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L55009 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Wien;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Wiener Umweltanwaltschaft gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. Dezember 1994, Zl. MA 22-623/94, betreffend Erklärung von Grundstücken zum Naturdenkmal, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die beschwerdeführende Partei stellte beim Magistrat Wien als Naturschutzbehörde erster Instanz den Antrag, bestimmte näher bezeichnete Grundstücke zum Naturdenkmal zu erklären.
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 30. Mai 1994 wurde dieser Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Einleitung eines Verfahrens nach § 13 Abs. 1 des Wiener Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 6/1985 (Wiener NSchG 1984), könne lediglich von Amts wegen durch die Naturschutzbehörde erfolgen; der beschwerdeführenden Partei komme die Berechtigung zur Einleitung eines Verfahrens nicht zu.
Die beschwerdeführende Partei berief.
Mit Bescheid vom 6. Dezember 1994 wies die belangte Behörde
die Berufung als unbegründet ab.
Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, aus dem Bestehen einer Parteistellung in einem amtswegig zu führenden Verfahren könne nicht auf das Vorliegen einer Legitimation zur Einbringung eines Antrages auf Einleitung eines Naturdenkmalerklärungsverfahrens geschlossen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, gemäß § 6 Abs. 1 des Wiener Umweltschutzgesetzes, LGBl. Nr. 25/1993 (Wiener Umweltschutzgesetz) habe sie zur Wahrung der Interessen des Umweltschutzes in den im § 6 Abs. 1 Z. 1 bis 4 angeführten Verwaltungsverfahren Parteistellung sowie das Recht, gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Aufgrund des § 6 Abs. 1 Z. 1 lit. f erster Fall Wiener Umweltschutzgesetz beziehe sich diese Parteistellung ausdrücklich auf das Verfahren betreffend die Erklärung eines Naturgebildes zum Naturdenkmal gemäß § 13 des Wiener NSchG 1984. § 13 leg. cit. betreffe ausschließlich die Einleitung des Verfahrens. Die Durchführung und bescheidmäßige Erledigung des Unterschutzstellungsverfahrens werde erst im § 14 Wiener NSchG 1984 geregelt. In dessen Abs. 3 komme der beschwerdeführenden Partei aufgrund des § 6 Abs. 1 Z. 1 lit. f zweiter Fall des Wiener Umweltschutzgesetzes ebenfalls Parteistellung zu. Ein ausdrückliches Antragsrecht der beschwerdeführenden Partei sei weder im Wiener NSchG 1984 noch im Wiener Umweltschutzgesetz vorgesehen. Im Hinblick darauf, daß sich § 13 Wiener NSchG 1984 nicht auf ein anhängiges Verfahren beziehe, könne die beschwerdeführende Partei die Interessen des Umweltschutzes im Rahmen ihrer Parteistellung nur dadurch wahrnehmen, daß sie die Einleitung eines Unterschutzstellungsverfahrens veranlasse. Da § 13 Wiener NSchG 1984 auch nicht das Antragsrecht einer anderen Partei vorsehe, könne sich die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei überhaupt nur auf die Antragstellung sowie auf das Recht zur Erhebung einer Berufung gegen einen diesbezüglichen abschlägigen Bescheid beziehen. Jede andere Interpretation der zitierten Bestimmung würde nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei zu einer völligen Entkleidung der Parteistellung nach § 13 Wiener NSchG 1984 führen. Der beschwerdeführenden Partei wäre dann die Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrages zur Wahrung der Interessen des Umweltschutzes im Verfahren nach § 13 Wiener NSchG 1984 unmöglich gemacht. Dies könne nicht ratio des Wiener Umweltschutzgesetzes sein. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde würde daher die Wortinterpretation dem Sinn und der Zielsetzung des Wiener Umweltschutzgesetzes klar widersprechen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6 Abs. 1 Z. 1 lit. f Wiener Umweltschutzgesetz lautet:
"(1) Die Wiener Umweltanwaltschaft hat zur Wahrung der Interessen des Umweltschutzes in den nachstehend angeführten, aufgrund von landesgesetzlichen Bestimmungen durchzuführenden Verwaltungsverfahren Parteistellung sowie das Recht, gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, wobei sie jedoch auch auf ihre Parteirechte verzichten kann:
1. Verwaltungsverfahren nach dem Wiener Naturschutzgesetz, LGBl. für Wien Nr. 6/1984, in der jeweils geltenden Fassung, und zwar betreffend:
...
f) Erklärung eines Naturgebildes zum Naturdenkmal gemäß § 13, Genehmigung eines Eingriffes gemäß § 14 Abs. 3, Widerruf der Erklärung eines Naturgebildes zum Naturdenkmal gemäß § 16 Abs. 3."
§ 6 Abs. 1 Z. 1 lit. f des Wiener Umweltschutzgesetzes räumt der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren nach dem Wiener NSchG 1984 betreffend Erklärung eines Naturgebildes zum Naturdenkmal gemäß § 13 Parteistellung ein. Ob die aus der Parteistellung folgenden prozessualen Befugnisse auch den Anspruch umfassen, daß über einen Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erklärung eines Gebildes zum Naturdenkmal inhaltlich entschieden wird, ist aufgrund der Vorschriften des materiellen Rechtes, die den geltend gemachten Anspruch betreffen, zu entscheiden. Im Beschwerdefall ist dies
§ 13 Abs. 1 Wiener NSchG 1984. Danach können Naturgebilde, die wegen ihrer wissenschaftlichen oder kulturellen Bedeutung oder wegen ihrer Eigenart, Seltenheit oder wegen des besonderen Gepräges, das sie dem Landschaftsbild verleihen, oder wegen ihrer besonderen ökologischen Funktion erhaltungswürdig sind, durch Bescheid der Naturschutzbehörde zum Naturdenkmal erklärt werden (Unterschutzstellung).
Der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, daß der Behörde Handlungspflichten in der Richtung auferlegt wären, bei Vorliegen der Voraussetzungen mit der bescheidmäßigen Erklärung zum Naturdenkmal vorzugehen. Vielmehr ist - nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß die in ihren Voraussetzungen und Wirkungen durchaus vergleichbare Einrichtung von geschützten Landschaftsteilen, Landschaftsschutzgebieten, Naturparks und Naturschutzgebieten mit Verordnung erfolgt (vgl. §§ 9, 11, 12 und 17 des Wiener NSchG 1984), auf deren Erlassung niemandem ein Anspruch zusteht - davon auszugehen, daß § 13 Abs. 1 Wiener NSchG 1984 eine bloße Handlungsermächtigung der Behörde im Rahmen planerischer Gestaltungsfreiheit bedeutet. Leitet die Behörde ein solches Verfahren von Amts wegen ein, so ist die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei gegeben. Ein Antragsrecht und ein Recht auf inhaltliche Erledigung eines solchen Antrages kommt der beschwerdeführenden Partei hingegen nicht zu (vgl. im Hinblick auf die im hier relevanten Zusammenhang vergleichbare Rechtslage nach dem Niederösterreichischen Naturschutzgesetz den hg. Beschluß vom 24. Oktober 1994, Zl. 94/10/0140).
Es trifft nicht zu, daß die beschwerdeführende Partei die Interessen des Naturschutzes in einem Verfahren zur Erklärung eines Naturdenkmales nur durch Antragstellung wahrnehmen kann; vielmehr kann sie in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren alle für die Erklärung zum Naturdenkmal sprechenden Argumente vorbringen - ein Umstand, dem aufgrund der Fachkunde der beschwerdeführenden Partei großes Gewicht zukommt.
§ 13 Abs. 1 Wiener NSchG 1984, auf den § 6 Abs. 1 Z. 1 lit. f Wiener Umweltschutzgesetz verweist, enthält den Grundtatbestand der Unterschutzstellung und nicht - wie die beschwerdeführende Partei meint - die verfahrensrechtlichen Regelungen. § 14 Abs. 3 Wiener NSchG 1984, an den § 6 Abs. 1 Z. 1 lit. f Wiener Umweltschutzgesetz ebenfalls anknüpft, regelt ein vom Unterschutzstellungsverfahren gesondertes Verfahren, nämlich die Bewilligung von Eingriffen in ein Naturdenkmal. Aus der Art und Weise, wie § 6 Abs. 1 Z. 1 lit. f Wiener Umweltschutzgesetz die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei in Verfahren, die mit einem Naturdenkmal zu tun haben, regelt, kann daher nicht auf ein Antragsrecht der beschwerdeführenden Partei geschlossen werden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Sachverhalt SachverhaltsfeststellungParteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995100021.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
17.07.2009