TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/25 95/14/0028

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Veröffentlicht am 25.04.1995
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
33 Bewertungsrecht;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

BewG 1955 §64 Abs1;
EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6 Z2;
EStG 1988 §6 Z1;
EStG 1988 §6 Z2;
PrG Tarifabnehmern verrechenbare Anschlußpreise 1986;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der E AG in X, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 2. Dezember 1994, Zl. 6/5/3-8/BK/Hd-1994, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1988 bis ab dem 1. Jänner 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

In den Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1988, 1989 und 1990 wies die Beschwerdeführerin, ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen (im folgenden kurz EVU), die von Tarifabnehmern erhaltenen Baukostenzuschüsse jeweils als Passivpost aus. In den Einheitswerterklärungen zum 1. Jänner 1991 und 1992 berücksichtigte sie diese Baukostenzuschüsse jeweils dadurch, daß sie den Ansatz (Teilwert) der Position "Maschinen und maschinelle Anlagen" um den Betrag der Baukostenzuschüsse minderte.

Gegen die Bescheide, mit denen das Finanzamt den Einheitswert zu den jeweiligen Stichtagen feststellte, ohne dabei die Baukostenzuschüsse als Schuldpost oder als teilwertmindernde Position zu berücksichtigen, sowie gegen die die Steuerbemessungsgrundlage vom Einheitswert des Betriebsvermögens ableitenden Bescheide betreffend Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent erhob die Beschwerdeführerin Berufung und begehrte, in Höhe des Betrages der erhaltenen Baukostenzuschüsse eine Teilwertabschreibung anzuerkennen. Mit dem angefochtenen Bescheid wies der belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Baukostenzuschuß stelle einen unverzinslichen und nicht rückzahlbaren Anschlußpreis dar. Die Gegenleistung der Beschwerdeführerin für den Baukostenzuschuß bestehe in einem "sich bereit Halten zur Leistung", was aber lediglich eine abstrakte, nicht bewertbare Verpflichtung darstelle. Ein Wirtschaftsgut, von dem eine Teilwertabschreibung vorzunehmen wäre, könne die belangte Behörde nicht feststellen.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin erhalte von neuen Stromabnehmern unverzinsliche, nicht rückzahlbare Baukostenzuschüsse im Sinn der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Oktober 1986, betreffend die von EVU den Tarifabnehmern verrechenbaren Anschlußpreise (Baukostenzuschüsse), veröffentlicht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 236 vom 9. Oktober 1986; mit diesen Zuschüssen würden Anlagen, wie Anschlußmöglichkeiten, Leitungen, Umspannanlagen und Kraftwerke errichtet. Strittig sei, ob die erhaltenen Baukostenzuschüsse die Teilwerte der betroffenen Wirtschaftsgüter minderten. Zuschüsse seien in Kapitalzuschüsse und Ertragszuschüsse einzuteilen. Kapitalzuschüsse lägen vor, wenn sie zur Anschaffung bzw. Herstellung eines Wirtschaftsgutes gewährt würden (Zweckbindung) und nicht ein Entgelt für die Leistung des Empfängers darstellten, wie dies im allgemeinen bei Zuschüssen der öffentlichen Hand der Fall sei. Ein ausländisches Gericht habe beispielsweise einen "verlorenen Anschlußkostenbeitrag" zur Errichtung einer Müllverbrennungsanlage als Kapitalzuschuß gewertet. Ertragszuschüsse lägen vor, wenn der Zahlende aufgrund der getroffenen Vereinbarung unmittelbar Rechte für sich ableiten könne, wenn also auf Leistungsaustausch abgestellt werde. Im gegenständlichen Fall seien die Baukostenzuschüsse der "Preis" für die Bereitstellung von Versorgungseinrichtungen; sie setzten sich aus einem Pauschalbetrag für das Hochspannungsnetz, aus einem weiteren Betrag für das Niederspannungsnetz sowie den tatsächlich angefallenen Aufwendungen für den Hausanschluß zusammen. Die Kosten dieser Anlagen, insbesondere Abschreibung und Finanzierung, dürften im laufend zu entrichtenden Tarifpreis nicht mehr berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Geschäftsbeziehung zwischen dem Stromabnehmer und dem EVU in zwei Geschäftsabläufe zu trennen: Einerseits gebe es die Phase, in der es zum Anschluß an das Leitungsnetz bzw. zur Erhöhung des Versorgungsumfanges komme und in der der Stromabnehmer anteiligen Kostenersatz für die Anlagen gewähre; andererseits komme es zur Phase, in welcher Strom gegen Entgelt geliefert werde. In der erstgenannten Phase ergebe sich für das EVU lediglich die abstrakte Verpflichtung zur Leistungsbereitschaft. Mit dieser Einteilung bringe der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, daß die Baukostenzuschüsse nicht Teil des Leistungsaustausches und somit nicht Ertragszuschüsse seien. Kapitalzuschüsse würden nach der Rechtsprechung des deutschen BFH dann zu einer Minderung des Teilwertes unter die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten führen, wenn jedem Unternehmer der Rechtsanspruch auf Gewährung eines gleichartigen Zuschusses eingeräumt sei oder wenn die mit der erfolgten Zuschußgewährung verbundenen Auflagen von einem möglichen Betriebserwerber für so gravierend gehalten würden, daß er eine Verwendung der bezuschußten Wirtschaftsgüter ohne Gewährung der Zuschüsse für völlig unwirtschaftlich ansehen müßte. Im vorliegenden Fall seien beide Voraussetzungen erfüllt. Jedes EVU habe Anspruch auf gleichartige Baukostenzuschüsse. Zudem sei die Zuschußgewährung mit der Auflage verbunden, in der Kalkulation für den laufenden Tarifpreis für Strom weder AfA noch Zinsen für die durch den Baukostenzuschuß abgegoltenen Anlagen zu berücksichtigen. Ein fiktiver Erwerber wäre nur bereit, für die bereits errichteten Anlagen den um den Baukostenzuschuß reduzierten Wert zu bezahlen. Bei der Ermittlung des Teilwertes sei daher von den um die erhaltenen Baukostenzuschüsse verminderten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten auszugehen. Überdies sei durch das Elektrizitätswirtschaftsgesetz das EVU zur Bereitstellung von Kapazitäten und Reservekapazitäten verpflichtet; es sei auch verpflichtet, bei Abmeldung des Anschlusses seitens des Abnehmers durch zehn Jahre hindurch die Leistungsbereitschaft durch Aufrechterhaltung der Versorgungsanlagen zu gewährleisten; nach Ablauf der zehn Jahre müsse das EVU auf eigene Kosten bei Verlangen des früheren Abnehmers die Anlagen von dessen Grundstück abtragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Mit der Behandlung von Baukostenzuschüssen im Einheitswert des Betriebsvermögens von EVU hat sich der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 14. Jänner 1991, 89/15/0054, und vom 14. Dezember 1992, 92/15/0191-0195, befaßt. Er hat dabei im wesentlichen zum Ausdruck gebracht, daß dem EVU im Zusammenhang mit der Leistung des Baukostenzuschusses des Abnehmers bzw. Anschlußwerbers eine Gegenleistung obliegt: Diese besteht - abgesehen von der Errichtung oder Ausgestaltung der Umspann- und Übertragungsanlagen, die unmittelbar oder mittelbar Voraussetzung für die Versorgung der betreffenden Abnehmeranlage sind - in der Einräumung eines örtlich gebundenen, in seinem Umfang feststehenden und zusammen mit der Abnehmeranlage übertragbaren Strombezugsrechtes. Diesem Strombezugsrecht steht - so der Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Erkenntnissen - auf Seiten des EVU lediglich die Verpflichtung gegenüber, sich zur Leistung bereitzuhalten. Dies stellt jedoch eine abstrakte, einer Berücksichtigung als Schuld im Sinne des § 64 BewG nicht zugängliche Verpflichtung dar. Soweit aus dem Strombezugsrecht die Verpflichtung des EVU folge, laufend für eine "Erweiterung und Adaptierung der Anlagen" zu sorgen, hätten die seinerzeitigen Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, daß am maßgeblichen Stichtag bereits qualitativ und quantitativ konkretisierte Ansprüche der Stromabnehmer auf "Erweiterung und Adaptierung der Anlagen" entstanden gewesen wären.

Aus der in den genannten hg. Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Auffassung, von der abzuweichen der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt ist, ergibt sich, daß die Begründung der gegenständlichen Beschwerde bereits im Ansatz verfehlt ist: Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin entspricht es nämlich nicht der

hg. Rechtsprechung, daß die Baukostenzuschüsse nicht im Rahmen eines Gegenleistungsverhältnisses gezahlt würden. Gegenleistung für diese Zuschüsse ist vielmehr im wesentlichen die Verpflichtung, sich zur Leistung bereitzuhalten.

Baukostenzuschüsse im Sinne der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Oktober 1986 sind somit nicht Kapitalzuschüsse. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ein Urteil des deutschen BFH betreffend einen "verlorenen Anschlußkostenbeitrag" zur Errichtung einer Müllverbrennungsanlage (BFH vom 8. Mai 1981, BStBl II 705) ist schon deshalb nicht zielführend, weil dieses einerseits einen Zuschuß der öffentlichen Hand betrifft und andererseits - entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin - die Frage, ob ein Ertragszuschuß vorliegt, offen läßt.

Auch wenn das Beschwerdevorbringen ausschließlich auf der Prämisse, die Baukostenzuschüsse wären Kapitalzuschüsse, entwickelt wird, hält es der Verwaltungsgerichtshof für geboten, auf die weitere Argumentation der Beschwerde einzugehen. Diese stützt sich im wesentlichen auf das Urteil des BFH vom 8. Mai 1981, BStBl II 702. Nach diesem Urteil wäre ein gedachter Erwerber eines Heizwerkes nicht bereit, einen Preis zu bezahlen, der über den Investitionskosten liege, die er selbst bei der Neuerstellung einer vergleichbaren Anlage aufwenden müßte, wobei es der BFH aus Gründen der Vereinfachung und der Praktikabilität für gerechtfertigt hielt, den Teilwert so zu ermitteln, daß er seine obere Grenze in den um die Zuschüsse gekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vom Stichtag (abzüglich AfA) für Wirtschaftsgüter gleicher Art und Güte finde. Im Hinblick auf die Beeinflussung des Teilwertes durch die mit der Zuschußgewährung verbundenen Auflagen sei beachtlich, daß ein gedachter Erwerber des Unternehmens als wirtschaftlich handelnder Kaufmann, der für sich selbst unter den gleichen Bedingungen solche Kapitalzuschüsse beanspruchen könne, dies bei der Preisgestaltung berücksichtigen würde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes erscheint es wirklichkeitsfremd, dem potentiellen Käufer eines Elektrizitätswerks derart banale Überlegungen zu unterstellen. Die Ausmessung des Kaufpreises, den ein Unternehmenskäufer zu zahlen bereit ist, und damit der Teilwert der einzelnen Wirtschaftsgüter, hängt von vielen Faktoren, nicht zuletzt vom - in der Regel nominell angestiegenen - Wiederbeschaffungspreis der Wirtschaftsgüter ab. Der Umstand, daß Zuschüsse gewährt worden sind, läßt daher für sich allein Rückschlüsse auf den Teilwert in keiner Weise zu, womit aber das Schicksal der gegenständlichen Beschwerde entschieden ist. Im übrigen sei darauf verwiesen, daß der BFH mittlerweile selbst von dieser Rechtsprechung abgegangen ist und nunmehr die Auffassung vertritt, daß auch im Falle der Gewährung von Kapitalzuschüssen Ausgangspunkt für die Teilwertvermutung die ungekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind und der Hinweis auf die Zuschußgewährung nicht zur Entkräftung der Teilwertvermutung ausreicht (Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 109 BewG Anm. 77).

Die Beschwerdeführerin verweist in der Beschwerde auch auf die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft über zehn Jahre nach Abmeldung eines Anschlusses sowie auf die Verpflichtung zur Entfernung der Versorgungsanlagen, zeigt aber mit diesen Darlegungen nicht auf, daß an den maßgeblichen Stichtagen bereits quantitativ und qualitativ konkretisierte Verbindlichkeiten entstanden wären.

Gegenstand dieses Verfahrens ist nicht die bewertungsrechtliche Behandlung der Baukostenzuschüsse bei den Anschlußnehmern; auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen war daher nicht einzugehen.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995140028.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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