TE Vfgh Beschluss 1992/12/15 B620/91

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Veröffentlicht am 15.12.1992
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Index

25 Strafprozeß, Strafvollzug
25/01 Strafprozeß

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
B-VG Art144 Abs1 / Gerichtsakt
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88
StPO §411 idF BGBl 605/1987

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Gnadengesuchs nach Aufhebung des Systems der Behandlung von Gnadengesuchen nach der StPO durch den Verfassungsgerichtshof wegen Unzuständigkeit; Kostenzuspruch

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Bund (Bundesminister für Justiz) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen des Beschwerdevertreters Prozeßkosten von 15.000 S binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Begründung:

1.1. Das Bezirksgericht Linz wies mit Beschluß vom 30. April 1991, GZ 17 U 125/87-9, in einer Strafsache wegen des Vergehens nach §127 StGB ein Gnadengesuch der Verurteilten gemäß §411 StPO mangels besonders rücksichtswürdiger Gründe zurück.

1.2. Die Verurteilte bekämpfte die Erledigung des Bezirksgerichts beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG, in der sie die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, ferner die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§411 Abs2 bis 6 StPO) behauptete und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Rechtsakts begehrte.

1.3.1. Aus Anlaß dieser Beschwerde - und zwar im Zug der Erörterung ihrer Zulässigkeit - leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 12. Oktober 1991, B620/91-4, von Amts wegen gemäß Art140 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des präjudiziellen §411 Abs2 (zweiter bis letzter Satz) bis Abs6 StPO idF des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987, BGBl. 605/1987, ein (prot. zu G339/91).

1.3.2. Der Verfassungsgerichtshof hob mit Entscheidung vom 2. Dezember 1992, G339-341/91, G78 und 141/92, §411 Abs2 (zweiter bis letzter Satz) bis Abs6 StPO idF des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987, BGBl. 605/1987, als verfassungswidrig auf.

2.1. Die nun auf Grund der bereinigten Rechtslage zu beurteilende Beschwerde ist jedenfalls unzulässig: Schritt hier nämlich ein einzelner Richter in seiner richterlichen Funktion ein, läge überhaupt kein vor dem Verfassungsgerichtshof anfechtbarer Verwaltungsakt iSd Art144 Abs1 B-VG vor; handelte es sich aber um einen Akt, den ein (einzelner) Richter in seiner Eigenschaft als Justizverwaltungsorgan erlassen hatte, wäre - angesichts der Aufhebung der ein Rechtsmittel ausschließenden Norm des §411 Abs5 StPO - der administrative Instanzenzug nicht ausgeschöpft (sh. VfGH 16.6.1992 B1319/90 und B202/91 zum Instanzenzug in Justizverwaltungssachen).

2.2. Die Beschwerde war darum wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs als unzulässig zurückzuweisen.

2.3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 2.500 S auf Umsatzsteuer.

Der Beschwerdeführerin waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens trotz Zurückweisung der Beschwerde zuzusprechen; der Bund ist insofern als im Verfahren unterlegen anzusehen, als die Beschwerde die Prüfung der maßgebenden Gesetzesbestimmungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit ausdrücklich angeregt hatte. Die für die Stellungnahme im Verfahren G339-341/91 (vom 9. Jänner 1992) begehrten Kosten waren hingegen nicht zuzuerkennen, weil es sich hiebei nicht um einen abverlangten Schriftsatz handelte.

2.4. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, Strafprozeßrecht, Gnadenrecht, Bescheidbegriff, Gerichtsakt, VfGH / Instanzenzugserschöpfung, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B620.1991

Dokumentnummer

JFT_10078785_91B00620_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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