TE Bvwg Erkenntnis 2024/9/30 W283 2286658-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2024
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Entscheidungsdatum

30.09.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art133 Abs4
  1. AsylG 2005 § 34 heute
  2. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 34 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  6. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  8. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W283 2286656-1/8E
W283 2286652-1/5E
W283 2286658-1/5E
W283 2286659-1/5E
W283 2286653-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie KUSCHNIG als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX 1973, 2.) XXXX , geboren am XXXX 1974, 3.) XXXX , geboren am XXXX 2010, 4.) XXXX , geboren am XXXX 2005, 5.) XXXX , geboren am XXXX 2015, alle StA. SYRIEN, alle vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, sowie 3.), und 5.) vertreten durch 1.), und 2.), gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2024 hinsichtlich 1.) Zl. 1372622408/ XXXX , hinsichtlich 2.) Zl. 1372623307/ XXXX , hinsichtlich 3.) Zl. 1372619206/ XXXX , hinsichtlich 4.) Zl. 1372625900/ XXXX , sowie hinsichtlich 5.) Zl. 1372618503/ XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie KUSCHNIG als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) römisch 40 , geboren am römisch 40 1973, 2.) römisch 40 , geboren am römisch 40 1974, 3.) römisch 40 , geboren am römisch 40 2010, 4.) römisch 40 , geboren am römisch 40 2005, 5.) römisch 40 , geboren am römisch 40 2015, alle StA. SYRIEN, alle vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, sowie 3.), und 5.) vertreten durch 1.), und 2.), gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2024 hinsichtlich 1.) Zl. 1372622408/ römisch 40 , hinsichtlich 2.) Zl. 1372623307/ römisch 40 , hinsichtlich 3.) Zl. 1372619206/ römisch 40 , hinsichtlich 4.) Zl. 1372625900/ römisch 40 , sowie hinsichtlich 5.) Zl. 1372618503/ römisch 40 , nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Die 1. beschwerdeführende Partei (bP1), XXXX , ist mit der 2. beschwerdeführenden Partei (bP2), XXXX verheiratet. Die 3. beschwerdeführende Partei (bP3), XXXX , die 4. beschwerdeführende Partei (bP4), XXXX , sowie die 5. beschwerdeführende Partei (bP5), XXXX , sind die gemeinsamen Kinder der bP1 und bP2 (alle gemeinsam bezeichnet als „bP“). Die bP sind Staatsangehörige von Syrien.Die 1. beschwerdeführende Partei (bP1), römisch 40 , ist mit der 2. beschwerdeführenden Partei (bP2), römisch 40 verheiratet. Die 3. beschwerdeführende Partei (bP3), römisch 40 , die 4. beschwerdeführende Partei (bP4), römisch 40 , sowie die 5. beschwerdeführende Partei (bP5), römisch 40 , sind die gemeinsamen Kinder der bP1 und bP2 (alle gemeinsam bezeichnet als „bP“). Die bP sind Staatsangehörige von Syrien.

Am 09.10.2023 stellten die bP Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Am 18.01.2024 erfolgten die niederschriftlichen Einvernahmen der bP1, bP2, bP3 und bP4 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt).

Mit gegenständlich angefochtenen Bescheiden wies das Bundesamt die Anträge der bP hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten jeweils ab, erkannte ihnen jedoch den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen jeweils eine auf 1 Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.

Gegen Spruchpunkt I. erhoben die bP fristgerecht Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).Gegen Spruchpunkt römisch eins. erhoben die bP fristgerecht Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

Das BVwG führte am 05.09.2024 in Anwesenheit einer Dolmetscherin und im Beisein der Vertretung der bP eine öffentliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der bP:

Die bP1 führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX 1973. Die bP1 ist 51 Jahre alt. Die bP2 führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX 1974. Die bP2 ist 49 Jahre alt. Die bP3 führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX 2010. Die bP3 ist 14 Jahre alt. Die bP4 führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX 2005. Die bP4 ist 19 Jahre alt. Die bP5 führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX 2015. Die bP5 ist 9 Jahre alt. Die bP wurden in der Stadt Deir ez-Zor, im Gouvernement Deir ez-Zor geboren.Die bP1 führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 1973. Die bP1 ist 51 Jahre alt. Die bP2 führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 1974. Die bP2 ist 49 Jahre alt. Die bP3 führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 2010. Die bP3 ist 14 Jahre alt. Die bP4 führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 2005. Die bP4 ist 19 Jahre alt. Die bP5 führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 2015. Die bP5 ist 9 Jahre alt. Die bP wurden in der Stadt Deir ez-Zor, im Gouvernement Deir ez-Zor geboren.

Die bP sind Staatsangehörige von Syrien. Die bP gehören der Volksgruppe der AraberInnen an, bekennen sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und beherrschen ihre Muttersprache Arabisch in Wort und Schrift.

Die bP lebten bis 2015 in der Stadt Deir ez-Zor, danach kurzzeitig in XXXX und XXXX . Von 2016 bis zur Ausreise 2021 lebten die bP alle in der Stadt al-Hassakah. Vor ihrer Ausreise lebten die bP gemeinsam in einer Mietwohnung in der Stadt al-Hassakah. Die bP lebten bis 2015 in der Stadt Deir ez-Zor, danach kurzzeitig in römisch 40 und römisch 40 . Von 2016 bis zur Ausreise 2021 lebten die bP alle in der Stadt al-Hassakah. Vor ihrer Ausreise lebten die bP gemeinsam in einer Mietwohnung in der Stadt al-Hassakah.

Die bP1, bP2, bP3 und bP4 haben die Schule besucht. Konkret haben die bP1 und bP2 jeweils 12 Jahre lang die Schule besucht. Anschließend hat die bP1 ein College für Lehramt, und die bP2 ein College für Krankenschwestern absolviert. Die bP3 hat 1 Jahr und die bP4 hat 5 Jahre lang die Schule besucht. Die bP1 arbeitete in Deir ez-Zor zunächst als Lehrer und dann als Schuldirektor bis zum Jahr 2015. In der Stadt al-Hassakah betätigte sich die bP1 als Fahrzeughändler. Die bP2 hat in Syrien 20 Jahre lang als Krankenschwester gearbeitet.

Die bP1 und die bP2 sind verheiratet. Gemeinsam haben sie 2 Töchter und 4 Söhne, nämlich XXXX (bP3), XXXX (bP4), XXXX (bP5), die in Österreich asylberechtigten Söhne XXXX , geboren am XXXX 1999 (IFA: XXXX ), und XXXX , geboren am XXXX 2000 (IFA: XXXX ), sowie den in der Türkei lebenden 23jährigen XXXX . Die bP3, bP4 und bP5 sind ledig und kinderlos.Die bP1 und die bP2 sind verheiratet. Gemeinsam haben sie 2 Töchter und 4 Söhne, nämlich römisch 40 (bP3), römisch 40 (bP4), römisch 40 (bP5), die in Österreich asylberechtigten Söhne römisch 40 , geboren am römisch 40 1999 (IFA: römisch 40 ), und römisch 40 , geboren am römisch 40 2000 (IFA: römisch 40 ), sowie den in der Türkei lebenden 23jährigen römisch 40 . Die bP3, bP4 und bP5 sind ledig und kinderlos.

In Österreich leben 2 Enkelsöhne der bP1 und bP2, nämlich XXXX , geboren am XXXX 2022 (IFA: XXXX ), sowie XXXX , geboren am XXXX 2019 (IFA: XXXX ). In der Türkei lebt 1 Enkeltochter der bP1 und bP2. In Syrien, konkret in Deir ez-Zor, lebt 1 Bruder und 5 Schwestern der bP1, sowie 5 Brüder und 5 Schwestern der bP2 gemeinsam mit deren Familienangehörigen. In Jordanien lebt 1 Schwester der bP1. Die bP stehen mit ihren Familienangehörigen in Kontakt. Die bP haben Syrien 2021 in Richtung Türkei verlassen. Die bP hielten sich in Folge ca. 2 Jahre lang in der Türkei auf und reisten in weiterer Folge gemeinsam nach Österreich.In Österreich leben 2 Enkelsöhne der bP1 und bP2, nämlich römisch 40 , geboren am römisch 40 2022 (IFA: römisch 40 ), sowie römisch 40 , geboren am römisch 40 2019 (IFA: römisch 40 ). In der Türkei lebt 1 Enkeltochter der bP1 und bP2. In Syrien, konkret in Deir ez-Zor, lebt 1 Bruder und 5 Schwestern der bP1, sowie 5 Brüder und 5 Schwestern der bP2 gemeinsam mit deren Familienangehörigen. In Jordanien lebt 1 Schwester der bP1. Die bP stehen mit ihren Familienangehörigen in Kontakt. Die bP haben Syrien 2021 in Richtung Türkei verlassen. Die bP hielten sich in Folge ca. 2 Jahre lang in der Türkei auf und reisten in weiterer Folge gemeinsam nach Österreich.

Die bP sind gesund. Den bP kommt in Österreich der Status von subsidiär Schutzberechtigten zu.

1.2. Zu den Fluchtgründen der bP:

1.2.1. Die Herkunftsregion der bP ist die Stadt al-Hassakah, im gleichnamigen Gouvernement al-Hassakah. Die Herkunftsregion der bP, dessen nähere Umgebung und angrenzenden Gebiete, liegen in der Hand der SDF (auch „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ bzw. „Autonomous Administration of North and East Syria – AANES“ oder „Selbstverwaltungsgebiet), außerhalb von Sicherheitsquadraten des syrischen Regimes. Die „Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ ist ein de facto autonomes Gebiet.

1.2.2. In der Vergangenheit waren die bP keiner individuellen Bedrohung oder Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt und es droht ihnen eine solche auch zum Entscheidungszeitpunkt nicht.

1.2.2.1. Zum Wehr- und Reservedienst:

In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst bei der syrischen Armee für männliche syrische Staatsbürger im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren.

Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden. Die Altersgrenze für den Reservedienst kann erhöht werden, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen aufweist (das gilt z. B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Die Behörden berufen vornehmlich Männer bis 27 ein, während ältere sich eher auf Ausnahmen berufen können.

1.2.2.1.1. hinsichtlich der bP1:

Die 51jährige bP1 hat den regulären Wehrdienst für das syrische Regime bereits in den Jahren 1999 bis 2001 vollständig abgeleistet. Im Zuge dessen hat die bP1 die Funktion eines einfachen Rekruten innegehabt ohne dabei einen besonderen Dienstgrad oder besondere Qualifikationen erlangt zu haben. Auch durch ihre Berufe als Lehrer, Schuldirektor und KFZ-Händler konnte die bP1 sich keine für den Militärdienst relevanten Qualifikationen aneignen. Überdies hat die bP1 an keinen bewaffneten oder gewalttägigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen. Die bP1 hat seit Beendigung ihres regulären Wehrdienstes im Jahr 2001 keinen Einberufungsbefehl zum Reservedienst erhalten. Für den Fall einer Rückkehr droht der 51jährigen bP1 nicht die Einziehung zum Reservedienst.

1.2.2.1.2. hinsichtlich der bP3:

Die erst 14jährige bP3 hat das wehrfähige Alter noch nicht erreicht. Sie war in der Vergangenheit weder von Zwangs- oder Kinderrekrutierung betroffen, noch besteht ein reales Risiko künftig vom syrischen Regime zwangsrekrutiert zu werden. Im Falle ihrer Rückkehr droht ihr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Zwangsrekrutierung zum Wehrdienst bei der syrischen Armee.

1.2.2.1.3. Mangels Eingriffs-, Kontroll- und Zugriffsmöglichkeit des syrischen Regimes auf die von kurdischen Streitkräften kontrollierte Herkunftsregion der bP, laufen die bP1 und bP3 im Falle einer Rückkehr in ihre Herkunftsregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht Gefahr, seitens des syrischen Regimes zwangsrekrutiert zu werden, oder im Falle einer diesbezüglichen Weigerung, Repressalien oder Verfolgung aufgrund einer ihnen hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung ausgesetzt zu sein.

1.2.2.2. Den bP droht keine Bedrohung oder Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu ihrer Familie. Insbesondere waren und sind die bP keiner Reflexverfolgung aufgrund ihres Verwandtschaftsverhältnisses zu den in Österreich lebenden Verwandten, sowie der Schwester der bP2 ausgesetzt.

1.2.2.3. Der bP1 sowie der bP2 droht im Falle ihrer Rückkehr aufgrund ihrer vormaligen beruflichen Tätigkeiten als Lehrer, Schuldirektor bzw. Krankenschwester keine reale Gefahr mit der Anwendung von physischer oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

Die bP1 und die bP2 haben ihre Arbeitsplätze jeweils wegen der volatilen Sicherheitslage aufgegeben. Die bP1 und bP2 waren in der Vergangenheit keiner Bedrohung oder Verfolgung durch das Verlassen ihres Arbeitsplatzes ausgesetzt und ist dies auch in Hinkunft nicht maßgeblich wahrscheinlich.

1.2.2.4. Die bP weisen keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen das syrische Regime auf, und wird ihnen eine solche auch nicht unterstellt. Sie habe keine als oppositionell anzusehenden Handlungen gesetzt, die sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit glaubhaft in das Blickfeld des syrischen Regimes gebracht haben.

Die bP2 ist insbesondere nicht aufgrund ihrer Demonstrationsteilnahmen in Syrien während des arabischen Frühlings im Jahr 2011 in das Visier des syrischen Regimes geraten. Auch deswegen droht ihr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung.

Die bP sind im Falle der Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch nicht aufgrund ihres vormaligen Wohnorts in Deir ez-Zor, bzw. der Herkunft aus einem (ehemals) oppositionell besetzten Gebiet der Gefahr ausgesetzt, von der syrischen Regierung mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

Die bP haben insgesamt im Falle der Rückkehr nach Syrien keine aktuelle unmittelbare und sie persönlich betreffende konkrete Verfolgung oder Bedrohung durch das Regime wegen einer ihnen zumindest unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung zu befürchten.

1.2.2.5. Im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien in ihre Herkunftsregion, sind die bP nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt. Die Herkunftsregion der bP, sowie auch dessen Umland stehen nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter ausschließlicher Kontrolle der SDF. Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten des syrischen Regimes bestehen nicht.

Den bP ist es möglich ihre Herkunftsregion ohne Kontakt zum syrischen Regime zu erreichen. Die Einreise in die Gebiete unter der Kontrolle der SDF/YPG in Nordost Syrien ist für die bP beispielsweise über den Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur, ohne in Kontakt zum syrischen Regime zu geraten, möglich. Auch die Weiterreise vom Grenzübergang Semalka – Faysh Khabur in die Herkunftsregion der bP ist ohne Kontakt zum syrischen Regime möglich. Das Erreichen der Herkunftsregion ohne das Passieren eines allfälligen Sicherheitsquadrates ist für die bP möglich.

1.2.3. Im Juni 2019 ratifizierte die AANES ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, die Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen. Am 4.9.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit.

1.2.3.1. Im Falle der Rückkehr in die Herkunftsregion der bP unterliegt die bP2, bP4 und bP5 aufgrund ihres Geschlechts und die bP1 aufgrund ihres Alters nicht der Selbstverteidigungspflicht der AANES. Insbesondere hinsichtlich der bP4 kam es in der Vergangenheit zu keiner Bedrohung seitens der Kurden bzw. kurdischer Kräfte hinsichtlich einer etwaigen Zwangsrekrutierung.

1.2.3.2. Die erst 14jährige bP3 hat ihren Selbstverteidigungsdienst weder abgeleistet, noch fällt sie im Entscheidungszeitpunkt unter die selbstverteidigungspflichtigen Jahrgänge. Im Falle ihrer Rückkehr droht der bP3 mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Zwangsrekrutierung in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien.

Auch sonst sind die bP im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien in ihre Herkunftsregion, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung aus einem GFK-Grund durch die Kurden oder kurdische Kräfte ausgesetzt.

1.2.4. Die bP waren in Syrien in der Vergangenheit keiner individuellen Bedrohung bzw. Verfolgung durch den IS ausgesetzt.

Die Herkunftsregion der bP, sowie auch dessen Umland, stehen nicht im Einfluss- und Kontrollbereich des IS, sondern unter kurdischer Kontrolle. Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten des IS bestehen nicht.

1.2.5. Frauen sind in Syrien keiner systematischen Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt. Im Falle der Rückkehr der bP2, bP4 und bP5, sind diese nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit geschlechtsspezifischer Verfolgung in Syrien ausgesetzt. Die bP2, bP4 und bP5 laufen zudem nicht Gefahr in Syrien als alleinstehende Frauen bzw. de facto alleinstehende Frauen wahrgenommen zu werden. Es mangelt diesen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht an einem „männlichen Beschützer“ und wären diese in Syrien weder schutzlos, noch ohne familiäre Unterstützung. Insbesondere verfügt die verheiratete bP2 über eine gute Ausbildung und war bereits in der Vergangenheit berufstätig.

1.2.6. Auch aufgrund der Ausreise aus Syrien, ihrem langjährigen Aufenthalt im Ausland, sowie ihrer Asylantragstellung in Österreich droht den bP nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verfolgung oder Bedrohung. Auch eine Verfolgung aufgrund der Ausreise der nunmehr in Österreich asylberechtigten Familienangehörigen der bP ist unwahrscheinlich. Nicht alle Rückkehrenden, die unrechtmäßig ausgereist sind und die im Ausland einen Asylantrag gestellt haben, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.

1.2.7. Die bP hatten und haben keine Probleme wegen ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit in Syrien. Auch sonst hatten und haben die bP keine asylrelevanten Probleme mit Privatpersonen in Syrien. Die bP sind nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

1.2.8. Die bP sind in Syrien nie Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen, haben sich nicht aktiv an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt und haben keine Strafrechtsdelikte begangen. Die bP genießen nicht den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen. Die bP haben kein Verbrechen gegen den Frieden, kein Kriegsverbrechen und kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Die bP haben kein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb von Österreich begangen und sich keine Handlungen zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Die bP sind in Österreich unbescholten und wurden weder von einem inländischen noch einem ausländischen Gericht verurteilt.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

1.3.1. Auszug aus den aktuellen Länderinformationen der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024, Version 11 (Beilage ./II):

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung 2024-03-08 11:06

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung 2024-03-08 11:12

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):

Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS)

Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Als sein Nachfolger wurde Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi ernannt (EUAA 9.2022; vgl. DS 10.3.2022). Am 30.11.2022 bestätigte die Dschihadistenmiliz den Tod von Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (BAMF 6.12.2022; vgl. CNN 30.11.2022). Das Oberkommando der US-Streitkräfte in der Region bestätigte, dass al-Quraishi Mitte Oktober 2022 bei einer Operation von syrischen Rebellen in der südlichen syrischen Provinz Dara’a getötet wurde (BAMF 6.12.2022). Der IS ernannte Abu al-Husain al-Husaini al-Quraishi zu seinem Nachfolger (CNN 30.11.2022; vgl. BAMF 6.12.2022). Im August 2023 wurde dieser bei Kampfhandlungen mit der HTS getötet und der IS musste zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren einen neuen Führer ernennen. Als Nachfolger wurde Abu Hafs al-Hashimi al-Qurayshi eingesetzt (WSJ 3.8.2023). Die Anit-Terror-Koalition unter der Führung der USA gibt an, dass 98 Prozent des Gebiets, das der IS einst in Syrien und Irak kontrollierte, wieder unter Kontrolle der irakischen Streitkräfte bzw. der SDF sind (CFR 24.1.2024). Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Al

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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