Entscheidungsdatum
13.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G310 2288764-1/4E
G310 2288767-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden der kolumbianischen Staatsangehörigen 1. XXXX , geboren am XXXX , und 2. minderjährigen XXXX , geboren am XXXX , dieser gesetzlich vertreten durch seinen Vater, beide vertreten durch die BBU GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2024, Zahlen zu 1. XXXX und 2. XXXX , betreffend die Anträge auf internationalen Schutz, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden der kolumbianischen Staatsangehörigen 1. römisch 40 , geboren am römisch 40 , und 2. minderjährigen römisch 40 , geboren am römisch 40 , dieser gesetzlich vertreten durch seinen Vater, beide vertreten durch die BBU GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2024, Zahlen zu 1. römisch 40 und 2. römisch 40 , betreffend die Anträge auf internationalen Schutz, zu Recht:
A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer (BF1) ist der Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers (mj. BF2).
Die Beschwerdeführer (BF) reisten am 06.07.2022 von Kolumbien kommend über die Türkei in das Bundesgebiet ein und stellten am 07.10.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 07.10.2022 fand vor einem Organ der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, die niederschriftliche Erstbefragung des BF1 statt. Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass er aufgrund der schwierigen Verhältnisse aus Kolumbien geflohen sei. Die Mutter des mj. BF2 verdiene ihr Geld als Prostituierte und ihre Freier würden ständig zu ihm kommen um Geld einzutreiben. Dabei sei es zu Drohungen gekommen, dass die Mutter des mj. BF2 ihm ansonsten diesen wegnehme. Weiters würden in Kolumbien Menschen von den Guerillas getötet werden. Ein Freund, den er noch kurz vor seiner Abreise gesehen habe, sei vor seinem Haus getötet worden. Im Falle seiner Rückkehr wäre er mittellos und wisse nicht wie er sein Kind ernähren soll. Sein Vater sei pensionierter Polizist, was ebenfalls zu Problemen mit den Guerillas führe.
Die niederschriftliche Einvernahme des BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, (BFA bzw belangte Behörde) fand am 10.05.2023 statt.
Als Fluchtgrund gab der BF1 zusammengefasst an, dass der erste Fluchtgrund sei, dass es in Kolumbien keine Arbeit gebe und er sein Kind nicht ernähren könne. Der zweite Grund sei die schlechte politische Situation in Kolumbien. Essen und Dienstleistungen würden knapp werden und es handle sich um ein Regime, in welchem gewählte Minister nicht mehr im Amt seien, sondern nur mehr Unterstützer der Regierung. Er habe es sich nicht mehr leisten können mehr als einmal am Tag zu essen. Auch die Landeswährung habe sich maßlos entwertet. Der dritte Grund sei, dass in seinem Geburtsort Gefechte seien und er daher nicht mehr in diesen zurück könne. Es handle sich dabei um paramilitärische Gruppen und es gebe täglich Morde. So sei ein Bekannter des BF1 in einem Café ermordet worden. Weiters könne er sich mit dem mj. BF2 das Leben in Kolumbien nicht mehr leisten und habe keine Jobaussichten. Aufgrund seines Militärdienstes sei er von paramilitärischen Gruppen telefonisch bedroht worden, nachdem er kein Schutzgeld zahlen habe wollen. Alle Männer die freiwillig beim Militär gewesen sind würden bedroht werden, da das Militär der Feind der paramilitärischen Gruppen sei. Aufgrund der Drohungen sei der BF1 bei der Polizei gewesen, habe jedoch keine Anzeige erstattet, viele Polizisten seien korrupt. Im Falle seiner Rückkehr wäre sein Leben kompliziert. Seine damalige Arbeit gebe es nicht mehr und würde er an einem anderen Ort wohnen müssen. Aufgrund der ökonomischen Situation würde er nicht überleben können.
Mit den oben angeführten Bescheiden wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Bezug auf Kolumbien abgewiesen (Spruchpunkt II.), den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kolumbien festgestellt (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).Mit den oben angeführten Bescheiden wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.) als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG in Bezug auf Kolumbien abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.), den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.), gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Kolumbien festgestellt (Spruchpunkt römisch fünf.) sowie gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis Absatz 3, FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt römisch VI.).
Die Bescheide wurden zusammengefasst damit begründet, dass die vorgebrachten Fluchtgründe weder asylrelevant noch glaubhaft seien. So haben die BF etwa nicht gleich, sondern erst drei Monate nach der Einreise nach Österreich einen Asylantrag gestellt, was gegen eine Angst vor Verfolgung in Kolumbien spreche. Glaubhaft sei lediglich, dass die BF Kolumbien aufgrund von wirtschaftlichen Gründen verlassen haben. Aufgrund der Schulbildung und Berufserfahrung des BF1 sei nicht nachvollziehbar, dass er den mj. BF2 nicht ernähren könne. Bei einer Rückkehr sei es dem BF1 zumutbar durch Arbeit für das Auskommen der BF zu sorgen und werde er bei einer Rückkehr in keine persönlich ausweglose Situation geraten. Kolumbien gelte auch als ausreichend sicher. Darüber hinaus bestehe in Österreich kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Die Bescheide wurden zusammengefasst damit begründet, dass die vorgebrachten Fluchtgründe weder asylrelevant noch glaubhaft seien. So haben die BF etwa nicht gleich, sondern erst drei Monate nach der Einreise nach Österreich einen Asylantrag gestellt, was gegen eine Angst vor Verfolgung in Kolumbien spreche. Glaubhaft sei lediglich, dass die BF Kolumbien aufgrund von wirtschaftlichen Gründen verlassen haben. Aufgrund der Schulbildung und Berufserfahrung des BF1 sei nicht nachvollziehbar, dass er den mj. BF2 nicht ernähren könne. Bei einer Rückkehr sei es dem BF1 zumutbar durch Arbeit für das Auskommen der BF zu sorgen und werde er bei einer Rückkehr in keine persönlich ausweglose Situation geraten. Kolumbien gelte auch als ausreichend sicher. Darüber hinaus bestehe in Österreich kein schützenswertes Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der BF mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung mit Einvernahme des BF1 zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts durchzuführen, alle zu Lasten der BF gehenden Rechtswidrigkeiten amtswegig aufzugreifen, den BF den Status des Asylberechtigten, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und den BF einen Aufenthaltstitel gem § 55 AsylG zu erteilen oder in eventu die angefochtenen Bescheide ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen sowie die ordentliche Revision zuzulassen.Dagegen richtet sich die Beschwerde der BF mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung mit Einvernahme des BF1 zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts durchzuführen, alle zu Lasten der BF gehenden Rechtswidrigkeiten amtswegig aufzugreifen, den BF den Status des Asylberechtigten, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und den BF einen Aufenthaltstitel gem Paragraph 55, AsylG zu erteilen oder in eventu die angefochtenen Bescheide ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen sowie die ordentliche Revision zuzulassen.
Die Beschwerdeführer begründen ihre Beschwerde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mangelhafter Beweiswürdigung, sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für die BF günstigeres Ergebnis erzielt worden wäre.
Ergänzend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der BF1 im Alter von 22 Jahren den Schulabschluss nachgeholt habe und danach eine Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert habe. Da er jedoch keine Arbeit finden habe können, sei er freiwillig in den Militärdienst eingetreten. Danach habe er als Elektriker auf Baustellen gearbeitet und Elektrogeräte in Haushalten repariert. Beruflich sei der BF1 immer wieder in Dörfern aufhält gewesen, in denen die Guerilla präsent waren. Wegen der Guerilla-Kräfte habe er die Dörfer immer wieder verlassen müssen. Wegen der Insolvenz seines Arbeitgebers zu Beginn der COVID-Pandemie sei er arbeitslos geworden, habe nur mehr sporadisch selbstständige Arbeiten durchgeführt und kaum mehr ein zum Überleben ausreichendes Einkommen erwirtschaftet. Dem BF1 als Alleinerzieher sei es aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage in Kolumbien nicht möglich gewesen für sich und den mj. BF2 ein ausreichendes Einkommen sicherzustellen, weshalb er aus Kolumbien geflüchtet sei. Für die Flucht habe er seinen gesamten Besitz in Form seines Hausrats verkauft, woraufhin er von Guerillas in Bogota zur Zahlung von Schutzgeld erpresst worden sei und Drohungen erhalten habe. In diesem Zusammenhang sei ihm auch vorgeworfen worden, dass er freiwillig dem Militärdienst beigetreten sei. Die Mutter des mj. BF2 sei als Sexarbeiterin in venezolanische kriminelle Netzwerke verstrickt gewesen. Von Personen aus diesen Netzwerken sei der BF1 bedroht und zu Geldzahlungen aufgefordert worden. Ihm sei Gewalt und die Entführung des mj. BF2 angedroht worden. Ein Freund des BF1 sei im Übrigen vor seinem Haus von den Guerilla Kräften getötet und ein Bekannter des BF1 in einem Café ermordet worden.
Mit Schreiben vom 26.04.2024 wurde eine Kopie des Militärausweises des BF1 ergänzend vorgelegt.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) mit Schreiben vom 18.03.2024, eingelangt am 21.03.2024, vom BFA vorgelegt.
Feststellungen:
Die BF sind kolumbianische Staatsangehörige, im Besitz gültiger kolumbianischer Reisepässe, bekennen sich zum christlichen Glauben und gehören in Kolumbien keiner bestimmten Volksgruppe an. Ihre gemeinsame Muttersprache ist Spanisch und sie verfügen über keine Deutschkenntnisse. Der BF1 ist der alleinerziehende Vater des drei Jahre alten, am XXXX in Kolumbien gebornen, mj. BF2. Die BF sind kolumbianische Staatsangehörige, im Besitz gültiger kolumbianischer Reisepässe, bekennen sich zum christlichen Glauben und gehören in Kolumbien keiner bestimmten Volksgruppe an. Ihre gemeinsame Muttersprache ist Spanisch und sie verfügen über keine Deutschkenntnisse. Der BF1 ist der alleinerziehende Vater des drei Jahre alten, am römisch 40 in Kolumbien gebornen, mj. BF2.
Nachdem der BF1 Mitte 2021 den Entschluss zur Ausreise aus Kolumbien fasste, verließen die BF am 05.07.2022 per Flugzeug ihren Herkunftsstaat und reisten am 06.07.2022 legal über die Türkei in das Bundesgebiet ein, wo sie am 07.10.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Für den mj. BF2 wurden keine eigenen Fluchtgründe, sondern jene des BF1 im Familienverfahren geltend gemacht. Die Reise wurde von der Mutter des BF1 sowie dessen Geschwistern finanziert.
Der BF1 war bereits im Zeitraum von XXXX .2016 bis XXXX .2016 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Seit XXXX .2022 ist er wieder – gemeinsam mit dem mj. BF2 – mit Hauptwohnsitz bei seiner Mutter im Bundesgebiet gemeldet. Seit der Einreise ist der BF1 nicht durchgehend in Österreich aufhältig. Gleich nach der Einreise in Österreich reiste er für zwei bis drei Wochen nach Spanien, von dort aus für einen Monat nach Deutschland zu seinem Bruder und erst Ende September 2022 wieder nach Österreich. Innerhalb des Bundesgebietes reiste der BF1 nach Kärnten zu seinem Cousin, der auch die dafür anfallenden Fahrtkosten übernahm.Der BF1 war bereits im Zeitraum von römisch 40 .2016 bis römisch 40 .2016 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Seit römisch 40 .2022 ist er wieder – gemeinsam mit dem mj. BF2 – mit Hauptwohnsitz bei seiner Mutter im Bundesgebiet gemeldet. Seit der Einreise ist der BF1 nicht durchgehend in Österreich aufhältig. Gleich nach der Einreise in Österreich reiste er für zwei bis drei Wochen nach Spanien, von dort aus für einen Monat nach Deutschland zu seinem Bruder und erst Ende September 2022 wieder nach Österreich. Innerhalb des Bundesgebietes reiste der BF1 nach Kärnten zu seinem Cousin, der auch die dafür anfallenden Fahrtkosten übernahm.
Der BF1 wurde in der Stadt XXXX in Kolumbien geboren und war immer wieder dort sowie in Bogota wohnhaft. Zeitweise war er aus beruflichen Gründen auch in verschiedenen Dörfern aufhältig, die letzten zwei Jahre vor der Ausreise wohnte er jedoch in einer kleinen Wohnung in Bogota, da er sich dort bessere Arbeitschancen erhoffte. Der mj. BF2 wurde in XXXX , Kolumbien geboren und befindet sich seit seiner Geburt in der Obhut des BF1. Für kurze Zeit war er in Kolumbien in einem staatlichen Kindergarten. Der BF1 hat in Kolumbien 5 Jahre lang die Grundschule besucht und bereits als Minderjähriger in XXXX und anderen Orten gearbeitet. Im Alter von 22 Jahren hat er den Schulabschluss nachgeholt und danach eine Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung trat der BF1 freiwillig in den Militärdienst ein, wo er als Krankenpfleger tätig war. Danach arbeitete er für ein Unternehmen als Elektriker auf Baustellen und reparierte Elektrogeräte in Haushalten. Nach der Insolvenz seines Arbeitgebers zu Beginn der COVID-Pandemie wurde er arbeitslos und führte sporadisch selbstständige Arbeiten als Elektriker durch. Die finanzielle Situation des BF1 in Kolumbien war sehr angespannt. Der BF1 wurde in der Stadt römisch 40 in Kolumbien geboren und war immer wieder dort sowie in Bogota wohnhaft. Zeitweise war er aus beruflichen Gründen auch in verschiedenen Dörfern aufhältig, die letzten zwei Jahre vor der Ausreise wohnte er jedoch in einer kleinen Wohnung in Bogota, da er sich dort bessere Arbeitschancen erhoffte. Der mj. BF2 wurde in römisch 40 , Kolumbien geboren und befindet sich seit seiner Geburt in der Obhut des BF1. Für kurze Zeit war er in Kolumbien in einem staatlichen Kindergarten. Der BF1 hat in Kolumbien 5 Jahre lang die Grundschule besucht und bereits als Minderjähriger in römisch 40 und anderen Orten gearbeitet. Im Alter von 22 Jahren hat er den Schulabschluss nachgeholt und danach eine Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung trat der BF1 freiwillig in den Militärdienst ein, wo er als Krankenpfleger tätig war. Danach arbeitete er für ein Unternehmen als Elektriker auf Baustellen und reparierte Elektrogeräte in Haushalten. Nach der Insolvenz seines Arbeitgebers zu Beginn der COVID-Pandemie wurde er arbeitslos und führte sporadisch selbstständige Arbeiten als Elektriker durch. Die finanzielle Situation des BF1 in Kolumbien war sehr angespannt.
Der Vater des BF1 lebt in Kolumbien und ist pensionierter Polizist. Die Mutter, Schwester, ein Bruder, ein Neffe, eine Tante und zwei Cousins des BF1 leben in Österreich. Ansonsten befinden sich keine Verwandten der BF in Österreich. Ein weiterer Bruder des BF1 lebt in Deutschland. Die Mutter des mj. BF2 ist Sexarbeiterin und ist in Venezuela aufhältig. Zu dieser besteht nur selten telefonischer Kontakt.
Abgesehen von den genannten familiären Kontakten konnten keine berücksichtigungswürdigen bzw nennenswerten privaten Bindungen in Österreich festgestellt werden.
Der BF1 leidet unter starker Migräne, weshalb er in Kolumbien Migräne- und Schlafmedikamente einnahm. In Österreich nimmt er keine Medikamente. Der BF1 ist gesund und arbeitsfähig. Der mj. BF2 ist gesund, hatte in der Vergangenheit ein paar Mal die Grippe und während seiner Zeit im Kindergarten einmal eine bakterielle Infektion des Magen-Darm-Traktes, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machte.
Der mj. BF2 geht in Österreich nicht in den Kindergarten, hat – ausgenommen zum Neffen des BF1 – keinen regelmäßigen Kontakt zu anderen Kindern und bleibt bei seinem Vater. Der BF1 besucht keinen Deutschkurs, sondern lernt im Internet Deutsch, wobei er noch über keine nennenswerten Deutschkenntnisse verfügt. Er ist weder Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation.
Der BF1 ist in Österreich nicht erwerbstätig, bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist strafrechtlich unbescholten.
Weitere Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht liegen nicht vor.
Die BF sind in Kolumbien keiner dem Staat zurechenbaren Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt. Sie haben im Falle ihrer Rückkehr nach Kolumbien keine staatlichen oder behördlichen Sanktionen zu befürchten. Sie werden dort weder strafrechtlich noch politisch oder aus anderen Gründen verfolgt. Es ist nicht zu erwarten, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Kolumbien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr – etwa durch nicht-staatliche kriminelle Gruppen – ausgesetzt wären oder in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würden. Die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des Staates ist jedenfalls gegeben. Die Beschwerdeführer haben Kolumbien aus privaten, wirtschaftlichen und nicht asylrelevanten Gründen verlassen.
Zur allgemeinen Lage in Kolumbien:
Politische Lage:
Kolumbien ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik, die durch eine gewählte Demokratie regiert wird, mit einem System geteilter Regierungsgewalt (Exekutive, Legislative, Judikative) und einer geschriebenen Verfassung.
Mehr als 50 Jahre lang befand sich die FARC, die älteste und größte Guerillagruppe in der westlichen Hemisphäre, im Konflikt mit der Regierung, bis 2016 ein Friedensabkommen geschlossen wurde. Eine Reihe anderer paramilitärischer und krimineller Gruppen wurde ebenfalls aktiv, und obwohl das Friedensabkommen mit der FARC von großer Bedeutung war, sorgen nun andere bewaffnete und kriminelle Gruppen für anhaltende Unsicherheit in dem Land, wo die FARC früher präsent war. Kolumbien gehört zu den am längsten bestehenden Demokratien Lateinamerikas, trotz einer langen Geschichte weit verbreiteter Menschenrechtsverletzungen und Gewalt, die die Fähigkeit der Regierung, das Friedensabkommen von 2016 mit der FARC zu festigen und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, vor Herausforderungen stellt.
Die 2016 erfolgte Unterzeichnung des Endgültigen Abkommens zur Beendigung des Konflikts und zum Aufbau eines stabilen und dauerhaften Friedens (Acuerdo Final para la terminación del conflicto y la construcción de una Paz estable y duradera) war ein bedeutender Erfolg, und die Demobilisierung der FARC sowie die Gründung ihrer neuen politischen Partei ge