TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/20 92/13/0130

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Veröffentlicht am 20.04.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §62 Abs4;
BAO §243;
BAO §293;
BAO §293b;
BAO §299 Abs2;
UStG 1972 §20;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, Windmühlgasse 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. April 1992, Zl. 6/5-1682/92, betreffend Aufhebung einer Berufungsvorentscheidung (Umsatzsteuer 1989) gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über das Vermögen des Beschwerdeführers, der eine Tabaktrafik betrieb, wurde das Konkursverfahren eröffnet. Mit dem Masseverwalter wurde eine Niederschrift aufgenommen, derzufolge eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß § 16 Abs. 3 UStG 1972 (betreffend nicht bezahlte Konkursforderungen) im Ausmaß von S 61.023,-- vorzunehmen war. Das Konkursverfahren wurde mit Beschluß vom 21. Mai 1990 aufgehoben.

Das Finanzamt erließ einen Umsatzsteuerbescheid 1989 vom 27. November 1990, mit dem lediglich diese Vorsteuerberichtigung als Zahllast vorgeschrieben wurde.

Dieser Bescheid wurde mit Bescheid vom 12. Dezember 1990 gemäß § 293 BAO berichtigt, weil zusätzlich zu der Vorsteuerberichtigung auch Umsatzsteuer für den Verkauf des Warenlagers im Ausmaß von S 110.000,-- (laut Umsatzsteuererklärung des Masseverwalters für das Jahr 1989) vorzuschreiben gewesen wäre. Dementsprechend wies der berichtigte Umsatzsteuerbescheid 1989 eine Zahllast von S 171.023,-- (S 110.000,-- + S 61.023,--) aus.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 28. Dezember 1990 gegen den Berichtigungsbescheid Berufung mit der Begründung, daß bei der Bescheiderlassung kein, eine Berichtigung gemäß § 293 BAO rechtfertigender Fehler unterlaufen sei. Gleichzeitig brachte er gegen den Bescheid vom 27. November 1990 "in der mit Bescheid vom 12. Dezember 1990 berichtigten Form" eine weitere Berufung ein, in der er auch die (vom Masseverwalter erklärten) Abgabenschuldigkeiten selbst zur Gänze bestritt. Er habe im Jahr 1989 überhaupt keine Entgelte erzielt und auch die Vorsteuerberichtigung sei zu Unrecht erfolgt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991 gab das Finanzamt "der Berufung von 1990 12 28 gegen den Bescheid vom 1990 12 12 über die Umsatzsteuer für 1989" statt. Dabei wurde aber nicht bloß, wie begehrt, die Umsatzsteuer 1989 mit Null festgesetzt, sondern (irrtümlich) die an sich gemäß § 16 Abs. 3 UStG 1972 zu berichtigende Vorsteuer als Überschuß im Ausmaß von S 61.023,-- ausgewiesen.

Mit neuerlichem Berichtigungsbescheid vom 3. Dezember 1991 wurde diese Berufungsvorentscheidung (vom 27. September 1991), diesmal gestützt auf § 293b BAO, berichtigt und die vom Masseverwalter insgesamt erklärte Umsatzsteuer im Ausmaß von S 171.023,-- vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 17. Dezember 1991 neuerlich Berufung. Auch für eine Berichtigung gemäß § 293b BAO fehle es an den gesetzlichen Voraussetzungen, weil der Masseverwalter sowohl die auf die Entgelte des Jahres 1989 als auch die aus der Vorsteuerberichtigung resultierende Umsatzsteuer erklärt habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. April 1992 gab das Finanzamt auch dieser Berufung (fälschlich mit Datum vom 20. Dezember 1991 bezeichnet) statt und setzte, wie bereits mit Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991 als Umsatzsteuer einen Überschuß in Höhe von S 61.023,-- fest.

Der Vollständigkeit halber, wenn auch ohne Bedeutung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren, sei noch darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18. Dezember 1991 den Antrag gestellt hatte, die Vorsteuerberichtigung statt mit S 61.023,-- mit S 55.922,83 festzusetzen, weil ein Teil der Konkursforderungen (ca. 8 %) letztlich bezahlt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991 gemäß § 299 Abs. 2 BAO in Ausübung des Aufsichtsrechtes auf.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt habe, daß die vom Masseverwalter erklärte Umsatzsteuer von S 110.000,-- bereits durch Vorauszahlungen entrichtet gewesen sei. Dabei verkennt der Beschwerdeführer, daß in einem Umsatzsteuerbescheid stets die für ein bestimmtes Jahr insgesamt geschuldete Umsatzsteuer festgesetzt wird, ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe diese Umsatzsteuer bereits durch Vorauszahlungen entrichtet wurde. Die Berücksichtigung von Vorauszahlungen erfolgt im Wege der Verrechnung auf dem Abgabenkonto und führt dort zu einer entsprechenden Gutschrift. Gleiches gilt, wenn mit einem zweiten oder weiteren Umsatzsteuerbescheid für dasselbe Jahr eine höhere oder geringere Umsatzsteuer festgesetzt wird. Gegenstand der Festsetzung ist immer die gesamte für ein Jahr geschuldete Umsatzsteuer und nicht bloß Differenzbeträge gegenüber bereits festgesetzten Steuerbeträgen.

Der Beschwerdeführer weist weiters daraufhin, daß die Umsatzsteuer 1989 mit zwei Bescheiden vorgeschrieben worden sei, und zwar mit der Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991, die mit dem angefochtenen Bescheid aufgehoben wurde, und mit der Berufungsvorentscheidung vom 13. April 1992. Die zweite Berufungsvorentscheidung habe die erste Berufungsvorentscheidung aus dem Rechtsbestand verdrängt, sodaß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid einen nicht mehr existenten Bescheid aufgehoben habe. Dessen ungeachtet sei der Beschwerdeführer durch diese Vorgangsweise beschwert, weil die Bescheidaufhebung gemäß § 299 Abs. 5 BAO dazu führe, daß der Bescheid vom 3. Dezember 1991 (gemeint ist offensichtlich jener vom 12. Dezember 1990, wie dies auch auf Seite 7 der Beschwerde ausgeführt wird) wieder auflebt.

Dieses Vorbringen ist unzutreffend. Wird ein Bescheid gemäß den §§ 293 oder 293b BAO berichtigt, so verliert er nur insoweit seine normative Kraft, als die Berichtigung reicht; im übrigen behält er seine Rechtswirkungen. Dementsprechend kann auch mit Berufung gegen den Berichtigungsbescheid nur die Berichtigung, nicht aber der übrige Inhalt des berichtigten Bescheides angefochten werden.

Im Beschwerdefall ist allerdings zu beachten, daß sowohl der Umsatzsteuerbescheid vom 27. November 1990, als auch der Berichtigungsbescheid vom 12. Dezember 1990 vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpft wurde. Die Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991 bezieht sich jedoch ausdrücklich nur auf die Berufung gegen den Berichtigungsbescheid, sodaß die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 27. November 1990 unerledigt geblieben ist. Die Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991 hat demnach nur den Berichtigungsbescheid vom 12. Dezember 1990, nicht jedoch den Umsatzsteuerbescheid vom 27. November 1990 aus dem Rechtsbestand beseitigt. Hat nun die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991 gemäß § 299 Abs. 2 BAO aufgehoben, so trat zwar gemäß § 299 Abs. 5 BAO der Berichtigungsbescheid vom 12. Dezember 1990 wiederum in den Rechtsbestand, mit diesem allerdings auch die gegen ihn gerichtete Berufung, die wiederum als unerledigt anzusehen ist.

Daß das Finanzamt in weiterer Folge den nunmehr behobenen Berichtigungsbescheid berichtigt hat, diese Berichtigung mit Berufung angefochten und mit Berufungsvorentscheidung vom 13. April 1992 wiederum beseitigt wurde, ändert an der oben aufgezeigten prozessualen Situation nichts, weil, wie bereits gesagt, durch einen Berichtigungsbescheid, der wiederum beseitigt wird, der zunächst berichtigte Bescheid letztlich keine Änderung erfährt. Ein zweifacher bescheidmäßiger Abspruch über Umsatzsteuer 1989 durch die beiden Berufungsvorentscheidungen liegt demnach nicht vor.

Was schließlich die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmängel betrifft, so beziehen sich diese auf angebliche, nicht näher dargestellte Mängel in der Sachverhaltsermittlung. Nun wird aber in der Beschwerde auf Seite 5 unten und Seite 6 oben die von der belangten Behörde "im bekämpften Bescheid" vorgenommene "Sachverhaltsdarstellung außer Streit gestellt". Diese läßt mit genügender Deutlichkeit den Verfahrensablauf und die der Abgabenbehörde erster Instanz unterlaufenen Rechtswidrigkeiten, die die belangte Behörde zur Bescheidaufhebung berechtigten, erkennen.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Nach den Abgabenerklärungen des Masseverwalters wäre die Umsatzsteuer für das Jahr 1989 mit S 171.023,-- festzusetzen gewesen (S 110.000,-- betreffend den Warenverkauf und S 61.023,-- betreffend die gemäß § 16 Abs. 3 UStG 1972 berichtigten Vorsteuerbeträge). Die mit dem angefochtenen Bescheid aufgehobene Berufungsvorentscheidung vom 27. September 1991 hat statt dessen (irrtümlich) einen Überschuß von S 61.023,-- ausgewiesen. Dieser offenkundig rechtswidrige Bescheid konnte von der belangten Behörde auch dann aufgehoben werden, wenn die Art, wie der Irrtum zustandegekommen ist, nicht aufgeklärt wurde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992130130.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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