TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/25 95/08/0066

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Veröffentlicht am 25.04.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §33 Abs3;
AVG §6 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 23. Jänner 1995, Zl. 120.186/1-7/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit der Versicherungspflicht nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: NÖ GKK), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 26. August 1994 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den (in einer Versicherungspflichtangelegenheit ergangenen) Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 25. April 1994 als verspätet zurück. Die Rechtsmittelbelehrung enthielt den Hinweis, daß eine Berufung entweder bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse oder bei der belangten Behörde einzubringen sei. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 14. Oktober 1994 zugestellt. Die mit 27. Oktober 1994 datierte und an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung gerichtete Berufung des Beschwerdeführers langte beim genannten Amt am 2. November 1994 ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 63 Abs. 5 leg. cit. als verspätet zurück. Begründet wurde die Entscheidung damit, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 5. Oktober 1988, Zl. 88/18/0250) ein bei einer unrichtigen Stelle eingebrachtes Rechtsmittel nur dann als nicht verspätet angesehen werden könne, wenn es noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist bei dieser Stelle einlange und diese das Rechtsmittel spätestens am letzten Tag der Rechtsmittelfrist zur Post (an die richtige Stelle) gebe. Im vorliegenden Fall habe die Rechtsmittelfrist am 28. Oktober 1994 geendet. Da die Berufung erst am 2. November 1994 beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eingelangt sei, so daß es ausgeschlossen sei, daß das Rechtsmittel am letzten Tag der Rechtsmittelfrist, dem 28. Oktober 1994, von der unrichtigen Stelle zur Post gegeben worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer nicht den obgenannten Sachverhalt bestreitet, sondern der belangten Behörde lediglich vorwirft, sie übersehe, daß der 28. Oktober 1994 ein Freitag und der 1. November 1994 ein Feiertag gewesen sei. Es sei daher eindeutig, daß die am 27. Oktober 1994 zur Post gegebene Berufung fristgerecht sei. Aus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich nämlich, daß die Rechtsmittelfrist eingehalten werde, wenn das Rechtsmittel am letzten Tag der Rechtsmittelfrist zur Post gegeben werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, oder bei der Behörde, die über die Berufung zu entscheiden hat. Diese Bestimmung ist - ungeachtet der Aufhebung der Wortfolge "oder bei der Behörde, die über die Berufung zu entscheiden hat" mit Ablauf des 30. Juni 1995 mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1994, G 20 bis 23/94, kundgemacht in BGBl. Nr. 686/1994 - im Beschwerdefall anzuwenden; die Berufung war deshalb (so wie in der Rechtsmittelbelehrung auch richtig angeführt) entweder bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkassse oder bei der belangten Behörde einzubringen (vgl. das Erkenntnis vom 1. Dezember 1992, Zl. 91/08/0022).

Die vom Beschwerdeführer an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, also an die unrichtige Stelle, adressierte Berufung wäre unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde zitierten Rechtsprechung nur unter zwei Voraussetzungen rechtzeitig gewesen: wenn sie erstens bei der unrichtigen Stelle noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, also spätestens am 28. Oktober 1994, eingelangt und zweitens noch an diesem Tag zwecks Weiterleitung an die belangte Behörde zur Post gegeben worden wäre. Im Beschwerdefall ist - unter Zugrundelegung des unstrittigen Sachverhaltes - keine der beiden Voraussetzungen gegeben, weil die Berufung erst am 2. November 1994, also nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eingelangt ist. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt dem Umstand, daß er seine Berufung noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Post gegeben hat, keine Bedeutung zu, weil die Berufung an die unrichtige Stelle adressiert war, in diesem Fall aber nach der zitierten Rechtsprechung der Postenlauf in die Rechtsmittelfrist einzurechnen ist.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Instanzenzug Zuständigkeit Besondere Rechtsgebiete Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995080066.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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