Entscheidungsdatum
11.10.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L525 2205065-1/28E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.07.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.07.2018, Zl. römisch 40 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer – ein pakistanischer Staatsangehöriger – stellte nach illegaler Einreise am 23.12.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Noch am selben Tag wurde er durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinen Ausreisegründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er sei von dem Vater seiner Freundin als Mörder angezeigt worden. Er hätte seine Freundin, welche Schwanger gewesen sei, heiraten wollen, aber die Eltern seien gegen die Ehe gewesen. Der Vater habe die Freundin, seine Tochter, umgebracht und den Beschwerdeführer als Mörder angegeben. Dieser werde nun von der Polizei gesucht. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland fürchte er sich vor der Polizei, da der Vater seiner ehemaligen Freundin Politiker sei und viel Einfluss habe.
Am 16.08.2016 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für den 23.08.2023 zwecks Einvernahme geladen und ist aber nicht erschienen.
Infolge wurde dem Beschwerdeführer am 24.08.2016 ein Ladungsbescheid für den 30.08.2016 zugestellt, welchem keine Folge geleistet wurde.
Am 05.09.2016 erfolgt die schriftliche Einvernahme durch das BFA. Der Beschwerdeführer gab dort über Befragung an, dass es ihm gut gehe, er geistig und körperlich in der Lage sei die Einvernahme durchzuführen und keine Medikamente nehme. Er verstehe den Dolmetscher und wurde der Beschwerdeführer über seine Mitwirkungspflicht belehrt.
Mit Ladung vom 25.07.2017 erfolgt die ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers durch das BFA am 10.08.2017. Der Beschwerdeführer gibt an in Österreich seit 11.07.2017 verheiratet zu sein und mit seiner Ehefrau zusammen zu wohnen. Aufgrund seiner Probleme in Pakistan wolle er keine Familienzusammenführung vom Heimatland aus beantragen.
Mit gegenständlichen Bescheid vom 23.07.2018 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Ebenso wies es den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG und erlies gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Das BFA stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Das BFA gewährte dem Beschwerdeführer gemäß §55 Abs. 1-3 FPG eine vierzehntägige Frist zur freiwilligen Ausreise.Mit gegenständlichen Bescheid vom 23.07.2018 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.). Ebenso wies es den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch II.). Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG und erlies gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG. Das BFA stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.). Das BFA gewährte dem Beschwerdeführer gemäß §55 Absatz eins -, 3, FPG eine vierzehntägige Frist zur freiwilligen Ausreise.
Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen keinen glaubhaften Sachverhalt anführen konnte, der die Annahme rechtfertigen würde, dass er in seinem Herkunftsstaat einer asylrelevanten Verfolgung oder unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr ausgesetzt sei bzw. sein werde. Es bestehe ein familiärer Bezug nach Pakistan und auch die Möglichkeit wiederum eine Arbeit zu finden. Der Beschwerdeführer und seine Frau können sich gemeinsam in Pakistan niederlassen. Als Integrationsmerkmale gibt es die vollzeitige Erwerbstätigkeit und die Beziehung mit der Ehefrau. Beides bestünde erst seit kurzem.
Mit Verfahrensanordnung vom 24.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig für das Beschwerdeverfahren beigegeben.Mit Verfahrensanordnung vom 24.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
Gegen den angefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 20.08.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Pakistan verlassen musste, da er aufgrund der Verfolgung durch die Familie seiner Exfreundin der Gefahr ausgesetzt sei in Pakistan menschenrechtswidrig behandelt zu werden. Dies deshalb, weil der Vater der Exfreundin Einfluss auf die Polizei habe und er sich nicht von diesen fassen lassen dürfe. Weiter wird angeführt, dass sich der soziale Mittelpunkt, aufgrund seiner Hochzeit, der Selbstständigkeit und der Bezahlung der Steuern, in Österreich befindet. Auch in der deutschen Sprache wolle der Beschwerdeführer sich weiterbilden.
Die Beschwerde wurde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Mit hg Beschluss vom 13.06.2022 wurde das Verfahren gemäß §24 Abs. 2. AsylG eingestellt. Begründend führte das erkennende Gericht aus, der Beschwerdeführer sei bis zum 24.11.2021 aufrecht in Österreich gemeldet gewesen. Ein Aufenthaltsort des Beschwerdeführers sei seit dem 31.03.2017 nicht bekannt. Der Beschwerdeführer habe seinen aktuellen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben, noch sei dieser leicht feststellbar, weshalb das Verfahren eingestellt habe werden müssen. Mit hg Beschluss vom 13.06.2022 wurde das Verfahren gemäß §24 Absatz 2, AsylG eingestellt. Begründend führte das erkennende Gericht aus, der Beschwerdeführer sei bis zum 24.11.2021 aufrecht in Österreich gemeldet gewesen. Ein Aufenthaltsort des Beschwerdeführers sei seit dem 31.03.2017 nicht bekannt. Der Beschwerdeführer habe seinen aktuellen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben, noch sei dieser leicht feststellbar, weshalb das Verfahren eingestellt habe werden müssen.
Das eingestellte Verfahren wurde mit hg Beschluss vom 09.10.2023 von Amts wegen fortgesetzt. Aufgrund der schriftlichen Mitteilung vom 05.10.2023 über eine neue Zustelladresse des Beschwerdeführers sei die Feststellung des Sachverhalts nunmehr möglich.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.07.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer erschien unentschuldigt nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und stammt aus dem Bezirk Gujrat, Region Punjab. Er ist geschieden und hat keine Sorgepflichten. Die Identität steht nicht fest. Er bekennt sich zum sunnitischen Islam und gehört zur Volksgruppe der Gujjar an. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Im Herkunftsstaat leben seine Eltern und seine zwei Schwestern, sowie weitere Verwandte, wie Onkeln und Tanten. Der Beschwerdeführer hat die Grundschule elf Jahre lang, von 2001 bis 2013 besucht. Er hat keinen Schulabschluss. Nach der Schule arbeitet er, ab dem Jahr 2013, als Lackierer.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Pakistan einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.
Weiters kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.Weiters kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2,, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.
1.3. Zum Leben in Österreich:
Der Beschwerdeführer reiste zunächst im Dezember 2015 rechtswidrig in das Bundesgebiet. Er war vom 05.12.2016 bis zum 24.11.2021 in Österreich gemeldet. Der Beschwerdeführer ist seit 04.10.2023 erneut in Österreich gemeldet. Er bezog vom 07.01.2016 bis 31.03.2017 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer reiste ledig nach Österreich und heiratete am 11.07.2017 eine Frau mit der Staatsangehörigkeit der Philippinen. Die Ehe ist mittlerweile geschieden. Der Beschwerdeführer war vom 01.09.2017bis zum 30.06.2021 bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen gemeldet und hielt vom 24.07.2017 bis zum 21.10.2022 eine Gewerbeberechtigung für Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen inne. Der Beschwerdeführer ist unbescholten. Er ist angemeldet zu Deutschkursen, hat aber noch keine Prüfung abgelegt. Er spricht Urdu und ist gesund und im arbeitsfähigen Alter. Ein ehrenamtliches Engagement liegt nicht vor und ist er kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation in Österreich.
1.4 Länderfeststellungen:
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung 2023-04-12 10:32
In einigen Bereichen dieser Länderinformationen wurde auf das Taliban-Regime in Afghanistan bzw. seine Vertreter Bezug genommen. Dieses "Islamische Emirat Afghanistan" wurde mit Stand März 2023 von keinem Land der Welt anerkannt. Es gilt als eine de-facto-Regierung mit de-facto-Ministerien und de-facto-Ministern. Bezugnahmen, auch wenn sie sich auf staatliche Aufgaben (z.B. Botschaft in Pakistan, Grenzsicherung) beziehen, stellen keine Stellungnahme zur Anerkennung der Legitimation dar.
Der Konflikt um die Region Kaschmir wird kurz im entsprechenden Kapitel zur Sicherheitslage behandelt. Die Behandlung der von Pakistan kontrollierten Gebiete Kaschmirs stellt eine Beschreibung der de-facto-Situation bzw. de-facto-Administration und keine Stellungnahme dar.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Allgemeine Strukturen
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad (AA 27.10.2023). Die Stammesgebiete im Nordwesten des Landes, die ehemaligen Federally Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Bundesverwaltung und Provincially Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Provinzverwaltung, wurden nach einer Verfassungsänderung 2018 in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert und damit die nationalen und verfassungsmäßigen Rechte auf diese Gebiete ausgedehnt (ICG 14.2.2022). Pakistan kontrolliert außerdem die Gebiete Gilgit-Baltistan sowie Azad Jammu und Kaschmir auf der pakistanisch verwalteten Seite von Kaschmir (AA 27.10.2023).
Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik (USDOS 20.3.2023). Es werden regelmäßig Wahlen im Wettbewerb eines Mehrparteiensystems abgehalten (FH 2023). Die Nationalversammlung besteht aus 342 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Zehn der Sitze sind für Nicht-Muslime reserviert, 60 für Frauen. Der Senat hat 100 Mitglieder. Der Premierminister wird für fünf Jahre durch die Nationalversammlung gewählt (EB 19.1.2024). Der Präsident hat eher eine symbolische Funktion und wird ebenfalls für fünf Jahre durch ein Wahlkollegium aus den beiden Häusern des Parlaments und den Provinzversammlungen gewählt (FH 2023; vgl. EB 19.1.2024).Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik (USDOS 20.3.2023). Es werden regelmäßig Wahlen im Wettbewerb eines Mehrparteiensystems abgehalten (FH 2023). Die Nationalversammlung besteht aus 342 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Zehn der Sitze sind für Nicht-Muslime reserviert, 60 für Frauen. Der Senat hat 100 Mitglieder. Der Premierminister wird für fünf Jahre durch die Nationalversammlung gewählt (EB 19.1.2024). Der Präsident hat eher eine symbolische Funktion und wird ebenfalls für fünf Jahre durch ein Wahlkollegium aus den beiden Häusern des Parlaments und den Provinzversammlungen gewählt (FH 2023; vergleiche EB 19.1.2024).
Trotz der Existenz formaler demokratischer Institutionen übt das mächtige militärische Establishment de facto einen starken Einfluss aus. Dies hemmt die Entwicklung der demokratischen Institutionen (BS 23.2.2022). Eine lange Reihe an politischen Domänen wird dem Militär überlassen - von der nationalen Sicherheitspolitik bis zur Außenpolitik. Dem Militär wird auch immer wieder vorgeworfen, sich in den Wahlprozess einzumischen (BS 23.2.2022; vgl. FH 2023). Auch Gruppen, die ökonomische Eliten vertreten, haben oft enge Verbindungen zum Staat. Ebenso profitieren religiöse Gruppen vom Zurückgreifen des Staates auf den Islam als ideologische Legitimation. Zwar gab es Fortschritte in einigen Bereichen, doch vieles in der Politik des Landes ist weiterhin an klientelistischen Diensten orientiert und von traditionellen Eliten aus den vermögenden Klassen dominiert (BS 23.2.2022).Trotz der Existenz formaler demokratischer Institutionen übt das mächtige militärische Establishment de facto einen starken Einfluss aus. Dies hemmt die Entwicklung der demokratischen Institutionen (BS 23.2.2022). Eine lange Reihe an politischen Domänen wird dem Militär überlassen - von der nationalen Sicherheitspolitik bis zur Außenpolitik. Dem Militär wird auch immer wieder vorgeworfen, sich in den Wahlprozess einzumischen (BS 23.2.2022; vergleiche FH 2023). Auch Gruppen, die ökonomische Eliten vertreten, haben oft enge Verbindungen zum Staat. Ebenso profitieren religiöse Gruppen vom Zurückgreifen des Staates auf den Islam als ideologische Legitimation. Zwar gab es Fortschritte in einigen Bereichen, doch vieles in der Politik des Landes ist weiterhin an klientelistischen Diensten orientiert und von traditionellen Eliten aus den vermögenden Klassen dominiert (BS 23.2.2022).
Wahlen 2018 und PTI-Regierung
Die Aufdeckung der Übersee-Konten des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Premierministers Nawaz Sharif und seiner Familie im Zuge von internationalen Ermittlungen von Journalisten, den "Panama Papers", führte zu einer gerichtlichen Verurteilung und dessen Amtsenthebung (ICIJ 3.4.2023). Bei den folgenden Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter einerseits technische Verbesserungen in der Durchführung des Wahlprozesses festgestellt haben, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich Einflussnahmen durch Militär und Geheimdienst im Vorfeld der Wahlen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2022a). So dokumentierten Beobachter konzertierte Anstrengungen von Teilen des militärischen und richterlichen Establishments, die Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) des abgesetzten Premierministers Nawaz Sharif zu behindern (FH 2022a; vgl. BS 25.2.2022). Dies beinhaltete Strafverfahren u.a. in Bezug auf Korruption und Terrorismus sowie die Ablehnung von Entlassungen gegen Kaution bis nach den Wahlen. Außerdem berichteten Beobachter von Druck und Einflussnahme auf die Medien durch den Sicherheitsapparat, der zu einer gedämpften Berichterstattung über den Wahlkampf der PML-N geführt hat (FH 2022a). Imran Khan wurde, Berichten zufolge, damals vom Militär gestützt (Guardian 24.5.2023; vgl. SZ 13.6.2023, BS 23.2.2022, FH 2022a, Guardian/Khokhar 24.5.2023).Die Aufdeckung der Übersee-Konten des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Premierministers Nawaz Sharif und seiner Familie im Zuge von internationalen Ermittlungen von Journalisten, den "Panama Papers", führte zu einer gerichtlichen Verurteilung und dessen Amtsenthebung (ICIJ 3.4.2023). Bei den folgenden Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter einerseits technische Verbesserungen in der Durchführung des Wahlprozesses festgestellt haben, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich Einflussnahmen durch Militär und Geheimdienst im Vorfeld der Wahlen (USDOS 20.3.2023; vergleiche FH 2022a). So dokumentierten Beobachter konzertierte Anstrengungen von Teilen des militärischen und richterlichen Establishments, die Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) des abgesetzten Premierministers Nawaz Sharif zu behindern (FH 2022a; vergleiche BS 25.2.2022). Dies beinhaltete Strafverfahren u.a. in Bezug auf Korruption und Terrorismus sowie die Ablehnung von Entlassungen gegen Kaution bis nach den Wahlen. Außerdem berichteten Beobachter von Druck und Einflussnahme auf die Medien durch den Sicherheitsapparat, der zu einer gedämpften Berichterstattung über den Wahlkampf der PML-N geführt hat (FH 2022a). Imran Khan wurde, Berichten zufolge, damals vom Militär gestützt (Guardian 24.5.2023; vergleiche SZ 13.6.2023, BS 23.2.2022, FH 2022a, Guardian/Khokhar 24.5.2023).
Khan hatte die Korruptionsbekämpfung zu seiner politischen Botschaft erhoben. Doch nach seinem Sieg konzentrierte sich die folgende Korruptionsbekämpfung auf die vorangegangenen Regierungsparteien Pakistan Peoples Party (PPP) und PML-N bzw. die sie dominierenden Familiendynastien (DIP 9.10.2021; vgl. ICIJ 3.10.2021, BS 23.2.2022). Die Korruptionsermittlungen gegen führende Mitglieder und Parlamentarier der großen Oppositionsparteien und der Unwillen, sie hinzuzuziehen, führten zu einer Hemmung der parlamentarischen Arbeit und der Gesetzgebung (DAWN 17.3.2022).Khan hatte die Korruptionsbekämpfung zu seiner politischen Botschaft erhoben. Doch nach seinem Sieg konzentrierte sich die folgende Korruptionsbekämpfung auf die vorangegangenen Regierungsparteien Pakistan Peoples Party (PPP) und PML-N bzw. die sie dominierenden Familiendynastien (DIP 9.10.2021; vergleiche ICIJ 3.10.2021, BS 23.2.2022). Die Korruptionsermittlungen gegen führende Mitglieder und Parlamentarier der großen Oppositionsparteien und der Unwillen, sie hinzuzuziehen, führten zu einer Hemmung der parlamentarischen Arbeit und der Gesetzgebung (DAWN 17.3.2022).
Im Oktober 2020 gelang es den beiden Großparteien PPP und PML-N, sich unter dem Namen Pakistan Democratic Movement zu einer Allianz aus insgesamt elf Oppositionsparteien zu vereinen und zu breiten Demonstrationen zu mobilisieren (BS 23.2.2022; vgl. FH 2022a).Im Oktober 2020 gelang es den beiden Großparteien PPP und PML-N, sich unter dem Namen Pakistan Democratic Movement zu einer Allianz aus insgesamt elf Oppositionsparteien zu vereinen und zu breiten Demonstrationen zu mobilisieren (BS 23.2.2022; vergleiche FH 2022a).
Die starke politische Polarisierung erhöhte außerdem den Einfluss des militärischen Establishments weiter. Gleichzeitig war die PTI-Regierung auch selbst in der Umsetzung ihrer Politik durch dieselben Hindernisse gehemmt wie frühere Regierungen. Der Großteil der Abgeordneten der PTI setzte sich aus den traditionellen politischen und ökonomischen Eliten zusammen, die als Hemmschuh für Änderungen agieren, die ihre Interessen gefährden (BS 23.2.2022). Im Oktober 2021 wurden so auch Verstrickungen von Mitgliedern bzw. Geldgebern des PTI-Kabinetts, aber auch hoher Militärs, in illegale Geldgeschäfte durch die internationalen Ermittlungen der "Pandora Papers" aufgedeckt (DIP 9.10.2021; vgl. ICIJ 3.10.2021).Die starke politische Polarisierung erhöhte außerdem den Einfluss des militärischen Establishments weiter. Gleichzeitig war die PTI-Regierung auch selbst in der Umsetzung ihrer Politik durch dieselben Hindernisse gehemmt wie frühere Regierungen. Der Großteil der Abgeordneten der PTI setzte sich aus den traditionellen politischen und ökonomischen Eliten zusammen, die als Hemmschuh für Änderungen agieren, die ihre Interessen gefährden (BS 23.2.2022). Im Oktober 2021 wurden so auch Verstrickungen von Mitgliedern bzw. Geldgebern des PTI-Kabinetts, aber auch hoher Militärs, in illegale Geldgeschäfte durch die internationalen Ermittlungen der "Pandora Papers" aufgedeckt (DIP 9.10.2021; vergleiche ICIJ 3.10.2021).
Misstrauensvotum und folgende politische Krise
Im März 2022 kam es schließlich erstmals zu Gewalt von protestierenden Anhängern und Abgeordneten der Regierungspartei PTI, die versuchten, das "Sindh House", die Vertretung des Sindh in Islamabad, zu stürmen. Dorthin hatten sich abtrünnige Abgeordnete der eigenen Partei in Sicherheit gebracht, nachdem sie angedeutet hatten, einen geplanten Misstrauensantrag der geeinten Opposition gegen Premierminister Khan zu unterstützen (GeoNews 18.3.2022). Zwei Minister hatten zuvor Gewalt andeutende Drohungen gegen ebenjene Abgeordneten ausgesprochen (HRW 16.3.2022).
Ein für 3. April 2022 angesetztes Misstrauensvotum gegen den damaligen Premierminister Khan wurde mit dem Argument, es sei von den USA initiiert und damit die Einflussnahme eines fremden Staates unter Verweis auf Artikel 5 der Verfassung, der alle Bürger zur Loyalität dem Staat gegenüber verpflichtet, untersagt (ExT 3.4.2022a). Mit demselben Argument wurde die Nationalversammlung vom Präsidenten auf Bitte des Premierministers aufgelöst und Neuwahlen angekündigt (ExT 3.4.2022b; vgl. Zeit online 3.4.2022). Der Supreme Court erklärte jedoch vier Tage später dieses Vorgehen für verfassungswidrig und ordnete die Wiedereinsetzung der Nationalversammlung sowie der ausgesetzten Abstimmung an (ExT 7.4.2022). Es folgte die Absetzung Khans im Misstrauensvotum und die Wahl des Oppositionsführers Shabaz Sharif, Vorsitzender der PML-N, zum neuen Premierminister durch die Nationalversammlung (Zeit online 11.4.2022).Ein für 3. April 2022 angesetztes Misstrauensvotum gegen den damaligen Premierminister Khan wurde mit dem Argument, es sei von den USA initiiert und damit die Einflussnahme eines fremden Staates unter Verweis auf Artikel 5 der Verfassung, der alle Bürger zur Loyalität dem Staat gegenüber verpflichtet, untersagt (ExT 3.4.2022a). Mit demselben Argument wurde die Nationalversammlung vom Präsidenten auf Bitte des Premierministers aufgelöst und Neuwahlen angekündigt (ExT 3.4.2022b; vergleiche Zeit online 3.4.2022). Der Supreme Court erklärte jedoch vier Tage später dieses Vorgehen für verfassungswidrig und ordnete die Wiedereinsetzung der Nationalversammlung sowie der ausgesetzten Abstimmung an (ExT 7.4.2022). Es folgte die Absetzung Khans im Misstrauensvotum und die Wahl des Oppositionsführers Shabaz Sharif, Vorsitzender der PML-N, zum neuen Premierminister durch die Nationalversammlung (Zeit online 11.4.2022).
Aus Protest zog der Abgesetzte mitsamt seiner Partei aus der Nationalversammlung aus (ExT 14.4.2022) und initiierte eine dauerhafte, landesweite Kampagne von Demonstrationen (DAWN 20.4.2022; vgl. CNN 1.4.2023). Mit der Verlegung der Oppositionsarbeit vom Parlament auf die Straße versuchte Khan vorgezogene Neuwahlen zu erzwingen und dafür auch das Militär zu gewi