretender sicherheitsrelevanter Vorfälle erreichbar.
1.6. Die BF sind in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaates integriert. In ihrem Herkunftsstaat verfügen die BF über eine gesicherte Existenzgrundlage sowie über familiäre Anknüpfungspunkte in mehreren Landesteilen. Auch haben die BF in der Türkei darüberhinausgehende soziale Anknüpfungspunkte. Die BF werden nach erfolgter Rückkehr Aufnahme im Familienverband finden, die BF 1, BF 2, BF 4, BF 5 und BF 6 werden einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können und werden die BF – sofern sie dies wünschen – zumindest kurzfristig im Familienverband versorgt werden und auch selbsterhaltungsfähig sein. Die BF 1, BF 2, BF 4, BF 5 und BF 6 werden sohin im Stande sein, selbst für deren Lebensunterhalt Sorge zu tragen und die BF 3 und BF 7 zu versorgen. Der BF 7 wird im Rückkehrfall wieder im Stande sein, am türkischen Schulunterricht teilzunehmen.
1.7. Die BF halten sich zumindest seit dem 05.08.2023 in Österreich auf. Sie reisten unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein, sind seither als Asylwerber im Bundesgebiet aufhältig und verfügen über keine anderen Aufenthaltstitel.
Die BF gehen keiner Erwerbstätigkeit nach und beziehen gegenwärtig Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der BF 1 und die BF 2 sowie der BF 3 besuchen keinerlei Schulungen oder vergleichbare Maßnahmen, während die BF 4 bis BF 6 auf der Volkshochschule XXXX am Pflichtschulabschlusslehrgang teilnehmen und der BF 7 die zweite Klasse einer Neuen Mittelschule besucht. Die BF gehen keiner Erwerbstätigkeit nach und beziehen gegenwärtig Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der BF 1 und die BF 2 sowie der BF 3 besuchen keinerlei Schulungen oder vergleichbare Maßnahmen, während die BF 4 bis BF 6 auf der Volkshochschule römisch 40 am Pflichtschulabschlusslehrgang teilnehmen und der BF 7 die zweite Klasse einer Neuen Mittelschule besucht.
Die BF verfügen über keinen maßgeblichen Freundeskreis in Österreich und sind nicht in Vereinen oder ehrenamtlich engagiert. Die BF verfügen allesamt über keine nennenswerten Deutschkenntnisse.
Die BF 4 bis BF 6 führen in Österreich keine Beziehungen.
Über Angehörige in Österreich verfügen die BF nicht. Ein jüngerer Bruder des BF 1 lebt – samt dessen Sohn – in Finnland, ein Sohn des BF 1 und der BF 2 – sohin ein Bruder der restlichen BF – hält sich als Asylwerber in Deutschland auf.
Eine Integration der BF in die österreichische Gesellschaft liegt nicht vor.
1.8. Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet war nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG geduldet. Der Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit zusammenhängenden zivilrechtlichen Ansprüchen notwendig. Die BF wurden nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.1.8. Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet war nie nach Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG geduldet. Der Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit zusammenhängenden zivilrechtlichen Ansprüchen notwendig. Die BF wurden nicht Opfer von Gewalt im Sinn der Paragraphen 382 b, oder 382e EO.
1.9. Zur Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-07 13:54
Die politische Lage in der Türkei war in den letzten Jahren geprägt von den Folgen des Putschversuchs vom 15.7.2016 und den daraufhin ausgerufenen Ausnahmezustand, von einem "Dauerwahlkampf" sowie vom Kampf gegen den Terrorismus. Aktuell steht die Regierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der hohen Anzahl von Flüchtlingen und Migranten unter Druck. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist mit Präsident Erdo?an und der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung - Adalet ve Kalk?nma Partisi (AKP) unzufrieden und nach deren erneutem Sieg bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2023 desillusioniert. Ursache sind v. a. der durch die hohe Inflation verursachte Kaufkraftverlust, welcher durch Lohnzuwächse und von der Regierung im Vorfeld der Wahlen 2023 beschlossene Wahlgeschenke nicht nachhaltig kompensiert werden konnte, die zunehmende Verarmung von Teilen der Bevölkerung, Rückschritte in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die fortschreitende Untergrabung des Laizismus. Insbesondere junge Menschen sind frustriert. Laut einer aktuellen Studie möchten fast 82 % das Land verlassen und im Ausland leben. Während die vorhergehende Regierung keinerlei Schritte unternahm, die Unabhängigkeit der Justizbehörden und eine objektive Ausgabenkontrolle wiederherzustellen, versucht die neue Regierung zumindest im wirtschaftlichen Bereich Reformen durchzuführen, um den Schwierigkeiten zu begegnen. Die Gesellschaft ist – maßgeblich aufgrund der von Präsident Erdo?an verfolgten spaltenden Identitätspolitik – stark polarisiert. Insbesondere die Endphase des Wahlkampfes zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2023 war von gegenseitigen Anschuldigungen und Verbalangriffen und nicht von der Diskussion drängender Probleme geprägt. Selbst die wichtigste gegenwärtige Herausforderung der Türkei, die Bewältigung der Folgen der Erdbebenkatastrophe, trat in den Hintergrund (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 4f.).Die politische Lage in der Türkei war in den letzten Jahren geprägt von den Folgen des Putschversuchs vom 15.7.2016 und den daraufhin ausgerufenen Ausnahmezustand, von einem "Dauerwahlkampf" sowie vom Kampf gegen den Terrorismus. Aktuell steht die Regierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der hohen Anzahl von Flüchtlingen und Migranten unter Druck. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist mit Präsident Erdo?an und der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung - Adalet ve Kalk?nma Partisi (AKP) unzufrieden und nach deren erneutem Sieg bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2023 desillusioniert. Ursache sind v. a. der durch die hohe Inflation verursachte Kaufkraftverlust, welcher durch Lohnzuwächse und von der Regierung im Vorfeld der Wahlen 2023 beschlossene Wahlgeschenke nicht nachhaltig kompensiert werden konnte, die zunehmende Verarmung von Teilen der Bevölkerung, Rückschritte in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die fortschreitende Untergrabung des Laizismus. Insbesondere junge Menschen sind frustriert. Laut einer aktuellen Studie möchten fast 82 % das Land verlassen und im Ausland leben. Während die vorhergehende Regierung keinerlei Schritte unternahm, die Unabhängigkeit der Justizbehörden und eine objektive Ausgabenkontrolle wiederherzustellen, versucht die neue Regierung zumindest im wirtschaftlichen Bereich Reformen durchzuführen, um den Schwierigkeiten zu begegnen. Die Gesellschaft ist – maßgeblich aufgrund der von Präsident Erdo?an verfolgten spaltenden Identitätspolitik – stark polarisiert. Insbesondere die Endphase des Wahlkampfes zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2023 war von gegenseitigen Anschuldigungen und Verbalangriffen und nicht von der Diskussion drängender Probleme geprägt. Selbst die wichtigste gegenwärtige Herausforderung der Türkei, die Bewältigung der Folgen der Erdbebenkatastrophe, trat in den Hintergrund (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 4f.).
Die Opposition versucht, die Regierung durch Kritik am teilweise verspäteten Erdbeben-Krisenmanagement und in der Migrationsfrage mit scharfen Tönen in Bedrängnis zu bringen und förderte die in breiten Bevölkerungsschichten zunehmend migrantenfeindliche Stimmung. Die Gesellschaft bleibt auch, was die irreguläre Migration betrifft, stark polarisiert (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 5; vgl. EC 8.11.2023, S. 12, 54, WZ 7.5.2023), zwischen den Anhängern der AKP und denjenigen, die für ein demokratischeres und sozial gerechteres Regierungssystem eintreten (BS 23.2.2022a, S. 43). Das hat u. a. mit der Politik zu tun, die sich auf sogenannte Identitäten festlegt. Nationalistische Politiker, beispielsweise, propagieren ein "stolzes Türkentum". Islamischen Wertvorstellungen wird zusehends mehr Gewicht verliehen. Kurden, deren Kultur und Sprache Jahrzehnte lang unterdrückt wurden, kämpfen um ihr Dasein (WZ 7.5.2023). Angesichts des Ausganges der Wahlen im Frühjahr 2023 stellte das Europäische Parlament (EP) überdies hinsichtlich der gesellschaftspolitischen Verfasstheit des Landes fest, dass nicht nur "rechtsextreme islamistische Parteien als Teil der Regierungskoalition ins Parlament eingezogen sind", sondern das EP war "besorgt über das zunehmende Gewicht der islamistischen Agenda bei der Gesetzgebung und in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, unter anderem durch den wachsenden Einfluss des Präsidiums für Religionsangelegenheiten (Diyanet) im Bildungssystem" und "über den zunehmenden Druck der Regierungsstellen sowie islamistischer und ultranationalistischer Gruppen auf den türkischen Kultursektor und die Künstler in der Türkei, der sich in letzter Zeit darin zeigt, dass immer mehr Konzerte, Festivals und andere kulturelle Veranstaltungen abgesagt werden, weil sie als kritisch oder "unmoralisch" eingestuft wurden, um eine ultrakonservative Agenda durchzusetzen, die mit den Werten der EU unvereinbar ist" (EP 13.9.2023, Pt. 17).Die Opposition versucht, die Regierung durch Kritik am teilweise verspäteten Erdbeben-Krisenmanagement und in der Migrationsfrage mit scharfen Tönen in Bedrängnis zu bringen und förderte die in breiten Bevölkerungsschichten zunehmend migrantenfeindliche Stimmung. Die Gesellschaft bleibt auch, was die irreguläre Migration betrifft, stark polarisiert (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 5; vergleiche EC 8.11.2023, Sitzung 12, 54, WZ 7.5.2023), zwischen den Anhängern der AKP und denjenigen, die für ein demokratischeres und sozial gerechteres Regierungssystem eintreten (BS 23.2.2022a, Sitzung 43). Das hat u. a. mit der Politik zu tun, die sich auf sogenannte Identitäten festlegt. Nationalistische Politiker, beispielsweise, propagieren ein "stolzes Türkentum". Islamischen Wertvorstellungen wird zusehends mehr Gewicht verliehen. Kurden, deren Kultur und Sprache Jahrzehnte lang unterdrückt wurden, kämpfen um ihr Dasein (WZ 7.5.2023). Angesichts des Ausganges der Wahlen im Frühjahr 2023 stellte das Europäische Parlament (EP) überdies hinsichtlich der gesellschaftspolitischen Verfasstheit des Landes fest, dass nicht nur "rechtsextreme islamistische Parteien als Teil der Regierungskoalition ins Parlament eingezogen sind", sondern das EP war "besorgt über das zunehmende Gewicht der islamistischen Agenda bei der Gesetzgebung und in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, unter anderem durch den wachsenden Einfluss des Präsidiums für Religionsangelegenheiten (Diyanet) im Bildungssystem" und "über den zunehmenden Druck der Regierungsstellen sowie islamistischer und ultranationalistischer Gruppen auf den türkischen Kultursektor und die Künstler in der Türkei, der sich in letzter Zeit darin zeigt, dass immer mehr Konzerte, Festivals und andere kulturelle Veranstaltungen abgesagt werden, weil sie als kritisch oder "unmoralisch" eingestuft wurden, um eine ultrakonservative Agenda durchzusetzen, die mit den Werten der EU unvereinbar ist" (EP 13.9.2023, Pt. 17).
Präsident Recep Tayyip Erdo?an und seine Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), die die Türkei seit 2002 regieren, sind in den letzten Jahren zunehmend autoritär geworden und haben ihre Macht durch Verfassungsänderungen und die Inhaftierung von Gegnern und Kritikern gefestigt. Eine sich verschärfende Wirtschaftskrise und die Wahlen im Jahr 2023 haben der Regierung neue Anreize gegeben, abweichende Meinungen zu unterdrücken und den öffentlichen Diskurs einzuschränken. Freedom House fügt die Türkei mittlerweile in die Kategorie "nicht frei" ein (FH 10.3.2023). Das Funktionieren der demokratischen Institutionen ist weiterhin stark beeinträchtigt. Der Demokratieabbau hat sich fortgesetzt (EC 8.11.2023, S. 4, 12; vgl. EP 13.9.2023, Pt.9, WZ 7.5.2023).Präsident Recep Tayyip Erdo?an und seine Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), die die Türkei seit 2002 regieren, sind in den letzten Jahren zunehmend autoritär geworden und haben ihre Macht durch Verfassungsänderungen und die Inhaftierung von Gegnern und Kritikern gefestigt. Eine sich verschärfende Wirtschaftskrise und die Wahlen im Jahr 2023 haben der Regierung neue Anreize gegeben, abweichende Meinungen zu unterdrücken und den öffentlichen Diskurs einzuschränken. Freedom House fügt die Türkei mittlerweile in die Kategorie "nicht frei" ein (FH 10.3.2023). Das Funktionieren der demokratischen Institutionen ist weiterhin stark beeinträchtigt. Der Demokratieabbau hat sich fortgesetzt (EC 8.11.2023, Sitzung 4, 12; vergleiche EP 13.9.2023, Pt.9, WZ 7.5.2023).
Die Türkei wird heute als "kompetitives autoritäres" Regime eingestuft (MEI 1.10.2022, S. 6; vgl. DE/Aydas 31.12.2022, Güney 1.10.2016, Esen/Gumuscu 19.2.2016), in dem zwar regelmäßig Wahlen abgehalten werden, der Wettbewerb zwischen den politischen Parteien aber nicht frei und fair ist. Solche Regime, zu denen die Türkei gezählt wird, weisen vordergründig demokratische Elemente auf: Oppositionsparteien gewinnen gelegentlich Wahlen oder stehen kurz davor; es herrscht ein harter politischer Wettbewerb; die Presse kann verschiedene Meinungen und Erklärungen von Oppositionsparteien veröffentlichen; und die Bürger können Proteste organisieren. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich jedoch ehedem Risse in der demokratischen Fassade: Regierungsgegner werden mit legalen oder illegalen Mitteln unterdrückt, unabhängige Justizorgane werden von regierungsnahen Beamten kontrolliert und die Presse- und Meinungsfreiheit gerät unter Druck. Wenn diese Maßnahmen nicht zu einem für die Regierungspartei zufriedenstellenden Ergebnis führen, müssen Oppositionsmitglieder mit gezielter Gewalt oder Inhaftierung rechnen - eine Realität, die für die türkische Opposition immer häufiger anzutreffen ist (MEI 1.10.2022, S. 6; vgl.Esen/Gumuscu 19.2.2016).Die Türkei wird heute als "kompetitives autoritäres" Regime eingestuft (MEI 1.10.2022, Sitzung 6; vergleiche DE/Aydas 31.12.2022, Güney 1.10.2016, Esen/Gumuscu 19.2.2016), in dem zwar regelmäßig Wahlen abgehalten werden, der Wettbewerb zwischen