TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/24 94/19/1363

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.1995
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Februar 1994, Zl. 4.342.342/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Februar 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines armenischen Staatsangehörigen, der am 26. Dezember 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Dezember 1992, betreffend Asylgewährung, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gemäß § 3 AsylG 1991 gewährt, weil sie der Auffassung war, er sei vor seiner Einreise nach Österreich bereits in der ehemaligen CSFR vor Verfolgung i.S.d. § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 sicher gewesen, sondern - entgegen ihrer Feststellung, daß damit das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht mehr geprüft werden müsse - auch deshalb, weil das durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht ergeben habe, daß der Beschwerdeführer "Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes" sei.

Soweit sich der angefochtene Bescheid - anders als die erstinstanzliche Entscheidung - darauf stützt, der Beschwerdeführer habe sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in der ehemaligen CSFR aufgehalten, er sei dort keinerlei Verfolgungen ausgesetzt gewesen und habe auch nicht befürchten müssen, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden, macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe ausreichende Erhebungen zur Frage, inwieweit ihm in der ehemaligen CSFR die Abschiebung in sein Heimatland gedroht habe, unterlassen.

Diese Ausführungen sind nach Maßgabe der den Beschwerdeführer im Verfahren treffenden Mitwirkungspflicht ausreichend konkretisiert, um die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verletzungen von Verfahrensvorschriften (Parteienghör, Ermittlungs- und Begründungspflicht) zu erkennen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413).

Der Beschwerdeführer hat diese Behauptungen zwar erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, zur Annahme der belangten Behörde, er habe in der ehemaligen CSFR Verfolgungssicherheit erlangt, Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber, soweit die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auf § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 stützte, die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.

Es ist daher weiters zu prüfen, ob die belangte Behörde die Abweisung des Asylangtrages zutreffend darauf gestützt hat, daß der Beschwerdeführer nicht als Flüchtling i.S.d. § 1 Z. 1 AsylG 1991 zu qualifizieren sei. In dieser Hinsicht gleicht der vorliegende Beschwerdefall in dem für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92,93/94, und Erhebung der Beschwerde nach dessen Kundmachung am 5. August 1994, BGBl. Nr. 610/1994) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 94/01/0610, zugrundelag. Auf dieses Erkenntnis wird daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG verwiesen, wobei eine Ausfertigung zur Information angeschlossen ist.

Aus den dort dargelegten Erwägungen stellt sich der angefochtene Bescheid in bezug auf die Anwendung des § 1 Z. 1 i. V.m. § 3 AsylG 1991 als inhaltlich rechtswidrig gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG dar. Der angefochtene Bescheid war daher - ohne daß auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte - aus diesem Grunde aufzuheben, weil die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit einer solchen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/19/1306).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994191363.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten