Entscheidungsdatum
17.10.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L525 2223443-1/66E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Pakistan, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2019, ZI. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.02.2023, am 17.04.2024 sowie am 04.07.2024 zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Pakistan, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2019, ZI. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.02.2023, am 17.04.2024 sowie am 04.07.2024 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsbürger, reiste von Italien kommend nach Österreich und stellte am 19.06.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde am gleichen Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinen Ausreisegründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er sei nach Österreich gekommen, da hier seine Frau und sein Kind leben würden. Da die Situation in Pakistan gefährlich für seine Familie sei, sei er nach Österreich gekommen. Befragt, was er im Falle der Rückkehr nach Pakistan zu befürchten hätte, führte der Beschwerdeführer aus, er wolle nicht alleine in Pakistan sein.
2. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.07.2019 niederschriftlich einvernommen. Befragt, aus welchen Gründen er sein Heimatland verlassen hätte, führte dieser aus, er sei nur wegen seiner Frau und seinem Kind hier. Es gäbe sonst keinen Grund, warum er aus Pakistan ausgereist sei. Seine Frau hätte nicht zu ihm kommen wollen, es sei ihm nichts Anderes übriggeblieben.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 09.08.2019 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 09.08.2019 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).
Das BFA führte aus, dass der Beschwerdeführer keine Ausreisegründe im Sinne der GFK glaubhaft machen hätte können. Gründe für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz seien keine hervorgekommen. Zur Rückkehrentscheidung hielt das BFA fest, dass die Kernfamilie des Beschwerdeführers in Österreich lebe, er sei aber illegal in das Bundesgebiet eingereist, und hätte durch seine missbräuchliche Antragstellung die aufenthaltsrechtlichen Regelungen des NAG umgangen und sei keine Integrationsverfestigung eingetreten. Die Rückkehrentscheidung sei daher rechtmäßig.
4. Mit Schriftsatz vom 10.09.2019 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, bereits die Antragstellung würde für den Beschwerdeführer die Gefahr bergen, dass die pakistanischen Behörden annehmen könnten, dass dieser den pakistanischen Staat in Misskredit gebracht hätte. Der Beschwerdeführer würde hier mit seiner Frau, welche eine afghanische Asylberechtigte sei, und seiner Tochter zusammenleben. Die Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich seien daher höher einzustufen.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hielt am 23.02.2023 eine öffentlich-mündliche Verhandlung ab, zu welcher der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsvertretung teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter.
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2023, Zl. L525 2223443-1/18E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Erkenntnis wurde eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. 6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2023, Zl. L525 2223443-1/18E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Erkenntnis wurde eine auf Artikel 144, B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.
7. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 21.09.2023, E 1171/2023-13, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben, da der Beschwerdeführer dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sei. Zudem wurden ihm die Prozesskosten zugesprochen.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, das Bundesverwaltungsgericht habe – trotz im Bundesgebiet lebender Familienangehöriger des Beschwerdeführers – nicht geprüft, ob die Bestimmung des § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden sei und damit "die Rechtslage grob verkannt". Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, das Bundesverwaltungsgericht habe – trotz im Bundesgebiet lebender Familienangehöriger des Beschwerdeführers – nicht geprüft, ob die Bestimmung des Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden sei und damit "die Rechtslage grob verkannt".
8. Am 17.01.2024 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht das BFA um Übermittlung des Verwaltungsaktes die Ehefrau des Beschwerdeführers betreffend. Der Akt wurde dem erkennenden Gericht am 31.01.2024 vorgelegt.
9. Mit Eingabe seines rechtlichen Vertreters vom 08.04.2024 wurde ein Arbeitsvorvertrag vorgelegt.
10. Das Bundesverwaltungsgericht hielt am 17.04.2024 eine öffentlich-mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner rechtlichen Vertretung, seiner Ehegattin und eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu ab. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter. Dabei wurde eine Unterschriftenliste von Unterstützern vorgelegt. Außerdem stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines kinderpsychologischen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass eine mehrmonatige Trennung des BF zu den Kindern das Wohl der Minderjährigen “auf das Gröbste“ verletze.
11. Nach Einräumung des Parteiengehörs zur beabsichtigten Bestellung eines Sachverständigen im Fachgebiet Psychologie übermittelte der Beschwerdeführer am 29.04.2024 die Zustimmungserklärung zur Befragung seiner drei minderjährigen Kinder.
12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.04.2024 wurde Herr XXXX, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Fachgebiet Psychologie, zum Sachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens bestellt.12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.04.2024 wurde Herr römisch 40 , allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Fachgebiet Psychologie, zum Sachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens bestellt.
13. Am 10.05.2024 erfolgte in der Praxis des Sachverständigen der Begutachtungstermin mit dem Beschwerdeführer, seiner Ehegattin sowie den drei minderjährigen Kindern. Das Gutachten langte am 27.05.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
14. Am 04.07.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht erneut eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner rechtlichen Vertretung, eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu sowie des Sachverständigen durchgeführt. Im Rahmen der Verhandlung wurde das Gutachten mit dem Sachverständigen erörtert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angegebenen Datum geboren. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und stammt aus Peshawar. Der Beschwerdeführer bekennt sich zum sunnitischen Islam. Der Beschwerdeführer hat in Pakistan das Studium der Botanik abgeschlossen, neben dem Studium hat er an einer Grundschule als Lehrer für Chemie und Biologie gearbeitet. Sein Vater und Geschwister leben in Peshawar und steht er mit diesen in regelmäßigem Kontakt. Der Beschwerdeführer ist 2019 nach Österreich eingereist. Einem Visumsantrag aus dem Jahr 2016 wurden seitens der ÖB Islamabad nicht entsprochen, da die ÖB Islamabad Zweifel an den Intentionen des angestrebten Aufenthaltszwecks Tourismus hegte. Dem Visumsantrag vom 16.04.2019 zu Kulturzwecken wurden seitens der Italienischen Botschaft Islamabad stattgegeben, mit Gültigkeit vom 07.05.2019 bis zum 26.05.2019. Der Beschwerdeführer reiste aus Italien nach Österreich, um hier den gegenständlichen Asylantrag zu stellen.
1.2. Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2019 nach Österreich um mit seiner Frau und seiner Tochter zusammenzuleben. Der Beschwerdeführer hat in Österreich ein A2 Deutschzertifikat erworben. Mit dem Beschwerdeführer ist eine Unterhaltung zu Alltagsthemen problemlos möglich. Der Beschwerdeführer unterhält lose Kontakte mit Landsleuten, engere freundschaftliche Kontakte oder Beziehungen zu Österreichern konnten hingegen nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hilft im Haushalt mit. Der Beschwerdeführer geht mit seiner Familie in seiner Freizeit spazieren. Der Beschwerdeführer war vom 23.07.2021 bis zum 08.12.2021, vom 08.07.2022 bis zum 10.07.2022 und zuletzt vom 01.01.2023 bis zum 31.03.2023 geringfügig beschäftigt. Er verfügt über einen undatierten Arbeitsvorvertrag bei einer Reinigungsfirma und eine Arbeitsbewilligung. Der Beschwerdeführer hatte im Juni 2024 eine Operation am linken Arm, der postoperative Verlauf gestaltete sich jedoch unauffällig und konnte er nach wenigen Tagen wieder nach Hause entlassen werden. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist nicht vorbestraft.
Der Beschwerdeführer hat seine Ehefrau, XXXX, im Jahr 2016 in XXXX, KPK, geheiratet. Die Großmutter der Ehefrau und die Familie des Beschwerdeführers waren Nachbarn. Die Ehefrau hat dem Beschwerdeführer insgesamt zwei Mal in Pakistan besucht, einmal zum Zwecke der Eheschließung im Jahr 2016 für vier Monate, beim zweiten Mal drei Monate. Die Eheleute reden miteinander Urdu, mit den Kindern spricht der Beschwerdeführer Paschto. Die Ehefrau ist gesund und eine afghanische Staatsangehörige. Ihr wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.02.2005, AZ. XXXX, im Rahmen eines Familienverfahrens – abgeleitet von ihrer Mutter – Asyl gewährt. Der Beschwerdeführer hat seine Ehefrau, römisch 40 , im Jahr 2016 in römisch 40 , KPK, geheiratet. Die Großmutter der Ehefrau und die Familie des Beschwerdeführers waren Nachbarn. Die Ehefrau hat dem Beschwerdeführer insgesamt zwei Mal in Pakistan besucht, einmal zum Zwecke der Eheschließung im Jahr 2016 für vier Monate, beim zweiten Mal drei Monate. Die Eheleute reden miteinander Urdu, mit den Kindern spricht der Beschwerdeführer Paschto. Die Ehefrau ist gesund und eine afghanische Staatsangehörige. Ihr wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.02.2005, AZ. römisch 40 , im Rahmen eines Familienverfahrens – abgeleitet von ihrer Mutter – Asyl gewährt.
Die Eheleute haben drei gemeinsame Kinder, zwei Töchter (geboren 2017 bzw. 2022) und einen Sohn (geboren 2020), die ebenso gesund sind. Die älteste Tochter geht derzeit die Schule und die Nachmittagsbetreuung, zuvor besuchte sie in Österreich den Kindergarten. Der Beschwerdeführer bringt die Tochter in die Schule und holt sie dort auch ab. Die Deutschkenntnisse der beiden älteren Kinder sind noch gering ausgeprägt. Die Sozialisation der Kinder erfolgt hauptsächlich im engsten Familienkreis und bestehen noch keine tiefgreifenden Nahebeziehungen außerhalb der Kernfamilie.
Die Kindesmutter ist aktuell die emotionale Hauptbezugsperson der minderjährigen Kinder und könnte sie diese für mehrere Monate alleine ausreichend versorgen, pflegen, erziehen und fördern. Eine mehrmonatige Trennung des Beschwerdeführers von seinen Kindern ist nicht mit krankheitswertigen oder traumatischen Folgen verbunden und stellt somit auch keine Gefährdung des Kindeswohls dar.
1.3 Zu den Ausreisegründen:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Pakistan einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder im Fall seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.
Ferner kann - unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände - nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.Ferner kann - unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände - nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2,, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.
1.4. Länderfeststellungen:
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung 2023-04-12 10:32
In einigen Bereichen dieser Länderinformationen wurde auf das Taliban-Regime in Afghanistan bzw. seine Vertreter Bezug genommen. Dieses "Islamische Emirat Afghanistan" wurde mit Stand März 2023 von keinem Land der Welt anerkannt. Es gilt als eine de-facto-Regierung mit de-facto-Ministerien und de-facto-Ministern. Bezugnahmen, auch wenn sie sich auf staatliche Aufgaben (z.B. Botschaft in Pakistan, Grenzsicherung) beziehen, stellen keine Stellungnahme zur Anerkennung der Legitimation dar.
Der Konflikt um die Region Kaschmir wird kurz im entsprechenden Kapitel zur Sicherheitslage behandelt. Die Behandlung der von Pakistan kontrollierten Gebiete Kaschmirs stellt eine Beschreibung der de-facto-Situation bzw. de-facto-Administration und keine Stellungnahme dar.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Allgemeine Strukturen
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad (AA 27.10.2023). Die Stammesgebiete im Nordwesten des Landes, die ehemaligen Federally Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Bundesverwaltung und Provincially Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Provinzverwaltung, wurden nach einer Verfassungsänderung 2018 in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert und damit die nationalen und verfassungsmäßigen Rechte auf diese Gebiete ausgedehnt (ICG 14.2.2022). Pakistan kontrolliert außerdem die Gebiete Gilgit-Baltistan sowie Azad Jammu und Kaschmir auf der pakistanisch verwalteten Seite von Kaschmir (AA 27.10.2023).
Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik (USDOS 20.3.2023). Es werden regelmäßig Wahlen im Wettbewerb eines Mehrparteiensystems abgehalten (FH 2023). Die Nationalversammlung besteht aus 342 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Zehn der Sitze sind für Nicht-Muslime reserviert, 60 für Frauen. Der Senat hat 100 Mitglieder. Der Premierminister wird für fünf Jahre durch die Nationalversammlung gewählt (EB 19.1.2024). Der Präsident hat eher eine symbolische Funktion und wird ebenfalls für fünf Jahre durch ein Wahlkollegium aus den beiden Häusern des Parlaments und den Provinzversammlungen gewählt (FH 2023; vgl. EB 19.1.2024).Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik (USDOS 20.3.2023). Es werden regelmäßig Wahlen im Wettbewerb eines Mehrparteiensystems abgehalten (FH 2023). Die Nationalversammlung besteht aus 342 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Zehn der Sitze sind für Nicht-Muslime reserviert, 60 für Frauen. Der Senat hat 100 Mitglieder. Der Premierminister wird für fünf Jahre durch die Nationalversammlung gewählt (EB 19.1.2024). Der Präsident hat eher eine symbolische Funktion und wird ebenfalls für fünf Jahre durch ein Wahlkollegium aus den beiden Häusern des Parlaments und den Provinzversammlungen gewählt (FH 2023; vergleiche EB 19.1.2024).
Trotz der Existenz formaler demokratischer Institutionen übt das mächtige militärische Establishment de facto einen starken Einfluss aus. Dies hemmt die Entwicklung der demokratischen Institutionen (BS 23.2.2022). Eine lange Reihe an politischen Domänen wird dem Militär überlassen - von der nationalen Sicherheitspolitik bis zur Außenpolitik. Dem Militär wird auch immer wieder vorgeworfen, sich in den Wahlprozess einzumischen (BS 23.2.2022; vgl. FH 2023). Auch Gruppen, die ökonomische Eliten vertreten, haben oft enge Verbindungen zum Staat. Ebenso profitieren religiöse Gruppen vom Zurückgreifen des Staates auf den Islam als ideologische Legitimation. Zwar gab es Fortschritte in einigen Bereichen, doch vieles in der Politik des Landes ist weiterhin an klientelistischen Diensten orientiert und von traditionellen Eliten aus den vermögenden Klassen dominiert (BS 23.2.2022).Trotz der Existenz formaler demokratischer Institutionen übt das mächtige militärische Establishment de facto einen starken Einfluss aus. Dies hemmt die Entwicklung der demokratischen Institutionen (BS 23.2.2022). Eine lange Reihe an politischen Domänen wird dem Militär überlassen - von der nationalen Sicherheitspolitik bis zur Außenpolitik. Dem Militär wird auch immer wieder vorgeworfen, sich in den Wahlprozess einzumischen (BS 23.2.2022; vergleiche FH 2023). Auch Gruppen, die ökonomische Eliten vertreten, haben oft enge Verbindungen zum Staat. Ebenso profitieren religiöse Gruppen vom Zurückgreifen des Staates auf den Islam als ideologische Legitimation. Zwar gab es Fortschritte in einigen Bereichen, doch vieles in der Politik des Landes ist weiterhin an klientelistischen Diensten orientiert und von traditionellen Eliten aus den vermögenden Klassen dominiert (BS 23.2.2022).
Wahlen 2018 und PTI-Regierung
Die Aufdeckung der Übersee-Konten des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Premierministers Nawaz Sharif und seiner Familie im Zuge von internationalen Ermittlungen von Journalisten, den "Panama Papers", führte zu einer gerichtlichen Verurteilung und dessen Amtsenthebung (ICIJ 3.4.2023). Bei den folgenden Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter einerseits technische Verbesserungen in der Durchführung des Wahlprozesses festgestellt haben, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich Einflussnahmen durch Militär und Geheimdienst im Vorfeld der Wahlen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2022a). So dokumentierten Beobachter konzertierte Anstrengungen von Teilen des militärischen und richterlichen Establishments, die Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) des abgesetzten Premierministers Nawaz Sharif zu behindern (FH 2022a; vgl. BS 25.2.2022). Dies beinhaltete Strafverfahren u.a. in Bezug auf Korruption und Terrorismus sowie die Ablehnung von Entlassungen gegen Kaution bis nach den Wahlen. Außerdem berichteten Beobachter von Druck und Einflussnahme auf die Medien durch den Sicherheitsapparat, der zu einer gedämpften Berichterstattung über den Wahlkampf der PML-N geführt hat (FH 2022a). Imran Khan wurde, Berichten zufolge, damals vom Militär gestützt (Guardian 24.5.2023; vgl. SZ 13.6.2023, BS 23.2.2022, FH 2022a, Guardian/Khokhar 24.5.2023).Die Aufdeckung der Übersee-Konten des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Premierministers Nawaz Sharif und seiner Familie im Zuge von internationalen Ermittlungen von Journalisten, den "Panama Papers", führte zu einer gerichtlichen Verurteilung und dessen Amtsenthebung (ICIJ 3.4.2023). Bei den folgenden Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter einerseits technische Verbesserungen in der Durchführung des Wahlprozesses festgestellt haben, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich Einflussnahmen durch Militär und Geheimdienst im Vorfeld der Wahlen (USDOS 20.3.2023; vergleiche FH 2022a). So dokumentierten Beobachter konzertierte Anstrengungen von Teilen des militärischen und richterlichen Establishments, die Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) des abgesetzten Premierministers Nawaz Sharif zu behindern (FH 2022a; vergleiche BS 25.2.2022). Dies beinhaltete Strafverfahren u.a. in Bezug auf Korruption und Terrorismus sowie die Ablehnung von Entlassungen gegen Kaution bis nach den Wahlen. Außerdem berichteten Beobachter von Druck und Einflussnahme auf die Medien durch den Sicherheitsapparat, der zu einer gedämpften Berichterstattung über den Wahlkampf der PML-N geführt hat (FH 2022a). Imran Khan wurde, Berichten zufolge, damals vom Militär gestützt (Guardian 24.5.2023; vergleiche SZ 13.6.2023, BS 23.2.2022, FH 2022a, Guardian/Khokhar 24.5.2023).
Khan hatte die Korruptionsbekämpfung zu seiner politischen Botschaft erhoben. Doch nach seinem Sieg konzentrierte sich die folgende Korruptionsbekämpfung auf die vorangegangenen Regierungsparteien Pakistan Peoples Party (PPP) und PML-N bzw. die sie dominierenden Familiendynastien (DIP 9.10.2021; vgl. ICIJ 3.10.2021, BS 23.2.2022). Die Korruptionsermittlungen gegen führende Mitglieder und Parlamentarier der großen Oppositionsparteien und der Unwillen, sie hinzuzuziehen, führten zu einer Hemmung der parlamentarischen Arbeit und der Gesetzgebung (DAWN 17.3.2022).Khan hatte die Korruptionsbekämpfung zu seiner politischen Botschaft erhoben. Doch nach seinem Sieg konzentrierte sich die folgende Korruptionsbekämpfung auf die vorangegangenen Regierungsparteien Pakistan Peoples Party (PPP) und PML-N bzw. die sie dominierenden Familiendynastien (DIP 9.10.2021; vergleiche ICIJ 3.10.2021, BS 23.2.2022). Die Korruptionsermittlungen gegen führende Mitglieder und Parlamentarier der großen Oppositionsparteien und der Unwillen, sie hinzuzuziehen, führten zu einer Hemmung der parlamentarischen Arbeit und der Gesetzgebung (DAWN 17.3.2022).
Im Oktober 2020 gelang es den beiden Großparteien PPP und PML-N, sich unter dem Namen Pakistan Democratic Movement zu einer Allianz aus insgesamt elf Oppositionsparteien zu vereinen und zu breiten Demonstrationen zu mobilisieren (BS 23.2.202