TE Vwgh Beschluss 1995/4/20 93/06/0137

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Veröffentlicht am 20.04.1995
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Index

20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

AVG §56;
AVG §73 Abs2;
AVG §74 Abs2;
BStG 1971 §20 Abs1;
EisbEG 1954 §44;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, in der Beschwerdesache

1. des F A, 2. der J A, 3. der K A und 4. der I A, alle in F, und alle vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in D, gegen den BM für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Einstellung eines Enteignungsverfahrens und die Kosten des Enteignungsverfahrens nach dem Bundesstraßengesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke GP 1010/1 und GP 1010/2 KG A, welche an der Bundesstraße B n liegen. Das verfahrensgegenständliche Enteignungsverfahren wurde für die Errichtung einer geplanten Busbucht eingeleitet. Mit Bescheid vom 16. April 1987, Zl. Ib-331-19/86, des Landeshauptmannes von Vorarlberg (Bundesstraßenbehörde) erfolgte auf Antrag der Bundesstraßenverwaltung die Enteignung von Teilen der Grundstücke und die Festsetzung einer Entschädigung. Über Berufung der Beschwerdeführer wurde der Enteignungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

In der Folge kam es mit Bescheid vom 9. Februar 1989 zur Aussetzung des Enteignungsverfahrens gemäß § 38 AVG, da der Abschluß des Verfahrens nach dem Kraftfahrliniengesetz zur Festsetzung der Haltestelle (in kraftfahrlinienrechtlicher Hinsicht) abzuwarten sei. Gegen diesen Aussetzungsbescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Über diese Berufung entschied die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Juni 1989; der angefochtene Bescheid wurde im Hinblick auf die in der Zwischenzeit mit Bescheid vom 17. April 1989 erteilte befristete Bewilligung für die Haltestelle nach Kraftfahrliniengesetz aufgehoben und der Behörde erster Instanz die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen.

Am 19. Juli 1989 erhoben die Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde hinsichtlich des Enteignungsverfahrens. Dieser Antrag langte bei der belangten Behörde am 20. Juli 1989 ein. Die Bundesstraßenverwaltung zog mit Schreiben vom 18. Juli 1989, Zl. VII b - 133-0/8/89, bei der Behörde erster Instanz eingelangt am 20. Juli 1989, den Enteignungsantrag betreffend die Grundflächen der Beschwerdeführer zurück. Aufgrund dieser Zurückziehung teilte die belangte Behörde mit formlosem Schreiben vom 28. November 1989 den Beschwerdeführern mit, daß die Bundesstraßenverwaltung den Antrag zurückgezogen habe und das Verfahren eingestellt worden sei.

In der Folge stellten die Beschwerdeführer AN DIE BELANGTE BEHÖRDE den in diesem Säumnisbeschwerdeverfahren gegenständlichen Antrag vom 20. November 1990 auf bescheidmäßige Verfahrenseinstellung und Kostenzuspruch. Nachdem über diesen Antrag nicht innerhalb von 6 Monaten entschieden worden war, erhoben die Beschwerdeführer die vorliegende Säumnisbeschwerde.

Die Beschwerdeführer machen als Enteignungsgegner darin ausschließlich eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Nichterledigung ihres Antrages vom 20. November 1990 auf bescheidmäßige Einstellung des Enteignungsverfahrens und auf Zuspruch der Kosten geltend. Die Beschwerde war zunächst zur hg. Zl. 91/06/0111 protokolliert; das Verfahren wurde aufgrund des nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten dreimonatigen Frist erlassenen Bescheides

Zl. 890.654/2-VI/12a-91 vom 9. Dezember 1991 mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1992 eingestellt. Nachdem der genannte Bescheid der belangten Behörde mit hg. Erkenntnis vom 29. April 1993, Zl. 92/06/0103, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben worden war, stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 13. Feburar 1992 eingestellten Verfahrens zur Zl. 91/06/0111. Diesem Antrag wurde mit hg. Beschluß vom 24. Juni 1993, Zl. 93/06/0125-3, stattgegeben.

Aufgrund dieser Wiederaufnahme ist nunmehr über die Säumnisbeschwerde zu entscheiden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer machen die Säumnis der belangten Behörde hinsichtlich ihres Antrages vom 20. November 1990 geltend. Dieser Antrag war auf die bescheidmäßige Einstellung des Enteignungsverfahrens und den Zuspruch der Kosten im Enteignungsverfahren gerichtet.

Da zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages vom 20. November 1990 bei der belangten Behörde das Verfahren aufgrund der Zurückziehung des Enteignungsantrages durch die Bundesstraßenverwaltung bereits beendet war, wären die gegenständlichen Anträge, insbesondere ein Antrag auf Kostenfestsetzung, an die Behörde erster Instanz zu richten gewesen.

Die Säumnisbeschwerde bezüglich des Antrages auf bescheidmäßige Einstellung des Verfahrens erweist sich daher - ungeachtet des Umstandes, daß kein Anspruch auf bescheidmäßige Einstellung besteht und daher im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis VwSlg 9458 A/1977 auch nur ein Anspruch auf bescheidmäßige Zurückweisung eines derartigen Antrags gegeben ist, der allenfalls auf den Verwaltungsgerichtshof übergehen hätte können - als unzulässig, da keine Entscheidungspflicht der belangten Behörde entstanden ist.

Hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrages auf Kostenfestsetzung ist darüber hinaus auf folgendes hinzuweisen:

Eine Zulässigkeit der vorliegenden Säumnisbeschwerde hinsichtlich des Kostenantrages könnte allenfalls dann gegeben sein, wenn aufgrund eines bereits früher im Administrativverfahren gestellten Antrages auf Kostenfestsetzung iZm dem genannten Devolutionsantrag vom 19. Juli 1989 eine getrennte Entscheidungspflicht der belangten Behörde bezüglich der Kosten vorgelegen wäre, auf die sich die Säumnisbeschwerde beziehen könnte. Abgesehen davon, daß sich die Säumnisbeschwerde aber ausdrücklich (nur) auf den Antrag vom 20. November 1990 bezieht (und somit nicht geltend gemacht ist, daß die belangte Behörde deshalb säumig sei, weil sie aufgrund des Devolutionsantrages vom 19. Juli 1989 auch in der Kostenfrage bereits zuständig gewesen sei), stellt dieser Antrag vom 20. November 1990 nach den vorgelegten Akten überdies den ersten spezifizierten Kostenantrag im Verfahren dar. Wenngleich im Hinblick auf den grundsätzlichen Kostenanspruch der Beschwerdeführer gemäß § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz eine Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörden hinsichtlich der Kosten des Enteignungsgegners besteht, war im vorliegenden Fall jedenfalls auch angesichts der folgenden grundsätzlichen Rechtslage keine Entscheidungspflicht der belangten Behörde gegeben: Soferne über diesen Kostenanspruch nicht gemeinsam mit dem Bescheid in der Hauptsache entschieden wird (vgl. § 74 Abs. 2 AVG und das Erkenntnis VwSlg. 5432/A, 1960), ist die Behörde gehalten, einen gesonderten Bescheid über die Kostenfrage zu erlassen. Eines eigenen Antrages zur Auslösung der Entscheidungspflicht bedarf es hiebei nur in jenen Fällen, in denen der Enteignungsgegner eine Kostenfestsetzung vor der Enderledigung in der Enteignungsfrage begehrt. Wenngleich grundsätzlich hinsichtlich dieses Entscheidungsanspruches eine Devolution über Antrag eintreten könnte, ist im Beschwerdefall durch den Devolutionsantrag vom 19. Juli 1989 hinsichtlich der Kosten keine Devolution eingetreten. Der Devolutionsantrag vom 19. Juli 1989 (eingelangt am 20. Juli 1989) wurde nämlich zu einem Zeitpunkt gestellt, in dem eine selbständige Entscheidungspflicht der Behörde erster Instanz in der Kostenfrage jedenfalls noch keine sechs Monate bestand. Die dargestellte getrennte Entscheidungspflicht der Behörde erster Instanz über den Kostenanspruch entstand erst mit dem Eingang der Zurückziehung des Antrages der Bundesstraßenverwaltung ebenfalls am 20. Juli 1989. Es ist weder aus der Aktenlage ein ausdrückliches früheres Begehren, die Kosten getrennt festzusetzen, ersichtlich, noch wird in der Beschwerde behauptet, daß ein derartiger Antrag gestellt worden wäre. Der Devolutionsantrag vom 19. Juli 1989 erweist sich daher - selbst wenn man ihn auch auf die Kostenfrage beziehen wollte - in bezug auf die Kostenfrage als verfrüht. Damit wäre er insofern zurückzuweisen gewesen. Auch wenn die Säumnisbeschwerde - entgegen der im Wortlaut enthaltenen Bezugnahme auf den Antrag vom 20. November 1990 - dahingehend zu deuten wäre, daß sie sich auf die Geltendmachung der Entscheidungspflicht hinsichtlich der mit dem Devolutionsantrag vom 19. Juli 1989 entstandenen Entscheidungspflicht der belangten Behörde bezieht, wäre sie somit insofern unzulässig.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist daher sowohl hinsichtlich des Antrages auf bescheidmäßige Einstellung als auch hinsichtlich des Antrages auf Kostenfestsetzung unzulässig und war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen. Im Hinblick auf das nach wie vor aufrechte Interesse der Beschwerdeführer an der Entscheidung in der Sache wäre in weiterer Folge von der belangten Behörde der Antrag auf Kostenzuspruch gemäß § 6 AVG an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten bzw. die Beschwerdeführer an diese Behörde zu verweisen.

Ein Kostenzuspruch hatte im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde keinen diesbezüglichen Antrag stellte, zu entfallen.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Parteistellung Parteienantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993060137.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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